[Elvanse] Paradoxe Eindosierung: Je höher die Dosis, desto mehr Schläfrigkeit, Konzentrationsprobleme und Lethargie?

Moin,

erst einmal zu mir: 24 Jahre alt, weiblich, seit zwei Monaten diagnostiziert und in medikamentöser Behandlung mit Elvanse®/Lisdexamfetamin.

Meine Eindosierung sollte wie folgt ablaufen:

  • Beginn mit 20mg.
  • Erhöhung alle 5 Tage um 10mg.
  • Aufhören zu erhöhen, sobald Maximaldosis erreicht wurde oder negative Nebenwirkungen auftreten.
  • Maximaldosis sei 70mg.

Ich habe jetzt Stück für Stück erhöht und bin heute jetzt bei 60mg angekommen; die erste 60mg-Dosis habe ich vor etwa zwei Stunden zu mir genommen.

Meine Erfahrung und Frage dazu ist jetzt allerdings folgende:

Die Zeiten mit 20mg und 30mg waren echt ein Unterschied von Tag und Nacht im Vergleich zu vorher. Ich konnte mich plötzlich konzentrieren, Projekte anfangen und weiterführen, ich war viel geduldiger zu meinen Mitmenschen, meine Depressionen wurden schlagartig besser und meine Hintergrundnervosität/Anxiety war praktisch weg. Alles war perfekt, aber ich hatte das Gefühl, da ginge noch mehr.

Auf 40mg hab ich die Effekte weniger stark gemerkt, war aber scheinbar emotional stabiler und konnte mehr konsistent arbeiten anstatt hektisch im Hyperfokus. Auf 50mg hab ich noch weniger Effekte überhaupt gemerkt und habe sogar wieder einige Prokrastinations-Tage gehabt, an denen ich mich gar nicht aufraffen konnte. Ich hab fast gar nichts von den Medikamenten gespürt. Ich war müde, lethargisch und habe keine Energie für gar nichts gehabt.

Heute auf 60mg schlägt aber dem Fass den Boden aus. Ich bin ich zwar durchaus genauso produktiv wie sonst mittlerweile und komme leicht in einen Hyperfokus (wie man an diesem langen Post hier schon sieht…), aber habe total blöde und paradoxe Nebenwirkungen:

  • Taubheitsgefühl auf der Kopfhaut und in den Gesichtsmuskeln
  • Schwindel und Übelkeit
  • Konzentrationsprobleme, leerer Kopf, schwammige Gedanken
  • Wortfindungsstörungen, Ungeschicklichkeit, Tollpatschigkeit, Kraftverlust – allgemein recht zittrig
  • Müdigkeitsanfälle und Lethargie

Komischerweise sind das aber alles eher Effekte niedriger Energie, oder? Ich habe kein Herzrasen, keine Angstanfälle, keine Hyperaktivität, keinen Bewegungsdrang, keine Schweißausbrüche, keine wilden Hyperfokus-Gedankengänge. Alles, was ich bei einer Amphetamin-Überdosis normalerweise erwarten würde und konstant lese passiert nicht, eher das Gegenteil.

Selbst hier im Thread mit den Überdosierung-Nebenwirkungen habe ich immer genau das Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass je höher ich die Dosis schraube, desto weniger Energie habe ich und desto müder, antriebsloser und unkonzentrierter werde ich. Das klingt ja eigentlich nach dem genauen Gegenteil von Amphetaminen.

Elvanse kann manchmal etwas speziell sein und nicht immer vorhersehbar und vor allem nicht pauschal bei jedem gleich.

Mir hat z.B Elvanse als ich abends aus Versehen ein Bier getrunken hatte banale Kindheitserinnerungen hochgeholt.
Plötzlich hatte ich ganz klar meine Schulfüller vor Augen inc. Bissspuren , Geschmack vom geknabber am Füller und der Duft :zany_face:

Könnte sein, dass die Dosis nun zu hoch ist. Was sagt denn dein Arzt ?

Die Eindosierung läuft ja so ab , dass man die für sich passende Dosis zwischen zu hoch und zu niedrig findet.

Alternativ gibt es ja ggf. Noch Methylphenidat.

Hi @annyli

Wenn nach „gut“ „schlecht“ kommt und nach „schlecht“, „ganz schlecht“, dann ist die Dosis zu hoch.

Alle 5 tage steigern ist ziemlich sportlich. Laut Packungsbeilage soll man wöchentlich steigern. Du hattest überhaupt keine Chance, zu sehen, wie die jeweilige Dosis überhaupt wirkt, weil Du sofort gesteigert hast, als der SteadyState erreicht war - also Du genau so viel nachwirfst, wie abgebaut wird.

Daher mein Tipp: Mach eine Woche Pause, dann zurück auf Anfang und langsamer steigern. Deine Dosis scheint irgendwo zwischen 20 und 40 mg zu liegen. Wenn Du dich gut fühlst, kannst Du auch 2-3 Wochen bei einer Dosis bleiben und genau beobachten. Das ist kein Wettlauf. Wer beim Steigern zu schnell ist, hat nur die beste Chance, „seine“ Dosis zu verpassen.

Durch die Überdosierung ziehst Du unheimlich Energie aus Deinem Körper. Und das tagtäglich. Kein Wunder, wenn der schlapp macht.

War bei mir genau dasselbe. Bei 70mg angekommen, bin ich Nachmittasg nur noch schlapp rumgelegen, alles war wie in Watte gebettet. Dachte dann: „Dosis immer noch zu niedrig?“ Mein Arzt hat mir dann beim darauffolgenden Termin erklärt, dass das typische Zeichen einer Überdosierung sind. Kurz erklärt:" Sie haben sich zugetrönt." Also wieder runter auf 60mg und mittlerweilen ist es wieder viel besser.

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Inverted-U-Kurve der Dopaminwirkung
Kognitive Leistungen und Konzentration unter Stimulanzien wie Amphetaminen folgen einem „inverted U-shaped“ Dosis-Wirkungs-Verlauf. Sowohl zu wenig als auch zu viel Dopamin im präfrontalen Kortex verschlechtert die Funktionen, während ein mittleres Level optimal ist.

Die Tatsache, dass du bei 30-40 mg eine deutliche therapeutische Wirkung wahrgenommen hast und bei 50–60 mg paradoxe Sedierung auftritt, deutet darauf hin, dass 60 mg für dich bereits jenseits des optimalen Wirkfensters / therapeutischen Bereichs liegen.

Danach käme der sogenannte Zombie-Modus, wobei der hier m.M.n. bereits angekratzt wurde.

Es drückt in höheren Dosen auch ordentlich aufs Limbische System → Emotionale Abstumpfung / Leere / …

Dein persönlicher Sweetspot liegt dann wahrscheinlich bei 30-40 mg.

Ich hab mich in dem Post ja auf das Negative begrenzt; an sich bin ich sehr, sehr zufrieden mit den Medikamenten und im Vergleich zum Vor-Medi-Status ist es alles eher insgesamt „sehr gut“.

Ich will nur noch etwas mehr Klarheit und Konzentrationsvermögen gewinnen, aber diese Verbesserung kommt mit höherer Dosis aktuell nicht. Stattdessen werd’ ich einfach komischerweise nur müder und antriebsloser. Das soll ja eigentlich eine Amphetamin-Überdosis nicht sein, eher im Gegenteil.

Das ist theoretisch schon wahr, aber ich muss auch sagen, dass ich gar nicht wirklich alle 5 Tage gesteigert habe, ansonsten wären das ja 5 Tage * 4 Studen = 20 Tage; es sind ja aber schon über zwei Monate vergangen.
Ich habe nämlich ziemlich schnell gemerkt, dass ich an den Tagen mit Höherdosierung stärkere Nebenwirkungen hatte und mich erst mal dran gewöhnen musste, und habe deshalb meine Höherstufungen so gelegt, dass ich an den Tagen nichts zu tun hatte. Das hat schon eigentlich zu einer Gewöhnung geführt. Ich war beispielsweise drei Wochen auf 30mg, und auch 40mg und 50mg habe ich länger als fünf Tage erlebt.

Schwierig.
Ich habe meine Diagnose über 300 Kilometer weg gemacht, weil ich sonst keinen Termin gefunden hätte. Ich suche aktuell hier in der Nähe nach einem Psychiater für die weitere Behandlung, weil ich ja nicht zu jedem neuen Rezept die 300km reisen will, habe aber bisher noch nichts gefunden.

Ich habe also aktuell keinen behandelnden Arzt in erreichbarer Nähe.

Ich glaube, meine aktuelle Vorgehensweise ist jetzt die:

  • Morgen noch mal 60mg und schauen, ob es besser/anders wird, weil es ja durchaus sein kann, dass das nur diese typischen Hochstufungs-Nebenwirkungen sind
  • Wenn es nicht besser wird, wieder runter auf 50mg und dann mal schauen wie es auf Dauer läuft.
  • Danach sollte ich eigentlich schon wieder einen Arzt haben und dann klär’ ich das mal dort ab.

Die Medikation hat ihre Grenzen in dem was man sich erhofft. Manches kommt auch mit der Zeit und man muss an einem bestimmten Punkt auch Symptome vom ADHS akzeptieren und damit leben lernen. Mit ADHS zu leben ist und bleibt immer ein Stück Arbeit.

Die Wirkung deiner „ Überdosis“ könnte auch schon der „Tag danach sein“
Als ich zu hoch war und davon quasi ausgenockt , sagte mein Arzt sinngemäß „Sie hören sich an wie jemand auf einem Montag der am Wochenende auf Amphetamin Party gemacht hat.
Bis zum aufputschen ist es bei mir nicht gekommen und Elvanse ist ja in der Freisetzung in dem Sinne auch kein „Parytamphetamin“

Gibt es denn keine telefonisch Begleitung oder per Mail?

Theoretisch gäb’ es eine Videosprechstunde, aber die kann ich mir nicht leisten, die ist für Selbstzahler:innen.

Nö:

und dann kam das:

Und das ist genau das Zeichen, dass „mehr“ nicht drin ist. Auch wenn Du es Dir noch so sehr wünschst. Die Medis können die Symptome nicht komplett wegzaubern. Du hast immer noch ADHS. Die Medis können die Symptome lindern. Und das hat doch offenbar super funktioniert bei Dir mit deutlich niedrigeren Dosen.

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Jepp.
Nochmal zurück auf 30 und erst nach 8 Tagen rauf.

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Kann mich nur anschließen - hatte zwangsweise mal eine Weile runterdosiert wegen fehlender Medikamente und bin dann langsam wieder eingestiegen und siehe da: nach 14 Tagen mit der gleichen Dosis-Stufe war ich an einem Punkt, an dem ich sagen konnte, dass sich mein Körper dran gewöhnt hat und sich in der Wirkung nichts mehr verändert hat. Vorher habe ich alle 7-9 Tage ca. aufdosiert und das war wohl zu schnell für mich. Hatte auch starke Nebenwirkungen, merke ich rückblickend - jetzt habe ich ja den Vergleich zur ersten „Eindosierungsphase“.

Hoffe du findest die für dich passende Dosierung bald! :crossed_fingers: