Lisdexamfetamin und Schlaf

Hallo, ich bin gerade ziemlich ratlos bzgl. meiner Schlaflosigkeit. Ich kann trotz starker Müdigkeit abends immer schlechter einschlafen. Teilweise schlafe ich erst gegen 5 Uhr morgens ein. Nächte mit 2-4 Stunden Schlaf werden immer mehr zur Regel als zur Ausnahme. Dementsprechend erschöpft bin ich tagsüber.

tldr;
Hat hier jemand Erfahrung mit Schlafstörungen als Nebenwirkung von Lisdexamfetamin/Elvanse? Und kann es sein, dass solche Nebenwirkungen erst nach mehreren Wochen und dosisunabhängig auftreten können? Oder macht es Sinn, da eher nach anderen Ursachen zu schauen?


Lange Version:

Leichte Einschlafprobleme bestehen schon länger, aber in den letzten Wochen hat sich das nochmal extrem verschärft.

Ich bin mit ADHS spätdiagnostiziert und nehme seit 3 Monaten Lisdexamfetamin von ratiopharm, erst 15mg, dann 30mg, mittlerweile 50mg. Das Medikament wirkt gut und ich hatte bisher auch keine Nebenwirkungen. Konnte die ersten Wochen auch gut damit schlafen (zumindest nicht schlechter als vorher).

Als die Einschlafprobleme stärker wurden, habe ich es mit Melatoninspray versucht. Das schien auch die ersten Nächte zu helfen, allerdings blieb die (vermeintliche) Wirkung nacht ein paar Tagen schon wieder aus. Das gleiche bei einem Präparat mit Passionsblume. Erst scheinbar super, dann wirkungslos.

Seit zwei Wochen nehme ich jetzt abends noch Agomelatin. Das hatte ich vor zwei Jahren schon mal wegen Depression und Schlafproblemem bekommen. Damals hatte es mir super geholfen. Jetzt kein Effekt.

Ich hatte dann irgendwann den Verdacht, dass es vielleicht doch am Lisdexamfetamin liegen könnte. Habe dann ein paar Tage nur die halbe Dosis (also 25mg) genommen und darauf geachtet, sie möglichst früh morgens zu nehmen. Keine Veränderung. Dann habe ich die ein paar Tage ganz weggelassen. Die ersten Tage kein Unterschied, dann nach 5 Tagen konnte ich mal besser einschlafen. Vielleicht war ich zu dem Zeitpunkt aber auch einfach so übermüdet, dass es deswegen mit dem Einschlafen geklappt hat.

Da ich die Wirkung tagsüber aber eigentlich schon behalten würde, habe ich vorhestern wieder eine 25mg genommen. Zack, wieder wach bis 5 Uhr. Gestern wollte ich dann mal was ganz anderes versuchen und habe 25mg um 8 Uhr eingenommen und noch mal 25mg um 13 Uhr. Nachmittags habe ich dann auch noch einen Kaffee getrunken, was uch sonst nicht mache. Ich dachte, entweder es klappt jetzt mit dem Schlafen oder ich liege die ganze Nacht wach. Naja, weder noch. Konnte zwar schlecht einschlafen, aber gegen 3 Uhr hat es dann doch geklappt.

Ich frage mich jetzt, sollte ich das Lisdexamfetamin ganz absetzen oder mal konsequent mit gleichbleibender Dosis weiter nehmen? Kann es überhaupt sein, dass diese Schlaflosigkeit als Nebenwirkung erst nach mehreren Wochen eintritt?

Ein anderer Verdächtiger wäre die Perimenopause. Aber da muss ich jetzt erst mal einen Hormonstatus machen lassen. Und dann mal schauen, ob ich meine Gynäkologin überzeugen kann, mir Hormone zu verschreiben obwohl ich keine Hitzewallungen habe (ist wohl die einzige offizielle Indikation für Hormonersatztherapie in der Perimenopause).

Hallo liebe Late_Bloomer,

ich weiss nicht, ob ich wirklich hilfreiche Tips parat habe, aber versuche es trotzdem einfach mal.

Ich selber nehme seit ca 5 Wochen Lisdexamfetamin, mittlerweile (seit heute ) 60 mg. Ich hatte vorher schon teils extreme Schlafprobleme. Früher Ein- und Durchschlafprobleme, in der letzten Zeit eher Einschlafprobleme. Wachliegen bis 4 Uhr morgens kenne ich auch.
Seit Elvanse schlafe ich aber eigentlich wesentlich besser. Je nach Dosissteigerung sind immer mal wieder 2-3 schlechte Nächte dabei, aber insgesamt schlafe ich ganz gut.
Schlafstörungen unter der Therapie sind ja bekannt, können wohl auch erst nach einiger Zeit auftreten. Ich bin gespannt…

In der Perimenopause gehören Schlafstörungen quasi zum Standardrepertoire, oft auch bereits vor allen anderen Wechseljahressymptomen, da dder Progesteronspiegel der ja u.a. schlaffördernde, entspannende Wirkung hat, bereits einige Jahre vor der eigentlichen Menopause sinkt.
Zusätzlich kann es in dieser Lebensphase auch jede Menge andere Gründe für Schlafstörungen geben; (z.B. Auszug der Kinder, erste Krankheiten/Schmerzen, das Alter macht sich bemerkbar, Frage nach dem Lebenssinn etc.) Da kommt halt oft einiges zusammen.
Die körpereigene Melatoninproduktion sinkt auch.

Bzgl. Melatonin: hast du nur das Spray genommen oder auch mal Retardtabletten probiert? Bei dem Spray hatte ich immer den Eindruck dass zwar für vieleicht 30 Minuten ein Efffekt zu spüren war aber wenn man es nicht schafft, in dieser Zeit einzuschlafen, war es das dann auch schon. Melatonin retard (Standarddosis 2 mg 1 Std vor dem Schlafengehen) wirkt länger und kann von der Dosis auch noch mehrfach geteigert werdn .
Würde ich als ersten Schritt versuchen.

Bzgl. Perimenopause: da könnte ein Gespräch mit der Frauenärztin unbedingt sinnvoll sein, aber die klassische Hormonersatztherapie wird tatsächlich eher bei starken Hitzewallungen empfohlen. einzelne andere Symptome sollen eher anders behandelt werden.
Aber auch da gibt es einen Ermessensspielraum, Off-Label-Therapien etc.
Es gibt Frauenärzte -und auch Hausärzte oder Heilpraktiker- die sich mit bioidentischen Hormontherapien beschäftigen, da wird der Hormonstatus mittels Speicheltest bestimmt und genau passend -meist sehr niedrig dosiert- die fehlenden Hormone gegeben. Incl. Testosteron.
Aber: diese Tests sind nicht wirklich wissenschaftlich validiert und Hormontests generell - besonders in der Perimenopause- immer mit vorsicht zu geniessen, da die Hormonspiegel in der Zeit starken Schwankungenn unterliegen und die Ergebnisse in 2 Wochen ganz anders aussehen könnten.

So das war jetzt viel auf einmal, hoffe es ist einigermaßen verständlich und vielleicht sogar etwas hilfreich, um die Situation besser einzuordnen.

Ganz viele liebe Grüße.

Vielen Dank, liebe @Nicky !

Das mit der Perimenopause ist aktuell ein starker Kandidat. Da werde ich auf jeden Fsll dranbleiben.

Das mit dem Melatonin finde ich aber auch interessant. Habe bisher nur das Spray versucht. Aber was du beschreibst, passt zu meinen Erfahrungen. Habe den Eindruck, es macht mich schon etwas schläfrig, aber wenn ich nicht schnell genug einschlafe, ist die Wirkung schon wieder vorbei.

Hi @Late_Bloomer und herzlich willkommen! :adxs_wink:

Ich nehme Elvanse jetzt ca. 1 Jahr. Am Anfang hatte ich auch mit Schlafproblemen zu kämpfen. Das wurde mit der Zeit besser. Dann ging es wieder los. Lag aber nicht an Elvanse, sondern an Depressionen. Vielleicht auch mal in die Richtung überlegen, ob da was sein könnte.

Die Perimenopause sorgt bei mir seit Jahren für Schlafstörungen. Mal mehr, mal weniger. Da ich keine Hormone nehmen kann, habe ich mich durch die pflanzlichen Präparate getestet. Ist vielleicht auch einen Versuch wert. Mönchspfeffer kann den Zyklus stabilisieren, Traubensilberkerze und sibirischer Rhabarber wirken östrogenartig, Yamswurzel gestagenartig. Kann alles auch gegen die Schlafprobleme helfen, wenn die wechseljahresbedingt sind.

Aber bitte vorher mit dem Arzt besprechen und evl. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten prüfen. Wichtig ist bei allen Präparaten, dass es bis zu 3 Monate dauern kann, bis sie wirken und dass man sie in ausreichender Dosierung nehmen muss. Die Präparate in den Drogeriemärkten sind meist viel zu niedrig dosiert und wirken deswegen nicht.

Melatonin hilft mir gut beim Einschlafen, müssen aber mindestens 2 mg sein (ich nehme kleine Tabletten). Wenn ich dann nachts nochmal aufwache und nicht wieder einschlafen kann, nehme ich auch mal noch eine zweite hinterher.

Hi @Late_Bloomer,

mir geht es ganz ähnlich, ich nehme seit 2 Monaten Elvanse, seit ca 1,5 Monaten von 20 auf 30 mg hoch, ich spüre eine mittelmäßige wirkung, absolut nicht perfekt, aber hochgehen ist grad auch absolut nicht drin, weil ich ständig die Nacht durchmache. Nun liege ich seit 6,5h in Bett und Schlaf ist nicht in Sicht, immer wieder herzrasen und spüre den Herzschlag ganz stark.

Ich werde nun Montag dem Psychiater Bescheid sagen, dass ich da keine Lust mehr drauf habe.

Ich bin 32, also perimenopause wird es bei mir nicht sein…

Lg und viel Erfolg dir!

Ja, anscheinend kommt bei dir grad vieles zusammen was den Schlaf beeinträchtigen kann. Im Umkehrschluss hast du dadurch aber auch mehrere Stellschrauben, an denen du drehen kannst.
:upside_down_face:
Von Elvanse habe ich auch schon gehört, dass Schlafprobleme auch erst nach einiger Zeit auftreten können. Manche versuchen, den Abbau von Elvanse abends zu beschleunigen mit Substanzen, die den Urin ansäuern, z.B. Ascorbinsäure, also Vit. C,
Da hab ich aber gar keine Erfahrung mit, zu welcher Zeit und in welcher Dosierung und ob überhaupt das sinn macht.
Und weiss leider auch nicht mehr, wo hier im Forum ich das gelesen habe :thinking:

Liebe Grüße nochmal und alles Gute, dass du bald besser schläfst.

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Danke euch allen für eure Antworten! Kurzer Zwischenstand:

Letzte Woche hatte ich Urlaub und habe das Lisdexamfetamin ganz weggelassen. Abends habe ich weiterhin eine Agomelatin genommen, eine halbe Stunde vorm Schlafengehen eine Tablette Lioran (Passionsblume) und direkt vorm Schlafengehen 2mg Melatonin als Spray (retard habe ich noch nicht versucht). Nach ein paar Tagen konnte ich wieder gut schlafen.

Jetzt nehme ich seit 3 Tagen morgens 15mg Lisdexamfetamin (statt 50mg). Den Rest habe ich erst mal so beibehalten. Ist von der Wirkung noch nicht genug, Schlaf wird wieder etwas schlechter, aber noch akzeptabel. Da ich mich aber auch gerade in der (vermutlich) letzten Zykluswoche befinde, versuche ich mal erst mal abzuwarten und zu beobachten, wie es weitergeht.

Die Passionsblume ist ein relativ starker MAO-A-Hemmer und sollte nicht in hohen Konzentrationen in Kombination mit LDX eingenommen werden!

Passionsblume blockiert das Enzym MAO-A, das normalerweise überschüssiges Noradrenalin, Dopamin und Serotonin abbaut. Lisdexamfetamin (LDX) setzt Amphetamin frei, das diese Botenstoffe zusätzlich in großen Mengen freisetzt. Wenn du beides kombinierst, stauen sich die Stoffe im Körper an, ohne dass das Sicherheitssystem (MAO-A) eingreifen kann. Das kann schlagartig zu extrem hohem Blutdruck, Herzrasen, Krampfanfällen oder einem lebensgefährlichen Serotonin-Syndrom führen. Deshalb warnen die Fachinformationen von LDX ausdrücklich vor jeder Form von MAO-Hemmern, auch pflanzlichen. Halte mindestens 14 Tage Abstand oder lass die Kombination ganz bleiben; bei plötzlichen Kopfschmerzen, heftigem Herzklopfen oder Verwirrtheit sofort den Notruf wählen.

(die Zusammenfassung ist von ChatGPT Pro)

@Late_Bloomer Bitte lesen!

Sehr interessant! Danke für den Hinweis, @Abo44! Ich habe mal etwas recherchiert und widersprüchliche Aussagen zu dem Thema gefunden. Wenn tatsächlich eine Wirkung ähnlich der von MAO-Hemmern beschriebenen wurde, trat diese aber anscheinend bei sehr hohen Dosen auf - um ein Vielfaches höher, als das, was ich eingenommen habe.

Da ich aber keine konkreten Studien finden konnte, habe ich auch mal ChatGPT befragt und folgende Antworten bekommen:

  • Passionsblume ist kein MAO-Hemmer im pharmakologischen Sinne
  • Sie hat eine milde, beruhigende Wirkung, wahrscheinlich über GABA und möglicherweise minimale MAO-Hemmung
  • Keine relevante Gefahr von Wechselwirkungen wie bei echten MAO-Hemmern

Aktueller Stand der Wissenschaft:

  1. Keine überzeugenden Belege für MAO-hemmende Wirkung in Passionsblume beim Menschen

Es gibt derzeit keine hochwertigen klinischen Studien, die eindeutig nachweisen, dass die Passionsblume beim Menschen eine relevante MAO-Hemmung verursacht.

  1. In-vitro-Untersuchungen: Hinweise, aber nicht übertragbar

Einige in-vitro-Studien (Laborexperimente mit Zellkulturen oder Enzymen) haben gezeigt, dass bestimmte Inhaltsstoffe aus Passionsblume (z. B. Flavonoide wie Chrysin oder Isovitexin) eine geringe MAO-Hemmung zeigen könnten, jedoch in Konzentrationen, die im menschlichen Körper vermutlich nicht erreicht werden. Beispiel:

Herraiz & Guillén (2001) untersuchten verschiedene Pflanzenextrakte auf MAO-Hemmung und fanden minimale Effekte bei einigen Flavonoiden. Die klinische Relevanz ist jedoch nicht belegt.

  1. Passiflora in der Phytotherapie: Keine MAO-Hemmer-Warnung

Die ESCOP, die Kommission E des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie die EMA (European Medicines Agency) führen Passionsblume als beruhigendes pflanzliches Mittel, aber nicht als MAO-Hemmer. Auch in der pharmazeutischen Monografie der EMA (2014) zur Passiflora incarnata wird keine MAO-Hemmung erwähnt – weder als Wirkung noch als Risiko.

  1. Keine dokumentierten klinischen MAOI-Wechselwirkungen

Bisher gibt es keine dokumentierten Fälle von Wechselwirkungen, die typisch für MAO-Hemmer wären (z. B. hypertensive Krise durch Tyramin-haltige Lebensmittel), bei Patienten, die Passionsblume einnehmen.

Und zu Wechselwirkungen mit Lisdexamfetamin:

Es sind keine spezifischen Wechselwirkungen zwischen Passionsblumen­extrakt (Passiflora incarnata) und Lisdexamfetamin (z. B. Vyvanse®) bekannt – laut professionellen Wechselwirkungsquellen besteht keine dokumentierte Interaktion

Hallo @slayclay, darf ich mal fragen, wie es dir in der Zwischenzeit geht? Nimmst du noch Elvanse?