Falschdiagnose ADHS-I

Hallo,
ich habe ADHS des Unaufmerksamen Typs. In der Kindheit ist es dank Copingmechanismen wenig aufgefallen, nun mit Ende 30 ist es aber ziemlich stark und beeinträchtigt mich in versch. Lebensbereichen sehr, insb. im beruflichen ist es wirklich schlimm, da ich nur im Homeoffice sein kann.
Mein (renommierter) Psychiater hat mich aber nun falsch diagnostiziert! Laut ihm habe ich eine Depression, weil der Elternfragebogen nicht eindeutig war, könne er mir vor Beendung der Depression keine ADHS-Medis geben.

Ich finde es kaum zu glauben… denn ich habe nur ca. 3 Depressions-Symptome und alle lassen sich durch ADHS erklären, schließlich bringt mich das ADHS wirklich an meine Grenzen.

In der Kindheit bin ich mangels Hyperaktivität (unruhig bin und war ich immer nur innerlich, verträumtheit brachte man ja nie mit ADHS in Verbindung) so durchgeschwuppt. Immer Mittelmäßig, mich immer nur um andere Dinge gekümmert, nach denen mir gerade war.

Fast alle Betroffenentexte sprechen mir aus der Seele. Das klingt alles wie ich, Fragebögen auf adxs.org waren auch eindeutig.

Habe mehrere Male versucht, zu überzeugen. MASSIG Beispiele aus meinem Alltag und vorallem auch der Kindheit aufgezeigt, die schon damals sehr für ADS sprachen. Selbst in Grundschulzeugnissen steht „kann sich schwer konzentrieren“.

Habe Infos aus adxs.org zusammengesucht und aufbereitet, etc etc (Hyperflow sei Dank). Er sagt weiterhin: „der Elternfragebogen ist nicht eindeutig genug“

Ich bin echt verzweifelt. Warum muss ich als Betroffene bei einem Profi Überzeugungsarbeit leisten? Das ist irre. Der kann sich doch nicht NUR auf den Elternfragebogen berufen! Er hat das Alter 6-10 abgefragt, das ist ja wirklich schon ewig her! Zudem sind gab es da auch Ausschläge in den Bereich „häufig“.

Habt ihr Tipps, wie man weiter vorgehen könnte?
Termine bei anderen ADS-Anlaufstellen sind scheinbar nicht früher als in 6 Monaten zu bekommen.

Danke!
Moni

1 „Gefällt mir“

(achja, und wg. der angebl. Depression sollte ich Elontril/Bupropion nehmen)

1 „Gefällt mir“

Es tut mir leid dass du das durchmachen musst :pleading_face:

scheinbar ist der Profi dann doch nicht so der Profi… oder aber ,2. Möglichkeit, er hat einfach Recht!

Leider gibt es nicht viele Möglichkeiten.
überzeugen wirst du ihn nicht, das schließe ich aus
du müsstest um eventuell eine 2. Meinung einzuholen die Wartezeiten woanders dann in Kauf nehmen oder wiederum (2. Möglichkeit) lass dich darauf ein und nimm die Medikamente die er dir gegeben hat.

Bupropion ist zum Beispiel ein Medikament was bei Adhs durchaus gut anschlägt, es wäre einen Versuch wert und dann baust du darauf auf.

ich wünsch dir auf jeden Fall Viel Glück egal wie du dich entscheiden wirst!

4 „Gefällt mir“

Ich bin auch noch ganz neu hier, aber mir kommen dazu ein paar Gedanken.

Ich bin 56 und habe vor ein paar Monaten meine Diagnose bekommen.
Meine Eltern leben noch und meine Mutter wäre auch geistig noch fit genug, um diesen Elternfragebogen zu beantworten.

Aber da sie vor 1-2 Jahren, als ich angefangen habe, über das Thema nachzudenken, das alles gar nicht ernst genommen hat, habe ich sie bei der Diagnostik gar nicht mehr gefragt.

Eigentlich ist es ja ganz logisch, dass Eltern das Verhalten ihrer Kinder gar nicht besonders auffällig finden: ADHS ist hochgradig erblich und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass mindestens ein Elternteil das auch hatte. Und dann ist das doch alles ganz normal!

Ich habe mir jedenfalls viel mehr Sorgen um meinen Sohn gemacht, den man auf einem Stuhl hätte festkleben können und er hätte es erst Stunden später bemerkt, weil er so konzentriert war. Die Tochter, die ständig auf Bäumen herumgeklettert ist, dauernd kaputte Knie und zerrissene Kleidung hatte, die war doch einfach ein fröhliches lebhaftes Kind!

Oder die Eltern haben unbewusst das Gefühl, dass herauskommt, dass sie vielleicht etwas falsch gemacht haben oder sie versagt haben, da kann so viel Ungenauigkeit mit bei den Antworten auftreten…

Ich habe nur eine Fremdeinschätzung von meinem Mann mit abgegeben und eine lange Liste mit eigenen einschlägigen Erlebnissenaus der Kindheit.

Ich hatte noch nicht einmal Zeugnisse, die irgendwie aussagekräftig waren, bei uns gab es keine persönlichen Bemerkungen, nur Noten und Fehltage.

Im Grunde genommen sind diese Diagnostik-Kriterien ja relativ willkürlich festgelegt.
Niemand weiß genau, was genau im Gehirn anders läuft und wie die Medikamente wirken. Das ist noch ziemlich unklar.
Deshalb bekommt jemand, der einfach nur genau weiß, was im Fragebogen stehen muss, und dessen Angehörige die Person auf diesem Weg interessiert unterstützen, eher eine Diagnose als jemand, der schon als Kind wenig Aufmerksamkeit bekommen hat und sich dann jahrzehntelang irgendwie durchs Leben gewurschtelt hat und es gewohnt ist, dass niemand ihn oder sie wirklich ernst nimmt.

Die Fragebögen sind so transparent, dass ich immer wieder aufpassen musste, dass ich nicht einfach nur ankreuze, was offensichtlich von mir erwartet wird, sondern was ich tatsächlich bei mir erlebe…

2 „Gefällt mir“

Hi @moniboni und herzlich Willkommen! :adxs_wink:

Was wurde denn außer dem Elternfragebogen an Diagnostik gemacht?

Es fährt halt jeder Diagnostiker irgendwie seine eigene Schiene. Eindeutig festgelegte Standards (im Sinne von verbindlich vorgeschriebenen Fragebögen und Tests) für die Diagnostik gibts nicht, außer dass es die Erst-Diagnose im Erwachsenenalter nur gibt, wenn auch in der Kindheit schon eindeutig ADHS-Symptome vorhanden waren. Wie der Arzt das ermittelt, bleibt ihm (mehr oder weniger) selbst überlassen.

Elternfragebögen finde ich bei der Diagnostik von Erwachsenen eine unglückliche Wahl.
Was dabei rauskommt, hängt eben von der persönlichen Wahrnehmung der Eltern ab. Da können sich die Antworten von Mutter und Vater schon gravierend unterscheiden, wenn die Kinder gerade im betreffenden Alter sind. Das wird (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) nicht besser, wenn man Eltern nach dem Verhalten ihres Kindes vor über 30 Jahren fragt.

Hat der Arzt sich denn die Grundschulzeugnisse angeschaut?

Ich glaube auch, den jetzigen Arzt bekommst Du nicht mehr überzeugt und es wäre gut, sich nach jemand anderem umzuschauen.

Viel Glück!

2 „Gefällt mir“

Ich glaube, da hast du einen ganz wichtigen Punkt angesprochen
Gerade bei uns älteren (über 50) wurde ja in der Kindheit noch nicht so genau hingeguckt und je nach Lebensverhältnissen hatten die Eltern eigentlich keinen blassen Schimmer, was man den lieben, langen Tag so treibt. Zumindest war es bei mir so.
Als letztes von vier Kindern und Nachzügler wurde mir noch weniger Beachtung geschenkt als den anderen vorher, meine Mutter war nicht mal auf Elternabenden in der Schule. (gab es das in den neunzehn siebziger Jahren überhaupt schon?)
Ganz im Ernst: ich glaube, meine Mutter (mein Vater ist sehr früh verstorben) war vermutlich eine der Personen in meinem Umfeld, die am wenigsten über mich wusste.

Meine eigenen Versuche, etwas über meine Kindheit zu erfahren, waren da sehr erleuchtend.
Zuerst hieß es: du warst ein ganz normales Kind! Noch auf Nachfrage bei meinen Geschwistern und nach bohren über Anekdoten aus meiner Kindheit ergab sich dann ein ganz anderes Bild:

  • ständig Unfälle, blaue Flecken und Schrammen „Ja, du warst schon ein wildes Kind“
  • Hab erst sehr spät Radfahren und schwimmen gelernt „Ja, Du warst da sehr ungeschickt“
  • Hab immer alle vollgequasselt, alles wissen wollen, immer neue Themen und Interessen
  • In der Schule nie aufgepasst, immer den Klassenclown gegeben „Aber deine Noten waren am Ende doch gut!“ (Sie waren durchschnittlich, aber sehr uneinheitlich , und meistens weit unter dem potenzial, was auch die Lehrer sagten, aber nicht im Zeugnis stand)
  • Usw usf…

Nein, Eltern sehen das, was sie sehen wollen, die sind meines Erachtens für eine Fremdbewertung nicht geeignet

3 „Gefällt mir“

„… Jeder Diagnostiker fährt seine eigene Schiene…“ ich würde diesen Gedanken von @Schusselflummi gerne bestätigen…

So wie wir alle einzigartig sind, trotz des gleichen Mangels, unterscheiden sich Diagnostiker*innen, trotz der identischen Fachrichtung.

So viele unterschiedliche Vorgänge auf dem Weg zu einer Diagnose, wie ich hier gelesen habe, unglaublich.

Es gibt viele Wege nach Rom, heißt es, aber hier scheinen sie dazu mit unterschiedlichen Schikanen ausgestattet zu sein.

Vielleicht gehen manche von uns auch mit zu hohen Erwartungen an die Sache, manchmal passt es ja vielleicht wirklich nicht.

Gerade auf der Suche, ist es auch doof, wenn die Beschwerden wieder keinen Namen bekommen haben. Da kommt kein Freude auf, obwohl man doch auch happy sein könnte, wenn etwas nicht zutrifft.

Aber wie bereits die Schreiberlinge vor mir sagten, mach dich auf den Weg zu einer zweiten Meinung. Du musst dich auch keinesfalls der Lächerlichkeit preis geben, einen „renommierten“ Menschen davon zu überzeugen, seine Meinung zu dir sei fehlerhaft. Energieverschwendung :adxs_kp:

1 „Gefällt mir“

Danke Euch allen für die Beitrage!

@Schusselflummi Außer Elternfragebogen gab es noch einen Fragebogen mit 22 Fragen, einen anderen mit 18, diesen dann nochmal für den Partner. Zudem 1h-Gespräch, in dem ich viel erzählt habe und er ein paar Fragen gestellt hatte.

@Silberlocke : ich würde dich bitten, im Sinne der Barrierefreiheit einfach die normale deutsche Rechtschreibung zu verwenden und „Diagnostiker“ statt Diagnostiker*innen zu sagen :slight_smile: Danke.