Fürchterliche Angst vor erster Medikation - bitte um Hilfe

Hallo zusammen,

ich vermute das ist nicht der erste Thread zu dem Thema, aber meine spezielle Situation ist vielleicht noch nicht behandelt worden. Es wäre toll, wenn mir hier jemand vielleicht helfen kann, tipps geben, etc.

Ich bin M 42, Erstdiagnose vor einigen Monaten nach langen Jahren Verdacht bei einem ADHS Spezialisten. (Privatpraxis auf Selbstzahlung… aber sonst bekommt man ja keinen Termin)

Soweit möglich sehr eindeutiges Ergebnis, also Erstversuch mit 10mg Medikinet verschrieben. Ich zweifle zwar immer noch an der Diagnose, da einige Co-Morbiditäten vorliegen aber soweit ich das verstehe ist das „Zweifeln“ wohl auch ein Teil der Neurodiversität :slight_smile: . Weiter komme ich nur wenn ich zumindest Medis mal versuche, wohl wissend natürlich dass es auch trotz positivem Befund vielleicht keine Wirkung zeigen kann.

Eindosierung als Test Kügelchen teilen und 5 mg, ggfs Mittags nochmal 5mg und dann mal sehen.

Mein Problem = ich habe panische Angst vor der Ersteinnahme. Hintergrund ist, dass ich extrem schlechte Erfahrungen mit Venlafaxin gemacht habe (Antidepressivum). Ich habe generell eine schwere Angsterkrankung und kämpfe seit Jahrzehnten mit wiederkehrenden, teilweise schlimmen Depressionen. (weg geht es nie)

Bisher hatte ich immer Sertralin genommen und das ganz gut vertragen. On Off, paar Jahre mal nicht dann mal wieder usw. Ich dachte dann irgendwann vor ein paar Jahren, so wirklich gut gehts nicht also mal anderes Medi ausprobieren.

Hausarzt hat dann Venlafaxin verschrieben und oh mein Gott das war die absolute Hölle. Erste Tablette genommen, ca. 5 Stunden später (wie ich mittlerweile weiß sind nach 5 Std. in etwa der Max Spiegel erreicht) bin ich total „durchgedreht“ wenn ich das so beschreiben kann. Ganzer Körper hat gebrannt, Herzrasen, Brustschmerzen, total ausgeflippt. Meine Partnerin dachte ich habe einen Herzinfarkt und hat den Notarzt gerufen. Da standen dann 4 typen um mich rum die auch ganz hektisch EKG gemacht haben usw. Mir wurde dann Lorazepam eingeschmissen (hatte ich bisher nie genommen da auch Angst vor Sucht) und mit dem Krankenwagen in die Klinik. Durfte dann zum Glück gehen aber das war ein absolutes Trauma. Hatte ich vorher auch noch nie, vielleicht eine krasse Panikattacke aber sowas kannte ich nicht.

Nun das ist jetzt mein Problem. Ich habe mittlerweile schon Angst nur eine Ibu zu nehmen. Ich weiss dass das irrational ist, aber mir wurde auch damals beim Venlafaxin „versichert“ dass nichts passieren kann. Das hat halt nun überhaupt nicht gestimmt.

Der ADHS Psychiater hat mir auch gesagt, das er solche Reaktionen auf Venlafaxin interessanterweise schon öfter von anderen Patienten gehört hat. Falls es jemanden interessiert…

Ich weiss ich kann hier wahrscheinlich nicht sonderlich viel mehr erwarten als „einfach ausprobieren, wird schon nichts passieren“ aber das dringt nicht zu mir durch. 100% Blockade.

Weiteres Problem ist dass ich schon seit längerem Krankgeschrieben bin und mein Hausarzt mich wirklich dringend bittet das Medikament zu versuchen da es mir voraussichtlich helfen wird. Ich gehe nun schon zum 3ten mal zum Folgetermin und muss ihm beichten dass es einfach nicht geht. Das ist super stress und sehr unangenehm.

Gibt es jemanden mit ähnlicher Angst oder Erfahrungen und kann mir etwas raten ?

vielen Dank

Ich finde deine Angst und Blockade nachvollziehbar. Dass doofe dabei ist , dass es ja wirklich nicht anders möglich ist , als eine Medikation zu testen .

Ich würde dem Arzt vorschlagen ob du nicht zunächst eine kleine Packung unretardiertes Medikinet bekommst .

Da kannst du aufgrund deiner Ängste durch das Teilen der Tablette kleinschrittiger eindosieren . Bei einer 10mg Tablette ¼ = 2,5mg

Eine retardierte Kapsel zu teilen halte ich nicht für so sinnvoll zumal es auch 5mg Medikinet Adult als Kapsel gibt.

Bei der Tablette hast du die Sicherheit, dass die Wirkung schneller raus ist, falls du es wirklich nicht verträgst . Das gibt dir gedankliche Sicherheit die ein Fakt ist.

Eigentlich dürfte nichts dramatisches passieren, aber ne Garantie gibt es natürlich nie .

Solltest du bei der ersten Einnahme etwas Herzrasen spüren ist dass in der Regel eine normale Nebenwirkungen, die sich jedoch durch deine Angst etwas verstärken könnte , habe das bitte mit im Blick.

Empfehlen würde ich dir eine EMDR Traumatherapie auf dieses Erlebnis damit du es besser verarbeiten kannst , da es dich ja doch zusätzlich einschränkt und dich blockiert wo hilfreiche Medikation dir helfen könnte .

Des Weiteren Skills bei Angstreaktionen einüben damit du dich runterregulieren kannst , falls dich die Angstsymtomatik bei Einnahme hochfährt bzw . Vor der Einahme dich schon runterregulieren .
Du könntes Angstreaktion ansonsten mit Nebenwirkung verwechseln.

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Und gaaaanz wichtig kein Koffein / Teein während der Eindosierung, dass könnte in deinem Fall doppelt ungünstig sein.

Bitte auch ausreichend essen

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Danke für Deine Antwort, das ist super nett.

Ja mit Kaffee habe ich hier gelesen, das hält mich zusätzlich ab weil ich, wen wunderts, ein absoluter Kaffee Junkie bin. Ich müsste erstmal eine Woche oder so den Koffeinentzug wahrscheinlich machen, das hält mich zusätzlich ab.

Rational macht alles was Du machst Sinn, ich weiss das ja auch wirklich aber es dringt nicht durch. Ich reagiere auch auf andere Medikamente oft sehr stark (oder beim Zahnarzt wirkt die Betäubung nicht weil zu schnell verstoffwechselt). Ich habe mal so einen Antidepressiva Gentest machen lassen, kam raus das ich ein Ultra Rapid Metabolizer bin. Ich weiss die Wirkmechanik ist nicht gleich und dass diese Tests auch nicht 100% sind, aber mit meinen Erfahrungen passt das eigenltich schon zusammen.

Das Therapie Thema ist auch so eine Sache, seit dem das damals vor ca. 3 Jahren passiert ist bin ich total abgerutscht mental und habe schon so einiges versucht was alles nichts gebracht hat. Ich habe mich sogar nach grosser Überwindung in eine Psychosomatische Klinik einweisen lassen, bin dann aber wieder gegangen nach einige Wochen weil das überhaupt nicht mein Thema war. Noch 2 andere Tageskliniken hinterher, verschiedene Therapeuten, alles mist.

Nun ich vermute die ADHS Thematik wurde da nie bedacht, damals wusst ich das auch nicht und deshalb alles falsch therapiert. Kunstherapie und so Zeug wo mal still sitzen und langweilige Bilder malen soll (wer nicht mitmacht, kriegt ärger), so lief das da.

Bin deshalb auch leider Therapie gebrandmarkt, aus meiner Sicht ist das alles quatsch (ich weiss auch hier das stimmt nicht ,aber halt wirklich viele sinnlose und teilweise denke ich sogar schädliche Therapien versucht)

Ich spreche mal das Thema an unretardiert zu bekommen, danke für den Hinweis. Glaube aber auch das wird nicht helfen. Sobald ich irgendwas „komisches“ fühle (Herzklopfen etc) denke ich oft gleich jetzt ist er da der Herzinfarkt. Zum kotzen, echt.
Ich steige nicht mal mehr in ein Flugzeug ein seitdem aus Angst ich rege ich mich da so auf dass ich wirklich zusammenklappe.

Kein Urlaub, keine Arbeit (in meinem Job muss man fliegen), alles totaler mist nur wegen dieser Angst. (die vermutlich durch den Jahrzehntelangen ADHS Dauerstress kommt…)

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Hey, natürlich hast du Angst vor dem Medikament! Ich glaube auf gewisse Weise haben/hatten wir es alle, der eine mehr der andere weniger :blush:

Ich habe früher Paroxetin genommen. Davon würde ich aus eigener Erfahrung jedem abraten, aber am Ende des Tages war es die Reaktion meines Körpers auf dieses Medikament (da es aber als Nebenwirkung angegebn war, trifft es natürlich auch andere).

Dass deine Depression und deine Ängste, trotz Medikamente und Therapie, nicht weggehen ist für mich ein sehr starkes Indiz, dass die Diagnose ADHS auch stimmt. Denn wenn ADHS die Grundursache ist, könnten die Folgen der Erkrankung die Ursachen für die Depression und Ängste sein. Wenn man also nicht an die Grundursache oder den Ursprung der Probleme kommt, gegen sie auch nicht weg.

Je nachdem welches ADHS Medikament du nimmst ist es kein Spiegelmedikament und im „schlimmsten Fall“ nimmst du es heute, fühlst dich damit überhaupt nicht wohl und lässt es dann morgen einfach bleiben. So habe ich mir die erste Woche, als ich mit Medikinet angefangen habe, die Einnahme etwas „schön geredet“, weil auch ich definitiv Typ Angsthase bin :sweat_smile:

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Venlafaxin ist ja auch das Antidepressivum mit den heftigsten Nebenwirkungen.
Gerade bei deiner Beschreibung von deiner Angststörung würde ich aber bedenken, dass die heftigen Reaktionen auch eine Placebo-Reaktion sein könnten. Vielleicht bräuchtest du einen Psychologen, der dich, bei der ein Dosierung dahingehend begleitet?

(Placebo – Reaktion meint nicht, dass du nicht gespürt hast, was du gespürt hast. Sondern dass es eine Reaktion deines Angst Systems war und nicht wirklich eine körperliche Reaktion auf das Medikament ernst zu nehmen, aber eine andere Ursache. Das ist von außen natürlich so nicht zu beurteilen. )

Ich wünsche dir den Mut, die ein Dosier Phase durchzustehen. Vielleicht hilft dir der Gedanke, dass die ein Dosierung ein paar Wochen deines Lebens betreffen und wenn es dann eindosiert ist, der ganze Rest deines Lebens sehr viel besser läuft. Auch hinsichtlich deiner Angststörung. Gerade Angststörungen und Depressionen sind häufige Folgestörungen eines nicht behandelten ADHS.

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