Hallo nochmal,
ich bin gerade im Diagnoseverfahren für ADHS, allerdings habe ich nun vermehrt gelesen, dass Hochbegabung im Grunde dieselben Symptome wie ADHS verursachen kann. Ich wurde mit 4 an einem entsprechenden Institut als hochbegabt getestet und das passt auch zu vielem, was ich im Leben erreicht habe. Daher habe ich etwas Sorge, mit ADHS fehldiagnostiziert zu werden und dann Medikamente einzunehmen, die mir dann eher schaden. Auf der anderen Seite kann Hochbegabung natürlich auch ADHS verdecken.
Mein Therapeut hat Grundwissen bei beiden und auch Interesse daran, aber man merkt, dass er kein Experte ist und vieles auch nicht weiß (was er auch selbst zugibt). Daher denke ich darüber nach, mir irgendwo eine Zweitmeinung einzuholen.
Ich habe allerdings online keine solche Beratung, oder ein solches Institut gefunden. Die Therapeuten und Psychiater in meiner Nähe haben meist nur eine Telefonnummer o.Ä. angegeben, keine Schwerpunkte (oder nur eins von beidem als Schwerpunkt). Ich lebe auch nicht gerade in einer Großstadt wie Berlin, wo es vielleicht mehr solcher Spezialisten gäbe. Hat jemand vielleicht Tipps dazu? Ich habe auch überlegt so ein Institut für Intelligenzforschung diesbezüglich anzuschreiben.
Wenn jemand vielleicht Input dazu hat, wie das Diagnoseverfahren bei ihm/ihr/… ablief bei Vorherrschen von beidem, wäre das sehr nett! Oder vielleicht, wie sich Symptome/Einschränkungen äußern.
Folgendes sind meine Symptome, auch für mich selbst, könnt ihr ggf. überspringen, da so lang geworden:
Vielleicht zu mir, was für beide Diagnosen sprechen würde:
-Unaufmerksamkeit im Sinne von Problemen Vorträgen zuzuhören komplett außerhalb meiner Kontrolle, nicht aus Unterforderung/Langeweile (ich “falle” einfach aus der Realität in meine Gedankenwelt hinein)
-in Kindheit oft Gefühle von Scham, sich dumm fühlen, obwohl ich wusste, dass ich eigentlich intelligent sein müsste (→rückblickend, da ich vieles einfach nicht mitbekommen habe und anderen verbal nicht folgen kann), dies eher als Gefühle von Unterforderung
-Tendenz zum Vermeiden von kognitiv schwierigen Sachen (aber ich würde bewusst dagegen steuern und z.B. absichtlich schwierige Kurse in der Uni belegen usw., also ist das eher in meiner Freizeit so, z.B. durch Vermeiden von schwieriger Literatur wenn es geht)
-in Jugend starke Probleme irgendwas Erfüllendes in meiner Freizeit zu machen, da ich Stunden damit verbracht habe, irgendwelche Apps oder Bücher zu öffnen und dann direkt die nächste App/das nächste Buch zu öffnen und immer so weiter → besser geworden, da ich ablenkende Apps sperre
-viele Kompensationsmechanismen (z.B. Druck, exzessives Kontrollieren, viel Zeit für Todolisten, andere Aktivitäten/Reize verhindern durch Sperrapps und White Noise usw) notwendig, damit Konzentration und normales Funktionieren im Alltag möglich
→ aber dafür sehr tiefe Konzentration in der Bibliothek möglich unter den richtigen Voraussetzungen (s.unten, untypisch für ADHS), zuhause eigentlich nicht möglich ohne Stress
→selbst in dem einen Jahr, in dem ich das Gefühl hatte zum ersten Mal in meinem Leben zu funktionieren, ständig Gefühl gegen mein Gehirn kämpfen zu müssen und wenn ein Kompensationsmechanismus nicht mehr funktionierte (z.B. wenn Zeitplan unterbrochen wurde), funktionierte nichts mehr
(-sehr, sehr starke Prokrastination, selbst von Sachen, die ich machen will/mir Spaß machen und mit denen ich nichts negatives verbinde → allerdings als Erwachsene besser geworden durch z.B. Sperren/Verhindern von alternativen Apps/Beschäftigungen und andere Kompensationsmechanismen)
(-Kontextbezogene Gesichtsblindheit? hängt das nicht mit ADHS zusammen?)
(-Probleme zu entspannen/herunterzukommen im Sinne von Tendenz zu Einschlafproblemen? komme immer zu spät? spricht glaube ich eher für ADHS?)
(-in Fremdbewertungsbogen von adxs schwere Symptomatik, obwohl Fremdbewerter vieles meiner persönlich als Kernsymptomatik empfundenen Symptome gar nicht angekreuzt hat (z.B. Drang, andere zu unterbrechen, Ungeduld))
(-neige zu schnellen Interessenverlust, Bücher/Serien in meinem Leben selten beendet → reines ADHS Symptom?)
Was nur für Hochbegabung sprechen würde:
-viele Erinnerungen an tiefe Konzentration und Fähigkeit zur Konzentration vorhanden, auch für Uni (sollte als ADHSler nicht möglich sein)
-generell nicht so super unorganisiert/schusselig wie andere hier, wirke wahrscheinlich sogar organisiert, keine Flüchtigkeitsfehler
-kein Chaos im Kopf, was manche beschreiben, eher Gefühl, dass ich bestimmte Themen im Kopf festhalte und dann tage/stunden/wochenlang darüber nachdenke (→Gedankenkreise?)
-ich kann Konversationen folgen, an denen ich teilhabe, oder auch Videos/Serien manchmal
-(motorische) Unruhe kann von Hochbegabung kommen, genauso Taskwechselprobleme, Tendenz zu viel zu reden/auszuschweifen, Drang andere zu unterbrechen (scheinen andere allerdings nicht so wahrzunehmen), Entscheidungsprobleme
-kognitiv schwierige Sachen zu vermeiden ist nicht unbedingt ein ADHS Symptom?
EDIT:
-und auf meinem Befund von der IQ-Testung steht, ich hätte sehr konzentriert gearbeitet und ein außergewöhnlich hohe Konzentrationsfähigkeit
-mein Verbalteil war viel tiefer als der Handlungsteil, bei Menschen mit sowohl ADHS als auch HB ist es normalerweise andersrum (allerdings sprach ich damals noch nicht richtig Deutsch, da die ersten drei Jahre meines Lebens nur Englisch in meinem Haushalt gesprochen wurde)