Fehlende/falsche Wirkung Medikinet - Doch kein AD(H)S?

Hallo,

erst mal direkt sorry, der Beitrag wird vermutlich konfus und lange.
Wie der Titel schon verrät, versuche ich aktuell mit meinem Psychiater eine richtige Dosis Medikinet (unretardiert) zu finden.
Kurz zu meiner Vorgeschichte:
Ich bin 32 Jahre alt und weiblich, ca. seit ich 23 bin offiziell mit Depressionen und einer Angststörung diagnostiziert. Vermutlich liegt das aber schon seit meiner Teenagerzeit vor. Später, bei der klinischen Diagnostik vor ein paar Jahren, wurde dann genauer auf eine Double Depression (also Dysthymia plus die rezidivierende Depression), eine gemischte Angststörung und eine kombinierte PST mit emotional-instabilen und selbstunsicheren Anteilen. Bei der Diagnostik wurde damals nur ein bisschen aufs ADHS eingegangen, wurde aber verworfen, weil ich beim WURS-K mit 28 eben unter dem Schwellenwert von 30 war.

Mit 23 damals habe ich zu erst Sertralin bekommen, was damals auch gut gewirkt hat, vor allem weil damals meine Angststörung sehr stark war und ich kaum mehr das Haus verlassen konnte. Ich habe es dann nach ca. einem Jahr abgesetzt und war dann einige Jahre medikamentenfrei. Die Problematik ist dann vor einigen Jahren aber vor allem auf die Depression bezogen stark zurückgekommen. Seit einigen Jahren bin ich mit meinem Psychiater auf einer Odyssee unterwegs, weil einfach keine Antidepressiva eine gewünschte Wirkung erzielen. Sertralin hatte überhaupt keine Wirkung, Venlafaxin auch nicht und zusätzlich hatte ich davon Restless Legs bekommen. Schliesslich sind wir bei Wellbutrin angekommen, das ich jetzt über einige Jahre mit 300mg eingenommen habe - mit mäßigem Erfolg. Auch die Kombi mit Sertralin haben wir nochmal versucht, hat auch keinerlei Wirkung gezeigt.

So, ich komme jetzt dann auch langsam auf den Punkt. Mein Problem ist immense Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Müdigkeit, Traurigkeit/Aussichtslosigkeit, Selbstzweifel etc., Depressionen eben. Zusätzlich habe ich einfach eine non-existente Aufmerksamkeit. Sobald ich für etwas nicht gerade Feuer und Flamme bin, ist es fast unmöglich für mich, mich zu fokussieren (oder überhaupt mal etwas zu beginnen, da eben auch kein Antrieb da ist.)
Aufgrund dessen, dass ich einfach von der Symptomatik in sehr vielen Punkten in adultes AD(H)S passe, und eben weil ich gefühlt medikamentös so untherapierbar bin, wollte ich der Diagnose noch einmal nachgehen und habe mich an eine Spezialistin gewandt, bei der ich dann nach mehreren Sitzungen mit den üblichen Testverfahren schließlich auch die Diagnose bekommen habe. Der Hyperaktive Anteil ist allerdings nicht so Prävalent. Bei den kognitiven Tests zum Arbeitsgedächtnis war ich allerdings durchschnittlich unterwegs. Aber ich habe das persönlich als unrealistische Situation empfunden, weil in einem Zeitraum von 3 Minuten Lernen und da bei mir extreme Angst vorliegt, dumm zu wirken, einfach durchaus möglich ist da erfolgreich zu sein. Ich weiss es ja aus Schule und Unizeit, dass Lernen für mich größtenteils unmöglich war und ich immer auf den letzten Drücker noch irgendwie Dinge schnell auswendig gelernt habe um irgendwie durchzukommen.

Jedenfalls hab ich eben daraufhin von meinem Psychiater als erstes Medikament nun Medikinet unretardiert bekommen.
Zuerst 5, dann 10, dann 15, dann 20 mg. Ich hatte keinerlei Wirkung. (Bei 15mg war ich bei der ersten Einnahme kurz überdreht - danach nicht mehr)
Nun sind wir bei 30mg und dann später 10mg zusätzlich, da ich bei den 30mg allein mehrfach nachmittags in ein regelrechtes Müdigkeitsloch gefallen bin.
Was ich jetzt merke bei 30mg ist eine Antriebssteigerung. Allerdings so ca. 30 Minuten nach Einnahme auch eine immense Unruhe, vor einigen Tagem gefühlt beinahe eine Panikattacke. Der Antrieb ist dann so 3 Stunden auf jeden fall erhöht, ich kann Haushalt erledigen, in der Arbeit bin ich effizient, wenn auch eben hibbelig bzw. überdreht.
Meine Sorge: Ist das nicht die Wirkung, die man als „gesunde“ Person spürt?

Ich möchte Medikinet nicht als Droge missbrauchen, nur weil es als erstes Medikament meinen Antrieb steigert, wenn ich vielleicht doch gar kein ADHS habe. Ich bin einfach verzweifelt, weil die Diagnose sozusagen meine „letzte Chance“ war, dass es daran liegt, dass Antidepressiva mir nicht helfen.
Kann ich so viele ADHS Symptome haben, ohne ADHS zu haben? Zusätzlich dazu und der formellen Diagnose finde ich immer alles nachvollziehbar, was Menschen zu ADHS im Internet posten, von Memes zu TikTok-Videos.

Mein Psychiater würde denke ich als nächstes Elvanse testen, aber ich bin einfach schon wieder immens entmutigt.

Habt ihr hier nützlichen Input für mich?
Sorry für den mega langen Post :frowning:

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Hey @hausofhorrors und willkommen!

Heißt du nimmst 1x am Tag 30mg unretardiertes Medikinet und dann (wann?) nochmal 10mg unretardiertes Medikinet? Dann hast du ja maximal eine Wirkzeit von 6 Stunden, wenn du Glück hast.

Habt ihr da nie versucht, den ganzen Tag abzudecken? Oder auf ein retardiertes Medikament umzusteigen?

Ich hab manchmal das Gefühl, dass man die Wirkung erst vernünftig einschätzen kann, wenn man den Großteil des Tages abgedeckt hat.

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Hi @anon97342551

Auf Nachfrage meinte mein Psychiater, dass er zur Dosisfindung immer unretardiert beginnt. (Und er meinte, dass die meisten seiner ADHSler die unretardierte Version bevorzugen mit mehr Einnahmen über fen Tag verteilt, weil wohl die Wirkung vorhersehbarer ist)

Und ja, ich nehme zuerst 30mg (Einnahmezeitpunkt ist je nach Tagesablauf. Im Homeoffice manchmal erst später, im Büro eher so um 9 Uhr herum. Er meinte dass ich die 10mg dann nehmen soll, wenn ich merke dass die Wirkung ganz weg ist und ich anfange, in die Müdigkeit zu fallen.
Ich bin „leider“ nicht so häufig im Büro, zuhause tue ich mir irgendwie viel schwerer die Wirkung einzuordnen.

Liebe Grüße

Es ist ja auch nicht schlecht, mit unretardiertem zu starten um die Dosis zu finden.

Würde aber bedeuten, dass du locker 5 Einnahmen am Tag bräuchtest um den ganzen Tag abzudecken und das ist auf Dauer ziemlich unpraktisch!

Ich bin auch mit unretardiertem gestartet und dann auf Ritalin Adult umgestiegen.

Du nimmst ja nur 2 Dosen am Tag, da versteh ich den Sinn irgendwie nicht so ganz… und was dein Arzt empfohlen hat mit der 2. Dosis ist schwierig. Im Prinzip müsstest du herausfinden, wie lange eine Dosis bei dir hält und dann rechtzeitig die 2. nehmen, um eben keinen Rebound zu haben. Bei unretardiertem kannst du mit einer Dosis alle 2,5 Stunden rechnen.

Entweder bist du MPH-Nonresponder oder es ist wirklich schwer zu beurteilen, weil die Wirkdauer so kurz ist und nicht ausreichend nachgelegt wird.

Ich würde entweder ein retardiertes Medikament testen (zB Ritalin Adult oder Medikinet Adult → beim Medikinet muss vorher ausreichend gegessen werden) oder Elvanse, so wie er es angeboten hat.

Ansonsten mal versuchen, einen Tag vernünftig mit unretardiertem abzudecken. Wie lange nimmst du das denn jetzt schon?

@anon97342551 Puh, ehrlicherweise kann ich dir gar nicht genau sagen wie lange. Diese 30/10 Kombi aber so eine Woche ungefähr? Ich habe zusätzlich auch noch 2x die Einnahme von den 10mg verschusselt. Hatte aber diese extreme Müdigkeit dann auch nicht immer irgendwie. Schwierig.
Ich möchte das jetzt noch die kommende Woche weiter testen und melde mich dann mal beim Psychiater. Könnte natürlich auch einfach 2 oder 3x 10mg dazu nehmen, bis die Packung leer ist zumindest.

Also 30mg unretardiert ist natürlich schon eine hohe Einzeldosis.

Um deine Anfangsfrage zu beantworten: Du kannst ADHS haben und trotzdem auf ein Medikament nicht gut ansprechen. Das sind bei Methylphenidat im Schnitt 30%, die keine/keine ausreichende Wirkung haben.

Deshalb erstmal abwarten, ausprobieren, ein anderes Medikament testen :slight_smile:

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Danke nochmal für deinen Input @anon97342551.
Habe gerade auch meinem Psychiater geschrieben, nachdem ich auch nochmal auf adxs einige Infos zum Eindosieren durchgelesen habe. (Das alles komplett zu lesen ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit, auch wenn die Infos sehr gut sind - aber die Menge! Puh)

Ich habe mal nach der Ganztagesabdeckung gefragt.
Zusätzlich war mir tatsächlich nicht bekannt, dass man Koffein beim Eindosieren meiden sollte - ups.
Ich habe zwar von Koffein in der Regel überhaupt keine Wirkung, aber ich konsumiere es trotzdem regelmäßig um mir zumindest das Gefühl zu geben, irgendwie Energie zu produzieren :smile:

Werde das jetzt wohl auch weglassen, auch wenn es mir schwer fallen wird.

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Hallo,

in meinen Augen ist 30 mg unretardiert fahrlässig bis absurd. Es mag sein, dass Einzelne so viel brauchen, aber eher nicht in den ersten Monaten.

Ich glaube nicht, dass eine unzureichende Wirkung von Methylphenidat gegen ADHS spricht, aber 1. Welche Wirkung erwartest du genau? Was den Antrieb betrifft, kann ich jedenfalls berichten, dass Metyhlphenidat bei mir nicht sehr viel ausrichtet. Ich muss mich irgendwie selbst „überreden“, aber wenn ich dann anfange, wirkt das Methylphenidat wunderbar, dass ich bei der Sache bleiben kann.

MPH immer mehr steigern, um den erhofften Antrieb endlich zu kriegen, führt dann eventuell dazu, dass du längst über „deiner“ Dosis bist, falls es bei dir auch so ist wie bei mir.

Und 2., wie Andere hier auch schon sagten, MPH unretardiert eignet sich zwar gut zum Eindosieren, aber man muss unbedingt beachten, dass die Wirkung nach 3 Stunden wieder vorbei ist. Sich wundern, dass du irgendwann später am Tag nichts mehr spürst, und dann steigern wäre auch kontraproduktiv.

Ja, Elvanse könnte bei einer Neigung zu Depression und Antriebsarmut besser sein. Da fragst du aber besser die Leute, die damit Erfahrung haben.

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Mir hat Medikinet unret. 10-20 auch mal aus versehen 30, direkt vorm Schlafen gehen gut geholfen zum Einschlafen und Durchschlafen aber jetzt wird versucht Elvanse 70/50 bei der Krankenkasse durch zu bekommen, bin halt einer der ganz Antriebslosen wenn sie nix haben, wozu sie Lust haben aber gleichzeitig dann auch wieder sehr schnell Erschöpft bei Reizüberflutung und Sozialer Kommunikation.

Ein Fluch ist das mit den Medis bei schnell erschöpfbaren, extra viel Denkern auf dem Schiff der Antriebslosigkeit.

Unter Elvanse habe ich mehr „Antrieb“ ,das Aufraffen fällt mir leichter, und unter MPH ur. bessere Konzentration, meine ich zumindest. Würde ja beides zeitgleich nehmen aber darf ich nicht und ob das so gut ist weiß ich nicht, daher mach ich’s nicht, hatte es aber nach einander genommen eine Zeitlang mit Erlaubnis, ist jetzt auch nicht so selten.

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Das ist wirklich so eine Odyssee mit der Medikamenteneinstellung, puh.

Das Aufraffen ist auch ein riesiges Problem von mir leider, die fehlende Konzentration aber eben auch. Wäre super wenn man beides unter einen Hut bringen könnte. Kämpfe eben auch mit alltäglichen Dingen, abseits der fehlenden Konzentration bei zB der Arbeit, oder lesen oder auch einfach beim Zuhören, ganz stark, angefangen beim Zähne putzen, über Kochen bis zum gesamten Haushalt.
Belastet zudem natürlich auch meine Beziehung und ich fühle mich durchgehend wie eine furchtbare Partnerin.

Hab meinem Psychiater mal vorgeschlagen mehrere Einzeldosen über den Tag verteilt, bevor wir zu Elvanse wechseln. Oder vielleicht auch noch zu einem anderen MPH Präparat. Weiters hätte er, wenn alles nicht ausreichend wirkt, auf ein neuartiges AD verwiesen, das sich wohl sehr positiv auf die kognitiven Fähigkeiten auswirken soll, aber (zumindest in Österreich) aktuell nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Brintellix heisst das wohl. Zusätzlich angeblich auch gut bei Angst.

Bin jedenfalls gespannt und ungeduldig wann und was mir endlich mal helfen wird :smiley:

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Ich bin mir eben sehr unsicher welche Wirkung ich überhaupt erwarten „darf“. Die kurzzeitige Antriebssteigerung hat mich sogar sehr überrascht, weil das bisher kein einziges AD geschafft hat.

Ich meine aber dass mir Antriebssteigerung immens im Alltag helfen würde, Haushalt, Kochen/Essen, Körperhygiene etc.
Fürs soziale und die Konzentration beim Arbeiten bräuchte ich aber irgendeine andere Wirkung, ich struggle gerade auch beim sozialen sehr mit der Impulskontrolle und aber auch dem schlichten Zuhören, wodurch ich mich immer sehr schlecht fühle.
Weiss leider nicht welche Wirkung genau ich mir hier wünsche, mir fehlt ein Begriff dafür.

Zur recht hohen Einzeldosis: Mein Psychiater wollte relativ schnell nach oben dosieren, weil ich bis 20 mg gar nichts gespürt habe, auch null Nebenwirkungen.

Hey Zoi,
wo hast du das denn gelesen mit den 30% Nonresponder*innen bei Medikinet?
Ich frage, weil ich auch null reagiert habe bzw sich meine Symptome verschlechtert haben nach Einnahme.

Hi @Acinonyx , bin zwar nicht @anon97342551 , aber hier gibt es ganz viele Infos zum Responding: MPH Teil 1: Wirkstoffe, Wirkung, Responding - ADxS.org

Es ist der Punkt 5 „Responding“ :slight_smile:

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ADHS Medikamente steigern den Antrieb nicht. Sie nehmen die ADHS Symptome, die unter Umständen den Antrieb hemmen. Wenn auch ohne ADHS kein Antrieb da ist, kann auch keiner durch die Medikamente kommen.

Eine kurzzeitige Antriebssteigerung im Rahmen der Eindosierung kommt vor, ist aber eigentlich eher als Nebenwirkung zu sehen.

Die guten alten Flitterwochen, Honeymoon… Empfindet aber nicht jeder so.

2.1.6. Dosierungsanpassungen

Ah danke für den Link!

" Insbesondere bei deutlicher Dysphorie oder komorbider Depression besteht aber das Risiko, dass die gehobene Stimmung von den Patienten irrtümlich als ein oder das wesentliche Erkennungsmerkmal einer positiven Wirkung interpretiert wird."
→ Nachdem ich ja nebenher eine ordentliche Depression habe, kanns natürlich sein, dass ich die Wirkung da falsch auslege.

Doch, das tun sie! Zunächst sind sie ein Stimulanz und auch bei Adhs wirken sie antriebssteigernd.

Hier kannst du das nachlesen bei Winkler Paradoxe Wirkung von Methylphenidat ?

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Vielleicht ist es geht es auch um die Definition von Antrieb.
Die meisten wünschen sich in Bezug auf die Medikation doch, dass es ihnen leichter fällt mit Dingen anzufangen und auch Dinge zu tun, zu denen sie nicht so Lust haben. Also Antrieb eher im Sinne von Motivation.

Und das bringen die Medikamente meiner Meinung nach nicht. Das was die Medikamente in diesem Zusammenhang tun würde ich als aktivieren und regulieren bezeichnen. So steht es auch in dem Text von Winkler. Viele Sachen fallen leichter anzugehen, wie die Spülmaschinen ausräumen oder den Papierkram erledigen.
Und trotzdem kann auch bei bester Wirkung, in Abhängig der Persönlichkeit auf dem Sofa rumdümpeln das einzige sein, was jemand tun möchte. Da wird dann vielleicht aktiv und interessiert etwas auf dem Handy recherchiert und die zwingend zu erledigenden Aufgaben werden dann doch irgendwie gemacht (statt gar nicht ohne Medikation), aber es schafft keine motivierte Person.

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Woher kennst du mich eigentlich? :adxs_gruebel:

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