Maladaptives Tagträumen seit Kindheit

Hi, zusammen!

Ich wurde kürzlich mit ADHS diagnostiziert im Alter von 20. Bereits in meiner (frühen) Kindheit hatte ich u.a. extrem stark mit Tagträumerei zu kämpfen.

Damals waren es bei mir stundenlange Selbstgespräche über alles mögliche. Diese haben ja auch „neurotypische“ Menschen, z.B. beim Duschen oder wenn sie nicht einschlafen können. Bei mir hat es jedoch damals dazu geführt, dass ich ungelogen stundenlang auf Toilette saß und das ohne Handy oder anderes Ablenkungsmedium.

Dieses Problem habe ich 1:1 bis heute, nur, dass es eben noch intensiver und es weniger fiktiv ist, also z.B. das Ausfertigen eines detaillierten Planes oder eines neuen Projektes, eine Idee für ein Start-Up, reale politische Themen, ethische Dilemmata usw.

Es hindert mich eigentlich nur am Lernen (für die Uni) und Insbettgehen und zwar so massiv, dass einfach gar nichts mehr geht. Was mir bis jetzt half, waren Entspannungstechniken und Spazieren an der frischen Luft, jedoch fängt es kurz danach wieder an, bzw. ich mache es unkontrolliert, weil mir Tagträumen und Philosophieren einfach Spaß macht.

Seit ein paar Tagen nehme ich Medikinet adult 10mg jeden Morgen, spüre aber absolut keine (Neben-)Wirkung, weswegen ich meine Ärztin per Mail gebeten habe, mir 20mg pro Tag zu erlauben. Mal sehen, ob es bei mir anschlägt oder ob ich Non-Responder bin.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen? Wenn ja, wie sehr beeinträchtigt es euren Alltag und wie geht ihr damit um?

Schöne Grüße

Also erstmal, bevor du hier Höher gehst - hat dir deine Ärztin nicht erklärt dass die Eindosierung dauert? Du wirst Wochen, monatelang noch mit der Eindosierung zu kämpfen haben. Dein Körper muss sich erstmal daran gewöhnen, du wirst Nebenwirkungen bekommen, die aber nach 2,3 Monaten auch wieder weggehen (können). Oder du musst das Medikament wechseln. Die Eindosierung ist ein Marathon, kein Sprint. Erst nach einem Monat (!) kannst du ein Fazit ziehen, ob es dir was taugt oder nicht, ob du wechseln willst, wie viel mg du wahrscheinlich brauchst usw.
Die meisten erhöhen wöchentlich um 5-10mg in der Eindosierungsphase. Also chill mal bisschen, warte ab, nach 7 Tagen gehst du auf 20, dann auf 30, dann auf 40, 50, wenn du merkst du bist drüber dann wieder ne Woche runter usw. Ich hab jetzt knapp 3 Monate an meiner Dosis getüftelt, erst Medikinet, dann Elvanse.

Ja same same, und auch mit Medikament wurde es nicht besser. Ich mag es immer noch und tue es täglich :grin: Ist für mich einfach eine nette Ablenkung zwischendurch, manchmal wenn ich die Zeit habe lasse ich es zu und schweife ab, wenn ich dafür keine Zeit habe arbeite ich weiter und dränge die Träumerei weg. Gelingt mit Medikament auf jeden Fall besser als ohne. Ganz verschwinden wird es ziemlich sicher nicht, darauf musst du dich einstellen. Die Medikamente Lösen keins deiner Probleme, sie helfen dir nur, sie besser zu bewältigen (im Idealfall) :wink:

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Also das mit der Eindosierung ist mir bewusst, insbesondere, dass man wöchentlich stufenweise die Dosis erhöht und die Symptome beobachtet. Ich habe meiner Ärztin jetzt schonmal geschrieben, da seit 4 Tagen nichts passiert ist und es immer etwas dauert, bis man ne Antwort bekommt, sodass ich rechtzeitig am Wochenende mit der Dosis etwas hochgehen kann (15-20mg). 50% wird ja sofort freigesetzt und der Rest extrem langsam. Mit meinen aktuellen 10mg und mit meinem Metabolismus wirken die 5mg am Anfang halt nicht mal so stimulierend wie ein Espresso. Und ja, ich bin bereit, in den kommenden Monaten auf andere MPH-Präparate, Atomoxetin und ggf. LDX zu wechseln, wenn Medikinet adult auch bei höherer Dosierung nicht oder kaum funktioniert.

Ich erhoffe mir, einfach weniger mit den Zähnen zu knirschen, weniger mit dem Bart zu spielen, mich länger auf etwas zu konzentrieren, mich weniger auf unwichtige Dinge zu hyperfixieren und stattdessen eher auf die Dinge, die auf meiner Todo-Liste stehen und eben dass dieses Tagträumen weniger wird. Ich muss definitiv öfter meditieren und mache seit einer Woche öfter Sport. Ich stehe schon auf etliche Wartelisten für PT und die meisten können die ADHS nicht speziell behandeln. So wird mein ADHS zwar nicht weg gehen, ich hoffe jedoch, dass ich mein Leben ein bisschen in den Griff bekomme, weil aktuell geht halt gar nichts…

Wurde bei mir nicht besser, ich brauche nach wie vor meine Zahnschiene nachts und merke auch Tagsüber, wie ich meine Zähne aufeinanderpresse. Muss meinen Kiefer dann aktiv entspannen, wenn es mir auffällt.

Hab keinen Bart aber lange Haare und an denen spiele ich nach wie vor auch rum, bzw bei mir ist es eher so dass ich mich viel am Kopf kratze oder am Nagelbett/ Lippe zupfe (Stichwort überstimuliert → Stressabbau), das einzige was mir Hilft sind Stiming Tools wie ein Anti-Stress-Ball, ein Fidget Spinner, ein spezieller Ring mit kleinen Kügelchen, irgendwas, wo ich motorische Reize abbauen kann. Also eben nicht an mir selber ziehen/zpfen/kratzen sondern dafür den Ball nutzen :sweat_smile: kann ich nur empfehlen.

HA :joy: keine Sorge ich lache dich nicht aus, ich wünsche dir dass es klappt, aber leider kenne ich (und die ADHSler aus meiner Selbsthilfegruppe) nur das Gegenteil :joy: mit Medikamenten fixierst du dich erst recht und viel härter auf jeden Sch*iß :smiling_imp: und es ist - für mich- sehr viel anstrengender davon loszukommen :sweat_smile: nennt sich Paralyse. Ich sitze manchmal 2 Stunden paralysiert am Handy auf dem Sofa und weiß, ich muss jetzt xy machen, aber ich kann nicht mal mit all meiner Willenskraft das Handy weglegen, es geht nicht. Ohne Medikamente hatte ich solche Paralysen nicht :thinking:

Joa, das liest man hier im Forum regelmäßig…ob das wirklich umgesetzt wird…also ich nehme mir das seit zwei Jahren vor… :joy:

Das ist das einzige, dass ich seit den Medikamenten wirklich durchziehe, 2-4x die Woche gehe ich trainieren :person_cartwheeling:t2: und habe auch meine Ernährung entsprechend umgestellt.

Nochmal zur To-Do-Liste: Das Problem bleibt ja auch mit Medikamenten dasselbe - man muss sich todes überwinden, mit dem schei* erstmal anzufangen. Daran ändert auch Medikinet nichts. Du wirst nicht motivierter. Du kannst dicht lediglich besser konzentrieren, wenn du es mal geschafft hast, anzufangen. Prokrastinieren wirst du weiterhin fleißig :woman_shrugging:t2: mit wichtigen Sachen kann ich frühestens nach 2-4 Wochen anfangen (Lernen für Uni zb) so lange brauche ich Zeit, bis ich mich dazu aufraffen kann, mal irgendwie anzufangen… Body Doubling kann da helfen, also mit anderen zusammen etwas anfangen. Kann man auch super über zoom machen oder so. Ich treffe mich inzwischen regelmäßig mit einer aus meiner ADHS Selbsthilfegruppe digital zum Body doubling, wir sitzen dann 2h zusammen in zoom und ich lerne und sie putz ihr Zimmer oder so, mit Kamera an, damit man sich Gegenseitig „kontrollieren“ kann.

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Bevor du dir jetzt Horrorszenarien ausmalen solltest, mach es nicht. Es gibt auch viele positive Erfahrungsberichte.
Die Eindosierung muss auch keine Monate dauern.

Am Ende hängt es von deinem Körper ab und du solltest versuchen positiv an die Sache herangehen und wirst es Schritt für Schritt für dich herausfinden (müssen), ob und wie die Medikamente bei dir selber wirken :slight_smile:

Mein Bart „leidet“ übrigens auch mit Medikation.
Der wird einfach gezwirbelt und vertüddelt, dass der mehrmals über Tag gebürstet werden muss.

Ich weiß gar nicht, wie Menschen ohne Bart denken können.
Finde das Gefummel beim Denken total entspannend :crazy_face:
Ich drehe dann mal noch eine Runde.

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