Hallo ela1,
meine Tochter hat ähnliche Grundvoraussetzungen wie dein Sohn.
Sie kann sich super auf für sie interessante und spannende Dinge konzentrieren und da auch gut Dinge behalten. Es ist aber in etwa so, wie tamaracha es beschrieben hat: das Wissen liegt unsortiert auf einem großen Schreibtisch rum. Dafür ist es aber meistens „sichtbar“ und nutzbar.
Die Medi ist kein Heilmittel für ADHS und beseitigt die Symptome auch nicht sofort. Sie hilft aber, neue Strukturen und Routinen zu erlernen.
Bei meiner Tochter ist die Wirkung sehr subtil und nur über einen längeren Zeitraum sichtbar.
Bei ihr ist das Kurzzeitgedächtnis am stärksten betroffen. Der Psychiater hat uns irgendwie erklärt, warum bei ihr Elvanse besser wirkt als Medikinet, aber das ist eben sehr individuell und hängt davon ab, welches System im Hirn die Beeinträchtigung hat. Das kann man nicht pauschalisieren und man muss erstmal ein Medikament ausprobieren und schauen, was passiert. Nachjustieren und Umstellen kann man immer noch.
Meine Tochter hat zunächst gar nichts bemerkt. Ich konnte aber sehen, dass sie am Nachmittag mehr Energie hatte und auch mal einem Hobby nachgeht, statt nach der Schule nur zu schlafen. Außerdem schafft sie es, ihr Zimmer ordentlicher zu halten.
Ihr selbst ist irgendwann aufgefallen, dass sie Texte nicht mehr zweimal lesen muss, sondern den Inhalt schon beim 1. Mal abrufen kann.
Das sind aber Entwicklungen, die erst nach Wochen sichtbar wurden.
Wichtig ist, dass es keine Nebenwirkungen gibt! Ich würde bei der Eindosierung vorrangig darauf achten und dann langfristig schauen, was sich positiv verändert. Das passiert aber nicht von alleine. Die Medikation ist nur eine Unterstützung. Wenn auch eine sehr wirksame!
Generell handhaben wir es momentan so, dass die Tochter ihrem natürlichen Rhythmus folgt. Sie macht, worauf sie Lust hat und schulische Pflichtaufgaben macht sie auf den letzten Drücker. Dafür aber, ohne sich tagelang Stress zu machen, weil noch eine Aufgabe ansteht. Sie weiß, dass sie es auf den letzten Drücker schafft und auch gut macht.
Wenn sie sich für Dinge interessiert, die nichts mit Schulstoff zu tun haben, dann soll sie das machen. Ihr Hirn braucht Input. Und zwar mit Herausforderung. Das ist in der Schule häufig nicht gegeben. Stell dir mal vor, du müsstest ständig in einem Anfängerkurs sitzen, obwohl du schon Fortgeschritten oder gar Profi bist. Natürlich macht das keinen Spaß und da kann man sich schon mal nach dem Sinn fragen.
Immerhin hat meine Tochter kürzlich selbst erkannt, dass Schule an sich eine super Sache ist.
Ansonsten machen wir natürlich auch viel, um zu Hause hilfreiche Strukturen zu etablieren. Wir schauen gemeinsam, wie wir den Tagesablauf optimieren können, welche Hilfsmittel funktionieren, wo wir eigene Wege finden müssen.
Die Medikamente helfen, die geschaffenen Strukturen auch zu Routinen werden zu lassen. Und wenn es nur vorübergehend ist.
Für meine Tochter bringt Psychoedukation die meisten Punkte. Sie hat schon viel darüber gelernt, wie ihr Hirn funktioniert und kann auf diesem Wissen aufbauen. Sie musste erstmal das Warum verstehen und wissen, dass sie mit ihren Schwierigkeiten nicht alleine ist. Dass ADHS eine Normvariante ist und die Standardtipps und Vorgehensweisen nicht unbedingt für sie funktionieren. Dass es ok ist, eigene Wege zu gehen. Dass man trotz guter Noten Lernprobleme haben kann. Dass man aber Stück für Stück Erfolge feiern kann.
Euch alles Gute!