Ehefrau eines ADHSlers (mit Diagnose im Erw.alter+Burnout)

Hallo in die Runde,

Ich bin neu hier. Warum? Weil bei meinem Mann die Diagnose kurz bevor steht, der “Leidensweg" aber schon eine ganze Weile geht, und ich zügig an einigen Stellschrauben drehen muss, damit ich mich nicht weiter kaputt spiele.

Wir kennen uns seit 8 Jahren, sind seit 7 verheiratet, 1 Jahr später das erste Kind. Nach der Geburt kam sein erstes tiefes Loch…eine undiagnostizierte depressive Episode. Es wurde besser. Er ging für zwei Jahre studieren, war meist Mo-Fr weg, konnte dort “seinen" Alltag leben - es wurde wieder richtig gut.

Kind zwei kam und er kam zeitgleich nach Hause…da ich noch in elternzeit war, bekamen wir das irgendwie hin. Dann ich wiedereinstieg in meinen Beruf mit 55-60h Arbeitszeit…. Er nun wieder am Ende….

Ich habe vor 5 Jahren das Thema ADHS das erste Mal angesprochen (dazu auch eine selbst Betroffene und meine Mutter (lehrerin)). An “Tiefs" kam das Thema immer wieder auf…nichts passierte. Nun ist er aber ganz unten angekommen- schade, dass er nicht schon eher mit mir geredet hat.

Einige Anrufe, ein tolles Klinikpersonal, was unseren Leidensdruck verstanden hat, später und so hatte er 3c Wochen später den ersten Termin zur Diagnose… Termin zwei ist rum, und die Psychologin hat ihre Diagnose noch nicht abgeschlossen, aber angedeutet wohin es geht.

ADHS mit (kurz vor?!) Burnout.

Ich ärgere mich so sehr, dass ich mich nicht schon vor 2-3 Jahren mehr gekümmert habe, aber naja, da musste ich mich um mich kümmern (HWS Bandscheibenvorfall), da unsere Familie irgendwie von meinem “Rücken" getragen wird …

Wir sind erleichtert, er “freut” sich so über die Diagnose ADHS, weil er sich sein ganzes Leben lang “anders”gefühlt hat , aber es nicht greifen konnte.

Für mich nun die Frage: Wie geht’s nach der Diagnosex weiter?

Seine Psychologin erfragte auch schon seine Bereitschaft zu einer Medikamenteneinnahme…ja, er ist neugierig “endlich weniger? Weniger wahrnehmen, weniger fühlen, weniger denken? “ Der Gedanke reizt ihn sehr - Ruhe im Kopf.

Was gibt es da für Medikamente, kann mir das jemand sagen?

Aus seinem Schichtdienst (mit viel Frühschicht) kommt er bis Oktober erstmal nicht raus… Das ist sehr ungünstig, das ist uns bewusst, aber grad nicht zu ändern.

Reicht es, die ADHS zu behandeln, und dann verliert sich die Burnout Komponente?

Ufff …hab grad so viel im kopf ….

Danke fürs lesen - tat gut, es mal zu schreiben…

Eisblume90

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Moin Eisblume,

grundsätzlich hilft viel darüber lesen / hören. Da muss man sich sicherlich ein bisschen durchbeissen. Bei ADHS gibt es aber viele Podcast, Hörbücher usw. Bei ADHS und Autismus in Kombi wird es schon weniger (was ich sehr bedaure).

Aber das grundsätzliche, wenn er sich auf die Medis freut ist das nen riesen Schritt (ich war erst dagegen und bin dann erst als ich wirklich am Boden lag den Weg gegangen).

Für mich waren die dann ein wares Wunder (nehme Elkvanse). Natürlich mit auf und Abs. Nebenwirkungen usw. Aber immer noch viel besser als ohne.

Aber das wird auf Dauer nicht alleine reichen. Ihr werdet sicherlich auch an der einen oder anderen Lebensgewohnheit was ändern müssen. Da wird auch das eine oder andere liebgewonnene neu betrachtet werden.

Aber es wird Besser :slight_smile:

Lieben Gruß

DurchdenWind

Unabhängig zu ADHS muss man schauen was die Burnout Komponenten sind, die es begünstigen.
Eine Komponente ist in seinem Falle ADHS. Ein behandeltes ADHS kann das Risiko stark mindern.
Aber auch hier bedeute es an sich zu arbeiten und sein Leben anzupassen um das Risiko zu mindern, bzw. bestenfalls einen weiteren BurnOut zu verhindern .

Ein richtig heftiger Burnout, in dem wochenlang nichts mehr geht haut stark ins ganze körperliche System und es dauert lange sich davon zu erholen und meist bleibt was zurück. Jeder weitere BurnOut macht es nicht besser.

Ein Stellschraube ist die Arbeit, wo z.B. eine Reduzierung helfen könnte . Auch Hilfe im Haushalt kann stark entlastend sein.

Nun ja, bei dem Arbeitspensum, Hauhalt, zwei Kinder und ein belasteter Mann ist die Frage ob du dich nicht dadurch auch auf einen Burnout hinzubewegen könntest ?

Hallo,
zu Medikation bin ich kein Experte, aber so weit ich es verstehe, gibt es zwei Wirkstoffe mit denen gearbeitet wird: Methylphenidat und Amphetamin, wobei Methylphenidat deutlich öfter verwendet wird.
Es gibt beide Wirkstoffe in verschiedenen Zusammensetzung und un-retardierd (sofort wirksam, idR mehrfach Dosierung am Tag) und retardiert (einmalige Einnahme und Abgabe des Wirkstoffs im Körper in Etappen).

Ich selber habe mit ca. 30 mg. begonnen und dann recht schnell auf 54mg erhöht. Mehr als 80mg pro Tag, sollte nicht regelmäßig eingenommen werden. Die Vorteile der Medikation sind, dass sie nicht abhängig macht, wenig Anlaufzeit benötigt und unkompliziert wieder abgesetzt werden kann. Zu den Nachteilen, siehe die lange Liste an Nebenwirkungen, v.a. im Bereich Herz-Kreislaufsystem.

Idealerweise wird die Medikation nur temporär oder in Phasen verwendet. Sie soll den Patienten in eine Situation bringen, in der er sich eine tragfähige Struktur erarbeiten kann. Mithilfe dieser Struktur sollte er dann auch ohne Medikation ‘funktionieren’.

Wichtig wäre für mich die Frage, ob dein Mann Sport treibt. Ich persönlich finde, dass die positiven Effekte von Sport stärker zu bewerten sind, als die positiven Effekte der Medikation. Aber das ist eine Typenfrage.

Ich würde i.d.R. dazu raten, sich stationär zu begeben, wenn man mit der Medikation beginnen möchte. Dort ist die Begleitung am sichersten. Vielleicht auch in Form einer Tagesklinik, so dass er zumindest abends nochmal zuhause ist um zu helfen. Ob das in eurer Situation realistisch ist, weiß ich nicht, aber es liest sich ein bisschen so, als ob ein Burnout langfristig sowieso kommen könnte und dann muss er schlimmstenfalls ‘akut stationär’ und das ist sicherlich noch zeitintensiver und evlt. ist dann auch nicht mehr viel zu retten.

Alternativ würde ich mindestens mal eine Selbsthilfegruppe in Anspruch nehmen (sowohl für ihn als Betroffener als auch für dich als Angehörige).

Und was ich auch noch wichtig finde: Die genetische Disposition wird inzwischen als sehr hoch angesehen. Sprich, für eure Kinder könnte das Thema auch irgendwann eine Rolle spielen. Die mE positive Nachricht ist aber, dass ‘der Lösungsweg’ für eure Familie insgesamt sicherlich hilfreich ist, um das Leben zu genießen: Viel Bewegung, feste Strukturen und Zuständigkeiten im Haushalt, Rituale, aber eben auch Raum für Chaos und Kreativität. Dies im Alltag zu etablieren ist aber selbstverständlich ein langwieriges Unterfangen.

Hallo, ja uns ist bewusst, dass wir an verschiedenen Stellschrauben drehen müssen.

Dass die Schichtarbeit bei ihm weg muss, steht fest, geht aber leider erst Richtung spätherbst/ Winter…

Und dass wir möglichst zügig! an Stellschrauben drehen müssen, ist uns auch absolut bewusst, damit ich eben nicht unter die Räder komme… Mein Arbeitspensum habe ich im Moment ziemlich gut im Griff (40-45)…ein Kinderzimmer habe ich umgeräumt, Um schlussendlich Arbeit zu reduzieren…

Und bald sind die Großeltern ausm Urlaub zurück :wink:

Vielen Dank für deine Antwort.

Vielen Dank zur kurzen Erklärung der Wirkstoffe.

Problematisch ist eben aktuell die Schichtarbeit- wie das da mit der Medikation funktionieren soll, ist für mich sehr fraglich.

Ich versuche schon Jahre daran zu arbeiten, den Haushalt besser zu strukturieren, damit im Alltag weniger anfällt, aber da fehlte mir die Zeit , da ich den Rest ja auch stemmen musste.

Ja,der Sport…das ist so ein Thema. In seiner kompletten Kindheit und Jugend (bis 23) war er Leistungssportler. Leider kann er dem kaum noch was abgewinnen. Ich spüre deutlich, wie sehr es ihm (und auch mir, ich war selbst zeitlebens Ausdauersportlerin) gut tut. Auch dafür werden wir wieder mehr Zeit schaffen müssen. Und in seinem Fall auch die Musik…auch sie hatte ihn sein Leben lang begleitet und war in den letzten Jahren zu kurz gekommen.

Selbsthilfegruppe würde mich tatsächlich sehr reizen. Leider wird das grad schwer, das zeitlich einzutakten…

Und was die Kinder angeht ……. Ich bin Lehrerin und was ADHS im Kindesalter angeht, habe ich einiges an Vorwissen. Und einige Züge sehe ich durchaus bei meinem Sohn (bzw aber auch bei meiner Schwiegermutter).

Gut, dass wir ihr schon Ideen entwickelt und Aussicht auf Veränderung.

Du bist Lehrerin, ein toller Job, der viel Kraft abverlangt.
Finanziell ist dass ja auch nicht der schlechteste Job…
Vielleicht nutzt du dass um noch etwas mehr für zwei drei Jahre zu reduzieren wenn es möglich ist. Dann könnt ihr in Ruhe an den Stellschrauben drehen, bis alles eingependelt ist und so Dinge wie Sport haben vielleicht wieder eine Chance.
Aus dem Schichtdienst raus ist auch schon eine sehr gute Idee.