Leicht OT: Soziale Phobie...

Lieber @gargamel,

genau diese beiden Dinge hängen eng zusammen. Die Arbeitsagentur kann dir nur dann effektiv helfen, wenn man dort deine Probleme kennt. Erst dann entwickeln die meisten Sachbearbeiter auch Verständnis. Aber dazu musst du dich öffnen und vertrauen, ansonsten wirst du nur wie ein 0815-Kunde gesehen und auch so behandelt, nämlich als jemand, der die Klappe zu halten und sich so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt einzufügen hat, ohne Rücksicht auf Verluste.

Anders als ein potentieller Arbeitgeber muss das Arbeitsamt dies sogar wissen und geht vertrauensvoll damit um. Du hast also nichts zu verlieren. Das einzige, was dir passieren kann, ist auf einen unfähigen oder unwilligen Sachbearbeiter zu treffen, aber auch so jemanden kannst du mit Kooperationswilligkeit und Engagement meistens auf deine Seite ziehen.
Du hast dann erstmal etwas Zeit, um dich zu sammeln und erhälst Bewerbungstraining und wirst meistens von deinem Berater auch etwas gecoacht, wenn es nicht sogar spezielle Kurse dafür gibt.

Aber das gibt es natürlich dort auch nicht umsonst, sondern du musst schon mit einer Strategie dort auftauchen und ihnen klar machen, dass du nicht für den 1. Arbeitsmarkt verbrannt werden willst. Das Problem ist nämlich, dass jeder Jobwechsel dich für potentielle Arbeitgeber unattraktiver macht. Häufige Jobwechsel führen nämlich dazu, dass jeder Personaler stutzig wird und deine Bewerbung gnadenlos im Fach „Kommt nicht in Frage“ landet und du erst gar keine Chance erhälst, in einem Gespräch den Grund für deine häufigen Wechsel klarzustellen.

Das bedeutet, du musst einen Job finden, der zu deinen Talenten und Fähigkeiten passt und dazu musst du diese kennen und benennen können. Und du musst deinem Sachbearbeiter signalisieren, dass du reflektiert bist und auch eigenverantwortlich nach solch einer Tätigkeit suchst. Einfach nur dort auftauchen und „ich kann aber nicht“ formulieren, macht den Sachbearbeiter nicht zu deinem Freund!

Wenn du Hilfe brauchst, kannst du mir gerne eine PN senden, denn ich habe mit meiner Strategie sehr gute Erfahrungen mit der Arbeitsagentur gemacht und habe durch meine Hartnäckigkeit und Geduld mit mir selbst zum Glück die Seiten gewechselt und bin jetzt Personalerin (übrigens mein Traumjob!)… muss also keine Bewerbungen mehr schreiben, sondern sie nur noch lesen und beurteilen… :wink: Ich weiß also wovon ich rede bzw. schreibe.

Liebe Grüße
Andromache

Vielleicht hätte das mit dem AA einen Extra Tread verdient. Mein Problem ist soziale Phobie, ein großer Teil meiner Probleme lässt sich darauf zurückführen.


Nein. Sag das blos nicht, sonst verpassen sie mir noch nen Bewerbungstraining :wink:
(Musste mal auf einschlägigen Seiten nachlesen…)
Meine Bewerbungen sind schon OK.


Wie gesagt, blos keine „Harzerbeschäftigungsmassnahmen“…

Das ist es ja, wovor ich Angst habe.

Ich habe schon mal überlegt, bei einer Vorstellung diese Probleme einfach offen anzusprechen.
Problematisch ist, das es so einfach keine Lösung gibt… Ich hatte bisher auch irgendwo unheimlich Glück, ich hatte immer Jobs, wo ich alleine arbeiten konnte. Das wird nicht immer gehen.

Die Bewerbung ist immer so ein Ding, was ich noch hinbekomme. Die Probleme kommen immer dann, wo man sich später in ein Team einfügen muss. Bisher hat mich auch z.B. niemand in Bewerbungsgesprächen nach Hobbys gefragt und somit nicht mitbekommen, das ich nirgends Mitglied bin. Ich gehöre also zu keiner Gemeinschaft und habe so gut wie keine Softskills die man damit verbinden würde. Ich bin kein Mannschaftskapitän :wink:

hier eben nicht off-topic: Mystery Of The Missing Million - YouTube , die Hikikomori in Japan, Japan und ADHS, eine in der Quantität unterschätzte Blackbox, würde ich mal sagen…

an der Threadersteller: handeln und raus… es muss ja nicht sofort alles besser weren, aber bei sozialer Phobie: raus aus dem Haus, runter nach Spanien mit Flixbus oder Auto… gut gegen Stagnation ist reisen… und da gitb es innerhalb von Europa viele Möglichkeiten, die allesamt realtiv preiswert umsetzbar sind…

Ich habe gesehen, das es durchaus Selbshilfegruppen gibt, das werde ich mal anpeilen. Zwar auch nicht wirklich in meiner Nähe aber alternativlos…
Das mit Psychotherapie ist denke ich gestorben. Als Kassenpatient - keine Chance. Nichtmal für das Eingangsgespräch.


Alles richtig. Meiner Erfahrung sagt mir aber, das ich da einfach nicht einklinke. Ich stehe in kürzester Zeit außerhalb und bin völlig unfähig, mich in Gruppen einzufügen geschweige denn mich zwanglos zu unterhalten.
Es geht einfach nicht.
Manchmal denke ich auch, das ich einfach nix zu sagen habe. Es gibt einfach nix zu sagen. Schwer zu beschreiben.

Den Hikkomori Artikel kenn ich schon. Ganz so schlimm ist es bei mir nicht, aber es gibt natürlich Parallelen. Ich bin auch erst spät bei meinen Eltern ausgezogen.
Aber wie studiert man denn, wenn man den Baföganspruch verdaddelt hat?
Die Miete wäre so teuer gewesen, da hätte ich Vollzeit arbeiten müssen.

[quote=gargamel post_id=1972 time=1578759910 user_id=476]


Wie gesagt, blos keine „Harzerbeschäftigungsmassnahmen“…

[quote]

Das was ich meine, sind keine Harzerbeschäftigungsmaßnahmen, sondern spezielle Förderprogramme (oft aus EU-Fördermitteln), für die man sich sogar extra bewerben muss und in die nur Arbeitssuchende aufgenommen werden, bei denen man ein großes Potential für einen Erfolg sieht. Diese Programme gibt es nicht immer, aber es lohnt, sich danach zu erkundigen.

Ja, das ist mir schon klar und genau deshalb solltest du dich deinem Sachbearbeiter anvertrauen und deine Problematik schildern, sonst erhälst du im schlimmsten Fall noch eine Sperre.

Gibts da einen googlebaren Fachbegriff?

Nein, leider nicht. Das sind Projekte, die zum Teil aus EU-Fördergeldern finanziert werden. Die gibt es auch nicht permanent, daher sollte man sich bei der Arbeitsagentur erkundigen.
Das Projekt, an dem ich teilgenommen habe, trug den Namen KORA (Kreativität•Orientierung•Aktivität) und war eines dieser durch die EU geförderten Projekte. Auch wenn diese Bezeichnung etwas seltsam anmutet, so war dies ein tolles Programm, das mir sehr geholfen hat.

Aber wie gesagt, es gibt beim Arbeitsamt spezielle Berater, die für Leute mit Vermittlungshemmnissen zuständig sind und die wissen über solche Programme Bescheid. Ich war damals vollkommen blockiert und konnte keine Bewerbungen schreiben. Das habe ich damals auch genauso kommuniziert und wurde daher an eine dieser speziell geschulten Beraterinnen weitergeleitet.

Wäre ich im normalen Vermittlungsprogramm geblieben, hätte ich ganz sicher irgendwann eine Sperre kassiert.

Hey, ich habe ehrlich gesagt nicht alle Beiträge gelesen. Hoffentlich schreib ich nicht ganz am Thema vorbei.

Jedenfalls hatte ich vor einigen Jahren aus einer Depression über die Zeit eine Sozialphobie entwickelt. Ich hatte es nicht gemerkt, weil es so langsam passierte. Ich bekam zunehmend Angst davor, mit unbekannten Menschen in Kontakt zu treten und von vielen Menschen umgeben zu sein. Schüchtern war ich schon immer aber das hat sich sehr gesteigert in der Zeit. Vor Menschengruppen reden war ein Ding der Unmöglichkeit und generell hatte ich Angst davor, (vermeintlich) im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Dauernd hatte ich das Gefühl, angestarrt und bewertet zu werden.

Als ich mich vor ca 2,5 Jahren in die vorgeschriebene Psychotherapie ging, um eine Hormonbehandlung starten zu dürfen, kam dieses Thema „nebenbei“ auf. Erst da wurde mir wirklich bewusst, wie sehr mich meine Angst eingeschränkt hatte. Die Gespräche mit meinem Therapeuten haben mir in der Hinsicht enorm geholfen. Er hat mich seelisch dabei Unterstützt, mir Herausforderungen zu suchen, die ich bewältigen konnte. Langsam haben wir dann das „Niveau“ der Aufgaben gesteigert. Er hat mich bei diesem Prozess sehr gut begleitet und heute kann ich Dinge tun, die ich niemals zuvor für Möglich gehalten hätte. Zum Beispiel Vorträge halten und dabei sogar manchmal Freude empfinden. Ja, aufgeregt bin ich vorher noch immer sehr. Aber das legt sich meist, wenn ich ein paar Minuten gesprochen habe. Und hinterher bin ich froh, einen weiteren Punkt auf meiner persönlichen „Erfolgsliste“ hinzufügen zu können. Das gibt wiederum Kraft und Zuversicht für zukünftige Unternehmungen. :slight_smile:

Was ich damit sagen möchte: Sozialphobie fühlt sich furchtbar an und man könnte glauben, niemals aus dieser Angst heraus kommen zu können. Aber tatsächlich ist sie gut therapierbar. Es kostet Mut, damit zu beginnen. Aber das ist es wert, wenn dafür gefühlt ein „neues Leben“ möglich wird.

Danke für den Tip Andromache. Ich werde das Thema beim ersten „Ich möchte mit ihnen über ihre aktuelle berufliche Situation besprechen“-Termin ansprechen.

Das ganze ist irgendwie blöde:
Fast alles Möglichkeiten die mir helfen könnten sind in jeden Fall nicht „mal eben kurz“ zu realisieren.
Nun möchte ich aber nicht ewig arbeitslos sein - man könnte natürlich provisorisch etwas anfangen - und der Lebenslauf wird imnmer länger.

Was ist nun schädlicher, Job-Hopping oder diverse Monate Arbeitslos?
Finanziell kein Problem, das ALG1 wäre hoch genug um damit nen schönen Sommer zu verleben, wenn ich es darauf anlege.

Aber ich würde garantiert irgendwann abstürzen, außerdem bewirbt es sich schlecht aus der Arbeitslosigkeit heraus.

Nein Schnuppi, Du bist voll On-Topic.
Danke für deine Antwort. Durchaus ermutigend. So einen Therapeuten hätt ich auch gerne, ich kriege blos keinen :wink:
Selbsthilfegruppen wäre vielleicht eine Möglichkeit, aber die sind alle so weit weg.
Wie gesagt, alles kein Problem solange man nur arbeitslos ist und beliebige Termine wahrnehmen kann…

Muß mich gerade mal ausheulen…
Termin bei Neurologen: Nein, Elvanse hält er nicht für sinnvoll, kann auch Ängste auslösen.
Probleme müßte Psychotherapeutisch angegangen werden. Nach 4min nächster Patient…

Nächster Tag Termin bei der Verhaltenstherapeutischen Zentrum:
Der Interviewer bestätigt meine Probleme, meint aber es könnte auch Asperger sein. Warum ich denn das MPH nicht nähme. Er hält mich so für gar nicht therapiefähig. Ich soll erstmal MPH dauerhaft und nicht wie bisher nur nach Bedarf nehmen. Davor graut mir…
Aber dann nächster Termin in 2 Wochen… Mit MPH Dauerdröhnung. Wenigsten ne gute Ausrede zum Alkoholfreien Leben. Kopfweh ist doch ein ziemlich überzeugendes Argument.

Wenn ich nichtmal Therapiefähig bin, wie soll ich dann Arbeiten… Naja gut, ALLEINE wäre es ja kein Problem… :wink:
Nächste Woche Arbeitsamt… mal gucken was da so geht. Vermutlich schickt der mich dann gleich zum psychologischen Dienst. Bin mal gespannt…

Hallo gargamel!


Ich denke, damit liegt der Therapeut grundsätzlich richtig.


Für beides wäre eine gute medikamentöse Einstellung sinnvoll. An deiner Stelle würde ich das MPH erstmal regelmäßig nehmen und gucken, was passiert. Wenn du damit nicht klarkommst und dir dein Neurologe (?) Elvanse nicht verschreibt, gäbe es ja immer noch die Möglichkeit, jemand anderen zu finden.

Beste Grüße!

Update:
nächste Woche Tagesklinik.

Ich dachte eigentlich das es Coronabedingt nicht so bald liefe - jetzt doch.
Ob ich jetzt jubeln soll kann ich natürlich nicht einschätzen.
Aber aus der Arbeitslosigkeit heraus kann ich das ganz locker angehen.

Ich werde hinterher mal berichten, was es mir gebracht hat.

Hey, das hört sich doch erstmal gut an :wink: Tagesklinik heißt, du gehst morgens hin und abends wieder heim vermutlich… sind die denn auf Adhs spezialisiert?

Sieh es doch einfach ganz unvoreingenommen als Chance… ob es noch Grund zum Jubeln gibt, kannst du eh erst hinterher beurteilen.


Ja, mach das gerne… Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen, das es dich weiterbringt :slight_smile:

Liebe Grüße

So, die ersten dreieinhalb Wochen sind rum.

Vom Arbeitsamt kam gar nix mehr, seit ich dem Psychologischen Dienst die Problematik erläutert habe.
Das machen die jetzt als Telefondienst, Coronabedingt.

Ich muß da leider anderthalb Stunden hinfahren. Ging nicht anders.

Das ganze ist eher nicht ADHS mässig ausgerichtet, es geht jetzt erstmal um soziale Unsicherheit.
ADHS-mässig kann man eh nix machen.

Die Mitpatienten haben alle möglichen „Macken“, Angststörungen ,traumabedingte Probleme, Depression & Burnout usw.
Menschlich kann man eine Menge lernen.
Extrem viel weiter bin ich mit meinen Problemen noch nicht gekommen, aber ich arbeite dran, es werden wohl 6 Wochen, so wie ich das mitbekommen habe ist das ein typischer Wert. Darüber scheinen die Krankenkassen Druck zu machen…

Viele Leute machen das nicht zum ersten Mal und sind von der ganzen Geschichte sehr angetan. Die Stimmung ist schwer zu beschreiben, wie in Watte gepackt, irgendwann wirds natürlich unangenehm, es gibt Leute die dann einfach mal zusammenbrechen.

Was mir noch aufgefallen ist:
die meisten Leute sind in relativ soliden Arbeitsverhältnissen (die aber natürlich oft Teil des Problems sind). Einige wenige sind beim Amt, so wie ich.
In Prekärer Beschäftigung, Leiharbeit ect. könnte man sich so eine Krankschreibung wohl auch nicht leisten, das ist jedenfalls meine Interpretation.