Hallo Leute,
ich bin gerade sehr glücklich, weil Elvanse bei mir wirkt.
Ich spüre jetzt endlich diesen Effekt, dass ich ganz klar planen kann, was ich tue und einfach mit Dingen anfange, ohne ewig lange herumzugrübeln. Ich habe das Gefühl, dass eine Barriere im Kopf weggefallen ist, die mich sehr lange immer wieder blockiert hat - vielleicht schon mein ganzes Leben lang oder zumindest seit der Pubertät.
Ich arbeite zur Zeit als freier Journalist und bin leider oft unzuverlässig, weil es mir immer wieder schwer fällt, mit einem Text oder anderen Arbeitsschritten anzufangen. Ich muss mich immer wieder dafür entschuldigen und ich glaube, dass ich die Redaktion teilweise zur Weißglut treibe. Doch die bleiben immer freundlich, weil sie wohl wissen, dass ich sensibel bin und daher befürchten, dass sie mich als Mitarbeiter verlieren könnten, wenn sie mich zu hart kritisieren würden. Meine Artikel kommen bei den Lesern sehr gut an. Das Problem ist nur, dass es mit dem Abliefern gelegentlich etwas dauert oder auch mal geplante Themen bei mir einfach untergehen, so dass gar nichts mehr dazu kommt.
Seit etwa einer Woche habe ich diese guten Erfahrungen mit Elvanse. Besonders habe ich das an zwei Tagen gemerkt, als ich Artikel direkt nach einer Veranstaltung fertig machen sollte. So etwas ist mir vorher zwar auch gelungen, aber es war immer totaler Stress und eine Zitterpartie, ob ich es denn tatsächlich schaffe, rechtzeitig fertig zu werden.
Das Schreiben ist ja ein komplexer Prozess. Besonders schwierig war für mich immer, erstmal meine Notizen zu sortieren, also alle Zettel wiederzufinden und eine Ordnung hineinzubringen. Tatsächlich scheiterte viel bei mir daran, dass ich nicht mehr wusste, wo meine Notizen sind, und lange danach suchen musste.
Mit Elvanse lief das jetzt echt viel besser. Vor allem konnte ich viel besser mit der Zeit planen. Es war so, als könnte ich jede Minute gezielt nutzen und auch vorhersehen, wieviel ich z.B. in den nächsten fünf Minuten schaffe. Beim Blick auf die Uhr wunderte ich mich manchmal darüber, dass erst so wenig Zeit vergangen ist.
Früher ist bei mir viel Zeit einfach irgendwie „weg gewesen“. Ich war dann in Gedanken versunken oder habe irgendwas anderes gemacht, anstatt mich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Ich fühle mich jetzt gerade auch viel selbstbewusster, weil ich feste Ziele verfolgen kann und nicht mit dem Bewusstsein herumlaufe, dass ich mich bald wieder für mein Versagen entschuldigen muss.
Ich hatte nun schon ungefähr zwei Monate mit Elvanse herumprobiert. Die Wirkung von einer Kapsel (30 mg) war viel zu heftig. Ich hatte starke innere Unruhe und konnte gar nicht mehr steuern, was ich tue. Ich habe dann die Kapsel aufgemacht und immer ganz geringe Mengen von dem Pulver ausprobiert. Teilweise hatte ich schon positive Effekte, aber wurde auch immer wieder sehr nervös.
Die absolut wichtige Erkenntnis war dann:
Ich darf keinen Kaffee trinken, wenn ich es genommen!!
Das war der Knackpunkt. Ich hatte nämlich bei meinen vorherigen Versuchen mit Elvanse immer jeden Tag Kaffee getrunken, was zu problematischen Wechselwirkungen führt (bei mir zumindest).
Erst als ich davon gelesen habe, dass es diese Wechselwirkung mit Koffein gibt, habe ich ganz bewusst auf Kaffee verzichtet und diese gute Wirkung verspürt.
An die ganze Dosis (30 mg) habe ich mich jetzt noch nicht wieder herangetraut, aber ich probiere es an einem geeigneten Tag nochmal aus, wie das dann ohne Kaffee auf mich wirkt. Ich bin jetzt noch bei den kleinen Mengen von dem Pulver.
Das ganze hat eine lange Vorgeschichte:
Meine Diagnose (ADHS / ADS) liegt nun etwa 11 Jahre zurück.
Damals ging ich zu einem Psychiater, nachdem ich beruflich gescheitert war, mich sehr schlecht fühlte und keine richtigen Perspektiven sah, weil bei mir immer alles schief ging.
Ich hatte zwar ein Universitätsstudium geschafft, aber ich brauchte relativ lange dafür. Ich habe es schrittweise und „mit Ach und Krach“ irgendwann zu Ende bringen können. Im darauf folgenden Berufsleben war ich völlig überfordert, habe dabei sehr viel Ärger gehabt und starke Abwertung erlebt, so dass ich gar nicht mehr an mich glaubte und auch keine richtigen Perspektiven hatte.
Von dem ersten Psychiater bekam ich Methylphenidat und Venlafaxin verschrieben.
Von Methylphenidat wurde ich nervös und stotterte (was bei mir ein Problem ist, das eher selten auftritt, aber mich dann sehr belastet). Heute vermute ich, dass damals auch die Kombination mit Kaffee das Problem war. Ich habe es nach den ersten Versuchen nicht mehr nehmen wollen.
Bezüglich Venlafaxin hatte ich zeitweise ein gutes Gefühl, aber aufgrund fehlender Selbstorganisation passierte es, dass ich einmal nicht rechtzeitig ein neues Rezept bekam. Ich fuhr dann ohne das Medikament in die Heimat und habe da einen „kalten Entzug“ gemacht. Ich merkte dabei diese berühmten „Brainzaps“ (Stromschläge im Kopf), aber irgendwie ging es mir in der Zeit danach auch erstmal wieder besser als vorher. Manchmal denke ich aber auch, dass dieses abrupte Absetzen vielleicht Schäden in meinem Gehirn verursacht hat.
Den nächsten Termin beim Psychiater hatte ich verschlafen und wollte nichts mehr von der Behandlung wissen. Damals hatte ich das Thema „ADS / ADHS“ auch noch nicht so ernst genommen.
Einige Zeit später ging ich zum Psychiater (Nummer 2) und brachte da schon mehrere Zettel mit, auf denen ich sehr ausführlich meine Probleme und mögliche Behandlungsmöglichkeiten beschrieb. Ich fühlte mich von dem aber irgendwie nicht ganz ernst genommen.
Eine interessante Erinnerung:
Als er mir sagte, er wolle mir Elontril (Bupropion) verschreiben, fragte ich, ob es denn nicht etwas gebe, das sofort wirkt. Da schmunzelte er abfällig: „Nein, es gibt kein Antidepressivum, das sofort wirkt.“
Ich fragte dann, ob ich vielleicht mal ein Beruhigungsmittel ausprobieren könne. Da sagte er: „Es gibt nur zwei Sorten davon. Die einen machen süchtig und die anderen dick. Beides werde ich ihnen nicht verschreiben.“
Jetzt rückwirkend sehe ich, dass ich da ja schon unbewusst das beschrieben habe, was ich jetzt mit Elvanse verspüre. Es wirkt sofort und es macht mich in dem Sinne ruhiger, dass ich gezielter meine Aufgaben angehen kann. Ich bin heute noch etwas wütend, dass ich nur so dumme Antworten bekommen habe.
Ich bekam dann Elontril (Bupropion), aber hatte auch damit irgendwann kein gutes Gefühl mehr. ich fühlte irgendwie eine Art Aggression in mir und war ständig misstrauisch gegenüber Menschen (auch Freunden).
Der Psychiater empfahl mir dann einen Klinikaufenthalt. Meine Mutter drängt mich auch dazu und so stimmte ich dem zu.
Als Hauptdiagnose schrieb er auf: „abhängige Persönlichkeitsstörung“. Das war aber richtiger Quatsch. Ich bin nämlich genau das Gegenteil davon. Ich will im Alltag gerne in Ruhe gelassen und kann schnell genervt davon sein, wenn ständig Menschen um mich herum sind. „Abhängige Persönlichkeitsstörung“ heißt, dass jemand sich ständig an Menschen klettet und Angst davor hat, alleine zu sein.
Auf die Idee kam der Psychiater wahrscheinlich, weil ich ihm sagte, dass ich plane, wieder zu meiner Mutter zu ziehen. Das hatte aber rein praktische Gründe. Ich wollte in die Heimat zurück und mir dort eine Wohnung zu suchen wäre mir zu teuer und kompliziert gewesen.
Ich landete dann in einer psychosomatischen Klinik auf einer Station für „Borderline, Persönlichkeitsstörung und ADHS“. Da nahm ich dann an der Therapie für die Borderliner teil, obwohl mich das überhaupt nicht betraf. Da ging es um selbstverletzendes Verhalten und Hochanspannung, womit ich gar nichts zu tun habe.
Eine Persönlichkeitsstörung konnte bei mir nicht festgestellt werden.
Ich wurde dazu gedrängt, ein Antidepressivum zu nehmen (war erst dagegen) und bekam dann Sertralin.
Um ADHS ging es erst ganz am Ende und ich nahm nur an zwei Therapiestunden bei den ADHSlern teil. Ich bekam 10 mg Methylphenidat verschrieben, was danach eigentlich noch eingestellt werden sollte.
In der Heimat war ich dann bei einem neuen Psychiater (insgesamt Nummer 3), der nicht viel von Methylphenidat hielt. Er verschrieb mir nur die 10 mg weiter und war gegen eine Erhöhung.
Einige Monate hatte ich Methylphenidat genommen. Manchmal merkte ich gar nicht, manchmal vielleicht was und manchmal wurde ich sehr nervös davon. Aus heutiger Sicht vermute ich, dass die Dosis zu niedrig war und die Nervosität dann auftrat, wenn ich Kaffee getrunken hatte.
Sertralin hatte ich recht schnell wieder abgesetzt. Warum weiß ich heute gar nicht mehr, aber ich hatte wohl kein gutes Gefühl mehr damit.
Zwischendurch war ich noch bei einem anderen Psychiater (Nummer 4) als Zweitmeinung. Da wurde etwas mit der Methylphenidat-Dosis herumprobiert und ich bekam Lithium als Antidepressivum, für das regelmäßig das Blut untersucht werden muss (sehr aufwendig). Er schickte mich nach einiger Zeit wieder zu Psychiater Nr. 3.
Lithium und auch Methylphenidat hatte ich dann auch irgendwann wieder abgesetzt und bin einige Zeit nicht mehr zum Psychiater gegangen.
Es ging mir zu der Zeit besser, weil ich beruflich leichte Fortschritte gemacht habe. Mit den Problemen bzgl. der schlechten Selbstorganisation und „nicht mit Aufgaben anfangen können“ kam ich etwas besser zurecht und habe akzeptiert, dass ich halt so bin und trotz prekärer beruflicher Situation irgendwie zurechtkomme.
Meine Mutter hat mich immer finanziell unterstützt, so dass ich so leben konnte, was aber eigentlich kein Dauerzustand sein soll.
Ich hatte in der Zeit auch mal Sitzungen bei einem Psychotherapeuten. Der sagte immer, ich solle mir nicht so viel Stress machen und einfach das Leben mehr genießen. Anfangs fand ich das völlig blödsinnig, weil ich ja bei meiner Arbeitsfähigkeit besser werden möchte. Letztlich war diese Therapie aber gar nicht so schlecht, weil ich durch mehr Lockerheit nicht mehr in so ein tiefes Loch gefallen bin, wenn mal Rückschläge auftraten.
Der Psychiater Nr. 3 ist ziemlich alternativ drauf. Er empfiehlt Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel - und sieht die herkömmliche Medikation in der Psychiatrie kritisch. Ich finde das einerseits sympathisch, aber andererseits ist es halt schlecht, wenn er einem deshalb Medikamente vorenthalten werden.
Nachdem ich einige Jahre nicht mehr bei ihm war, machte ich doch mal wieder einen Termin. Jetzt fragte ich, ob ich denn vielleicht mal Elvanse bekommen könnte (weiß nicht genau, ob ich ihn das vorher schon konkret gefragt hatte). Er hat dem zugestimmt und gesagt, ich solle das ruhig mal ausprobieren. Ich war etwas verwundert, weil ich gedacht hätte, dass er dagegen sei.
Nun bin ich bei der zweiten Packung, nachdem ich schon einige Wochen (oder Monate) mit Dosierungen herumexperimentiert habe. Dabei trat aber immer wieder die Nervosität auf.
Der Verzicht auf Kaffee war echt die entscheidende Erkenntnis dafür, dass nun diese positiven Effekte eingetreten sind. Aber vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass man sich erstmal daran gewöhnen muss.
Fazit:
Nach 11 Jahren, vier Psychiatern, 8 Wochen Klinikaufenthalt, vier Antidepressiva, Methylphenidat und ständiger Ausformulierung darüber, was denn mein Problem ist, habe ich das erste Mal das Gefühl, dass mir etwas wirklich konkret hilft.
Ich will nicht zu sehr in Euphorie verfallen. Vielleicht ist das auch nur der erste Effekt, wenn man endlich mal so eine positive Wirkung verspürt.
Aber es sieht doch so aus, dass die lange Geschichte nun eine große positive Wendung gefunden hat.