Fühle mich unwohl in der Behandlung

Hallo!
Seit 3 Wochen bin ich Tagesklinisch in Behandlung. Ich habe die Diagnosen ADHS, emotional instabile Persönlichkeitsstörung und rezidivirende Depression.
Zuvor war ich 8 Wochen in der Schön Klinik auf der ADHS-Station.
Gefühlt stehen diese Behandlungen im Widerspruch. Also ich meine, dass mir die Therapeuten in den Kliniken total gegenteilige Dinge erzählen. Mein ADHS hätte nichts mit meinen Folgeerkrankungen zu tun. Permanent wird die Ursache in meinem Elternhaus gesucht. Hatte eine glückliche Kindheit. In der Klinik wird mir auch nicht geglaubt, dass ich als Kind Selbstbewusst war und das sich das erst durch Mobbing geändert hat.
In der Schön Klinik haben mir die ADHS-Experten dagegen erzählt, dass das unbehandelte ADHS zu der Persönlichkeitsstörung geführt hat. Meine Therapeutin in der Schön Klinik meinte zudem, dass es ungewöhnlich wäre, dass eine Persönlichkeitsstörung in der frühen Kindheit entsteht. In der Tagesklinik besteht man darauf, dass das so sein muss.
Hat hier jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie habt ihr das gehändelt?

Liebe Grüße Valerina

Hallo Valerina, ich bin erst frisch diagnostiziert (zwei Monate), aber ich würde dich gern ermutigen, in dich reinzuhorchen, was DU denkst.

Ich wurde neben den depressiven Episoden und Essstörungen jahrelang mit Borderline bzw. Emotional instabiler Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren Anteilen diagnostiziert. Und immer, wenn ich ambulant oder stationär mit anderen Borderlinern zusammen war, hatte ich immer dieses Gefühl, das ist es nicht, ich gehöre nicht dazu. Ich denke, fühle und handel ganz anders.

Anfangs dachte ich, ich wehre mich gegen die Diagnose, gerade weil sie mich so gut - oder eher gesagt - einigermaßen - wiederspiegelt.
Mittlerweile bin ich mir sicher, hinter Borderline hat sich mein ADHS versteckt.

Dürfte ich mir selber Diagnosen geben, es wäre AD(H)S mit rezidivierenden depressiven Episoden und eine Angststörung. Ende. :relaxed:
Ich war gestern das erste Mal in einer Selbsthilfegruppe für ADS und das waren einfach alles Menschen, mit denen ich mich sehr identifizieren kann.

Letztendlich braucht „das Kind“ auch immer nur einen Namen - trotzdem wäre eine gute Diagnostik für dich natürlich wichtig, damit du richtig behandelt wirst.
Bist du denn sonst ambulant in Behandlung? Ich würde mir sehr für dich wünschen, dass du einen guten Therapeuten findest, der dich und deine Symptomatik so gut einschätzen kann, dass du etwas Klarheit im Kopf über dich bekommst.

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Vielleicht liegt der Schlüssel in den Therapieschulen der beiden Einrichtungen?
Psychodynamische Methoden (Analyse und Tiefenpsycholgie) schauen gerne mal zuerst auf Elternhaus und Kindheit, Verhaltenstherapie benutzt mehr pathologisch klinische Begriffe und bezieht dabei neurolgische Gründe mehr mit ein. So zumindest meine laienhafte Wahrnehmung.
Will aber nicht sagen, dass die einen damit unbedingt mehr Recht haben, als die anderen. Mehr eine Frage des Blickwinkels.
Und es gibt überall solche und solche. Meine Therapeutin ist auch Psychodynamikerin, zweite Welle ökofeministisch geprägt. Da musste ich schon selbst mit ADHS als Begriff auffahren, aber sie nimmt das ernst und unterstützt mich in der Behandlung.

Am Ende weißt du vermutlich selbst am Besten, welche Ansprechpartner:innen bei dir durchdringen und bei wem du dich in der Behandlung in ein Vertrauensverhältnis begeben kannst.
Gleichzeitig kann Therapie immer auch herausfordernd und zeitweise ungemütlich sein.

Vielleicht kannst du beiden Behandlungsansätzen etwas abgewinnen? Quasi die Rosinen rauspicken und langfristig nur anwenden, was du für richtig hältst.
Bei der Suche nach einem ambulanten Therapieplatz dann aber wirklich nach Gefühl gehen und schauen, bei wem du dich wohl fühlst.

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Ich habe mir der Tagesklinik ganz ähnliche Erfahrungen gemacht.

Das Problem ist mE folgendes:

In einer Klinik mit ADHS-Schwerpunkt kennt man sich in der Regel nicht nur mit ADHS, sondern sich auch mit anderen psychischen Krankheiten und verschiedenen Schulen ihrer Behandlung aus.

Bei einer „normalen“ Tagesklinik ist das in der Regel nicht so, da die ADHS-Kenntnisse nicht vorhanden sind und daher in der Behandlung nicht berücksichtigt werden.

Du kannst also davon ausgehen, dass die Leute in der ADHS-Klinik wahrscheinlich näher dran sind an der „Wahrheit“, was mit dir los ist.

„Wahrheit“ extra in Anführungszeichen, da im Nachhinein natürlich nie exakt gesagt werden kann, wo die Probleme, die man heute hat, genau herkommen. Auch wenn ADHS die Hauptursache ist, so können doch auch noch andere Dinge dazukommen, gerade wenn die eigenen Eltern auch ADHS haben.

Ich selbst würde bei mir auch von einer glücklichen Kindheit sprechen - grundsätzlich. Trotzdem ziehe ich in Betracht, dass meine Bindungs- und Mentalisierungsfähigkeit durch meine selbst ADHS-betroffenen Eltern, die beide in ihrer eigene Welt lebten, in der wir Kinder nur am Rande vorkamen, gelitten haben könnte. Und das meine Probleme heute auch damit zu tun haben könnten.

Von daher würde ich versuchen, das aus den Therapien herauszuholen, was für dich nützlich sein könnte - auch wenn wir ADHSler dazu neigen, immer alles besser zu wissen und anderen Inkompetenz zu unterstellen. :wink:

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Bei mir sieht es mit den Diagnosen genauso aus, erst instabile Persönlichkeitstörung und andere, habe mich nie wirklich widergefunden.
Seit fast 1,5 Jahren ADHS Diagnose.

Um die Persönlichkeitsstörungen kümmere ich mich momentan gar nicht mehr, ich konzentriere mich komplett auf ADHS.
Ich bin seit letzter Woche in einer Gruppentherapie oder auch hier, kann ich mich immer wieder finden…im Borderline Forum war ich komplett falsch.

Leider wird wohl ziemlich oft Borderline mit ADHS verwechselt.

Also bei mir ist das so, meine Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus ist eine komorbide Störung zum ADHS. ADHS ist als erstes diagnostiziert worden. In der Tagesklinik wird nur eben der Zusammenhang zwischen beiden Krankheiten komplett ignoriert.

Wird die emotional instabile Persönlichkeitsstörung separat vom Adhs behandelt oder reicht nur die Behandlung vom Adhs und die Folgeerkrankung „verschwindet“ dadurch?

Also in der Tagesklinik wird nur die Persönlichkeitsstörung behandelt. Die akzeptieren auch nicht, dass die mit dem ADHS zusammenhängt. Ich habe sogar da schon gehört, dass es ja seltsam ist, dass ich beides habe.

Was ist eine impulsive Persönlichkeitsstörung bzw. Was macht sie aus, wenn man schon durch ADHS impulsiv ist?

Hallo Valerina und hallo Khan,

ich erinnere mich an einen Comic aus der Reihe „Der kleine König der großen Tiere“. Der Stelzevogel hatte dem Löwen, also dem König der Tiere, einen Thron gebaut. Sieht verdächtig aus wie ein Nest, meint der König, der Stelzevogel sagt dazu, ich kann nun mal nichts anderes.

@Addy_Haller,

Hier die ICD Beschreibung…wie gesagt, kümmere ich mich momentan nicht mehr darum, ADHS ist bei mir viel naheliegender…bei mir F60.30

F60.3- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

Eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden. Zwei Erscheinungsformen können unterschieden werden: Ein impulsiver Typus, vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle; und ein Borderline- Typus, zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.

  • F60.30 Impulsiver Typ

Persönlichkeit(sstörung):

  • aggressiv

  • reizbar (explosiv)

  • F60.31 Borderline-Typ

Danke. Bin bisher davon ausgegangen, dass das alles unter Borderline gefasst wird.

Na Super! Will keine Störungsbilder mehr lesen.
Es gibt wohl keine Medikamente gegen Borderline oder?

Ein Medikament wäre mir nicht bekannt, bei Persönlichkeitsstörungen Hilft nur Therapie, wenn überhaupt.
Wie gesagt, viele Menschen sind falsch diagnostiziert, F60.30 oder 31 liegt dem ADHS sehr nahe.

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Je nach Symptomatik helfen manchen Antidepressiva. Ansonsten ist es aber mit Therapie sehr gut behandelbar.

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Nein, das ist definitiv nicht so.
Je nach PS und individueller Ausprägung gibt es schon etliche Medis, die sehr helfen können.

Hm… Erinnert mich ein bisschen an die Subtypen von AD(H)S und die Subtypen von Depression. Kann man die Subtypen dort auch einordnen in einen Stress eher nach außen abreagierenden und einen Stress eher in sich hineinfressenden Typus ? Mangelnde Impulskontrolle, also Impulsivität nach außen ist jedenfalls externalisierend.

Hier (mir) geht es um F60.30/31…kannst Du mir ein Medikament nennen welches bei der Störung hilft, wenn keine Depression vorliegt?

Mein Psychiater, bei dem ich in Behandlung war, ist sehr Erfahren, die Gutachter bei denen ich war, sind meist auch keine Anfänger…es wurde nie über ein Medikament für mich gesprochen und die Erwerbsminderungsrente wurde genehmigt, das ist schon seltsam für mich.

"Lithium ist ein antimanischer Wirkstoff aus der Gruppe der Antipsychotika und Stimmungsstabilisierer, der hauptsächlich zur Vorbeugung und Behandlung manischer Episoden eingesetzt wird. Eine typische Indikation ist die bipolare Störung. Lithium wird in Form verschiedener Salze verabreicht, unter anderem als Lithiumcarbonat, -citrat und -acetat. Die Dosis wird individuell eingestellt und die Blutspiegel und weitere Parameter müssen aufgrund der engen therapeutischen Breite regelmässig überwacht werden. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören ein verstärkter Durst, Übelkeit, häufiges Wasserlassen, EKG-Veränderungen, Verlängerung des QT-Intervalls, ein leichtes Zittern der Hände, eine Hypothyreose, Gewichtszunahme und Mundtrockenheit. Lithium hat ein Potential für Arzneimittel-Wechselwirkungen. Eine Überdosis kann lebensgefährlich sein. "

https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=lithium

Letzendlich ist aber hier tatsächlich eine Wahl zwischen Pest und Cholera.

Spezialistin auf der Schnittstelle AD(H)S/ Borderline ist Prof. Dr. Alexandra Philipsen in Bonn.
Ist im Koordinationsausschuß des zentralen ADHS-Netz und hält ua Vorträge bei ADHS Deutschland.

Viele Grüße

UlBre

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