Hi zusammen,
ich bin neu hier und wende mich nach einigen Tagen des Lesens doch mit einem eigenen Beitrag an euch. Ich bin vor kurzem diagnostiziert worden in einer ADHS Spezialsprechstunde mit einem leichten ADHS (ich wollte seit 6 Jahren zur Diagnostik gehen). Das Ganze wurde gestützt von einem neuropsychologischem Test, der jedoch nur bei einem Block ADHS typisch ausgeschlagen hat. Da ich beim Vorgespräch mit dem Gefühl raus ging, dass es mir sicher nicht diagnostiziert wird (manches passt, manches auch nicht), hab ich mir beim Test auch nicht so viel Mühe gegeben, um ehrlich zu sein. Weil ich dachte, das wird eh nix. Der Testblock der da jedoch ausgeschlagen hat, den hätte ich gar nicht aktiv beeinflussen können ohne darüber Bescheid zu wissen (mir wurde das im Anschluss erklärt).
Ich möchte aufgrund der Länge jetzt hier nicht auf die gesamte Symptomatik eingehen, sie war aber schon seit der Kindheit vorhanden (den Verdacht hat sogar mal ein Kinderarzt meiner Mutter geäußert) und auch jetzt habe ich einen leichten Leidensdruck. Ich habe sehr unterschiedliche Reaktionen von meinem Umfeld und auch Ärzten bekommen (‚momentan hat das jeder‘, ‚ach du? Du doch nicht‘ etc.). Das verunsichert mich alles, ich fühle mich, als hätte ich mir die Diagnose „erschlichen“ um an Medikamente zu kommen. Da ich gerade meine Masterarbeit schreibe und nach 10 Jahren Studium auch endlich mal abschließen will.
Das Gefühl des Erschleichens von Medikamenten kommt daher, dass ich ne ganze Zeitlang in meinem Leben viele verschiedene Drogen konsumiert habe, mein ganzes Abi auf Speed gemacht (ich rate jedem hier dringend von chemischem Drogenkonsum ab! Und hoffe, ich kann hier anonym in dem Forum offen drüber schreiben). Das Ganze spricht ja an sich schon für eine Selbstmedikation (Habe das bei der Testung sehr offen kommuniziert und der Psychiater weiß auch Bescheid, weswegen es auch schwer war, überhaupt Psychostimulanzien verschrieben zu bekommen). Ich hab’s ohne einfach nicht geschafft aufzustehen oder zu lernen. Ohne Speed hätte ich meine Schule in der 10./11. Klasse bereits abgebrochen, so traurig das klingt. Gesundheitlich ist das natürlich eine absolute Katastrophe gewesen und jetzt kommen wir zum eigentlichen Thema, in der Hoffnung, Menschen mit ähnlichen Erfahrungen zu finden.
Ich bin jetzt ca. bei Tag 10 mit Elvanse (4 Tage, dann 7 Tage Pause weil ich Urlaub hatte, dann wieder jetzt seit 5 Tagen). Ich hab mit 30mg angefangen und mach jetzt immer einen Teil der Kapsel raus, denke es bleiben so 25mg übrig. Ich hatte so starke Nebenwirkungen bei 30mg und auch jetzt bei 25mg, merke ich es noch, obwohl es langsam besser wird (gehe wahrscheinlich bald wieder auf 30mg hoch). Von erhöhtem Puls, Schwitzen, Schmerzen in der unteren linken Brust, hoher Muskeltonus im Kiefer (hab CMD), Tinnitus ist bisschen lauter (den hab ich auch seit 10 Jahren). Mir hilft es insoweit, als dass ich mich auf der Arbeit und beim Masterarbeit schreiben nicht mehr so schnell ablenken lasse, weil mein Kopf durch das Elvanse beschäftigt ist und ich nicht ständig nach neuem Dopamin etc. suche… Ich erledige meine Aufgaben zügiger und mir geht es dabei gut. Allerdings bin ich sobald es nachlässt fahrig, habe springende Gedanken, fühle mich nicht wie ich selber und mag den Zustand einfach gar nicht. Zudem hab ich auch ne leichte Zwangs/Ticstörung, die dann immer vermehrt auftritt (aber teilweise auch ohne Medikament noch viel schlimmer ist!) Verminderten Appetit und Schlafprobleme kann ich händeln, das kenn ich ja von damals viel heftiger. Versuche also, mich da so gesund es geht zu ernähren/zu verhalten.
Jetzt lese ich überall, dass die meisten mit starken ADHS Symptomen kaum Nebenwirkungen von Elvanse haben irgendwie verunsichert mich das so, dass ich mir die Frage stelle, ob ich dann überhaupt ADHS habe… Oder ob sich mein Körper so an den früheren Konsum erinnert, und ich dadurch besser arbeiten und funktionieren kann. Und/oder ob dadurch vielleicht auch meine Nebenwirkungen stärker sind… Weil ich irgendwie empfindlicher auf Amphetamine reagiere und direkt in „Alarmbereitschaft“ bin, da mein Körper denkt da kommen jetzt größere Mengen und schonmal ordentlich Cortisol und alles ausschüttet. Ich fühl mich mir gegenüber etwas schuldig, auch wenn ich ja unter den Symptomen die ich habe leide, die weit über Unkonzentriertheit hinaus gehen.
Hat vielleicht jemand ähnliche Erfahrung, reagiert körperlich empfindlicher, hatte auch früheren Konsum? Oder fühlt sich in irgendeiner Art schuldig? Ich weiß grad nicht, wie ich damit umgehen soll, dass ich Medikamente zum funktionieren in der Leistungsgesellschaft benutze. Und habe das Gefühl, mir selber damit etwas anzutun, weil es mich leider schon an meinen Konsum früher erinnert.
Besten Dank für jede Antwort und wer’s geschafft hat bis hier hin zu lesen