Ist es wirklich kein ADHS?

Hallo,
Ich bin mittlerweile ziemlich verunsichert und dachte, ich frag mal hier nach :slight_smile:
Und zwar bin ich vor ein paar Monaten über ADHS gestolpert und habe festgestellt, dass ich mich mit so ziemlich allen Symptomen der hypoaktiven Form identifizieren kann.
Ich bin jetzt 20, das Gefühl das irgendwas nicht stimmt habe ich schon lange, mit 12 habe ich überlegt, ob es vielleicht eine Form von Autismus sein könnte, das aber schnell wieder verworfen.

Letzten Monat habe ich einen Termin bei mir in der Uni Klinik gekriegt, gestartet habe ich da mit einem allgemeinen Fragebogen über mein Befinden, Familiensituationen, Essverhalten, Drogen etc, dann ging es in das Gespräch mit der Ärztin.
Eigentlich hatte ich noch nichts wirklich gesagt, da meinte sie schon, dass das kein ADHS sei und sie so viele Leute in meinem Alter hätte, die das auch glauben würden.
Am Ende habe ich ein Antidepressivum verschrieben bekommen und noch einen Termin gemacht.

Diesmal hat sie sich meine (sehr guten) Grundschulzeugnisse angesehen und meinte danach, dass das definitiv kein ADHS sei.
Ich hab mir eine ganze Liste mit den (vermeintlichen?) Symptomen gemacht, aber sie schließt es komplett aus.
Der O-Ton der Zeugnisse ist , dass es mir anfänglich schwer viel, Anschluss zu finden und ich im Unterricht oft verträumt wirke, aber meine Aufgaben sehr zügig und gewissenhaft erledige, auch konzentriert dabei bleibe, wenn es schwerer wird. Im Unterricht selber muss ich mich mehr einbringen, Tests fallen mir leichter.

Schließt sich das per se ohne weitere Tests und Fragen mit ADHS aus?
Sprache lag mir schon immer sehr und Schule hat mir bis etwa zur 6. Klasse so viel Spaß gemacht, dass ich ohne Bemühungen immer super Noten hatte und ich zuhause auch gerne vorgearbeitet habe.

Nicht falsch verstehen, wenn ich’s nicht hab, dann nicht, aber das scheint so ja nicht die gängige Diagnostikmethode zu sein.
Vielen Dank schonmal fürs Durchlesen!

Huhu und herzlich Willkommen :heart:

Der Witz ist ja, dass du Spaß an den Aufgaben hattest.
Ich konnte als Kind ewig Playmobilandschaften in mein Zimmer bauen, über Stunden ruhig spielen.
Aber wenn es keinen Spaß gemacht hat die Mathehausaufgaben zu machen, dann ging es halt nicht.

Erinnerst du dich denn an andere Situationen, nicht mal unbedingt in der Schule, bei denen es dir schwerer fiel dran zu bleiben? Musikinstrument üben oder Tischdienst im Kindergarten…
Ansonsten lohnt es sich vielleicht nochmal mit deinen Eltern zu sprechen und zu fragen, wie die das erlebt haben.

Ich denke, dass wenn du in der Schule einfach ein wenig Glück hattest und wenig Frust und Ängste aufgestaut wurden, kann dein ADHS unentdeckt geblieben sein.
Andererseits ist in dieser Pandemiezeit die psychische Belastung sicher auch an anderen Stellen hoch und Konzentrationsschwierigkeiten können durchaus von woanders herrühren.

Bei mir stehen zwar einige Marker in den Schulzeugnissen, die Diagnose habe ich aber auch erst jetzt mit Mitte 20 selbst suchen müssen. Weil Unianforderungen nicht mehr so kompensierbar sind…

Was war denn bei dir der Auslöser, dass du auf die ADHS-Fährte gekommen bist?

Ich habe meine Grundschulzeugnisse nie wiedergefunden (meine Mutter ist überzeugt, dass ich sie habe, ich, dass sie), aber wenn ich mich richtig erinnere, sahen die ungefähr auch so aus. Vor Allem das mit dem Mehr Einbringen stand, glaube ich, jedes Mal drin.

Es gibt zwei Bedingungen, unter denen es bei mir sogar im Unterricht mit der Konzentration geklappt hat: Eine Aufgabe war richtig schwer (nicht im Sinn von mühsam, sondern wie ein richtig gutes Rätsel schwer ist), oder es ging um irgendwas, das mich interressierte.

Die Zeugnisse alleine bedeuten also nichts. Interessant wäre deshalb, warum deine Ärztin so überzeugt ist, dass es kein ADHS sein kann. (Und, wie @theunfedmind sagte, wie Du drauf gekommen bist, dass doch.) Gerade bei Menschen, die gut in der Schule sind/waren, wird ADHS leider oft übersehen oder fehldiagnostiziert.

Adhs wird ja anhand von gewissen Auffälligkeiten erkannt, nicht an den Schul Noten selbst.

Heisst: warst Du zappelig, hast Du den Unterricht gestört, hast Du ungefragt mit was „rausgeplatzt“, warst Du eine Labertasche, bist Du häufig zu spät gekommen, hast Du Dein Zeug vergessen, warst Du schlecht im Auswendig lernen, schnell gelangweilt, kein Bock auf nichts, blaue Flecken wegen Rangeleien, Hausaufgaben oft vergessen, gute Noten ohne dafür „lernen“ zu müssen, verträumt und abwesend, in einzelnen Fächern überdurchschnittlich gut, in anderen Fächern gerade so durchgekommen?.

Naja, das waren verschiedene Beispiele, aber natürlich nicht alle.

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Danke für die Antworten!

Ich habe schon lange das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt und bin dann immer mal zufällig auf ADHS gestoßen.

Hyperaktiv war ich so nie, deshalb hab ich da nie weiter geguckt.

Dann hab ich aber gesehen, dass es sich bei Mädchen doch meist anders äußert und konnte mich in den Symptomen sehr wiederfinden.

Ich bin generell sehr verpeilt, vergesse ständig irgendwas, sei es meine Tasche, Schlüssel, Medikamente nehmen.

In letzter Zeit hab ich öfter Mal vergessen die Haustür zu zu machen, Gott sei Dank war immer wer zu Hause.

Ich verzettel mich auch oft, versuche alles auf einmal zu schaffen und krieg dann gar nix hin vor Frust.

Ich tue mich schon immer schwer mit dem Lernen, seit mir in der Schule nicht mehr alles zugeflogen ist, ging es mit den Noten bergab.

Analysieren etc. machte mir bis zum Abitur Spaß, deshalb konnte ich in den meisten Fächern die Defizite im Rest mit Klausuren ausgleichen.

Grundsätzlich kann ich irgendwie nur Extreme, entweder ich bin voll dabei und vergesse teilweise das Essen oder Schlafen vor Begeisterung oder ich weiß am Abend nicht ob ich den ganzen Tag überhaupt etwas gemacht habe.

Ich kann absolut nicht mit Geld umgehen, ständig bestelle ich irgendwas, vergesse dann aber es zurück zu schicken.

Wünsche mal aufzuschieben fällt mir extrem schwer.

Außerdem führen irgendwelche Kleinigkeiten dazu, dass ich total überreagiere und irgendwas kaputt mache oder sage, dass ich sofort wieder bereue.

Dann habe ich immer mal wechselnde motorische Tics und meine Eltern haben immer mal wieder erwähnt, dass sie im Kleinkindalter dachten, ich hätte einen Nervenschaden, weil meine körperliche Wahrnehmung wohl etwas gestört war.

Meine Motorik war lange recht unterentwickelt, Stifte richtig halten, Schleifen machen etc fiel mir sehr sehr schwer und koordinativ bin ich immer noch nicht besonders begabt und verletze mich ständig.

Nach dem Abi habe ich ein Jahr lang etwas gearbeitet, war dann 2 Semester an einer Fernuni eingeschrieben und habe jetzt ein neues Studium angefangen, wo ich aber jetzt schon wieder merke, dass das Interesse weg geht.
Meine Ärztin meinte bei fast allem davon, dass das in meinem Alter normal sei, auch, dass ich keinen Plan habe, wo ich mal hin will, und definitiv kein ADHS.
Kann ich natürlich nicht beurteilen, ich kann ja nicht bei anderen Leuten in den Kopf gucken und sagen bei mir ist es anders :laughing:

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Es gibt auch Adhs ohne Hyperaktivität. :wink:

Ja, das war dann auch ausschlaggebend da weiter zu schauen.
In allen Online Tests kam eine hohe Wahrscheinlichkeit auf AD(H)S raus, deshalb hab ich einen Termin in der Klinik gemacht.
Ich will mich natürlich nicht selbst diagnostizieren und mir auch nichts einreden, aber dass die Ärztin es mehr oder weniger sofort ausgeschlossen hat irritiert und verunsichert mich ziemlich.

Mit den Antidepressiva geht es mir gefühlsmäßig zwar schon deutlich besser, aber die Unruhe und die vermeintlichen ADHS Symptome sind natürlich unverändert.

Soweit mir bekannt ist, hat jeder ADHSler mehr oder weniger Hyperaktivität, das gehört zu den Kernsymtomen.
Fingernägelkauen, Zähneschleifen, Lippenlecken, Backenaufbeißen, Grindabpulen usw…gehört auch zur Hyperaktivität.
Verbessert mich, wenn ich Falsch liege.

Ich würde an Deiner Stelle, nach einer 2. Meinung suchen…diese Ärztin scheint nicht sehr motiviert zu sein.

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Stimmt, es ist zwar nicht extrem, aber ich merke doch, dass ich immer irgendwie eine Hand in Bewegung habe und mit irgendwas rumspiele, oder wippende Füße.
Außerdem kritzele ich beim Zuhören oder Mitschreiben in Schule und Uni immer irgendwas aufs Blatt, weil meine Mutter das auch schon immer macht hab ich da bisher nie drüber nachgedacht.

Ob du wirklich ADHS hast und welche Ergebnisse die Ärztin noch berücksichtigt hat wissen wir natürlich nicht, aber die Begründung ist Unsinn.

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Mehr weiß sie ja von mir nicht, sie hat es ja sofort ausgeschlossen und ist auch nicht weiter drauf eingegangen.
Danke, dann werd ich nochmal woanders schauen!

Meine Ärztin die auf Adhs spezialisiert ist, hatte es mir mal so erklärt, dass manche Adhs’ler denken sie seien nicht Hyperaktiv, weil sie gelernt haben ihre Hyperaktivität zu „verstecken“, heisst deshalb „unauffällig“ bleiben.

Also man könnte sich das Quasi so vorstellen, dass der jenige dann statt mit dem Stuhl oder den Füssen zu wippen, ständig leicht, nur unauffällig, seine Hände, oder Finger verhagt, oder knetet, mit den Knöcheln „knackst“, oder leicht auf den Füssen hin und her tritt, oder sogenannte „Ticks“ entwickelt, die nur bei genauerem hinsehen auffallen.

Insofern muss ich persönlich @Sniper eigentlich Recht geben, die Annahme das es Adhs OHNE Hyperaktivität gibt, scheint mir nicht 100% zutreffend zu sein.
Abgesehen davon, ist es ja, denke ich, bei den meisten Adhs’lern der Fall, dass man sich gewisse „Auffälligkeiten“ in dieser Richtung, abgewöhnt, weil man ja nicht auffallen möchte, nicht „anecken“ möchte, wegen seiner „Zappeligkeit“, aber auch um sich selbst zu beruhigen.

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Übrigens, bei Adhs liegt anscheinend auch oft eine Legasthenie, oder Dyskalkulie vor. Auch sind nicht alle „Hochbegabt“ haben aber vielleicht eine „Inselbegabung“, genauso kann aber auch eine Lernschwäche auf Adhs hindeuten.

Zum anderen, ist es natürlich auch so, das Adhs ja oft unentdeckt bleibt, da Betroffen erst ärztliche Hilfe aufsuchen, wenn ihr Leidensdruck so angestiegen ist, dass sie glauben, ohne Hilfe von aussen, ihr Leben nicht mehr alleine bewältigen zu können.

Meist haben die Betroffene, bis es soweit ist, schon diverse Komborditäten entwickelt, die die eigentlichen Adhs Symptome dann noch verstärken.
Deshalb bin ich persönlich der Meinung, dass es wesentlich mehr Adhs, oder auch ASS Betroffene geben muss, als bekannt ist.
Denn der „Leidensdruck“ ist nicht bei jedem gleich, weil eben die Stärke der Symptome, nicht bei jedem gleich stark ausgeprägt sind, respektive auch nicht jeder, dann auch begleitend, starke Komborditäten entwickelt, wie z. B. Depressionen oder Sucht Erkrankungen, die den Leidensdruck massiv erhöhen.

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Zur geballten Ignoranz und Inkompetenz der Psychiater schaust Du hier:

Auf jede Fall: dran bleiben und der Sache gründlich nachgehen…

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Hehe, ich bin 11 Jahre älter als Du und ich habe auch keinen Plan wo ich mal hin will :wink:

Du hast auf jeden Fall eine heiße Spur, das wird schon!

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@Cf172

Hej, hast Du mal den Symptomtest auf ADxS.org gemacht ? Was kam denn da bei raus ?

Ja, es kamen 34 Symptome raus und 9 von 9 bei DSM5 Unaufmerksamkeit, 5,5 von 9 bei Impulsivität und Hyperaktivität

Äehm - das sind sehr hohe Werte. Auch wenn es noch kein Beweis ist (der Symptomtest ist ja auch nicht validiert) spricht damit einiges für ADS. Und 5,5 von 9 bei Hyperaktivität sind auch nicht wenig.
Dann ab zu einem Doc, der was von AD(H)S versteht.

Viel Erfolg !

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Danke, dann schau ich auf jeden Fall weiter.
Jetzt ärgere ich mich bloß, 4 Monate mit der Ärztin ,verschwendet“ zu haben, aber geholfen hat sie ja trotzdem etwas

Also ich wurde letztes Jahr mit Mitte 30 diagnostiziert und obwohl ich immer eine 1er und 2er Schülerin war (solange ich keine gravierenden Probleme mit den Lehrern hatte), sprechen meine Zeugnisse eine eindeutige Sprache. Ich hatte übrigens besonders wegen der durchgängig guten Noten lange AD(H)S ausgeschlossen und eher vermutet, dass ich hochbegabt bin (was ich möglicherweise ebenfalls bin, aber die Testung werde ich erst in Angriff nehmen, wenn die depressive Episode vorbei ist).

Da ich sehr vielseitig interessiert bin, fielen mir tatsächlich nur die Fächer schwer, in denen es der Lehrer verbockt hat, weil er das Fach übermäßig langweilig rübergebracht hat oder weil ich mit meinem Autoritätsproblem bei Arschlöchern einfach aus Prinzip dicht gemacht habe. Aber eben weil mir alles so unendlich leicht fiel, habe ich so überhaupt keine Interesse an der zigsten Wiederholung im Unterricht gehabt. Alles was mir sinnfrei erschien, hat mein Gehirn verweigert. Hausaufgaben zum Beispiel - bis zu dem Moment, in dem wir uns über Hausaufgaben neuen Stoff aneignen mussten - zack, ging es doch…

Der andere Punkt war, dass ich seit meinem 10. Lebensjahr geraucht habe - Nikotin wirkt für AD(H)S’ler so ähnlich wie der Wirkstoff in Ritalin und Co. In Prüfungsphasen (Abitur und Studium) habe ich dann geraucht wie ein Schlot, während ich in Phasen, in denen ich kaum kompensieren musste, teils mehrere Tage lang gar nicht geraucht habe. Aber ich war trotzdem meilenweit von der Disziplin von anderen entfernt. Lerngruppen waren meine persönliche Hölle. Ich habe nachts gelernt… oder damals in den Vorhandyzeiten noch aus Langeweile. Ernsthaft… Ich habe einfach die Schulbücher durchgelesen, weil alles andere noch langweiliger war.

Meine Zeugnisse klingen in vielen Punkten deinem ähnlich, aber da stand auch immer so was wie „wenn sie sich nur mal ein bisschen Mühe geben würde, dann könnte sie durchgängig Einsen schreiben“. ständiges Zuspätkommen. Hausaufgaben und Unterrichtsmaterialien vergessen. bei allem die Letzte sein - trotz ständiger Ermahnungen und obwohl ich den Stoff längst begriffen hatte - selbst beim Ein- und Auspacken. ständig abgelenkt sein und andere dadurch ablenken. Nicht abwarten können. Flüchtigkeitsfehler. Mit meiner ganzen Art bei den anderen Schülern anecken…

Meine Grundschullehrerin wollte mir damals übrigens echt helfen und hat wirklich bei allem einen Eintrag gegeben - nicht um mich zu ärgern oder zu bestrafen, sondern als gedankenstütze. In den dreieinhalb Schuljahren bei ihr hatte ich nur in zwei Wochen keinen einzigen Eintrag… Unter drei Einträgen war ein Erfolg… Meist war mein hausaufgabenheft durchgängig Rot…

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