Ergibt es Sinn mit Therapie zu starten wenn man schon das Leben versemmelt hat?

Hallo zusammen. Ich bin neu hier. Ich bin Österreicher und 25 Jahre alt.

Neulich erzählte mir meine Mutter, dass ein Arzt mir mit 6 oder 7 Jahren Ritalin verschreiben wollte. Sie hatte damals abgelehnt, weil sie das Medikament sei dafür verantwortlich hielt, dass mein Cousin in der Förderschule war. Sie sagte auch, es würde Kinder ruhig stellen und deren Kreativität zerstören. Rückblickend betrachtend macht diese Offenbarung schon ein wenig Sinn.

Bis zur fünften Klasse lief alles gut. Meine LehrerInnen erzählten meinen Eltern ständig ich solle eine Klasse überspringen, weil ich so begabt sei. Ab der 6ten Klasse reichte Allgemeinwissen nicht mehr aus und ich musste mitlernen. Ich war fast jedes Jahr in der Sommerschule damit ich nicht ein Jahr wiederholen musste. Ironischerweise gab es dennoch LehrerInnen die sagten „welch Dinge ich doch erreichen könne, wenn ich nicht so faul wäre“.
In den meisten Fächern konnte ich mich herausreden aber in Mathematik sind Fakten gefordert. Wenn ich Aufsätze in Englisch oder Deutsch Arbeiten schreiben musste, würde ich meine Gedanken wie gewohnt niederschreiben, dann mitten im Satz würden mir ein besseres Wort oder eine bessere Phrase einfallen und ich würde dies einfach in den Satz stopfen und es würde sich dann so lesen als ob zwei verschiedene Sätze fusioniert hätten. Manmal fange ich an Sätze zu schreiben, doch anstatt sie fertig zu schreiben würde ich gleich zum nächsten Satz springen. Selbst beim korrekturlesen würde ich diese offensichtlichen Fehler überlesen.
Am Anfang des Schuljahres würden wir Schulbücher bekommen und bis zum zweiten Semester hatte ich sie schon verloren. Ebenso sind mir über die Jahre mehrere Jacken, Handys und Geldbörsen abhanden gekommen. Damals sagte man mir immer spaßeshalber, dass ich „Jugendalzheimer“ hätte und dass „ich meinen Kopf verlieren würde wenn er nicht angewachsen wäre“.
Bis vor ein paar Jahren hatte ich noch das klassische unbewusste Bein zittern beim Sitzen. Meine Mutter hat mir als ich noch jung war oft gesagt das ich unruhig oder rastlos sei, aber ich dachte immer, dass sie mich damit nur aufziehen wolle.

Ich habe versucht zu studieren, aber es haben mich die gleichen Probleme heimgesucht wie in meinen Schuljahren. Ich habe versucht aktiv zuzuhören doch wurde ständig von irgendetwas abgelenkt oder meine Gedanken sind abgeschweift. Ich habe meine Prüfungen versemmelt nicht, weil sie schwer waren sondern weil ich Fragen überlesen, falsch gelesen oder mich auf eine Frage so sehr fixierte, dass ich die Zeit vergaß.

Ich bin inzwischen 25 und hab nicht mehr so viel Energie wie einst, aber meine Konzentrationsprobleme und Vergesslichkeit sind immer noch da. Ich muss euch nicht sagen, dass mein konstantes akademisches Versagen, der Gedanke alle Menschen die in mich geglaubt haben enttäuscht zu haben und nie mein Potenzial ausgeschöpft zu haben sich nicht sonderlich gut auf meine mentale Gesundheit ausgewirkt haben.

Daher möchte ich euch fragen, soll ich zum Psychiater gehen um ordentlich diagnostiziert zu werden? Bring es denn was so spät mit der Behandlung zu beginnen wo ich doch eh schon versagt habe? Gibt es unter euch vielleicht jemaden der/die spät mit der Behandlung angefangen hat und falls ja, wie hat sich das auf eure Lebensqualität ausgewirkt?
(sorry falls sich das irgendwie komisch liest. Wollte das auf Reddit posten aber die Moderatoren dort meinten dass es nicht im Rahmen des adhd subs sei)

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Wenn du ne Chance auf Veränderung haben möchtest , dann geh zum Arzt .
Ne Chance dass es besser werden könnte besteht .

Jeder Tag an dem es sich irgendwie besser anfühlt ist schon ein Gewinn.

Bis zur Rente kannst du noch mit egal was lang genug arbeiten.

Wie kannst du jemanden enttäuschen mit Dingen , die du trotz Potential nicht können konntest.

Mach lieber gleich einen Termin anstatt hier auf Antworten zu warten, die dir eh sagen , dass es sich lohnen kann. :wink:

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Willkommen hier! :adxs_wink:

Wenn du kannst lies dich hier mal quer durch das ganze Forum. Es gibt hier eine riesige Menge Leute, die noch viel später erst diagnostiziert wurden und deren Lebensqualität enorm zugenommen hat und ihre Geschichten erzählen. Ich bin selbst 38 und jetzt erst dabei mich diagnostizieren zu lassen, weil ich gerade auch lerne, dass ich es mir Wert bin das für mich zu tun.
Hätte mein Leben anders laufen können? Ja, sicherlich. 1000fach anders und nicht allein wegen fehlender Diagnostik. Das kann ich nicht mehr ändern, aber ich kann meine Zukunft beeinflussen. Mein Zukunfts-ich wird meinem Heute-ich irgendwann hoffentlich dankbar dafür sein.

Ich wünsche dir, dass du das für dich auch schaffst! Der bunte Haufen hier hat immer ein offenes Ohr und viel Verständnis.
:four_leaf_clover:
:cherry_blossom: Grüße

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Was für eine Frage, du bist doch unglücklich hast die Diagnose im Kindesalter bekommen, da ist dann entweder keine Neudiagnose nötig oder sie ist leicht durch weil Adhs in der Kindheit definitiv nachgewiesen ist.

Ich hab mit 36 mein Abi nachgeholt und mit 40 angefangen zu studieren und mit 43 das Zweitstudium dazu genommen. Es läuft gut, Medis bekomme ich erst ein Jahr.

Du bist gerade mal 1/4 Jahrhundert alt, du bist in der Sturm und Drangzeit wo mit der richtigen Medikation noch wirklich alle Wege offen stehen und wenn du eingestellt bist auch noch mal richtig die Welt aus den Angeln heben kannst.

Aber wichtig, DU MUßT DAS WOLLEN, dann wird dir das auch gelingen.

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Hab trotz Potential wegen diverser Einflüsse nach 10 Jahren mit 50 erst mein berufsbegleitendes Studium beendet . ADHS Diagnose kam mittendrin .

Gib nicht auf , suche danach was dir hilft und womit du dir dein Lebensunterhalt irgendwann verdienen möchtest.

Viel hier hatten einen schweren Einstieg ins Berufsleben oder lange Schwierigkeiten. Diagnose hatte ich auch erst mit 44.

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Wie schon viele vor mir geschrieben haben, Du bist erst 25. Du hast noch das ganze Leben vor Dir! ich bin 42 und warte gerade auf meine Abklärung. Und wenn ich dann mit 43 endlich Klarheit darüber habe, warum ich so bin und wie ich damit umgehen kann, dann hat es sich gelohnt, denn ich habe immer noch einige Jahre vor mir, die ich geniessen kann.

Mir hat schon allein die Vermutung, ich könnte ADHS haben, unheimlich geholfen. Denn endlich weiss ich, warum mir mein Leben wie ein ständiger Kampf gegen die Windmühlen vorkommt.

Die Zeit davor können wir nun mal nicht mehr ändern, aber auf alles, was noch kommt, haben wir einen grossen Einfluss.

Und nein, Du hast nicht versagt. Man hat dir einfach eine Therapie verwehrt, aus welchen Gründen auch immer. Und da kannst du nichts dafür.

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Hallo,

die Zeit zurück drehen kannst du nicht.

Ich bekam meine Diagnose mit 37 und bin seitdem in Behandlung, jetzt bin ich 59 und meine Lebensqualität hat sich sehr verbessert.

Eine 62-jährige Forumsteilnehmerin musste sich von ihrer Ärztin anhören, sie sei ja bisher zurecht gekommen und müsse jetzt nicht mehr mit Medikamenten anfangen. Das ist zynisch und grausam. Wir haben ihr natürlich gesagt, such dir eine bessere Ärztin.

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Hallo,

um eine Idee zu bekommen, ob, wie stark und mit welcher Ausprägung du ADHS haben könntest, kannst du den ADHS-Symptomtest auf ADxS.org machen. Es handelt sich um ein Onlinescreening. Eine richtige Diagnostik kann immer nur ein erfahrener Arzt oder Therapeut machen.
Viele User hier im Forum kennen den Test, sodass das Ergebnis hilft, deine Beschreibung besser einzuordnen.

Viele Grüße

Ich habe meine 1. Therapie mit 18/19 Jahren gemacht. Es folgten weitere in den 25 Jahren danach. Keine war umsonst.
Es macht immer Sinn sich mit sich selbst auseinander zu setzen mithilfe vom Therapeuten der das etwas lenkt.

Das ganze Leben ist Entwicklung, Reflektion und Veränderungen. Das hört nie auf :wink:
Es nicht zu tun, macht alles nur schwieriger auf Dauer. Therapie ist kein Versagen. Ganz im Gegenteil.

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Übrigens, was meinst du mit macht ein wenig Sinn?

Glaubst du, dein Cousin hätte die Regelschule geschafft, wenn er das Medikament nicht bekommen hätte?

Du meinst, Du wärest spät dran? Du bist hier im Forum eher ein Küken. :adxs_zwinker:

Als ich meine Diagnose bekam und mit der Behandlung angefangen habe, war ich doppelt so alt wie Du. Für mich sind da schon deutlich mehr Messen gelesen, als für Dich.

Meine Lebensqualität hat sich deutlich verbessert. Überhaupt verstehe ich mein bisheriges Leben jetzt erst. Ändern kann ich es natürlich nicht mehr. Und mit Anfang 50 fange ich auch nicht mehr an, zu studieren oder beruflich umzusatteln. Bevor ich fertig bin und/oder richtig Fuß gefasst habe, winkt die Rente.

Aber auch nach der Arbeitsperiode ist das Leben nicht vorbei. Das Leben besteht doch nicht nur aus Arbeit. ADHS hat man auch in seiner Freizeit. Es lohnt sich also immer, die Diagnostik und Behandlung anzugehen, wenn man unter den Symptomen leidet. Nicht, um besser arbeiten zu können, sondern um besser LEBEN zu können.

Du hast noch jede Menge Leben vor Dir und noch jede Menge Chancen, Deine Träume zu verwirklichen. Das Leben ist keine Autobahn, auf der man geradewegs ins Ziel rast. Häufig muss man Schleichwege nehmen oder aus einer Sackgasse wieder rausfahren, um ans Ziel zu kommen.

Trau Dich! Die Wege abseits der Autobahn sind oft viel spannender und interessanter, als ewig und langweilig stur geradeaus zu fahren. Und am Ende kommt man trotzdem ans Ziel. :adxs_zwinker:

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Hallo ( gib Dir bitte einen neuen Benutzernamen) ! Sonst glaubst Du noch an diesen Quatsch ! Du bist 25 J. Ob bei Kindern mit 6/7 J. die Kreativität zerstört wird ? Möglich, aber nicht nachweisbar. Bin Oma von 2 Enkelkindern geb. 2000 und 2001. Bei ihnen wurde sogar viel früher ADHS diagnostiziert. Meine Tochter hat ADHS und ich auch. Im Erwachsenen Alter heist das nur noch ADS. ADHS Medikamente für meine Enkelkinder wollte meine Tochter nicht. Ich stimmte ihr zu ! Wichtig war dann,Kinder täglich mit spielen aus zu powern. Habe ich Jahre lang getan. Mein Enkel hatte dann einen Schulabschluss mit 1,0 und 1,2 ! Du bist 25.J. BITTE geh zu einem Psycharter und lass Dich testen auf ADHS/AHS ! Hole Dir das Medikament! Für Dich ist absolut noch überhaupt nichts zu spät. Ne, Dein Leben fängt dann erstmal richtig an. Wünsche Dir alles gute und bin ganz sicher ,das Dir das Medikament hilft.

1,2 Abschluss Enkelin

Such mal nach Twice Exceptional.
HB ist ein zusätzliches Problem. Was hat man davon, eine Aufgabe schneller lösen zu können? Wenig.
HB geht aber mit eigenen Charaktertraits einher, die denen von ADHS sehr ähneln.
Das heisst: man gehört doppelt nicht dazu.
Und: HB kaschiert ADHS, es wird häufiger nicht erkannt.

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Ach so, vergessen ! Meine Diagnose ADS bekam ich unglaublicher Weise erst vor 15 Jahren, nachdem erst meine Tochter und dann meine Enkel diagnostiziert wurden. Ich dann erst danach mit Mit 54 J. ! Na was ist denn zu spät ? Alles gute Süsser

Wow, erst gar keine Antwort gelesen ? Plötzlich finde ich meine fast nicht mehr . Na, noch nie in einem Forum gewesen. NA GUT, man wird alt wie ne Kuh und lernt immer noch dazu :rofl:

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@enttäuschung

Kein Interesse auf die Antworten einzugehen? Hier haben sich Menschen Mühe gegeben.

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Ich hab hier jetzt tatsächlich ein anderes Alter erwartet und nicht 25 :smiley: Aber ich verstehe es voll - mir ging es Anfang/Mitte 20 ebenfalls sehr schlecht und ich hatte phasenweise keine Hoffnung mehr und habe auch mal eine Woche auf der Geschlossenen verbracht.
Ich bin Mitte 30, habe bis heute keinen Abschluss außer Abitur, dafür aber 3 abgebrochene Studiengänge und eine abgebrochene Berufsausbildung auf meiner Liste. Bei mir hatte sich dennoch vieles „ergeben“. Etwa in deinem Alter habe ich mich spontan mit dem selbstständig gemacht, was mir am meisten liegt - keine Empfehlung (!), nur meine persönliche Geschichte. Das lief teils sehr gut und teils miserabel, aber hat einen Kunden auf mich aufmerksam gemacht, der mich dann später aufgrund meiner Kompetenzen trotz fehlender Abschlüsse in Vollzeit angestellt hat. Nun hat sich zwar seitdem (auch durch meine Impulsivität) wieder vieles verändert und meine aktuelle Situation ist eher unschön, aber wenn ich in den letzten Jahren was gelernt habe: Es ist nie zu spät, noch mal zu studieren, was Neues anzufangen usw. Ich konzentriere mich nun zB erst mal aufs Durchhalten in meinem aktuellen Job (bzw will schauen, ob es evtl kommunale Optionen gibt, um den Job zumindest temporär etwas mehr auf mich anzupassen), bis ich die Diagnose und Medikament habe, und schließe nicht aus, dass ich dann evtl doch noch mal studiere - und das dann hoffentlich auch abschließe. :slight_smile: Ich habe auch manchmal solche Gedanken, dass ich es „eh schon versemmelt“ habe etc., aber dann erinnere ich mich daran, dass ich binnen 8 Monaten nicht nur eine Fremdsprache quasi fließend gelernt habe, sondern auch ins Ausland gezogen bin und hier sogar recht schnell einen Job gefunden habe - es ist zwar alles andere als perfekt, aber zeigt, was in einem Jahr oder sogar weniger möglich ist und macht daher irgendwo auch Hoffnung auf Besserung, insbesondere wenn man dann Hilfe in Form von Tools und Medikation hat.

Ich weiß nicht, ob du diesen Beitrag je lesen wirst, weil nix mehr von dir kam - aber evtl stolpert ansonsten mal jemand mit ähnlichen Gedanken über dieses Thema und findet dann hier etwas Bestärkung. :slight_smile:

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Eine Krise mit Anfang 20 ist übrigens eher normal als abnormal. Diese Krise bildet so quasi den Abschluss der Pubertät und des Erwachsenwerdens.
Und ja, auch dieser Falatismus „ohhhh, mein Leben ist vorbei!..“ ja, das ist auch normal :grin:

So haben wir es damals in der Schule in Psychologie und Philosophie (so hieß das Fach damals, glaube ich noch - heißt sicher inzwischen anders g) gelernt. So ist’s auch.

Insoferne, das ist alles im Rahmen. Wichtig ist eher, das weitermachen und nicht versumpfen… Weil das ist in Wirklichkeit die Kunst im Leben. Nicht, dass man keine Probleme hat. Sondern wie man Problemen begegnet.

Du bist also 25. Was ist jetzt mit dem Studium? Abschließen oder gibst du echt auf? → beides ist ok, aber soll bewusst entschieden werden mit den Konsequenzen eben.
Und wie soll es beruflich weitergehen?

Stehe lieber auf und packe mal an. Das ist nicht immer leicht, muss aber sein. Ich sehe leider in meinem Umfeld zu viele, die sich treiben lassen… ja, das ist mal ok, aber doch nicht auf Dauer…