Mir geht es leider ganz genauso.
Einerseits finde ich diese Seite von „uns“ sehr schön, aber auch ich habe mich lang darüber geärgert, wieso andere Menschen nicht den selben Anspruch haben oder in meinen Augen ignorant und gleichgültig sind.
Ich habe inzwischen zum Glück einen Partner, dem ich offen sagen kann, wenn mich da etwas bei ihm stört. Manche Eigenheiten finde ich an Menschen einfach „hässlich“ und dann waren sie leider oft bei mir unten durch, weil ich das nicht akzeptieren konnte (da kann ich leider voll auf stur stellen, wenn sich jemand in meinen Augen schlecht benimmt oder falsch/ignorant handelt.).
Mein Partner hat das anfangs auch nicht verstanden und es gab oft Streit, weil ich ihm das Gefühl gab Vorwürfe am laufenden Band auszusprechen. Dabei habe ich leider selbst oft nicht gemerkt, wie sehr ich meine Meinung manchmal aufgedrängt habe.
Heute sieht es anders aus. Seit dem ich von meiner Diagnose weiß, profitiert er in seinen Augen sogar davon. Denn oft sehen wir Menschen aus einem ganz anderen sozialen Blickwinkel. Er hat einige Verhalten sogar überdacht, weil er ebenfalls einen Mehrwert für sich selbst oder für die Gesellschaft sieht. Aber jetzt kommt was ganz wichtiges:
Ich musste auch lernen zu akzeptieren, dass man Menschen nicht verändern kann und dass ich sie wegen ein, zwei Eigenarten nicht weniger lieb haben sollte. Neben mir fühlt man sich wohl, laut seiner Aussage, oft „als wäre ich ein totaler Gutmensch und als würde ich ja niemals Fehler machen“. Ist wohl das berühmte Klugscheissen, womit ich aber nicht verletzen will! Aber es wirkt dann leider so und ich verstehe inzwischen, was das in meinen Liebsten auslösen kann. Das ist weder zielführend noch gewollt. Wobei ich zugeben muss manchmal leider böse geworden zu sein und denjenigen sogar abgewertet zu haben, wenn man meine (in meine Augen) berechtigte Kritik nicht verstand. Dennoch etwas, was ich nicht mehr will.
Das ist nicht einfach und wohl unserem schwarz weiß denken etwas geschuldet. Wenn man aber sehr offen redet, ohne Angst zu haben falsch verstanden zu werden, ist das inzwischen sogar sehr bereichernd für beide Seiten. Ich lerne andere Wahrnehmungen zu akzeptieren und auch anzunehmen und mein gegenüber merkt dann manchmal erst, wie er/sie dadurch durch Augen wie meine wahrgenommen wird.
Jedenfalls glaube ich, dass in meinem Fall, soziale Phobie und meine daraus resultierende Überanpassung (habe ich zum Glück schon etwas runtergeschraubt) mit beitrug Dinge noch extremer wahrzunehmen. Ich wollte niemals unangenehm auffallen, immer das richtige tun und die Gesellschaft besser machen, was ich auch weiterhin in gesundem Maße tue. Aber ich erwarte nicht mehr, dass es mein Umfeld ebenso macht. Denn die Wahrnehmung von anderen ist oft eine ganz andere.
Ich glaube das wird auch für mich immer ein Thema sein. Deshalb suche ich mir nahe Menschen sehr genau aus und führe kaum Freundschaften.
Wenn man aber davon weiß, kann man sich in vielen Momenten anders reflektieren und wenn man in sich diesen „Groll“ fühlt ihn etwas anders formulieren, als den Leuten vor den Kopf zu knallen. Auch das kann ich leider gut.
Liebe Grüße,
Erbse