Eindosierung von AuDHD Kind 4 Jahre

Hallo zusammen,
nachdem ich im Forum seit vielen Monaten als stiller Mitleser profitieren konnte, eröffne ich heute einen eigenen Faden zur Dosisfindung meines Sohnes.

Hintergrundinformationen: Autismus-Spektrumsstörung, starker V.a. ADHS vom impulsiven Typ, aber keine Diagnose vor Schulalter. Hochbegabung. Wir haben eine lange Leidensgeschichte hinter uns - Kindergartenrauswürfe, Vereinsausschlüsse, Meldungen beim Jugendamt wegen ‚altersunangemessener Medienexposition‘ (Spezialinteressen Grusel und Blutkreislauf). Seit einem Jahr gibt es wechsende, nicht erfolgreiche Versuche mit Einzelfallhelfern. Logo- und Ergotherapieabbrüche, da Kind nicht Bus fahren kann ohne Meltdown. Autismus-Frühförderung nun bewilligt.
Seine Schwester (7J.) hat ebenfalls eine ADHS-Diagnose, ist im direkten Vergleich aber das unauffällige, ‚einfache‘ Kind. Ich kann seit dem Frühjahr nicht mehr arbeiten aufgrund von fehlender Betreuung und der emotionalen Belastung.

Im Juli haben wir mit Medikinet retard 5mg 1-0-0 gestartet. Hier sind die Aufzeichnungen aus meinen Notizen über die ersten Tage mit Mph:

Zusammenfassung

Medikinet Ari Eindosierung Protokoll

Dienstag, 9.7.: 9:20h Einnahme 5mg

Frühstück: Müsli, Smoothie, 1/2 Ei

10-11 extremer Tunnelfokus auf Spezialinteressen, Redeschwall, kann sich nicht selbst beschäftigen

Zugänglicher für Gespräche, aber fordernd

11:00 weinerlich

11:30 sehr konzentriert im Spiel mit Iva, wartet auf Anweisungen

12:00 emotionaler Zusammenbruch mit Weinen und Verzweiflung, weil er bestimmen will

12:20 „Ich bin müde“ - fragt nach Ausruhen (äußerst ungewöhnlich)

12-13:00 Kuschelbedürftig, ruhig

13:00 isst großen Obstteller, seitdem kuschlig und ruhig

14:00 Stimming/Tics; Haare drehen, Finger kauen

15:00 - 16:00 ständiges Gähnen, aber sehr friedliches Nachmittagsspiel, gute Ansprechbarkeit

16:00 Impulsivität wieder verstärkt (springt erstmalig Papa zum kuscheln an, vor Medikation mehrmals stündlich), aber händelbar

Ab da Zustand kaum von Verhalten ohne Medikation zu unterscheiden, jedoch etwas zugänglicher und geduldiger. Essen mit normalem Appetit.

19:30-20:30 liegt hellwach im Bett und kann nicht schlafen

22:00 möchte Kuscheln zum einschlafen, liegt aber noch länger wach

22:30 schläft (ca. 2-3 Stunden später als sonst)

Ari auf die Frage, wie es ihm mit Medikament gehe: „Gut, eigentlich besser als sonst“

Konzentration + + +

Impulskontrolle + - +

Grundstimmung - + -

Affektstabilität - - -

Montag, 10.07.: 10:00 Einnahme 5mg

Frühstück: Toast, 1 Apfel, 1 Joghurt

10:15 Konzentriertes Spielen + Weinerlich + “Ich will aber die Schlange“

10:30 Drehen/Ärgern

10:45 Aufmerksames Zuhören

11:00 Neid auf Marinas Geschenke und starke emotionale Reaktion darauf

11:15 kann sich überhaupt nicht alleine beschäftigen, Reibung mit Schwester wie ohne Medikation

12:00 wirkt normal, Appetit vorhanden (isst Apfel und fragt nach mehr)

13:00 impulsivität erhöht, wirft ein Huhn

13:45 Mundtrockenheit, Weinen über „ekliges Gefühl“ (mit Saft trinken besser)

14:30 leichte Tics (Mund verziehen, Augen kneifen), hohe konzentration auf Hörspiel

Nachmittags viel Gähnen

19:30 Bettzeit, sagt selbst, er sei noch nicht müde - hört Hörspiele bis 21:00

21:30 Einschlafen

Selbstreport: Es gehe ihm gut

Insgesamt ist der Eindruck “normaler” als gestern an Tag 1, impulsivität auch merkbarer. Es müssen mehr Situationen mit Schwester abgefangen werden als gestern, aber tendenziell weniger als ohne Medikation. Seine Stimmung ist stabiler als an Tag 1, weniger weinerlich und sensibel.

Donnerstag, 12.07. 5 mg Retard

Frühstück: 1/2 Apfel, 1 Banane, 1 Joghurt

8:15 Einnahme

8:30 Drehen, Unruhe, Stören, Wegrennen

  • ab da Müdigkeit, viel Gähnen beim Vorlesen

9:15 Brot mit Hummus + Tomaten gegessen

9:30 Lesezeit, weiterhin müde

10:00 extrem empfindlich und weinerlich

10:30-11:00 Hochkonzentriert auf Lego, dabei müde

12:00 schläft fast ein

12:15 isst großen Obstteller - generell ist Appetit ausreichend, wenn er erinnert wird, aber er fragt nicht von alleine nach Essen

12:30 leichte Gesichtsgymnastik, aber nichts auffälliges

Nachmittags kein deutlich merkbarer Rebound, aber Müdigkeit verringert und Impulsivität erhöht ab ca. 15 Uhr

18:30 Abendessen mit großem Appetit

19:30 Bett, wie zuvor noch nicht müde

22:00 Einschlafen

Insgesamt heute etwas weniger Nebenwirkungen (Tics, Mundtrockenheit, labile Stimmung) als die zwei Tage zuvor. Allerdings auch weniger spürbare Effekte auf Impulsivität. Ansprechbarkeit deutlich besser, Sprache ebenso, als könne er Sätze besser ausdenken und dann formulieren.

Nach diesem vielversprechenden Start sollten wir in Eigenregie auf 10mg aufdosieren. Das haben wir nach drei Wochen versucht. Unter 10mg ist die Autismus-Symptomatik um ein Vielfaches verstärkt, aber die Impulsivität besser steuerbar. Allerdings ist dies die Wahl zwischen Pest und Cholera - unter 10mg ist unser Sohn nicht mehr ansprechbar oder aus seiner Welt zu holen, reagiert extrem auf leiseste Störgeräusche und hat bei jeder Unterbrechung aus seinem Fokus einen Meltdown. 5mg reichen jedoch nicht aus für eine Verbesserung in Impulskontrolle.

Heute habe ich deshalb um ein Rezept für Lisdexamfetamin gebeten und sitze nun vor 20mg Elvanse. Die Psychiaterin ist offen für Eigendosierung mit Spritze und rät uns, mit 10mg zu starten.

Meine Fragen: Gibt es hier Betroffene mit der Kombinationsdiagnose Autismus + ADHS und Anregungen/Erfahrungen hinsichtlich des Präparats? Wie sind die 10mg aufgelöst am besten ins Kind zu bekommen? MPH hatte ich in einen EL Apfelmus gemischt, was mein Sohn tapfer und mit viel Würgen annimmt. Kann ich Elvanse auch in einem stark süßen Fruchtsaft auflösen? Ich bezweifle, dass er 10ml Bitterwasser aus der Spritze annimmt. Da wir mit 10mg beginnen wollen, wäre es ideal, wenn sich die Lösung im Kühlschrank auch in Fruchtsaft für 24 verwahren ließe. Spricht irgendetwas dagegen?
Die Psychiaterin war offen für Elvanse auf mein Bitten hin, hätte aber eigens zuerst Amphetaminsaft empfohlen. Welches Präparat ist das und gibt es hierzu Erfahrungswerte mit AuDHD? Wäre es sinnvoll, auch Modafinil anzusprechen?

Unser Leidensdruck ist extrem und die Situation hat uns aufgezeigt, dass auch wir Eltern höchtwahrscheinlich neurodivergent sind und unsere erlernten Kompensationsstrategien in der derzeitigen Situation nicht mehr ausreichen und funktionieren. Unsere Diagnostik kann erst in 1.5 Jahren losgehen.

Ich bin froh, dieses hervorragende Forum gefunden zu haben.

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Hallo @knulla und herzlich willkommen.

Ich habe zwar keine gesicherte ASS Diagnose, vermute es aber. (Keine Ahnung ob folgendes weiter helfen wird, aber ich schreibe es jetzt trotzdem einfach mal)

Ich selbst habe Elvanse eine Zeit lang genommen. Auch in Wasser gelöst. Es ist tatsächlich nicht bitter. Eher geschmacklos. Wenn „weißes Zeug“ drin herum schwimmt, das ist nicht der Wirkstoff sondern die Hilfsstoffe, die sich nicht auflösen.
Vielleicht melden sich die anderen noch dazu, aber ich meine mich zu erinnern, dass man es auch in Saft auflösen kann. ABER: bitte nicht in einem Saft aus Zitrusfrüchten (Orange, Zitrone etc.) das verändert die Wirkung wohl.
Ich habe die Medikamentenlösung aus der Spritze immer in ein großes Glas Wasser gegeben. Einen Unterschied im Geschmack gab es soweit ich mich erinnere nicht. Dann könntest du theoretisch auch die restliche Lösung einfach in ein kleines Schraubglas geben und das dann im Kühlschrank lagern.
Bei mir hat Elvanse immer in etwa eine Stunde gebraucht um die Wirkung zu entfalten, dementsprechend müsste man halt Zeit einplanen.

Das ist so das, was mir auf Anhieb einfällt…

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Vielen Dank für deine Antwort. Dann wird es Kirsch- oder Mangosaft und die Idee, Elvanse erst in Wasser zu lösen und dann einen Schuss in den Saft zu spritzen, ist auch super. Manchmal mangelt es mir wohl an Pragmatismus. :face_in_clouds:

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@knulla geht mir aber manchmal auch so, dass man den wald vor lauter Bäumen nicht sieht :wink:
Berichte gern mal wie es läuft.

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Ich habe diese Kombination. Ich lese häufiger, dass angeblich ADHS Medikamente den ASS Anteil hervorheben sollen, ich denke aber dass das nur in Einzelfällen so ist (ich persönlich denke auch nicht, dass es wirklich getrennte Anteile sind).
Vielmehr scheint mir, als könnten es Nebenwirkungen sein, die dann anders interpretiert werden. Das könnte bei Eurem Kind auch der Fall sein.

Zudem habe ich den Eindruck, dass einigen autistischen Menschen die Veränderung durch die Medikation recht schwer fällt, wodurch zusätzlich zu den Medikamentennebenwirkungen sowas wie „Nebenwirkungen“ der Veränderung auftreten können.

Es gibt viele Menschen, bei denen die Medikation keinen Einfluss auf zum Beispiel die Impulsivität hat. Auch die bessere Impulsivität unter 10mg könnte darauf hinweisen, dass es eher Nebenwirkungen sind, wodurch das Kind weniger impulsiv wirkt.

Ich kenne mich mit der Eindosierung von Kindern nicht im Detail aus (läuft das anders als bei Erwachsenen?), ich persönlich würde aber nicht so schnell das Medikament wechseln. Wenn mit Medikinet teilweise eine gute Wirkung da ist wäre es doch sinnvoll die Eindosierung weiter zu machen.
So wie ich es verstanden habe wurde auch bisher nur 1x erhöht. Sollt Ihr da die 3 Wochen Abstand einhalten? Meistens wird ja etwas schneller als erhöht.

Elvanse kann auch in Saft oder Apfelmus eingeführt werden. Ich habe es auch immer in Saft genommen.

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