Keine Diagnosestellung nach ADHS-Diagnostik

Hey,

ich habe vor Kurzem eine ADHS-Diagnostik gemacht und das Ergebnis ist negativ. Mir wurde gesagt, ich zeige ADHS-Symptome und Symptome einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung, aber beides reiche nicht aus für eine Diagnose. Ich bin ziemlich fertig, weil ich ehrlich gesagt mit einer ADHS-Diagnose gerechnet habe, denn zuvor war ich in Therapie (ursprünglich habe ich mich wegen Zwangsgedanken und Ängsten angemeldet) und der Therapeut war ziemlich überzeugt davon, dass ich ADHS habe. In meiner Familie gibt es auch vier diagnostizierte Menschen, u.a. zwei meiner Geschwister.

Bei der Testung war ich bei einem Psychologen für eine ausführliche Anamnese und er meinte am Ende, dass Vieles auf ADHS hindeuten würde. Dann war ich für ein letztes Gespräch bei dem Oberarzt und er hat mir die Diagnose nicht gegeben und mich mit zwei Alltagstipps nach Hause geschickt.
Ich habe dann nochmal mit dem Psychologen telefoniert. Er hat gesagt, ich solle jetzt erstmal Therapie in Richtung Emotionsregulierung und Selbstwert machen, aber ich habe bereits 2 Jahre Verhaltenstherapie gemacht. Außerdem dachte ich, das können auch Anzeichen/Folgen von ADHS sein? Er meinte wenn’s nicht besser wird isses dann vielleicht doch ADHS. Aber ja, wie gesagt, ich war ja bereits in Therapie für 2 Jahre oder so.

Ich bin total unsicher, was ich jetzt machen soll. Ich hatte nicht den Eindruck, dass der Oberarzt weiß, wie ADHS sich bei Frauen auswirkt oder auswirken kann.
Meine größten Probleme im Alltag sind ein konstant hohes Stresslevel und zyklusbedingte Stimmungsschwankungen und öfter auch mal Reizüberflutungen. Und psychosomatische Faktoren (glaube ich?) wie Darmprobleme und Migräne. Außerdem bin ich sehr chaotisch. Häufig hab ich das Gefühl, nicht klar denken zu können. Mal mehr mal weniger. Grade weiß ich gar nicht, wo mir der Kopf steht.

Habt ihr sowas wie ich mit der Diagnostik auch erlebt? Soll ich mir eine Zweitmeinung einholen? Ich hab gar keine Lust mich nochmal so wenig ernst genommen zu fühlen wie von dem Oberarzt. Oder könnte es vielleicht doch etwas ganz Anderes sein? Hormonbedingt? Oder etwas ganz Anderes, an das ich vielleicht noch gar nicht gedacht habe? Schilddrüse, EKG und Blutwerte sind top.

Danke schonmal im Voraus!

Ich habe meine Diagnose auch erst im zweiten Anlauf bekommen.

Da kamen verschiedene Sachen zusammen. Eine Psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung und eine Frau mit viel Masking und ohne Vorbereitung.

Beim zweiten Mal war ich vorbereitet. Und bekam die Diagnose.

Ich kann Dir nur raten, fordere alle Unterlagen an, lies sie Dir gut durch. Führe bis zum Zweittermin ein Symptom Tagebuch. Und bewerte Deine Symptome nicht zu wohlwollend. Frauen neigen dazu, eigene Symptome nicht so ernst zu nehmen. Und Frauen auf der Diagnostikerseite neigen auch oft dazu andere Frauen symptommäßig zu unterschätzen. Frauen sind statistisch gesehen im Gesundheitssystem benachteiligt.

Bei mir wurden beim ersten Mal Fehler gemacht seitens der Psychologin. Sie hat den WURS-k nicht mir vorgelegt, sondern selbst ausgefüllt. Dort war ich kurz vor Cut-Off. Bei allen anderen Tests hatte ich die Kriterien erreicht. Zudem maß sie den Fremdfragebögen zu viel und dem Schulzeugnis viel zu wenig Bedeutung bei.

Sie meinte, ich hätte so gar kein ADHS, jeder würde mal was vergessen, sie auch und sie hätte deshalb auch kein ADHS. Und ich hätte ja keine Hyperaktivität gezeigt, was nicht stimmt. Ich war die ganze Zeit mit meinen Haaren, der Kette und einem Zopfhalter beschäftigt.

Mein Zweiter Termin war dann bei einem männlichen Psychiater. Dieser meinte, die Sache wäre eindeutig. Ich hätte sowas von ADHS.

Liebe Grüße und viel Erfolg

Igel

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Sehr ähnlich lief es bei mir. Meine erste Diagnostikerin sah zwar jetzt alle Kriterien erfüllt, aber in der Kindheit zu wenig Symptome.
Was daran lag, dass ich nicht wusste, dass es an dem Termin um meine Kindheit gehen sollte und dementsprechend völig unvorbereitet war.
Konnte mich mit meinem wirren ADHS-Kopf kaum sehr klar an meine Kindheit erinnern, und habe die Fragen völlig konfus beantwortet.
Ausserdem hatte ichh die naive Vorstellung, dass diejenigen, die die Diagnostik durchführen, Experten sind, die sich mit ADHS in allen Facetten supergut auskennen. :thinking:
Was oft nicht der Fall ist. Etwas theoretisches Wissen ersetzt keine jahrelange Erfahrung.
Für mich ist auch erst mal eine Welt zusammengebrochen, weil ich viele Hoffnunegn in die Diagnose und entsprechende Therapiemöglichkeiten gesetzt hatte. Und überzeugt war, es zu haben.
Zweiter Anlauf hat dann geklappt:

  1. Diagnostiker hatte wirklich viel Erfahrung mit ADHS-Patienten
  2. Ich hatte mir in der (ziemlich langen) Zwischenzeit sehr viele Gedanken zu meiner Kindheit gemacht, so dass ich etwas sortierter war. Hatte auch einen Stichwortzettel dabei, den ich dann gar nicht brauchte.
  3. Fazit: " zu 100 % ADHS". Wenn der mir gesagt hätte, es wäre kein ADHS, hätte ich es akzeptiert, weil er wirklich wirklich viel Ahnung hat.

Klar könnten deine Symptome auch andere Ursachen haben, aber vertrau erstmal auf deinen Instinkt. Wenn der dir sagt, es ist ADHS, wird es vielleicht auch so sein. Zumal mit 2 diagnostizierten Geschwistern.
Lass dich nicht entmutigen, es kommt häufiger vor, dass die Diagnose beim ersten Mal nicht gestellt wird, das heisst erst mal nichts.
Gib nicht auf! Mach die Diagnostik nochmal, sei gut vorbereitet, dann klappt das schon! :four_leaf_clover: :four_leaf_clover: :four_leaf_clover:

Hallo @Nicky und @Igel, vielen Dank für eure Erfahrungsberichte und eure Mutmachungen!!! Tut mir sehr leid, dass ihr da so einen langen Weg hattet bis zur Diagnose. Finde das auch so schlimm, wenn die Symptome so runtergespielt werden von wegen ‚Das hat doch jeder mal‘. Masking kenne ich auch zu gut, der Oberarzt meinte zu mir ich sitze da doch so ruhig und lächelnd. Innerlich war aber Einiges los, da hat’s gebrodelt.
Ich find’s echt erschreckend, wie wenig sich angebliche ExpertInnen teilweise auszukennen scheinen. Es tut auf alle Fälle gut, hier mit Leuten zu schreiben und sich die Beiträge durchzulesen, hab mir hier gestern erst 'nen Account gemacht und bin sehr froh drüber. Ich habe letztens schonmal bei einer Therapeutin angefragt, die Schematherapie macht und am Telefon klang es so, als würde sie sich ganz gut auskennen. Können PsychotherapeutInnen generell oder unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Diagnose stellen, wisst ihr das?
Ganz liebe Grüße!

Die Aussage zu mir kenne ich von Nichtexperten auch und für Experten bin ich wiederum ein klarer Fall.

Meine liebe Hausärztin war auch sehr skeptisch bezüglich meiner Diagnose und im Rahmen einer Ernährungsberatung hatte sie noch die Hoffnung das ich von den Medis wieder loskomme oder wenigstens weniger nehmen kann.
Als sie mich dann nach mehrere Sitzungen und Mailaustausch richtig kennengelernt hat ist ihr erst klar geworden was ADHS bedeuten kann und wie sehr ich zu kämpfen habe und hat die Sache dann richtig ernst genommen.
Mit dem positiven Endergebnis dass ich nicht mehr die schlimmen ADHS Spitzen habe und die Medis besser vertrage . :sweat_smile:

Ja Psychotherapeuten können die Diagnostik machen , habe ich z.B. Wegen der Medikation muss man dann zum Facharzt.

Mein Hausarzt hat aber bezüglich Medikation in Notfällen nur den Bericht vom Facharzt anerkannt.

Ah superr, danke, das ist gut zu wissen mit der Diagnose und der Medikamentenvergabe.

Das tut mir echt leid, dass es dir auch so geht aber sehr gut, dass deine Hausärztin da empfänglich war und etwas dazugelernt hat!
Ja das Schlimme ist halt irgendwie auch, dass der Typ, also der Oberarzt, ja sogar Experte war. Ich weiß nicht genau ich glaub im Internet stand er ist Neurologe. Das war auf alle Fälle in einer Klinik mit Schwerpunkt auf ADHS und Autismustestung. Hab aber auch im Nachhinein im Internet gelesen, dass auch andere Leute da schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht haben. Er meinte zu mir auch - weil ich meinte ich hab meine Probleme wesentlich stärker vor der Periode, also dass ich eben auch stark unter PMS leide, dass das nichts mit ADHS zu tun hat. Aber ich hab schon wirklich oft gelesen, dass die Symptome bei vielen gesichert diagnostizierten Menschen vor der Periode schlimmer werden, das lässt sich ja auch gut erklären mit dem Östrogenabfall und das wusste er halt anscheinend auch alles nicht. Find ich schon sehr fahrlässig. Gerade weil es ja extra eine Testungsstelle war.

Natürlich könnte es immer etwas ganz Anderes sein.

Aber bei den Meisten, die einschlägige ADHS-Symptome über Jahre haben, ist es auch ADHS. Und bei fast allen, wo zwei Geschwister ADHS-diagnostiziert sind und ADHS-Symptomatik vorliegt, ist es ADHS.

Wäre sonst ein sehr sehr komischer Zufall. Ist doch sozusagen der noch rauchende Colt, der neben dem Mordopfer gefunden wird. Klar könnte das Opfer ganz anders zu Tode gekommen sein. Welch ein Zufall.

Aber wie auch immer. Wenn der Oberarzt sagt, ich kann keine ADHS-Diagnose bescheinigen, weil irgendeine Formalie nicht eingehalten ist, aber es ist nun mal sehr wahrscheinlich und deswegen wird eine medikamentöse Behandlung begonnen, ist ja alles gut.

Denn was soll passieren? Dass doch keine ADHS vorliegt und die ADHS-Medikamente nicht wirken. Tja, schade, dann probiert man eben etwas Anderes.

Aber in einem solchen Fall Medikamente verweigern wäre völlig daneben.