ich bin auf der Suche nach einer psychosomatischen Klinik, in der ADHS und weitere Komorbiditäten behandelt werden im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation, die von der Rentenversicherung finanziert wird.
Für mich wäre total hilfreich,wenn man dort die Konzepte von Achtsamkeit und unbedingt auch Selbstmitgefühl kennt und dies also dort nicht nur meine eigene Arbeit wäre, diese Haltungen endlich mehr auch in meinem ganz normalen Fühlen zu entwickeln— und es in der Klinik eher nur nach Schema F um die üblichen verhaltenstherapeutischen Ansätze wie Skills, soziales Kompetenztraining etc. geht …
Also kurz gesagt, kennt ihr Kliniken, denen Achtsamkeit und Selbstmitgefühl als Konzept/Haltung bekannt sind und die dort mitberücksichtigt werden?
Ich würde mich über Erfahrungen von euch hiermit total freuen.
Meine Erfahrungen mit richtig durchgeführten Achtsamkeits- oder Selbstmitgefühls- Meditationen waren zwar leider bisher vor allem eher frustrierend, da ich mich nicht genug dafür konzentrieren und es nicht genug umsetzen kann, aber die informelle, also ganz normal im Alltag gelebte Haltung dieser beiden Aspekte ist für mich total hilfreich und das mache ich aber leider auch viel zu wenig.
die Erfahrung zeigt, dass Kliniken kaum bis gar nicht individuell auf Patienten eingehen. Das geben die Mittel leider nicht her. Drei Faktoren sind da maßgeblich:
Zeitmangel
Personalmangel
Konzept des Hauses
Es gibt ein Standardprogramm in jedem Haus. Das berücksichtigt die vorhandene Zeit und Personalmenge. Wenn auf Wünsche oder persönliche Ziele eingegangen wird, dann ist es eine Ausnahme und mit Glück verbunden. Dazu muss das entsprechende Personal auch die Kompetenz haben um darauf überhaupt einzugehen. Auf Wünsche gehen eher private Kliniken ein, da ist Personalspiegel pro Patient auch höher, durch das bessere Gehalt auch die Qualifikation auch aktueller und besser. Damit ist das auch zeiteffizienter für Patienten.
Vertretungen sind in einer Klinik normal, sodass man nicht den gleichen (eigentlich zuständigen) Therapeuten wegen Krankheit, Urlaub oder Vertretungen hat.
Achtsamkeit und Selbstmitgefühl übernimmt man auch nicht einfach so in einem mehrwöchigen Aufenthalt in einer Klinik. Das ist ein langer Prozess mit Lebensumstellung. In der Klinik hat der Patient eine starke Umstellung. Danach kommt er aber in seine gewohnte Umgebung zurück und damit auch in gewohnte Verhaltensmuster. Die Adaption des „Gelernten” aus der Klinik ist eine große Hürde.
Wenn du in eine Klinik willst, würde ich mich mit dem Schema F des Hauses auseinandersetzen und überlegen, wovon du am meisten profitieren würdest und mich im Schema F zurechtfinden.
Eher würde ich versuchen den Weg im gewohnten Umfeld zu finden. Also eine lokale Psychotherapie. Es geht vielfach um das Kennenlernen der eigenen Stärken und das Verständnis dass vermeintliche Schwächen auch eine Stärke sein dürfen. Dann geht es dazu über, was die eigenen Wertvorstellungen sind und was die eigenen Bedürfnisse sind. Dann findet man heraus, wer einem im Umfeld gut und nicht gut tut.
Das alles ist nichts was in 3 Monaten abgeschlossen ist, sondern sich wirklich ziehen muss um etwas zu bewirken. Die Beschäftigung mit sich selbst ist anstrengend, der Grund wieso sich Personen nach Therapiesitzungen überfordert fühlen. Aber erst danach legt der Denkprozess mit der Selbstreflexion los, das ist das Ziel. Die Therapie wird erst nach der Sitzung verarbeitet. Bei der Fahrt im Auto oder in den Öffis und schließlich auch im Schlaf. Der Durchblick folgt erst später und baut sich auf.
Woher diese Erkenntnisse stammen: Eigener Aufenthalt in einer Klinik, Austausch mit Psychotherapeuten und Ärzten, Selbsthilfegruppen. Lokale Selbsthilfegruppen sind auch empfehlenswert.
Allgemein: Von Kliniken nicht viel erwarten. Sondern sich im vorgegebenen Rahmen das beste aussuchen.
Vielleicht möchtest du dir überlegen, was Selbstmitgefühl von Selbstmitleid unterscheidet? Allein die Erkenntnis und Interesse am Thema Selbstmitgefühl ist schon ein riesiger Schritt nach vorne. Beim Selbstmitleid geht es um’s Verweilen in negativen Denkmustern. Da kann man hinterfragen, wieso man in diesen negativen Denkmustern verweilt (Motive?) und ob diese Denkmuster vielleicht auch eine Zeit lang gut waren um etwas zu überwinden.
vielen Dank für deine Ausführungen zu deinen Erfahrungen mit Kliniken.
da ich nicht so viel zu meinem bisherigen Erfahrungen gesagt habe, ist es sicher nicht klar geworden, dass ich all deine Hinweise, dass es ein längerer Prozess ist, dass Selbstmitleid und Selbstmitgefühl sehr unterschiedliche Dinge sind und dass man sich um das Entwickeln von mehr Selbstmitgefühl besser in ambulanten psychotherapeutischen Kontexten kümmern kann wohl, mir seit Jahren bekannt sind.
unter dem Strich ist bisher meine jahrelangen Erfahrung, dass formelle Achtsamkeits und Selbstwertgefühlsmeditationen für mich schwierig und eher frustrierend sind und nicht sehr hilfreich, das Entwickeln aber insgesamt einer achtsamen und Selbst mitfühlenden Haltung mir gegenüber extrem hilfreich ist, dass ich dies nur leider bisher zu wenig praktisch tue und zu wenig diszipliniert und kontinuierlich da dranbleibe, trotz ambulanter Therapie.
—Und nun eben der Bescheid für die medizinische Rehabilitation, die ich eben gerne möglichst so nutzen würde, dass sie mir möglichst gut hilft.
Ich habe diese medizinische Rehabilitation beschieden bekommen von der Rentenversicherung als Vorbedingung zu einer beruflichen Rehabilitation und versuche nun, eine möglichst hilfreiche Klinik zu finden.
ich finde die Idee einer medizinischen Rehabilitation auch eher so mittelgut beziehungsweise mittelsinnvoll bei mir, möchte das Angebot aber trotzdem aus verschiedenen Gründen annehmen.
Die Initiative zu der medizinischen Reha kommt also nicht von mir.
Und ich versuche eben so, mit dieser Frage nach den Erfahrungen von Forumsnutzern mit Kliniken das möglichst Beste daraus zu machen.
die Oberbergklinik-Gruppe schreibt auf ihrer Internetseite schon mehr von zumindest Achtsamkeit als Therapiekonzept, bei Selbstmitgefühl erinnere ich es gerade nicht genau, die Oberbergkliniken sind aber eben leider Privatkliniken, die eben dann auch keine medizinische Rehabilitation anbieten.
Vielleicht gibt es ja andere Nutzer, die solch individueller arbeitenden Kliniken erlebt haben und wo ich Glück habe.
selbst entscheidend nun den Antrag auf medizinische Reha zu stellen habe ich nach Ansehen von mehreren Kliniken die Klinik in der Lüneburger Heide ausgesucht als Wunschklinik.
Grund dafür war für mich die Behandlung von ADHS mit Komorbiditäten. Das die Klinik neben der ADHS noch Esstörungen (und weiter nichts! „Nur“ die „2“ Sachen.) behandelt und ich in den Rezessionen las, dass man auch als ADHS Rehabilitand in Gruppen für Adipositas zb reinkommen kann, wenn der Zeitplan es zulässt, passte für mich wie die Faust aufs Auge…
Wichtig war mir aber eben das eingehen eben auch auf die Komorbiditäten und die Sozialberatungen. Dies war für mich auf anderen Klinikseiten, die ADHS Rehas anbieten, aber eben auch viele andere psychische Problem"gruppen" haben, nicht so ersichtlich.
Eventuell schaust du mal nach der Klinik, ob sie dir zustimmt. Auf der Webseite steht zumindest einiges auch über das „negative Selbstkonzept“ was eine große ADHS Beeinträchtigung ausmacht.