Erster Termin nach der Diagnose - Medikamente?

Hallo,

ich bin neu im Forum und hoffe, dass ich gerade im richtigen Thema lande mit dem Beitrag. :slight_smile:

Ich habe ein paar Fragen, möchte kurz was zu mir erzählen und würde mich über Meinungen zu meiner Gedankenwelt freuen, weil ich merke, dass ich mich ein bisschen im Kreis drehe. Ich schreibe mir auch ein bisschen etwas von der Seele, ehrlich gesagt.

Zu mir:
Ich bin 30 und hatte sehr lange nach einem Diagnostik Termin gesucht. Ich wohne in Hamburg und man kam nicht mal mehr auf Wartelisten, die waren einfach voll. Ich sollte immer wieder im nächsten Quartal anrufen und wurde dann wieder auf das nächste Quartal vertröstet. Das ging ca. zwei Jahre so.
Schlussendlich habe ich mich dann von einem privaten Psychiater diagnostizieren lassen und habe die Diagnose seit Februar 2024.
Weil es für weiter unten wichtig ist, noch die Info, dass der Psychiater absolut seriös war und bereits in einer ADHS Ambulanz tätig war. Er kannte sich sehr gut aus und ich habe mich zum ersten Mal in meinem Leben richtig verstanden gefühlt was diese Themen (s.u.) betrifft.

Ich musste mir dann aber einen neuen Psychiater suchen (zum Eindosieren), da ich kein Geld habe um den privaten weiter zu bezahlen. Diesen Psychiater habe ich dann nach langer Suche (hatte immer direkt gefragt ob ADHS Medikamente verschrieben werden und meistens war die Antwort „nein“) gefunden und für 5 Monate später einen Termin bekommen.
Dieser Termin ist nächste Woche und ich bin etwas überfordert damit, weil ich nicht weiß wo ich anfangen soll, wenn ich bei dem Psychiater sitze.
Jetzt zu einem meiner Probleme:
Ich habe bei dem Thema ständig die Angst, dass mir nicht geglaubt wird. Ich habe Angst, dass der neue Psychiater meine Diagnose nicht akzeptiert, weil ich den ersten Psychiater ja dafür bezahlt habe. Und mich dann weg schickt und ich für umsonst so lange gewartet habe.
Ich habe Angst anzusprechen, dass ich Medikamente ausprobieren will. Ich weiß nicht wie man das fragt. Ich weiß allgemein nicht was ich sagen soll, wenn ich gefragt werde warum ich da bin.
Normalerweise habe ich nicht solche Probleme bei Arztterminen. Ich lege mir vorher alles zurecht und bin auch aufgeregt, aber ich vertraue erst einmal darauf dass alles ok sein wird.
Nur bei dem ADHS Thema habe ich schon so oft Ablehnung erfahren, dass ich Angst vor diesem Termin habe.

Ich habe, nach dieser langen Zeit wo ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, gemerkt, dass es drei große und sehr wichtige, belastende, Themen für mich gibt, die ich mein ganzes Leben lang nicht geschafft habe zu lösen und einfach nicht wusste, dass es mit ADHS zusammenhängt oder zusammenhängen kann.
„Der Rest“ sind eher kleinere Dinge die ich aber teilweise oft als Bereicherung sehe, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Ich denke das kennen viele von euch.

Also, die drei großen Punkte bei mir sind:

  1. Das Einschlafen. Ich weiß nicht wie es sich anfühlt sich hinzulegen und einzuschlafen. Oder „nur“ bis zu 30 Minuten dafür zu benötigen, bis man eingeschlafen ist. Ich konnte es noch nie, seit Kindesalter. In meinem Kopf spielt sich wirklich ein komplettes Musical ab wenn ich im Bett liege und einschlafen will. Egal wie müde ich bin. Und es ist kein schlimmes Gedankenkarussell oder so. Also, keine negativen Gedanken. Ich denke einfach an ALLES. Habe seit Kindesalter bis jetzt so ziemlich alles probiert was geht um das hinzubekommen, aber nichts half, außer eben Schlaftabletten, die aber absolut nichts für mich sind.
    Letztes Jahr war ich deshalb bei einer Psychiaterin. Da wusste ich schon vorher, dass sie nichts zu ADHS macht und war nur wegen des Einschlafproblems da. Sie hat mir dann Promethazin verschrieben. Das war bis jetzt zumindest das erste Medikament was mir wirklich hilft beim Einschlafen, ohne dass ich davon am nächsten Tag kaputt bin. Das nehme ich jetzt fast täglich und frage mich aber wie das weitergehen soll.

  2. Die Uni. Ich habe mich mein Leben lang von Job zu Job gehangelt. Ich habe Abitur, aber habe danach „nur“ ein FSJ gemacht und bin danach in die Arbeitswelt geschlittert. Die letzten 5 Jahre hatte ich einen guten Job, weshalb es mir nichts ausmachte, dass ich keine Ausbildung oä. hatte. Nun geht die Firma in der ich arbeite pleite und ich wurde gekündigt. Das ist für mich aber ok, weil ich sowieso schon immer studieren wollte und jetzt ist das eben der nötige Arschtritt. Ich habe mich nun beworben für das Wintersemester.
    Worauf ich hinaus will: Es fällt mir unheimlich schwer, naja, zu lernen. Zuzuhören. Nicht abzudriften. Aufmerksam zu sein und Dinge wiedergeben zu können. Was mich psychisch am meisten belastet ist, dass ich mir so schlecht Dinge merken kann. Ich lese einen Text und kann danach nicht erklären was drin steht. Oder ich muss jede Zeile 5 Mal lesen. Ich habe das Gefühl, dass mein Gehirn die Informationen einfach nicht aufnimmt. Das war schon immer so und ich habe mich immer blöd gefühlt. Ich muss es aber jetzt endlich versuchen mit dem Studium oder einer Ausbildung, in erster Linie weil ich es will. Dieses Problem ist der Hauptgrund warum ich Medikamente ausprobieren will. Ich bin allgemein gut strukturiert, mein letzter Job bestand darin zu koordinieren. Ich halte gerne Ordnung, das geht schon in eine Richtung bei der ich aufpassen muss dass sie nicht Überhand gewinnt. Aber diesbezüglich mache ich mir für das Studium keine Sorgen. Ich habe auch riesengroße Lust auf das Fach und auch sonst passt alles gut. Wenn da halt nur nicht diese, ich nenne sie jetzt mal, „Unfähigkeit“, wäre, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.

  3. Mein Nacken. Ich leider unter starken Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich. Ich mache bereits Sport und bin in Behandlung. Mache bald eine Sport-Reha. Ich habe jetzt immer mal wieder gelesen, dass ADHS und solche Probleme in Verbindung stehen können. Seit der Diagnose und seitdem ich mich damit beschäftige, habe ich gemerkt, dass ich die ganze Zeit angespannt bin. Ich versuche immer wieder bewusst mich zu entspannten, gerade im Schulterbereich. Ich merke auch, dass mein Körper sich daran gewöhnt und zumindest das „Schulterhochziehen“ weniger wird.
    Ich habe aber auch eine Skoliose, von daher ist das was ADHS betrifft eher das „geringste“ Problem. Will sagen, da bin ich bereits schon dran und muss da einfach noch einen Weg für mich finden. Ich weiß nicht inwiefern mir der Psychiater, der auch Neurologe ist, da helfen kann, aber das ist auf auf jeden Fall einer der drei Punkte die mich belasten. Kann man so etwas vielleicht sogar auch mit Medikamenten in den Griff bekommen? Ich habe im Forum schon gelesen, dass Medikamente da helfen können, es aber auch verschlimmern können.

Sorry für den langen Text. Ich würde so gerne wissen wie euer erster Termin war. Nicht zur Diagnostik, sondern für die Medikation. Es würde mich interessieren, ob ihr vielleicht auch mit der Diagnose bei einem neuen Arzt wart und da eben fragen musstet, ob er euch eindosiert.
Kennt ihr die Probleme die ich auch habe so und habt euch schon selbst geholfen? Oder mit Medikamenten? Ich neige so sehr dazu Ärzten erst einmal meine komplette Lebensgeschichte zu erzählen bevor ich zum Punkt komme, weil ich Angst habe dass sie mich aufgrund fehlender Informationen falsch verstehen. Dieses Problem ist mir auch erst seit einiger Zeit bewusst geworden. Ich kann mich einfach nicht kurzfassen. :face_with_peeking_eye:

Ich versuche jetzt mal einen Punkt zu finden und bedanke mich für das Lesen. :slight_smile:

Liebe Grüße

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Hallo Teresa

Ich habe inhaltlich nicht viel beizutragen, da ich nur indirekt von ADHS betroffen bin (Mann & Sohn).

Vielleicht könntest du genau diesen Text (oder etwas angepasst) dem Arzt im Voraus mailen? Dann weiss er schon, was die wichtigen Punkte für dich sind, und du kannst dir ganz in Ruhe zu Hause überlegen, was du ihm mitteilen möchtest. Ausserdem hast du dann eine Art Gesprächsleitfaden für den Termin. Sonst in der Aufregung geht ja immer mindestens die Hälfte vergessen, geht mir auch so…

Noch zum einschlafen: Hast du mal Melatonin versucht? Hilft bei uns ganz gut (wobei wir keine „schlimmen“ Einschlafprobleme haben, aber es dauer halt einfach lange…).

Liebe Grüsse
Moya

Hallo Teresa und herzlich willkommen,

nein, ich kann dir da nicht mit eigener Erfahrung dienen, der Arzt der mich 2003 diagnostiziert hat, war derselbe, der mich behandelt hat, und das immerhin bis 2019. Leider ist er 2020 gestorben, sonst wäre ich immer noch dort, so einen tollen Arzt und ADHS-Experten, er war einer der ersten, die Erwachsene in Deutschland überhaupt behandelt haben, findet man nicht zweimal.

Ich kann das nachvollziehen. Wichtig ist erst einmal für sich selbst klar zu haben, dass ADHS eine reale und ernsthafte Störung ist und die Medikation eine notwendige Behandlung.

Hallo Teresa
Ich hab meine Diagnose seit März und musste mir danach auch einen Psychiater für die Medis suchen, da die Diagnose durch einen Psychologen gestellt wurde und der keine Medis verschreiben darf.

Hab dann 2 per Mail kontaktiert und gleich geschrieben, dass die Diagnose schon da ist und es um medikamentöse Behandlung geht (der Psychologe hatte Medis empfohlen und das auch so auf seinen Bericht geschrieben).

Trotzdem hab ich mir vor dem Termin ziemlich in die Hose gemacht - kann dich also total gut verstehen! Dachte, ich müsse meine Lebensgeschichte nochmal erzählen und genau begründen, warum ich Medis will. Hatte mir das auch so zurechtgelegt (bei mir war der Haupt-Leidensdruck die Arbeit). Aber oh Wunder, der Psychiater war total gechillt und hat gar nicht gross gefragt. Ehrlich gesagt denke ich, dass Patientinnen wie ich leicht verdientes Geld für ihn sind - er muss an sich nur Rezepte schreiben…

Ausserdem hat er nix davon gesagt, dass man begleitend noch irgendeine Therapie oder so machen müsste. Aber er könne das natürlich verschreiben, wenn ich das wolle… Fast ein bisschen zu gechillt :grinning:

Was hast du denn dem Psychiater gesagt/geschrieben? Weiss er, dass es um ADHS und Medikation geht? Deine Liste finde ich sehr gut. Nimm die doch mit zum Termin, so als Spickzettel. Viel Glück!

Hallo und Willkommen Teresa,

Ja, das Problem kenne ich. Da machst Du Dir vor dem Termin fast in die Hose, führst das Gespräch in tausend Varianten im Kopf - und am Ende kommt es doch ganz anders und war gar nicht schlimm. :upside_down_face:

Du hast den Psychiater nicht für die Diagnose bezahlt, sondern für seine Arbeit als Arzt. Auch der neue Psychiater arbeitet nicht kostenlos. Der bekommt die Kohle nur nicht von Dir, sondern von der Krankenkasse. Der Psychiater mit Privat-Praxis hat genau so Medizin studiert und seinen Facharzt gemacht, wie der „Kassen-Psychiater“. Der einzige Unterschied ist, dass der eine mit der gesetzlichen Krankenkasse abrechnen kann und der andere nicht.

Du hast doch sicher von dem privaten Psychiater einen Arztbrief mit der Diagnose bekommen. Da sollte eigentlich auch ein Behandlungs-/Medikationsvorschlag drinstehen. Den Brief nimmst Du mit zum neuen Arzt und sagst ihm, dass Du gern eine Behandlung mit Medikamenten versuchen möchtest.

Falls die Frage kommt, warum Du wegen der Medikamente jetzt zu ihm kommst, kannst du doch ehrlich sagen, dass Du die Diagnostik (aus Verzweiflung, weil nirgends ein Termin zu bekommen war) privat bezahlt hast, aber die Behandlung und Medikamente auf Dauer nicht selbst zahlen kannst.
(Der Privat-Arzt darf ja keine Kassenrezepte ausstellen. Du müsstest also nicht nur für die Termine, sondern auch die Medis selbst bezahlen.)

Punkt 2 und 3 Deiner Liste könnten/sollten sich mit passender Medikation verbessern.
Punkt 1 ist da schon schwieriger, kann aber auch besser werden. Melatonin wurde schon angesprochen, wäre sicher einen Versuch wert. Mir hilft es gut.

Ich wünsche Dir alles gute für den Termin! Der Arzt wird Dir schon nicht den Kopf abreißen. :wink:

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Hallo ihr,

ich hätte nicht gedacht dass mich ein paar Antworten schon so viel weiter bringen. Deshalb danke an euch.

Melatonin habe ich mal vor ein paar Jahren versucht, ich kann mich nicht erinnern dass mir das so geholfen hat, dass ich dann hätte besser oder eher einschlafen können. Gerade bin ich dabei Glycin zu probieren. Vielleicht versuche ich es dann wieder mit Melatonin.

Tatsächlich ist Punk 2 der Wichtigste Punkt, von daher erhoffe ich mir da wirklich eine Besserung und an den anderen zwei Punkten bin ich parallel ja auch dran.

Ich hatte beim Anruf bei dem Psychiater bereits gefragt, ob sie ADHS Medikamente verschreiben, und die Arzthelferin hat ganz selbstverständlich „ja“ gesagt und noch so etwas wie, „wenn der Herr Dr. das so für nötig hält“. Sie hat dann noch gesagt, dass ich allerdings die Diagnose schon brauche, weil sie keine Diagnostik machen, und die habe ich ja, die soll ich mitbringen. Klang erstmal sehr nett. Aber ja, aufgrund so vieler Abweisungen uä. bin ich so unsicher.

Daran dass ein Privatarzt keine Kassenrezepte ausstellen darf wusste ich nicht, bzw. kam mir nicht in den Sinn. Das ist natürlich ein guter Punkt.

Ich glaube ich tendiere dazu morgen einen Spickzettel mitzunehmen und vorher zu sagen, dass ich aufgeregt bin.

Danke für eure Worte und beste Grüße :slight_smile:
Teresa

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