Lehrpersonen mit ADHS

Hallo zusammen! ^^

Ich studiere in der Schweiz Primarschullehramt (Grundschullehramt) und bin selbst ADHS betroffen. Ich habe mich lange Zeit etwas verloren und auf mich allein gestellt gefühlt, habe aber inzwischen festgestellt, dass es doch mehr Lehrpersonen mit ADHS gibt, als man eventuell annehmen würde. Ich habe daher drei Anliegen:

  1. würde ich mich einfach generell über einen Austausch freuen mit anderen (angehenden) Lehrpersonen, die ebenfalls betroffen sind. Wie ergeht es euch im Beruf? Wo struggelt ihr auch? Was habt ihr für Strategien gefunden? etc.
  2. schreibe ich meine Bachelorarbeit zum Thema „Lehrpersonen mit ADHS - Strategien finden und Ressourcen nutzen“ und suche nach betroffenen Personen die Lust haben (natürlich anonym) von mir interviewt zu werden.
  3. suche ich auch für die Bachelorarbeit noch nach Studien etc. die sich möglicherweise mit einem ähnlichen Thema beschäftigt haben. Bisher war meine Suche eher erfolglos. Ich habe eine Untersuchung zu Autismus und ADHS im Pflegeberuf (ist ja auch ein sozialer Beruf) gefunden, aber das war schon das Höchste der Gefühle.

Meldet euch gerne!

3 „Gefällt mir“

Guten Morgen,
habe heute die Diagnostik beendet und somit offiziell Lehrperson mit ADHS.

Ich habe vor ein paar Tagen darüber nachgedacht, genau so ein Thema hier zu eröffnen.

Habe mich nämlich gefragt, ob es die beste oder die blödeste Berufswahl für ADHSler ist…

Zu mir: ich habe mein 2. Staatsexamen als Fachlehrerin m/t in Bayern 2020 mit 50 gemacht und unterrichte jetzt an einer Realschule Werken, Kunst und Informationstechnologie in Teilzeit.

Seit dem Referendariat (während Corona) schlafe ich schlecht und kämpfe massiv mit Stresssymptomen. Ich weiß, alle Lehrer sind mittags müde, bei mir geht nach dem Unterrichtstagen buchstäblich gar nichts mehr. Stecker gezogen, keine Energie mehr für Hobbies, Freunde, Haushalt, Familie. Ich stehe jeden Tag mit dem Gedanken auf „ich schaffe das nicht“ und lege mich damit abends und Bett. Das kann so nicht bleiben.

Meine Hauptstressoren sind Noten und Bürokratie. Und dass ich durch so viele Fachräume tingeln muss, mich nirgends richtig einrichten kann. Habe z.B. 3 Gruppen IT in 3 unterschiedlichen IT-Räumen - jeder Beamer ist anders, in jedem Raum haben diverse PCs andere Macken usw.

Die Arbeit mit den Schülern macht mir wahnsinnig Spaß, ich fühle mich zwischen den Teenagern wohl. Ich liebe meine Fächer, das praktische Arbeiten… Aber alles sehr sehr anstrengend.

Gehe auf dem Zahnfleisch, Mitte Januar darf ich auf Reha, die vor fast einem Jahr genehmigt wurde.

Mein Ziel: meine Energien besser einteilen, evtl mit Unterstützung durch Medikamente.

Freue mich auf Austausch!

Kollegiale und ganz liebe Grüße
Elke

1 „Gefällt mir“

Die Unterstützung könnte schon hilfreich sein, denn sie bewirkt ja etwas und dein :brain: hat eventuell so einige Überraschungen für dich parat.

Das kann/könnte/wird dir behilflich sein, neue Skills oder Routinen zu initiieren. Dein Blick verändert sich, du be-merkst Dinge anders…

Das ist ja bereits wie ein Arbeitsauftrag, der abgearbeitet werden möchte :adxs_daumen: prima, da entfällt doch bereits die Suche, woran es liegt :adxs_friends:

Das beantwortet doch deine Frage, oder :adxs_zwinker:

Die Bürokratie, dafür brauchst du persönliche individuelle Lösungen und die gilt es zu finden.

Das schaffst du, vor allem da du um dein Adxs weißt, hast du einen Vorsprung, denn du kennst die/unsere Schwachstellen :adxs_rot:

Diagnose :heavy_check_mark: und nun weiter, viel Erfolg :four_leaf_clover:

Vielleicht magst du ja hier ein Tagebuch eröffnen, da lässt es sich auch leichter quatschen, sammeln, schimpfen :adxs_white_flag: und was auch immer…

Es ist auch spannend, den eigenen Weg nachzulesen, gerade auch, was die Eindosierung angeht, falls du dich für die Unterstützung entscheidest.

Und das wiederfinden :adxs_crazy: einzelner Sachen ist einfacher, weil steht ja im Tagebuch.

Liebe Grüße :adxs_wink:

1 „Gefällt mir“

Problem: die Reha ist nicht wegen ADHS, keine Ahnung wieviel Ahnung die davon haben. Als ich die beantragt habe, hatte ich das noch gar nicht auf dem Schirm.

Ich versuche noch ein Rezept (Termin bei Psychiater) vorher zu bekommen, das wird aber knapp. Schade, weil die Wochen hätte ich schön eindosieren/ausprobieren können.

Tagebuch - weiß nicht so recht. Überlege ich mir.

Grüße

Ganz unabhängig davon, du wirst aber Zeit haben, deine einzigen Termine dort sind jegliche Anwendungen…

Vielleicht sprießen ja auch bereits so Ideen, für einen schonenderen, aber trotzdem produktiven Umgang mit dir & der Bürokratie…

War auch bloß eine Idee…

1 „Gefällt mir“

Hallo :raising_hand_woman:

ich (50) arbeite in einer Grundschule als Förderschullehrerin, Teilzeit, da mir sonst alles über den Kopf wächst.

ADHS wurde bei mir schon mehrfach in Therapien stark vermutet - aber ich bekam noch keinen Termin für eine Diagnostik. Da aber in der jüngeren Verwandtschaft zwei ADHS-diagnostizierte Kinder sind, und ich selbst viele typische Eigenschaften und Problemfelder bei mir beobachte (und zwar von klein auf), denke ich, dass das passt.

Im beruflichen Bereich fällt mir vor allem die Unterrichtsvorbereitung sehr schwer. Ich komme da vom Hölzchen aufs Stöckchen und kriege keine Struktur rein, schiebe alles ewig auf und kann mich kaum drauf konzentrieren, mich vorzubereiten. Finde zu nem Thema dann viel zu viel interessant - lese zu viel drumherum, finde zu viel Material oder kann gar nicht erst anfangen. Das ist sehr belastend. Immer die Angst, nicht rechtzeitig fertig zu werden. Weil ich auch den Druck brauche, dass ich am nächsten Tag das Material haben muss.

Das Unterrichten an sich, der Umgang mit den Kindern macht mir viel Spaß.
Wenn ich mittags nachhause komme, bin ich von den vielen Eindrücken und Reizen total fertig. Auch wenn ich gerne in der Schule bin und mir gerade dieser große Input auch gut tut - brauche dann erstmal ne Auszeit.

Ich habe mich auch schon häufig gefragt, ob es der richtige Beruf ist. Zumal ich aufgrund meiner immer wieder auftretenden schweren Depression immer wieder das Studium unterbrechen musste (wenn es denn eine Depression war und nicht eine Stressreaktion, weil ich das ADHS nicht mehr kompensieren konnte ). Auch im Berufsleben gab es immer wieder Zeiten, in denen es nicht mehr ging. Wollte auch mal den Beruf wechseln und habe in einer Reha-Maßnahme Praktika in anderen Berufen gemacht. Aber inzwischen weiß ich, dass ich meinen Beruf schon sehr mag. Bräuchte nur irgendwie mehr Struktur und Konzentration bei den Schreibtischarbeiten.

Soweit von meiner Seite.

Mirjam

2 „Gefällt mir“

Hallo zusammen,

auch ich bin Lehrerin, für Mathematik und Informatik an einem deutschen Gymnasium, seit 14 Jahren. Meine Diagnose (ADHS - unaufmerksamer Typ) habe ich seit Herbst 23.
Bis zur Geburt meiner Tochter hat das alles irgendwie in Vollzeit funktioniert, wenn auch zeitweise sehr chaotisch. Danach war durch die Zeit, die man dann zusätzlich mit Kind/Familie verbringen möchte, mein Puffer weg und es wurde immer schlimmer. Erst eine Mutter-Kind-Kur und das Gespräch mit anderen Betroffenen (vor allem eine Mama von zwei ADHS-Zwillingen, die über ihre Kinder zu ihrer eigenen Diagnose kam) hat mich auf die Spur ADHS gebracht.
Dann wurde mir schlagartig vieles klar.

Typisch ich:

  • immer alles auf den letzten Drücker
  • je unklarer und unüberschaubarer die Aufgabe, desto länger wird sie verschoben (trifft insbesondere auf Unterrichtsreihen zu, für die man sich mangels geeignetem Schulbuch das Material selbst zusammenstellen muss - in Informatik leider sehr oft der Fall)
  • Tagträumerei, wenn man eigentlich dafür keine Zeit hat
  • bei Vorbereitungen die Materialien 110%ig zu machen und dann fehlt die Zeit für anderes wichtiges - Perfektionismus lässt grüßen
  • beim Korrigieren/Noten machen/Finanzen machen: die erste halbe Stunde geht fürs einrichten/rumschrauben an der Tabellenkalkulation drauf (bedingte Formatierungen sind ja sooo hübsch :smiling_face_with_three_hearts:)
  • drei Unterrichtsplanungen parallel am Rechner offen, da einem gerade was zu der anderen Stunde eingefallen ist
  • Schultermine vergessen in den Kalender einzutragen… ein Tag vor der Gesamtkonferenz noch die Betreuung für den Nachwuchs organisieren müssen ist der Klassiker

Vieles ist seit der Einstellung auf MPH und vor allem auch durch Informationen über ADHS besser geworden, insbesondere habe ich dank einiger hilfreicher Internetseiten (auch dieser) einen großen Fundus an Life Hacks für ADHSler - für alles mögliche.

Ich bleibe selten lange bei einer Strategie, das hat mich früher an mir selbst sehr gestört (auch schon vor der Diagnose), aber inzwischen sehe ich das nicht mehr als Makel, sondern als Chance. Wenn etwas wirklich gut für mich funktioniert, dann bleibe ich dabei, ansonsten kann es weg und das ist ok so.

Im Prokrastinieren bzgl. Unterrichtsvorbereitung bin ich aber nach wie vor voll dabei :innocent:
Bin gespannt was hier noch für Erfahrungen auftauchen und freue mich auf einen Austausch.

LN

2 „Gefällt mir“

Da sagst du was wahres. Ich unterrichte ja nur Fächer, zu denen es keine/wenig Bücher gibt. (Kunst, Werken, Informationstechnologie an Realschule)

Für Informatik kann ich Bücher für Realschule empfehlen, wenn die Themen einigermaßen passen. Aber da habe ich auch immer das Problem, dass ich eigentlich zuviel Material habe und mir die Auswahl schwer fällt.

Und zum Thema Bewertung mit digitaler Unterstützung, das habe ich perfektioniert (bekloppt viel Aufwand, aber ich mags, weil es für die Schüler so transparent ist): für Werkstücke mache ich eine Excel-Tabelle mit Kriterien und Gewichtung (ohne VERWEIS, ich verrechne Einzelnoten prozentual). Und dann der Clou: mache in Word ein Seriendruck- Dokument und jeder Schüler bekommt einen A6-Ausdruck mit Einzelnoten und verbaler Bewertung…

Meine Dateiablage mit Unterrichtsvorbereitung ist uferlos, suche immer noch Struktur. Finde OneNote Klasse, da lege ich z.b. auch die Übungsdateien und Arbeitsblätter mit ab, Tafelbild usw.