Leitlinien Diagnostik und Eindosierung

Guten Morgen,

eine Frage, die mich seit geraumer Zeit beschäftigt, aber auf die ich noch nicht wirklich eine Antwort gefunden habe, ist die,
gibt es einen Standart für die Diagnostik und die Eindosierung?
Welche Testung ist unabdingbar und woran erkennt man den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Diagnostik?
Ist die Eindosierung Ermessenssache der Ärzte oder gibt es da klare Vorgaben?

Lg

Karl

Es gibt die Leitlinien dafür. Vor allem ab Seite 38 kannst du das nachlesen.

Viele Ärzte halten sich allerdings nicht daran. Das ist ähnlich auch bei anderen Erkrankungen.

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Die Leitlinien kenn ich natürlich. Und auch, dass sich wohl die meisten Ärzte nicht wirklich dran halten. Also schwierig ruaszufinden, ob eine Diagnostik gründlich war oder nicht.
Vermute mal, dass hier auch ein Großteil nicht nach Leitlinien diagnostiziert wurde.
Daher meine Frage.
Wenn die Diagnose einemal steht, dann wird diese ja auch nicht mehr nachgeprüft oder in Frage gestellt.
Wenn ich jetzt z. B. noch vor der offiziellen Diagnose von der Ärztin Medikinet auf Privatrezept bekomme und zwar in einer Anfangsdosierung von 2x 30mg, ist das dann einfach nur ungewöhnlich oder sollte einen das an der kompletten Diagnostik zweifeln lassen?

Das ist absolut unüblich. Vor der Diagnostik bekommt man normalerweise keine Stimulanzien.

Vor allem fängt man nie mit 30 mg mph an. Bist du dir sicher, dass du da nichts verwechselst?

Das muss man langsam eindosieren.

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Es kommt schon vor, das Psychiater einen ‚Medikamenten-Test‘ in der Diagnostik einbauen, um eine Verdachtsdiagnose dadurch evtl zu festigen… üblich, ist das aber nicht und da viele Patienten nicht direkt auf das erste Medikament gut anschlagen, der Sinn dahinter mMn auch fraglich… diesen Test sofort mit 2x30mg Mph zu machen, ist allerdings grob Fahrlässig!!

Über die Qualität der Diagnosestellung, können wir hier nichts sagen, da wir nicht dabei waren. Wenn der Arzt aber offensichtlich noch nichts von der Titrationsmethode zur Eindosierung von Mph gehört hat, wirft das zumindest Fragen auf…

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Warum die ärztliche Versorgung für erwachsene ADHS Patienten in Deutschland so schlecht ist:

  1. Die meisten heute praktizierenden Fachärzte haben in ihrer Ausbildung nie etwas von ADHS gehört.

  2. Die aufwändige Diagnostik, sowie die Behandlung „lohnen“ sich nicht, bzw werden von den Kostenträgern nicht wirklich finanziert!

Psychiater haben meist nicht mehr als 25 € pro Quartal und Patient. Mit dieser Entlohnung ist keine umfangreiche Diagnostik möglich, ebenso wenig wie eine individualisierte medikamentöse Einstellung mit Begleittherapie.

Quelle: ADHS-München - Dr. med. Astrid Neuy-Lobkowicz

https://adhs-muenchen.net/adhs-bei-erwachsenen/versorgungssituation/

Insgesamt ist mir immer wieder aufgefallen, dass es besonders in der Psychiatrie natürlich immer wieder zu Fehldiagnosen kommt, bzw auch gar keine gute Differenzialdiagnostik gemacht wird.

In Bezug auf ADHS bei Erwachsenen wird insgesamt zu wenig diagnostiziert.

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Die Erstdosierung waren 2x 30mg Medikinet retard auf Privatrezept. Liegt auch hier gerade vor mir. Als die Diagnose dann offiziell war, gab’s die halt auf Kassenrezept.
Die Gespräche dauerten so 2x 5-10 min., die Testbögen wurden dann bei einem anderen Psychiater durchgeführt. Dort fand sonst nix mehr statt.
Die Dosis wurde innerhalb weniger Wochen auf 3x30mg Medikinet ärztlich gesteigert. Bzw. einfach noch ne 30iger dazu am Tag.

Wie geht es dir mit den 30 mg?

Wie viele Stunden wirkt eine Einzeldosis?

Die Tageshöchstdosis liegt übrigens bei 80mg/ d.

Das eine „sorgfältige Dosistitration“ erforderlich ist, steht ja auch in der Fachinfo.

Meinst mit den insgesamt 90mg?
Da ich nicht betroffen bin, sondern ein Angehöriger kann ich dir nur sagen, dass diese Dosierung psychotische Symptome hervorgerufen hat. Danach wurde die Dosis auf 2x20mg, dann wieder auf 2x30mg gesetzt.
Damit ging es aber auch nicht besser, lediglich die psychotischen Symptome waren nicht so ausgeprägt.
Mittlerweile wurde eine Ptbs diagnostiziert mit der Vermutung, dass die ADHS Diagnose falsch war und Medikinet die Ptbs Symptome verschlimmert hat.

Hat dein Angehöriger denn von der Einnahme des Medikinet profitiert?

Er fühlte sich wacher, eher wie angeknipst. Kannst nicht so gut beschreiben. Nachdem er das Medikinet abgesetzt hat, habe ich ehrlich gesagt, keine signifikante ADHS Symptomatik beobachtet. Da ja Menschen mit Ptbs auch mit Impulskontrollstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Aufmerksamkeit Probleme haben, würde das wohl als ADHS gedeutet.

Das wundert ja auch nicht.
Ohne Eindosierung von 0 auf 3 x 30 mg heisst, der Arzt nimmt das Risiko psychotischer Symptome billigend in Kauf.
Das deutsche Strafrecht subsumiert das unter bedingten Vorsatz (hier: für die daraus folgende Körperverletzung). Klarer kann ich es nicht formulieren.

Bitte trage den Arzt hier ein und kommentiere seine Vorgehensweise, damit andere Betroffene gewarnt sind:

Danke !

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Hab ich direkt gemacht.

Naja, die psychotischen Symptome wurden ja direkt nach einem kurzen Gespräch als Schizophrenie von der Ärztin als gesichert diagnostiziert.

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Zur Information: Behandlungsfehler verjähren in Deutschland nach drei Jahren.

Es ist nicht einfach mit der Differenzialdiagnostik.
Man kann auch ADHS UND Persönlichkeitsstörungen haben. ADHSler können Traumafolgestörungen haben.
Es gibt Fehldiagnosen, da die Symptome teils ähnlich sind und die Diagnostik mitunter sehr schlecht ist.

Es gibt Psychosen induziert durch Stimulanzien. Bei Elvanse ist die Gefahr größer als bei mph - trotzdem möglich.

Es kann gleichzeitig eine Schizophrenie und ADHS auftreten.

ADHS tritt allerdings nicht erst im Erwachsenenalter auf. Schon gar nicht plötzlich.

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Mittlerweile ist uns das auch alles bewusst. Leider wurde selbst nach der Psychose nicht mehr geschaut und auch die Medikamente weiter verschrieben. Den Zustand kann man sich ja vorstellen. Von Komorbiditäten und Co. haben wir auch erst selbst herausgefinden müssen. Leider findet sich kaum ein Arzt, der bei einer diagnostizierten Schizophrenie das alles in Frage stellt und nochmal unvoreingenommen hinschaut bzw. ist das Vertrauen in die Ärzte stark erschüttert. Zumal in der Psychose auch Suizidversuch, Zwangseinweisung stattfand.
Allgemein gesagt, ist der Zustand schlimmer als vor der ADHS Diagnose.

Welche Medikamente nimmt er denn jetzt überhaupt? Immer noch Stimulanzien?

Ist er selbst nicht in der Lage sich damit zu beschäftigen?

Im Moment nimmt er keine Medikamente, Medikinet hat er selbstständig abgesetzt, was die Ärzte nicht verstanden haben.
Leider ist die Situation gerade so, dass durch das hochkommen alter Traumata eine Auseinandersetzung mit der ganzen ADHS Thematik schwierig ist.
Ausserdem würde ich als Angehörige auch gerne mehr Infos bekommen, einmal um einfach zu wissen, ob und was da falsch gelaufen sein könnte und wie man damit am besten umgeht.

Vielleicht wäre ein Aufenthalt in einer Traumaklinik eine Möglichkeit?

Welche Symptome stehen denn jetzt im Vordergrund?

Sowohl bei PTBS als auch bei Persönlichkeitsstörungen ist eigentlich die Psychotherapie am wichtigsten.

Auch bei ADHS am wirksamsten (unter den Psychotherapien) gilt ein „Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual unter Einbezug von DBT-Therapieprinzipien“

Psychotherapeuten machen auch Diagnostik. Vielleicht mal einen Verhaltenstherapeuten suchen der sich sowohl mit ADHS als auch mit Persönlichkeitsstörungen auskennt?

Eine Traumatherapie ist der nächste Schritt.
Da ja die ganze Zeit die Diagnose Schizophrenie bestand, war leider an Diffenzialdiagose schwer anzukommen. Zumindest wollte da keiner ran.
Symptome sind halt Ptbs typisch, allerdings überschneiden die sich teilweise mit denen einer ADHS, daher war das auch schwierig. Im Grunde genommen, muss jetzt alles nochmal auf den Prüfstand und unvoreingenommen geschaut werden. Aber das dauert leider sehr lange.

Aber eine Wahnsymptomatik gibt es nicht?