Hallo Zusammen,
ich bin 27 jahre alt, männlich und war über einem Jahr auf der Suche nach einem Therapeuten, der (hoffentlich) mein AD(H)S diagnostiziert.
Ich war sehr euphorisch als ich gestern endlich einen Termin bekommen habe und das nicht allzu weit von meinem Wohnort entfernt. Der Termin ist aber erst in 2 Monaten und nun hat sich eine kleine Angst eingestellt: Die Angst dass das Diagnosegespräch ergebnislos ausgeht und ich weiterhin in diesem Zustand durch mein Leben gehen muss.
Es ist eben so, dass mich mein Zustand in fast jedem Aspekt meines Lebens beeinträchtigt.
Meine Karriere stagniert, weil ich mir selber nicht zutraue den nächsten Karriereschritt in’s Projektmanagement zu gehen, weil ich in jedem Meeting nichts mitbekomme. Ich zone für Minuten am Stück aus und folge gedanklich irgendwelchen Assoziationsketten, komme nur wieder rein wenn jemand meinen Namen sagt oder mir spontan auffällt, dass ich seit langer Zeit leer auf den Bildschirm schaue. Dabei weiß ich dann am Ende des Meetings meistens nur einen Bruchteil dessen was besprochen wurde und muss mir auf „trickreiche“ Art die nötigen Informationen von Kollegen und Vorgesetzten holen, ohne dabei durchscheinen zu lassen, dass ich sie gar nicht mitbekommen habe. Ich lasse mich super leicht ablenken von der Arbeit, zum Glück bekomme ich meine Aufgaben immer erledigt, aber ich merke auch, dass ich mit voller geistiger Anwesenheit sicherlich 2-3x mehr schaffen würde.
Während meiner Ausbildung wurde ich sogar einmal gekündigt weil ich mich zu oft von meinem Handy habe ablenken lassen und alle mit involuntären Geräuschen gestört habe die ich manchmal mache.
Zwischenmenschlich fällt es mir auch schwer mich mit Leuten zu unterhalten, weil ich die Leute viel zu oft unterbreche um meine Gedanken zu dem Gesagten zu äußern weil ich ansonsten nicht mehr weiß was ich sagen wollte, wenn mein Gegenüber 3 Sätze weiter ist. Zudem zone ich auch mitten in Gesprächen out und muss dann per Fingerschnippen oder Nachfrage zurückgeholt werden nur um zu merken, dass ich seit 10.20,30 Sekunden nicht mehr zugehört habe. Mein restless leg hat mir auch schon viel unangenehme Aufmerksamkeit beschert, bei jeder Mittagspause in meiner alten Firma hat jemand Bemerkungen dazu gemacht „haben wir hier ein Erdbeben?“ „Mensch David sitz doch mal still“ etc.
Dabei hilft sicherlich auch nicht, dass ich wenn ich etwas erzähle total schnell rede damit ich den Faden nicht verliere und dann trotzdem zu fast jeder Geschichte noch etliche abzweigende Untergeschichten erzählen muss um meiner Meinung nach wichtige Zusammenhänge zu erklären, die aber im Endeffekt absolut unwichtig sind.
Früher als Kind war ich sehr explosiv und bin schnell aus der Haut gefahren, das habe ich zwar äußerlich gelernt abzulegen aber innerlich existiert es immernoch …
Meine Freundin ist öfters enttäuscht weil ich gar nicht mitbekomme wenn sie mich anspricht, manchmal bin ich anscheinend auch so abwesend, dass ich einfach aus dem Zimmer gehe und etwas anderes mache wärend wir gerade eigentlich geredet haben. Außerdem fällt es mir grundsätzlich sehr schwer Ordnung zu halten, dennoch gibt es manche Dinge wo ich total sauer werde, wenn sie nicht an dem Ort sind wo sie hingehören.
Mittlerweile, über die Jahre habe ich mein Leben halbwegs geordnet, ich schreibe mir Zettel und Notizen, stelle Erinnerungen und Wecker für alles, sodass Pünktlichkeit und Verlässlichkeit relativ unproblematisch geworden sind.
Ich war auf 4 verschiedenen weiterführenden Schulen weil ich alle um mich herum und mich selber abgelenkt habe, musste dann sogar mein Abitur nachholen mit privatem Nachhilfeunterricht und habe das wenigstens geschafft.
Alles in allem wünsche ich mir einfach, dass das alles ein Ende hat und ich endlich normal leben kann, normal kommunizieren, aufmerksam sein, zuhören … all das.
Zu dem Diagnosegespräch soll ich Grundschulzeugnisse mitnehmen, ich tue sie mal hier mit rein, vielleicht kann hier wer was dazu sagen, ob es passen kann.
Meine Zeugnisse habe ich hier hochgeladen:
Bin für jede Hilfe dankbar