Leben mit oder ohne Medikamente?

Hallo Leute,

ich befinde mich gerade auf einer wichtigen Weichenstellung mit Anfang 30: Die Entscheidung, ob ich ein Leben mit oder ohne Medikamente führen will.

Für meinen hart erlernten Beruf (Jurist) werde ich unweigerlich lebenslang auf Medikamente angewiesen sein; Ohne diese hätte ich das Studium nie und nimmer geschafft.

Jedoch bin ich sehr skeptisch was Medikamente angeht. Irgendwie verändern sie doch mein Wesen: ich fühle mich nicht mehr so wie ich eigentlich bin und auch oft leicht unwohl, außerdem gibt es immer wieder Nebenwirkungen.

Falls ich mich gegen ein Leben mit Medikamenten entscheide, müsste ich aber einen anderen Beruf auswählen, nur weiß ich nicht welchen Beruf. jedoch finde ich den Juristenberuf aus heutiger Sicht auch nicht gerade spannend…

Alles nicht so einfach. Diese Weichenstellung macht mir ziemlichen Druck.

Wem geht es ähnlich oder kann es nachvollziehen und paar Tipps geben. Danke

Das du lieber ohne Medis durchs Leben gehen möchtest kann ich nachvollziehen, wäre mir auch lieber aber aktuell gibt es da für mich keine Option.
Ich mache aber immer mal wieder Auslassversuche mit der Hoffnung auf Wunderheilung, die bisher jedoch noch nicht stattfand.

Ich habe mehrere Gedankengänge zu deinem Anliegen.

Zum einem wenn Jurist nicht mehr dein Ding ist steht dies ja unabhängig zu ADHS und Medikamente.
Möchtest du was anderes machen , macht es natürlich Sinn zu schauen was sich mit ADHS gut oder weniger gut vereinbaren lässt , aber sollte nicht ganz ausschlaggebend sein. Denn jeder Job wo man sich drin wiederfindet legt auch Motivation frei die ADHS Symptome kompensieren kann.

Bei mir ist es so egal welchen Job ich mir überlege , also wenn ich was neues machen müsste , ich sehe sofort die Schwachpunkte wo es mit ADHS kollidieren würde.
Es gibt einfach Basics die so gut wie jeder Job mit sich bringt. Das sind Dinge wie Planung, Termine , Dokumentation , gewisse Strukturen einhalten, Chaos vermeiden ,
Umgang mit Überreizung oder ohne Reize das Abgleiten im Hyperfokus , Kommunikation , Ideeüberinput filtern , Konzentration etc…ppp…

Nun ja und ich brauche die Medis auch so im Alltag , selbst wenn es manchmal keine konkrete Anforderung von Außen gibt und die Umgebung und alles drumherum ruhig und entspannt ist.

Und Müsste ich täglich z.B „nur“ 7 Stunden Wäsche falten , würde das Stupide mich wohl depressiv machen und auch da würde ich bestimmt mangels Konzentration irgendwie noch was verbocken und Chaos verursachen

Da ich den Schweregrad deiner <Symptome nicht kenne , kann es natürlich sein das es Jobs gibt wo du vielleicht wirklich so klarkommst ?

wie du dich mit den Medikamenten fühlst, so sollte es nicht sein.
Vieleicht hattest du im Studium so hohe Anforderungen und da war die Dosis hilfreich und passt vielleicht unter den geringeren Anforderungen nicht mehr ???
manche Menschen benötigen auch einige Zeit nach so einer Phase sich wieder neu zu orientieren. Es ist auch nicht unüblich , dass man mit ADHS nach so einer Phase in ein Loch fällt.
Also du könntest schauen ob du an der Dosis was machen kannst.
Ansonsten lass doch die Medis mal weg und schauen dann was ohne geht.
Du selbst bist der beste Richtwert , nicht wir.
Der Vorteil bei den Medis ist ja das du sie einfach weglassen kannst und dann doch wieder nehmen.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf , das es irgendwann ohne geht und zugleich bin ich dankbar das es die Medikament gibt und ich die Hilfe dadurch nutzen kann.

Darf ich Dir dazu noch ein paar Fragen stellen?
Bist du komplett fertig mit der Ausbildung - also alle Staatsexamen und Refrendariat? Gratulation - Wahnsinns-Leistung mit ADHS, ob mit oder ohne Medikation!!
Hattest Du schon andere Medikamente ausprobiert? Was nimmst Du denn gerade und wie lange / wie viel?
Gibt es eventuell Alternativen?
Ist denn die Berufstätigkeit als Jurist anstrengender als das Studium - vor allem was die ADHS-„Schwachpunkte“ betrifft?
Und wo genau lagen die Schwachpunkte bei Dir? Meinst Du echt, das wäre in anderen Berufen besser?

… und anstrengender als andere Berufe? (also ich fand meinen bisherigen, also vor meinem Studium, deutlich anstrengender als meine „akademische“ Tätigkeit…)
Was böte sich denn an, was Du ohne Medikation erlernen könntest?

Also bevor Du DAS hinhängst solltest Du da noch die eine oder andere Reflektionsrunde einlegen - sei es mit einem Coaching, eigenen Erwägungen (pro-contra-Liste, eine gute Möglichkeit wäre der Stuhldialog, s. Prokrastinationswerkzeugkoffer…). Kontrolliert, dokumentiert und systematisch ausprobieren, wie Du ohne Medikation zurechtkommst …

Ein paar Gedanken, die mir da durch den Kopf gehen:
Du bist, wenn ich das recht mitbekommen habe, noch deutlich unter 30 und in einem Alter indem man sich ohnehin sehr stark ändert - und entsprechend auch immer wieder die Sinnfrage stellt. Sprich: da vermengen sich unter Umständen entwicklungsbedingte Änderungen Deiner Persönlichkeit mit Medikamentenwirkungen.
Auch ohne Medikamente hättest Du Dich verändert…
Ich finde es sehr herausfordernd, das unterscheiden zu müssen. Geht mir nach einem reichlichen Jahr Medikation nicht anders.
Gerade gestern habe ich mit meinem Mann drüber diskutiert inwieweit ich mich geändert habe - oder ob ich nicht Dinge oder Eigenschaften an mir wahrnehme, die ich ohne Medikation nicht sehen konnte. Die Frage ist, ob ich die jetzt nicht ohne Medikamente genauso sehen würde… .