IQ-Test zur Sicherung ADHS-Diagnose sinnvoll?

Bei der Diagnostik meiner Kinder habe ich folgendes zum IQ Test gelernt:

  1. um ein richtiges Ergebnis zu bekommen, muss man sich fokussieren. Wer das nicht kann, bekommt auch kein richtiges IQ-Testergebnis, das er mit anderen vergleichen könnte
  2. es gibt verschiedene IQ-Bereiche, die getestet werden. Wenn deren Einzelergebnisse zu weit auseinander liegen, lässt sich der Test nicht seriös auswerten. Es darf dann kein IQ-Durchschnitt errechnet werden. Aber das ist ein guter Hinweis darauf, dass da etwas beim Test gestört hat. Und wenn gerade die Bereiche, in denen man gut wahrnehmen muss und verschiedene Dinge zeitgleich im Kopf behalten muss schlechte Ergebnisse bringen, während Logik und Analytik sehr gute Ergebnisse liefern, ist das ein guter Hinweis auf ADHS
  3. Kinder, die IQ-Ergebnisse haben, mit denen sie in der Schule gut bis sehr gut zurecht kommen müssten, dort aber deutliche Schwierigkeiten haben, haben ein zu ermittelndes Problem und brauchen Hilfe. Das kann gut ADHS sein.
  4. Während der Durchführung des IQ-Test kann das geschulte Auge klassische Probleme des ADHSlers sehen. Bei meinen Kindern waren das umherscheifende Blicke trotz reizarmer Umgebung, die wippeden Beine unterm Tisch, die kurze Aufmerksamkeitsspanne und das daraus resultierende Verhalten
  5. Ein Kind, das über Jahre gelernt hat, dass sich jedwede Mühe, Arbeitsblätter, Hausaufgaben, Arbeiten, usw nicht lohnt, weil sie sich nicht zufriedenstellend bearbeiten lassen, ist nicht hoch motiviert einen umfangreichen IQ-Test zu machen, der dementsprechend kein echtes Ergebnis liefert. Das kann zum Zusammenbruch des Kindes und Verweigerung des Kindes führen. Deswegen gibt es kürzere Tests und man muss diese Umstände beim Auswerten mitberücksichtigen.

Daraus folgt für mich, ja, ein IQ-Test ist sinnvoller Bestandteil der ADHS-Diagnostik aber seine Ergebnisse müssen gedeutet werden. Alleine das Durchschnittsergebnis in Form einer Zahl sagt nichts aus.

Ich finde, diese Erkenntnisse lassen sich auf die Testung von Erwachsenen übertragen.

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Vielen Dank, das ist sehr hilfreich! Meine Tochter ist gerade in der ADHS-Diagnostik und dort gehört ein Leistungstest standardmäßig dazu.

Für mich selbst habe ich auch entschieden, dass es ein wichtiger Baustein für mein eigenes Verständnis ist. Ich muss ja niemanden in meinem Umfeld von dem Test und erst recht nicht vom Ergebnis erzählen.

Ich muss nämlich zugeben, dass es einen sehr merkwürdigen Beigeschmack hat, den eigenen IQ wissen zu wollen.

Wunderbar zusammengefasst!

Ich verstehe, was du meinst. Du meinst nicht, dass ASHD abhängig vom IQ ist, sondern dass die Ausprägung nach Außen sich mit höherem IQ verringern kann. Die Maskierung also mit höherem Niveau optimiert wird.

In meinem ADHS Gutachten steht: „Hohes intelligentes Funktionsniveau“. Wir haben drüber gesprochen, dass ich mit schneller Auffassungsgabe und Intelligenz einige ADHS-typische Schwierigkeiten kompensieren konnte, mich das aber im Laufe meines Lebens häufig sehr viel Kraft gekostet hat. Das bezieht sich aber selbstredend nicht auf alle Bereiche. Natürlich hat man in der Schule oder vielleicht sogar im Beruf Vorteile, wenn man einen relativ hohen IQ und ADHS hat im vergleich zu niedigerem IQ und ADHS. In anderen Bereichen ist es völlig irrelevant, wie hoch der IQ ist. Dass ich dennnoch permanent angespannt bin, prokrastiniere bis zur letzten Minute und meine Worte niemals bevor sie rauskommen auf Situationspassigkeit überprüfen kann, bleibt dennoch so. Ganz egal, wie intelligent ich bin.

Was ich aber schon oft gehört habe ist, dass manche diagnostizierende Personen noch nicht darauf geschult sind, dass das (H) auch internalisiert sein kann und daher die Hyperaktivität nach Außen gar nicht sichtbar ist und daher manchmal Schwellenwerte nicht oder nur knapp überschritten werden. Bevor ich diagnostiziert wurde, war ich mir sicher, dass ich das (H) nicht habe. Hab ich aber sehr deutlich, wenn man weiß, wie man schauen muss.

Am Ende ist es für dich doch aber egal. Du hast die Diagnose ja bekommen. Es fragt ja niemand danach, wie knapp es war.
Warum ist dir das denn so wichtig?