Genau. Deshalb sag ich das ja auch nicht. Weil ich eben nicht so dumm bin…
Das mit den direkten Quellenangaben ist ein guter Tip, nach zwei Jahren Corona Pandemie mute ich das ja schon auch nicht nur keinem Arzt zu sich anhören zu müssen „Hab ich im Internet gelesen“, weil er es generell nicht gerne hören würde.
Aber für mich klingt eben „Das steht so im Leitfaden“ genauso ignorant und blauäugig, wie „Hab ich im Internet gelesen“, wenn das das einzige ist, mit dem der Arzt sein Handeln begründet.
Das eine sagt aus „Ich hab mich zwar informiert, aber ich hab die Quellen gerade nicht parat und ggf ist die nicht seriös“, der andere Satz sagt aus „Ich hab mich informiert und hab es nicht nötig die Quellen parat zu haben, weil ich ein Arzt bin und sowieso alles besser weiss“.
Machen auch Handwerker gerne so.
Ich hab überhaupt kein Problem damit, wenn mir ein Arzt erklärt warum genau etwas so gemacht wird und nicht anders, wenn ich Zweifel habe. Im Idealfall erklärt man mir das dann so, dass ich das als Laie nachvollziehen kann, oder auf Basis von dem was ich über die Materie vielleicht schon weiss.
Und da spielt es meiner Meinung nach eigentlich absolut keine Rolle, ob ich Zweifel habe, weil ich nicht die versprochene Wirkung verspüre oder nicht weiss ob ich sie spüre und mich dann versucht habe im Internet selber schlau zu machen, oder ob ich mich nicht schon informiert habe und einfach nur Zweifel habe.
Das hat sie eben nicht gemacht und das wäre dann für jemand anders vielleicht auch einfach Grund genug den Arzt zu wechseln, anstatt sich im Internet darüber aufzuregen, was das für ein inkompetenter Arzt ist…
Ich hab halt Monate lang gebraucht, bis ichs überhaupt geschafft hab mir ne Liste mit Neurologen/Psychiatern zu machen und dann auch noch anzurufen und hab ein Dutzend „Wir nehmen keine Patienten auf“ und ungefähr nochmal so viel „Wir behandeln kein ADHS“ gehört, bis ihre Praxis mich genommen hat.
Ich glaub also lieber daran, dass ich sie belehren kann, sich doch auf meine Zweifel einzulassen oder dass sie es schafft, diese professionell mit guten Argumenten zu zerstreuen oder zweifle an meiner eigenen Wahrnehmung, als mich nochmal der Suche auszusetzen.
Und ich lass mich generell immer Einschüchtern, wenn jemand IRGENDWAS mit Selbstbewusstsein behauptet, von dem ich nicht genug weiss um das sofort einsortieren zu können als glaubwürdig oder nicht.
Im Gegensatz zu den vielen Corona-Leugnern kann ich dann eben durchaus schon auch selber bei einer Aussage im Internet nachprüfen OB es dafür gut belegte Quellen gibt und ggf sogar ob die Studien dazu seriös sind.
Als ich ihr gesagt hatte, dass ich genau um den Zeitpunkt als ich auf Bupropion umgestiegen bin eine Urtikaria entwickelt habe und das das erste mal in meinem Leben war und ich befürchte, dass das eine Nebenwirkung sei, hat sie das auch sofort so selbstbewusst abgebügelt, dass ich sofort meine eigene Wahrnehmung angezweifelt habe. SIe hat mir zwar nicht ausgeredet, die Meinung einer Dermatologin einzuholen, aber es klang schon deutlich nach „Na, wenn sie meinen“.
Ich hab dann lange im Internet recherchiert und sowohl Studien als auch eine ganze Reihe von Erfahrungsberichten entdeckt, die das bestätigt haben.
Die Dermatologin hat dann allerdings auch gesagt, dass das „Extrem unwahrscheinlich eine Nebenwirkung von einem Medikament sei“.
Und, typisch ADHS, nachdem ich dann nochmal den Beipackzettel gelesen habe (Ich hab davor in meinem ganzen Leben nur einmal eine medikamentöse Nebenwirkung gehabt und die war vielleicht auch nur eine Coinzidenz, aber ich denk mal hauptsächlich wegen ADHS hab ich das überlesen), hab ich entdeckt: Nesselsucht steht da ganz offiziell als bekannte Nebenwirkung drin:
Hab ich ihr dann aber auch nicht gesagt, weil ich befürchten kann, dass das, auch wenn ich Sie zurecht und gut belegbar korrigiere, nicht gut bei ihr ankäme und vermutlich auch nichts an ihrer Haltung zu einer eher individualisierten und auf mich zugeschnittenen Behandlung führen würde.
Wie gesagt, ich hab das alles verstanden, warum so ein Leitfaden sinvoll ist (der entstanden ist aufgrund von vielen gut belegbaren, seriösen Studien mit dem Stand der Wissenschaft zu diesem Zeitpunkt, unter der Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit etcetc) und warum es sinnvoll ist, sich da ERSTMAL komplett auf den Arzt zu verlassen.
Geduld is ja leider auch keine Stärke von Menschen mit ADHS: Bloss weil man nicht SOFORT die optimale Wirkung verspürt oder irgendwas nicht so is wie es sein sollte, soll hier bitte niemand sofort seinen Arzt anzweifeln.
Ich hab MONATE lang Medikinet genommen ohne mich damit gut behandelt oder eindosiert zu fühlen, ich hab MONATE lang meinen Ausschlag mit Ceterizin behandelt, bevor ich Bupropion abgesetzt habe.
Bei Elvanse hab ich mich zwar innerhalb von zwei Wochen so gut aufgehoben gefühlt, dass ich sicher war, dass das der richtige Weg war - aber das Gefühl hatte ich bei Medikinet und Bupropion in der ersten Woche auch.
Das ist ja hier auch gut dokumentiert, wieviele Betroffene eine medikamentöse Behandlung zu früh abbrechen, weil sie nicht gut aufgeklärt wurden vorher und dazu gehört eben nicht NUR zu erklären, wie es TYPISCHERWEISE funktioniert, sondern auch, was man machen kann, wenn das NICHT der Fall ist.
Und vor allem eben auch, welche konkreten Wirkungen auftreten können und wie schwierig es sein kann das zu bewerten und was man da machen kann.
Ich weiss auch gar nicht an wen ich dieses Plädoyer hier richte (es sei denn zukünftige oder aktuelle Neurolog/innen lesen mit), ich will einfach nicht missverstanden werden…