Kurz vor Schuleintritt (warten und nichts tun?)

Erfahrungsgemäß kommen ADHS-Kids mit einem „straighten“ System (sprich: klare Regeln und Strukturen, konsequentes Handeln) besser klar.

Wenn straight zudem lehrerzentriert heißt - um so besser. Offenere Unterrichtsformen, die ein hohes Maß an Selbstorganisation verlangen wie z.B. Freiarbeit, Wochenplan etc., sind mMn schon für „normale“ Kids eine Herausforderung und bei ADHS naheliegenderweise eine Überforderung.


DAS würde ich bei ADHS auch für einen sehr triftigen Grund halten, nicht die nächste Schule zu besuchen.


Je kleiner die Klasse, desto besser bei ADHS. Ich würde es da versuchen.

Ich würde sagen, wenn die Klasse voraussichtlich klein ist, muss man sich nicht ganz so einen Druck machen. Denn Reizüberflutung ist ja oft das Problem und dazu die hier immer vorhandene Überforderung der Lehrer, weil mindestens die Hälfte der Kinder keine Muttersprachler sind.

Wenn die Lehrer also auch nicht so große Niveau Unterschiede in der Klasse haben, bestünde die Chance, dass auch euer Sohn etwas gezieltere Aufmerksamkeit der Lehrkraft bekommen kann.

Vielleicht ist es sogar gut, am Anfang mal ohne Medikamente zu schauen, wie es läuft.

Wenn aber ja schon ohne Schule soziale Probleme da sind , dann geht es ja eben nicht nur um Aufmerksamkeit, und da sehe ich persönlich schon Anlass gegeben, es baldmöglichst mal mit Medikamenten zu probieren.

Eigentlich ist es immer von Vorteil, in den Ferien sowas anzufangen, weil ihr Wirkung und vor allem auch die Wirkdauer selber beobachten könnt.

Man müsste auch überlegen, welche Wirkdauer nötig ist. Falls euer Sohn in eine Betreuung geht, wäre es evtl. sinnvoll, auch dort noch Wirkung zu haben.

Concerta/Kinecteen sind soweit ich weiß, länger wirksam als zB retardiertes Medikinet und Ritalin.

Unser Sohn fährt gut damit. Er braucht für die Betreuung auch noch Wirkung, da ihn die anderen Kinder und das Gewusel viel Kraft kosten.

Also ich kann mir nicht vorstellen, wie unser Kind im Unterricht auf einem Stuhl sitzen soll, und dort dem Unterricht folgen oder sogar selbst arbeiten. Eventuell noch Dinge die ihn entweder nicht interessieren (wobei er zum Glück recht wissbegierig und aufgeschlossen ist) oder die er schon kann (wir haben ihn nie gezielt „gedrillt“ - aber er wollte lesen und hat es sich selbst beigebracht. Schon die Erzieherin in der Krippe (er war 2) meinte zu uns, wir sollen schauen, dass wir seinem Kopf Pausen geben können. Wir sollen ihn nicht zu sehr fordern (sie meinte damals, man kann ihn kaum überfordern - wir sollen versuchen ihn zu unterfordern).

Wir kümmern uns um einen Termin bei der Ärztin und schildern nochtmal unsere Sorgen und Nöte… Vielleicht hat sie mit den Medikamenten ja so zögerlich reagiert, weil viele Eltern da so sehr empfindlich reagieren…


Das kann grundsätzlich schon funktionieren, wenn das Setting stimmt. Manchmal wundert man sich als Eltern, was woanders funktioniert, was zu Hause nie klappen würde…

Gibt es denn Berichte vom Kindergarten, die die Dringlichkeit eures Anliegens dokumentieren könnten?

Die Chemie kann eine erstaunliche Rolle spielen…

Aber es geht ja eben nicht immer nur um Aufmerksamkeit und Schulnoten…

@Thorsten nimm kein Blatt vor den Mund bei der Ärztin, schildere das so wie hier… das bedeutet ja nicht, dass du dich bei der Ärztin über dein Kind beklagst, sondern, dass du ihm helfen willst!

Und einmal Medikamente heißt ja auch nicht, dass man für immer welche geben muss. Wenn die Zustimmung der Eltern nicht mehr gegeben ist, muss das der Arzt akzeptieren.

Es kann auch immer phasenweise angepasst werden… mal geht es nur mit Medikamenten, dann vielleicht auch mal versuchsweise ohne… Auslassversuche stehen eigentlich bei den Meisten einmal jährlich auf dem Plan. Wir durften immer durchmachen ohne Auslassung, weil es sonst zu schweren Symptomen der Reizüberflutung kam.

Inzwischen haben wir es dann mal zwei Wochen „ohne“ geschafft, damit unser Sohn etwas zunehmen kann, aber das war eine extreme Belastung für die ganze Familie und es hat sich leider kaum beim Gewicht bemerkbar gemacht.

Ich finde das klingt eher beruhigend, also für so einen Schule wäre ich z.B. gefahren.
Da es bei euch sehr dörflich ist, kann ich auch dein Argument verstehen das er bei den Gleichaltrigen bleibt, dass ist nicht zu unterschätzen.

Was ihr natürlich auch machen könnt, wenn es ihm mal zu viel wird in der Schule, ihn dann auch mal einen Tag zu Hause lassen.

Also mein ADHS und meine Lernfähigkeit war auch sehr, sehr Lehrerindivduell . Das konnte mal eben drei Noten ausmachen und einiges an Einträgen mehr.
Aber die strengsten vom alten Schlag, die noch am liebsten den Rohrstock genutzt hätten, bei einem bekam ich gar mal eine geklebt , war keinen Garantie bei mir für Benimm. :wink:
Aber es gab Lehrer da ging das „einfach“ , da musste ich mich automatisch nicht so sehr steuern oder gab mir dann auch mehr Mühe mich zu regulieren.
Vielleicht bekommt er ja einen gute Lehrkraft. Könnt ihr das schon was herausfinden ?

ADHS und Hochbegabung ist natürlich eine nette Kombi.

Wenn es euch gelingt vielleicht noch eine Medikation in den Ferien zu testen, könnte ihr euch ja auch nochmal neu entscheiden.

Der Ärztin kannst du ja auch nochmal von den Erfahrungswerten hier aus dem Forum erzählen.

Es ist gut das ihr euch kümmert. Denn mit beiden Diagnosen kann man so was von anecken und man kann nicht mal was dafür.


das finde ich eigentlich eine gute Voraussetzung. Klare Strukturen sind super und wenn es eine kleine Schule ist wird auch der Schulhof schön übersichtlich bleiben.

Ja, ich habe aktiv gefragt ob es Sinn macht dass er Medis bekommt. Ich denke er wäre von sich aus nicht so schnell darauf gekommen aber er hatte durchaus eine deutliche Meinung dazu. Ich denke da müssen sich Arzt und Eltern auch aneinander herantasten.
Die Probleme waren schon bei niedriger Dosis Kopfschmerzen, Übelkeit trotz Frühstück und dass er abends nicht schlafen konnte (sowieso schon ein Problem das dann aber extrem verstärkt wurde).
Die Alternative ist bei ihm Atomoxetin, das wird aber sehr sehr ungern verschrieben und man liest viel schlechtes darüber. Ich habe mich schwer getan damit, aber bei ihm wirkt es gut.

Wieder ein Psychiater, der Elvanse nicht kennt? Bei Erwachsenen, ok, ist ja noch nicht so lange zugelassen. Aber bei einem Kind?

Aber gut, wenn es mit Atomoxetin klappt…

Ich freue mich ja, mal was Gutes über Atomoxetin zu lesen, denn das soll mein Sohn eigentlich auch als Nächstes bekommen…

Keine Ahnung ob er es kennt, so sicher bin ich jetzt auf dem Gebiet auch nicht dass ich Gegenvorschläge bringen kann…

ADHS und Hochbegabung sind bei der Einschulung ja sicherlich vor allem bei Jungen ein Problem, da sie aufgrund ihrer Chromosomen als auch aufgrund des ADHS ja tendenziell Spätzünder sind - andererseits aber sehr wissensdurstig und eher verkopft. Die Frage - so ganz allgemein - wie man das überbrücken könnte… da wäre echt so eine Kleinschule eine Lösung. Müsste man eigentlich anbieten… Das Problem hat man ja oft bei Waldorfs, die schulen ja gerade Jungen eher spät ein, da entsteht dann das Problem der Überbrückung, weil KiGa dann ja gar nicht mehr geht.


Das sehe ich ähnlich…
Wenn die Disposition Richtung ADHS jetzt schon eher ausgeprägt ist, wäre das aber ein Grund, mit der Medikation (langsam) einzusteigen. Übrigens auch vor dem Hintergrund, dass Ihr Euch Zeit lassen könnt mit der Einstellung.
Denn klar ist, wenn es dann in der Schule nicht klappt, ist er in seinem sozialen Umfeld stigmatisiert. Wäre schade.

So ein autoritärer Stil kann dann nach hinten losgehen, wenn er vom Kind nicht anerkannt wird. Ich bin am besten mit souveränen, selbstbewussten LehrerInnen zurechtgekommen, die einfach auch was konnten und wo es sich gelohnt hat, sportlich um Anerkennung zu kämpfen. Aber man kann sie sich halt nicht stricken.
Die entsprechende Lehrkraft sollte vorher (seeehr dezent diplomatisch … sokratisch befragt, gewaltfrei und unter Einsatz von Ich-Botschaften :lol: :lol:) gebrieft werden, wobei es sicherlich Sinn macht zu prüfen, was die von dem Thema hält.
Bei meinem K2 (<- den Begriff klaue ich mir einfach mal…) war das Problem, dass es viel Lob gebraucht und das auch eingefordert hat. Das macht viele Lehrkräfte echt verrückt, weil das stark nach Narzissmus riecht (das ist ja auch ein bisschen unangenehm, wenn ich ehrlich bin!), weswegen sie die Kinder dann gerne heftig einbremsen. Das sollten sie dann schon im Kontext bewerten können…

Ich stell mir das aber schwierig vor, mit einem 6jährigen beim Psychiater. Wie bekommt man das hin, dass das nicht defizitorientiert rüberkommt? Ich meine, letztlich wollen sie doch grade in dem Alter nur normal sein und dazugehören…
Was die Größe der Schule betrifft: man kann es ausprobieren, aber sowohl mein Kind als auch ich waren damit überfordert.

Wie kommst du auf autoritär? Das funktioniert bei ADHS garantiert nicht, klare Strukturen, Regeln und Konsequenzen einerseits und ein autoritärer Erziehungsstil andererseits sind allerdings zwei Paar Schuhe.

Letztlich kommt es auf die Lehrerpersönlicheit an. Im Idealfall ist sie sehr wertschätzend und geizt nicht mit Lob, hat viel Geduld und fordert dennoch ein, was sie erwartet, und überzeugt schließlich durch Echtheit und Fachkompetenz.

Unabhängig davon und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber es ist mMn extrem wichtig: Schule und Klassen sollten so klein wie möglich sein bei ADHS. Das ist praktisch ein No Brainer.

Hey,

wir waren letzte Woche nochmal bei der Ärztin. War ein konstruktives Gespräch, und wir starten jetzt dann mit Medikinet Retard.

Danke an alle für die Infos, wir sind sehr gespannt was passiert…

Berichte uns mal…
Wann ist Dein Termin?

Danke für die Info, guten Start!

… und regelmäßig essen und trinken nicht vergessen…

… bei uns verliefen die ersten Wochen sehr aggressiv und mit viel Gezetere… da unser Sohn damals fast Elf war, konnten wir nicht abgrenzen, ob es vielleicht auch irgendwie pubertär war… aber rückblickend würde ich sagen, es könnte vielleicht doch auch durch das Medikament, bei uns Equasym, gekommen sein… es gibt manchmal aggresivere Phasen, die aber vorübergehend sein können, man muss manchmal sowas ein, zwei Wochen aushalten, bevor man sagen kann, es ist eine dauerhafte Nebenwirkung… wir haben durchgehalten und es wurde dann besser…

Lasst euch nicht zu schnell entmutigen, falls es am Anfang noch nicht sofort nicht nur die erwünschte Wirkung gibt.

Unser Sohn war schon am ersten Tag, in den Ferien, neugierig, wie das Mittel wirkt. Er nahm sich seine Schulsachen und löste ein paar Aufgaben und ich war echt den Tränen nah, zu sehen, wie er ohne jedes weitere Üben von einem auf den anderen Tag auf einmal die Buchstaben leserlich schreiben konnte und an die Lineatur angepasst schreiben konnte.

Das war einfach unglaublich, er hatte jahrelang Ergotherapie, in dem SPZ, das uns von Ergotherapie abriet, aber auch nicht zu Medikamenten riet, hatte man nur lapidar gesagt, er müsse halt früh mit dem Computer anfangen zu schreiben, an der Schrift könne man eh nichts machen… Aber eine Pille geschluckt und es läuft -
unglaublich, oder?

Bis ich woanders hin ging und um Medikamente bat, hatte es noch drei schwere Jahre gedauert…

Hey, ich dachte ich berichte hier auch mal wieder.

Wir haben mit einer sehr geringen Dosis retardiertem MPH angefangen. Natürlich am Wochenende.

Und was soll ich sagen, es ist erstaunlich. Unser Junior war wirklich entspannter, wir konnten basteln, er hat sich länger als 5 Minuten mit seinen Spielsachen beschäftigt, er war ein aktives ausgeglichenes Kerlchen … bis nach etwa 6 Stunden der Rebound kam. Er fing an zu hüpfen, wurde merklich unruhiger - da viel das Ganze (selbst uns) erst richtig auf.

Ich weiß nicht ob das für ausenstehende so krass schon erkennbar ist - wie gesagt wir sind bei 5mg retardiert erst - aber uns fällt es auf.

Und das schöne: ihm auch. Er fragte direkt, warum er nicht noch eine weitere haben kann…

Wir werden wohl bis zu den Ferien bei den 5mg bleiben, und in den Sommerferien mit der Ärztin nach der richitgen Dosis suchen vermutlich (sind ja nur noch 4 Wochen). Jedoch werden wir mal nachfragen wie es denn aussieht, ob wir selektiv an Tagen die auch Nachmittags „anstrengend“ sind eine zweite geben können…

Also, danke an euch für das Ermutigen - wir sind aktuell happy.

Was uns nur etwas Kopfzerbrechen bereitet ist, dass unser Junior das am liebsten direkt jedem Erzählen würde. Wir sind da noch eher vorsichtig unterwegs. Sind noch nicht sicher wie wir damit umgehen werden :confused:

Ich freue mich so für Euren Sohn und Euch!

Das Feedback von Eurem Kind ist so eindeutig, oder? Was will man mehr!

Absolut! Definitv sehr krass! Er ist noch nicht mal ganz 6, und freut sich richtig. Er kann zwar nicht wirklich in Worte fassen was anders ist, aber er meint es ist einfach insgesamt besser. Er fühlt sich so ein bisschen wie in Zeitlupe, und die Welt rennt nicht so schnell an ihm vorbei. Er hat auch immer gesagt, seine Beine z.B. sind viel stärker als er, er muss sie bewegen und kann ihnen nicht sagen sie sollen ruhig sein; das ist mit der Medizin jetzt besser… Und er sagt es ist komisch, wenn die Medizin auf einmal nicht mehr wirkt. Er kann aber nicht ausdrücken was dann anders ist.

Aber es ist schon wahnsinnig krass, was in so kleinen Köpfen vorgeht! Und was viele Kinder erleiden müssen, weil die Eltern sich gegen Medikation sperren. Und was man von außen zu hören bekommt, wenn man sein Kind „mit Pillen ruhig stellt“. Das finde ich sehr schade!

Er fragte ob man nicht einfach so ne Tablette erfinden kann, die den ganzen Tag, oder vielleicht sogar die ganze Woche wirkt. Jedoch hat er dann Angst, dass diese so groß werden, dass er sie nicht mehr schlucken kann :smiley: