„Masking“ als Anpassung an „Neurotypische“...

Boah krass, mir ist gerade was aufgefallen, als ich drüben im Thread zu Diskrepanz zwischen Fremdbild und Realität von ADHS etwas schrieb):

(s. <URL url="AD(H)S Fremdbild und Realität/oftmals eine ziemliche Diskrepanz text=„viewtopic.php?f=18&t=1602“>AD(H)S Fremdbild und Realität/oftmals eine ziemliche Diskrepanz)

Ich denke, dass ich da wohl eine innere Rangordnung habe, die mit dem gesellschaftlichen Bild von ADHS zutun hat. Mir ist gerade aufgefallen, dass ich zwar neuerdings herumzappel und damit wenig Probleme habe, wer das sieht, aber andere Symptome wie die Reizüberflutung bis aufs Blut verstecke…
menno… :neiiin

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Ich habe jahrzehntelang maskiert, ohne es zu wissen. Halt auch mir selbst gegenüber. Ich bin dabei zwar nie als 100% „normal“ rübergekommen, eher als etwas spinnert, aber noch im Rahmen. So ähnlich habe ich mich selber auch wahrgenommen. Und wahrscheinlich viel zu viel Energie darin investiert, z.B. auch ähnlich viel zu leisten wie andere.

Jetzt? Nachdem meine anfängliche Euphorie nach der Diagnose (Freak Pride!) bei anderen eher Unverständnis ausgelöst hat, rede ich nicht mehr viel darüber. Ich merke auch, dass ich lieber mit den Dingen, die ich zu sagen habe, ernstgenommen werden will, als dass es als Spinnerei abgetan wird. Was, wenn die Leute ADHS mitdenken, eine noch schwerere Überzeugungsarbeit ist als so schon. Der Unterschied ist jetzt, dass ich mehr Selbstvertrauen habe, wenn meine - aus Sicht der anderen - etwas schrägen Ansichten abgetan werden. Vorher konnten andere damit durchkommen, mich gewissermaßen als weniger gelungene Version von ihnen zu sehen und auch so behandeln. Jetzt weiß ich, ich bin nicht „weniger als“ (mit der Erwartung, dass ich die Lücke irgendwie aufzufüllen hätte), sondern genauso viel, aber halt von was anderem.


Der Begriff hat mir noch gefehlt!!
Für meine Selbstakzeptanz passt er perfekt. Ich mag mich als Freak. Andere mögen mich lieber als Freak als als dahergebogenes, überangepasstes, überaufmerksames Komplexbündel.


richtig.

Darüber sprechen tu ich auch nicht.
Die Gefahr ist groß, dass dann alles, was man sagt / tut oder auch nicht, dann immer durch diese Brille oder vor diesem Hintergrund bewertet wird.
Dann lieber als normaler Spinner durchs Leben gehen.

Zumal die erfreulichste Medikamentenwirkung tatsächlich ist, dass mich das alles nicht mehr so anficht.
Diese Grundentspanntheit, Schulterzucken als Lebenshaltung - quasi als fleischgewordenes Berny-Sanders-mit-Handschuhen-Meme :juhuu

Ich habe extra gesucht statt einen neuen Thread zu eröffnen, bitte Kekse :smiling_face_with_three_hearts::princess:t2:.

Ich habe seit der Diagnose erstens gemerkt, dass ich überhaupt maske und es einen Namen dafür gibt. Dann ist mir bewusst geworden, dass ich das doch deutlich häufiger mache als ich zuerst spontan gedacht hab.

Und zuletzt, dass es mit teilweise schwerer fällt, seitdem ich weiß, dass ich es tue.

Achtung: ich meine nicht die üblichen Strategien, um in der Welt klarzukommen, Zettel überall und lieber drei Mal nachgucken und Listen und Wecker etc.
Ich meine diejenigen Verhaltensweisen, die ich an den Tag lege, um „normal“ zu wirken, nicht aufzufallen, andere nicht zu nerven. Ein Teil davon ist sicher normale Höflichkeit: nicht unterbrechen, nicht zu laut reden.
Ein anderer Teil nervt mich aber und kostet durch permanente Selbstkontrolle echt Kraft.

Vor allem im Kontext Arbeit. Privat habe ich wenig Kontakte und da natürlich eher diejenigen, bei denen ich albern und schusselig und laut sein darf.

Oder auch, wenn ich neue Leute kennenlerne und erstmal nicht weiß, ob ich in Ruhe weird und authentisch sein kann oder ob ich mich sonst in eine -temporäre - Situation begebe, bei der ich mit Irritation und Ablehnung umgehend müsste, was mich mehr triggert, als mich für die Zeit „einfach zusammenzureißen“.

Beispiel:

  • nicht unterbrechen
  • nicht zu schnell reden
  • nicht zu laut reden
  • nicht oversharen
  • nicht alles spontan raushauen
  • beim Thema des Gegenüber bleiben, nicht im Thema springen oder Assoziationen anbringen
  • nicht meine ständig anflutenden Musikzitate oder Zitate aus Büchern, Filmen, Memes kommentieren, auch wenn sie wirklich lustig sind
  • nicht singen, summen, rumtanzen
  • nicht an meinen Haaren rumfummeln
  • nicht alles anfassen und streicheln
  • normal sitzen
  • Beine still halten
  • nicht mit den Fingern klopfen, knacken
  • keine Dehnübungen während der Dienstbesprechung
  • nichts runterwerfen oder kaputt machen
  • nicht kleckern
  • nicht zu albern werden
  • nicht zu emotional werden
  • nicht zu schnell bewegen
    -…

Frage: Welche Maskingmechanismen habt ihr? Wann werdet ihr sie an?
Macht ihr das bewusst? Funktioniert es immer?
Wie geht ihr mit dem Thema um?
Ist das normale Höflichkeit (für dich subjektiv) oder kostet es dich? Oder findest Du, dass du das keinem schuldest und die anderen sich auch mal locker machen können?

Ich glaube bei mir geht es ganz viel darum, Ablehnung und Kritik zu vermeiden.

Liebe @Katz Danke für Deinen tollen Beitrag hier, Deine Beschreibung gefällt mir sehr gut, und schön das Du das Thema ausgegraben hast.

Aber okay, nicht zu lange ausholen sonst vergesse ich was ich eigentlich schreibe wollte.

Also wie fange ich an?, Hm?, also ich probiere es damit: ich habe eigentlich in der Schule damit angefangen Masking zu betreiben, wann genau, also ab welcher Klasse kann ich aber nicht genau sagen.

Aber ich glaube „gewisse“ Verhaltensweisen habe ich jedenfalls schon früh versucht zu verbergen, oder zumindest versucht mich einfach so ruhig, still und brav zu zeigen wie es nur möglich war.

Obwohl?, dass ich besser fahre wenn ich „muksmäuschen“ still bin und immer ein „braves Mädchen“ bin habe ich ja schon von meinen Eltern gelernt, denn ich konnte ja regelmässig miterleben wie meine beiden Brüder geschlagen und geprügelt wurden, weil sie laute Rabauken waren.

Nur haben sich meine Eltern mit ihrer Prügel Erziehungsmethode bei meinen Hyperaktiven Brüdern verrechnet, die wurden nämlich dadurch nicht „ruhiger“, sondern das Gegenteil davon, und je schneller sie wuchsen und bald einen Kopf grösser wurden als die Eltern, getrauten sich die Eltern nicht mehr sie zu schlagen weil sie dann irgendwann wahrscheinlich mal zurück geschlagen hätten.

Aber ich schweife ab, jedenfalls habe ich als Mädchen gelernt das ich besser ruhig und brav bin, dann passiert mir auch nichts, dass war sozusagen eine Überlebens Strategie die ich schnell lernte.

Andere Dinge wie meine Verträumtheit, meine extreme Schüchternheit, meine leise Stimme, meine Unsicherheit usw. war hingegen anscheinend erwünscht und fanden alle „süss“ und „herzig“.

Bis heute bekam ich von Verwandten oder Bekannten gesagt was ich doch für ein braves und herziges Mädchen gewesen sei.

Nur in meiner Jugend, besonders in der Pubertät, da traute ich mich dann sogar vor meinen Eltern zum ersten Mal auch mal laut zu sein, fing an mich gegen ihre Gewaltherrschaft aufzulehnen, zeigte mich wahrscheinlich zum ersten mal so wie ich eigentlich wirklich bin, obwohl wahrscheinlich dann auch etwas übertrieben, weil es fast schon berauschend war meine Gefühle endlich mal nicht mehr ständig unterdrücken zu müssen, mich nicht mehr verstellen zu müssen, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Nach dieser puppertären Phase die ich wie gesagt als eine Art Befreiungsschlag empfand, musste ich dann aber schnell wieder erfahren, dass die Leute einen nicht mögen wenn ich so bin wie ich eigentlich bin.

Deshalb lernte ich schnell, dass es nicht nur die eigenen Eltern sind die mich lieber haben wenn ich still bin, sondern anscheinend die ganze Welt, also begann ich mich wieder zu maskieren, und das mache ich nun eigentlich schon mein ganzes Leben.

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Hier würde ich dir raten, es nicht zu unterbinden, wenn es dir danach ist. Denn es ist eine Art körperliches Verlangen und es beruhigt uns. Mich kostet es extrem viel Kraft, wenn ich es unterbinden muss und trotzdem schaffe ich es nicht.

:adxs_ai: Ok, zum Glück habe ich so ein Bedürfnis nicht :adxs_lol:

Mein Gott, das mache ich auch immer, manche nervt es, andere finden es lustig.
Zum Rest, mir hat Elvanse geholfen, mich etwas zurückhalten zu können ohne es als Masking zu empfinden.

Normal für die Normalen und jaaaaa!

Mit der Zeit und Medikament findet man mehr oder weniger Balance. Vielleicht entdeckst du eine neue Seite von dir, die du ebenfalls sehr magst.