Gespräche führen

Hallo :slight_smile:
Bei mir besteht ein großes Problem beim Führen von Gesprächen.
Es fängt damit an, dass ich erst einmal ca. 2-3 Sekunden benötige, um überhaupt zu bemerken, dass jemand angefangen hat, mit mir zu reden. Das bedeutet, dass ich den ersten Teil des Satzes schon nicht mitbekommen habe. Dementsprechend versuche ich dann, den Rest in einen (für mich sinnigen) Kontext zu bringen, weil ich nicht ständig nachfragen will (bzw. weil die Leute oft genervt sind, wenn ich das zu oft tue). Durch diese zusätzliche, parallele „Denkarbeit“ fällt es mir aber schwer, den weiteren Ausführungen konzentriert zuzuhören.
Oft ist es auch so, dass ich sogar automatisch antworte (meist „Ja“), ohne das Gehörte auch wirklich verstanden zu haben. Das kann zu problematischen Situationen führen. :sweat_smile:
Gesprächen, die unter mehr als zwei Leuten stattfinden, kann ich so gut wie gar nicht folgen. Das wirkt sich negativ auf mein Sozialleben aus, da ich dadurch ständig stumm am Rand sitze, weil ich nicht weiß, worum es gerade geht und mich deshalb nicht beteiligen kann.

Kennt ihr das? Wenn ja, wie geht ihr mit sowas um und habt ihr vielleicht Tipps? :slight_smile:

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Hallo liebe @Phreya

wahrscheinlich werden dir die anderen Menschen hier, die auch ADHS haben, mehr behilflich sein können als ich.

Ich kenne diese Probleme bei Gesprächen jedoch auch fast 1:1, so wie du sie schilderst, ich habe aber die Diagnose ASS (und noch cPTBS).

Rückblickend würde ich sagen, dass es persönlich bei mir daran lag, dass ich nicht mit meiner Intuition verbunden war und versucht habe, die tausenden Reize und Dinge und logischen Zusammenhänge, die ich bei Gesprächen wahrnehme, irgendwie ‚falsch‘ zu verarbeiten, nämlich vorrangig mittels Struktur und dem Intellekt. Alles andere (auch Gefühle der anderen und unsachliche Infos) sind mir dabei oft in die Quere gekommen und ich bin oft innerlich eingefroren deswewegen, weil die Gespräche total unstrukturiert waren und unlogisch. Sehr oft saß ich auch nur dabei, konnte nicht so schnell reagieren, hörte nur zu und dachte mir, dass das alles ganz anders ablaufen müsste. :hushed:
Manchmal bin ich aber auch ausgerastet und habe dann sehr deutlich und unempathisch gesagt, was ich denke. Das wiederum sehr direkt, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, was natürlich überhaupt nicht gut ankam. Im Beruf war mein Gesprächsverhalten unter mehr als 2 Menschen eine einzige Katastrophe und hat so viel Stress in mir erzeugt, dass ich den Beruf nicht mehr durchgehalten habe.

Ich habe aber selbst einfachste Dinge wie Telefonieren usw. nicht hinbekommen. Seit ich von dieser zwanghaften Struktur und Logik weggehe und mich bewusst darauf einlasse, dass ich Gespräche einfach nicht kontrollieren kann, ist es viel leichter geworden. Ich lege mir jetzt auch nicht mehr vorher stundenlang zurecht, was ich z. B. am Telefon oder bei einem Termin sagen will, sondern höre in mich rein, was mich bedrückt oder was gerade in mir vorgeht und lasse das raus! Das funktioniert tausendmal besser!!! :face_holding_back_tears: Damit ist wirklich sehr viel Last von mir abgefallen und ich kann in Gesprächen viel schneller reagieren und bin auch lange nicht mehr so gestresst. Wahrscheinlich wirke ich jetzt auch normaler und nicht mehr so behindert bzw. wahlweise schüchtern (so hat man mich auch manchmal falsch eingestuft, wenn ich nur still danebensaß, weil ich komplett überfordert war).

Insgesamt war also der Knackpunkt bei mir, dass ich gelernt habe, meine Gefühle ernst zu nehmen und die Gefühle in die Situation einfließen zu lassen, statt die Gefühle und den gesamten Gesprächsverlauf kontrollieren zu wollen. Das wirkt wohl auf andere Menschen authentischer und damit werde ich auch viel ernster genommen, als wenn ich alles zwanghaft richtig vortragen will und dabei immer viel zu langsam war oder eben stumm.

Ich hatte früher auch die Inhalte teilweise gar nicht mitbekommen, habe mich 5 Sekunden, nachdem jemand in der Gruppe angefangen hat zu sprechen, erst in diese Richtung gedreht, weil mein Gehirn mit allem nicht hinterherkam. Ich weiß nicht, ob das bei dir auch in diese Richtung gehen könnte? Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass die Gespräche für dich bald auch leichter werden und du dich damit nicht mehr so schlecht fühlen musst. Gerade Gespräche in Gruppen habe ich auch immer als Graus erlebt und habe damit immer noch meine Probleme.

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Hab ich mich hier in einem Anfall von geistiger Umnachtung 2x registrieren lassen?
Das kommt mir alles seltsam bekannt vor… :flushed:

Gerade, wenn ich mit irgendwas beschäftigt bin, bekomme ich kaum noch was mit. Ich sag dann zwar auch „Ja“, wenn man mich fragt, ob ich das gehört habe, allerdings nur aus dem Grund, damit der andere aufhört zu reden oder gar noch eine Diskussion anzufangen und mich von meinem Tun abzulenken.

Wobei: Gehört hab ich`s ja, ist also nichtmal gelogen. Wird nur nicht verarbeitet. Hinterher steh ich dann dumm da, wenn es was war, was ich noch erledigen soll oder sonstwas wichtiges.

Aber auch sonst: Reden mehrere gleichzeitig, geht für mich alles Gesagte nach spätestens 5 Minuten in einem Gebabbelbrei unter. Und hinterher zu Hause heißt es dann: „Das hat sie/er doch gestern erzählt, das sie heute nicht kommen können.“

Mag sein, aber ich wurde nicht explizit angesprochen. Also hab ich es auch nicht behalten.

Ich hab schon ernsthaft überlegt, mir für solche Fälle ein Diktiergerät mit 2 Stunden Laufband zu kaufen. Aber das ist glaube ich nicht erlaubt, und die anderen dafür um Erlaubnis zu fragen, da käme ich mir doof vor.

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Da ich meistens in meine eigene Gedanken versunken bin reagiere ich nur wenn mich jemand direkt anspricht, wenn mir also jemand Quasi im vorbeigehen etwas zuruft oder ähnliches, oder einen Kommentar fallen lässt der „scheinbar“ an mich gerichtet ist oder ähnliches, dann bekomme ich das meistens garnicht mit, sehr oft höre ich das gesagte tatsächlich nicht mal, da ich im Prinzip eben tatsächlich wie „nicht anwesend“ bin.
Dadurch hatte ich schon sehr oft im Leben Probleme, wurde oft Träumerin genannt, kann mich gut an solche Situationen erinnern wo plötzlich jemand vor oder neben mir gestanden hat und gesagt hat „Hallooo Houston an Mooond, bist Du noch daaa???“ und danach dann grosses Gelächter, und ich habe einen Knallroten Kopf bekommen, weil ich eben wirklich „nicht da“ war, mich wie ertappt und dann natürlich geschämt habe das ich wieder mal nichts mitgekriegt habe.
Genauso kann jemand an mir vorbei laufen mir zurufen und dabei winken, ich kriege es nicht mit.
Oder nehmen wir an ich laufe irgendwo, dann fahren Bekannte im Auto vorbei, Hupen und Lichthüpeln, winken und rufen, aber bis ich dann reagiere, oder überhaupt reagiere, ist das Auto schon lange weg. :joy:
P.s. dazu fällt mir noch ein das ich sehr oft zu hören bekam „bist du eigentlich taub oder was?“ oder „hörst du schlecht?“ oder auch „bist du eigentlich blind?“ oder „siehst du schlecht?“.
Tatsächlich habe ich aber immer eine gesunde Sehkraft besessen, erst seit ungefähr 50 brauche ich eine Lesebrille, mit dem schlecht Hören ist zwar etwas dran, bilde mir ein das ich wirklich ein wenig schwerhörig bin, muss das unbedingt mal ärztlich abchecken lassen.
P.s. übrigens fällt mir wegen dem schlecht Hören in meinem Fall gerade noch ein, dass ich als Kind mal eine schwere Mittelohrentzündung mit Hörsturz hatte, da war ich wirklich eine Zeitlang taub, habe wirklich „nichts“ mehr gehört, dass war ein ziemlich beängstigendes Gefühl, das Hören kam dann zwar Gott sei dank wieder zurück, aber es kann schon sein das ich seit dort tatsächlich schlechter gehört habe.
Ausserdem habe ich meinem Gehör in meiner Jugend ziemlich viel zugemutet, viel zu laut Musik gehört, damals noch mit Walkman, in Disco’s und an Konzerten und so, gut war das auf jeden Fall sicher nicht für mein Gehör.

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Ich schalte regelmäßig ab, wenn mich das Thema nicht erreicht oder weitschweifig geredet wird. Dann gebe ich wie ein Automat hoffentlich passende Antworten ala: echt, klar, nöö, ja, nein. Dann erwische ich mich beim Abschweifen und versuche möglichst elegant wieder ‚da‘ zu sein.
Interessiert mich ein Thema reiße ich das Gespräch an mich und komme selbst ins extreme Gelaber :smirk:

Super bin ich im Vorlesen: ich kann das wirklich richtig gut, ohne scheiß! Seitenlang gut ausmoduliert, verschiedene Stimmlagen, zehnmal umgeblättert. Dabei denke ich darüber nach, dass Rufus Beck soo viele Hörbücher gelesen hat, Harry Potter etc. Mensch, wie lange das dauert und hat er sich wohl oft versprochen und wie es nervt, wenn er die Zwillinge parallel spricht… äh,um was ging es in unserer Geschichte?

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