Medikation bei Sucht (u.A. Amphetaminmissbrauch)

Hallo,
habe ganz frisch meine Diagnose erhalten und würde mich für eure Erfahrungen, Meinungen oder sonstigen Senf interessieren :wink:
Ich bin 27 und habe die Diagnose in einer Suchtklinik erhalten, in der ich momentan bin.
Meine Suchtmittel sind Alkohol, Cannabis, Benzos und eben auch Amphetamin.

Ich glaube mir würde eine Medikation helfen, weil ich mich doch durch die Konzentrationsschwäche ziemlich eingeschränkt fühle, mich die Unruhe plagt und der Bewegungsdrang ziemlich nervig ist. Außerdem versinke ich schnell im Chaos, bin unstrukturiert, leicht reizbar (und überreizt) und ständig müde. Also das volle Programm.

Die Situation ist Folgende:
Die Klinik behandelt bei Amphetaminmissbrauch nur mit Nichtstimulanzien, weil es triggern könnte. Was irgendwie schade ist, weil ich weiß wie gut Stimulanzien bei mir gewirkt haben (Habe auch schon mit MPH gute Erfahrungen gemacht), aber zumindest teilweise verständlich für mich ist.

Atomoxetin wäre die Alternative, die ich auch ausprobieren würde, die aber leider zur Zeit nicht verfügbar ist. Auch wenn ich mit Sertralin schlechte Erfahrungen gemacht habe und ich keine Lust auf Absetzerscheinungen, erektile Dysfunktion oder andere für diese Art von Medikament typischen Nebenwirkungen habe. Aber ich würde es mir mal anschauen, sofern es lieferbar wäre.

Nun stehe ich ohne Medikament da… Therapeuten reden auf mich ein und sind der Meinung, man solle sowieso erst mal schauen, was sich da mit Verhaltenstherapie machen lässt, bevor man gleich medikamentös behandelt. Vielleicht seien Medikamente nicht nötig, da ich ja vielleicht gute Erfahrungen mit meiner Selbstwirksamkeit machen würde. Naja, grundsätzlich gut, aber ich finde mein Leidensdruck wird hier ein wenig runtergespielt.

Was meint Ihr?
Gibt es weitere Alternativen?
Bekäme ich wenn ich wieder „draußen“ bin Stimulanzien verschrieben?
Hat jemand ähnliche Erfahrungen?
Weiß jemand wann Atomoxetin wieder lieferbar ist?
Viele Fragen und die Hoffnung auf eure Hilfe bei der Suche nach Antworten.
Danke schon mal!
LG

Bupropion

Das ist abhängig vom Arzt als Individuum.

Ist doch lieferbar mittlerweile.

Hallo @Alekx und herzlich willkommen,

ich stimme dir zu, ein Stimulanz wäre das ideale Medikament für dich. Du hast ja bemerkt, dass es dir gut hilft. Es würde die ADHS effektiv behandeln und Rückfälle unwahrscheinlicher machen.

Jetzt kommt das Aber. Es würde dir nichts helfen, wenn du erneut in einen Mischkonsum und ein suchtmäßiges Einnehmen des Stimulans kommen würdest.

Die Ärzte werden sichergehen wollen, dass du das Stimulans stur nur in der verordneten Menge einnimmst. Und nichts darüber hinaus. Gar nichts. Keinen Alkohol, keine Benzos, kein Cannabis. Vermutlich wird man von dir eine gewisse Zeit der Totalabstinenz fordern - zwei, drei, vier Monate, keine Ahnung, bevor ein Stimulans verschrieben wird.

Wärest du bereit, dich darauf einzulassen?

Und auch wenn du dazu bereit bist, müsstest du es ja dann auch erst einmal richtig lernen, von suchtmäßigem auf nicht-suchtmäßiges Einnehmen der Substanzen umzustellen, das geht vermutlich auch nicht von heute auf morgen.

Ich weiß nicht, was da die richtige Strategie ist, dazu bin ich zu wenig Suchtexperte. Ich wünsche dir, dass du die richtigen Ärztinnen dafür an deiner Seite hast.

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Du bist schon sehr gut dran wenn du mit der Geschichte diagnostiziert wirst. Viele Ärzte und Therapeuten haben da massive Vorurteilen -teilweise auch mit recht. Ist ein zweischneidiges Schwert.

Mein Arzt hat mir nach 2-3 jahren Abstinenz - hat mich aber auch erst danach kennengelernt - Stimulanzien verschrieben.

Es ist so: ja Stimulanzien können triggern. Sehe da aber eher MPH durch die einfache Möglichkeit nachzulegen als problematisch.
Elvanse bzw. LisdexAmp wird allerdings auch als Substitution/Ersatz verschrieben. Überwiegend an inhaftierte meines Wissens nach, wie da faktisch die lage ist kann ich dir nicht sagen.

Atomoxetin dürfte eigentlich wieder verfügbar sein ansonsten bupropion (?) Bupropion ist halt so ziemlich die letzte Option, mich hat es nie überzeugt.

Einen Arzt wirst du finden. Ein guter Arzt der dich gerade erst kennenlernt wird dir zu 100% nicht direkt vertrauen, wenn er sieht woher die Diagnose kommt. Du solltest ehrlich sein und die Optionen nach der Entlassung mit einer kompetenten Person durchgehen.

Ob es gut für dich ist direkt mit Stimulanzien zu starten? Kann dir niemand sagen. Für mich wäre es vermutlich nicht ratsam gewesen.

Aber unabhängig von der Frage:

Verbanne alle Konsumenten aus deinem Leben. Wenn das nicht funktioniert, zumindest alle die sich nicht nüchtern mit dir treffen können. Und wenn du ein Rezept bekommst, lass diese Menschen nicht wissen wo deine Medikamente liegen.

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Danke für eure Antworten!

Ich werde mal den Arzt auf die Lieferbarkeit von Atomoxetin ansprechen und mal ausprobieren, ob es mir hilft. Alternativ kann ich ja auch das Bupropion mal in den Raum stellen.

Auf Alkohol und Benzos zu verzichten sehe ich als geringeres Problem an, als auf Cannabis. Ich bin Musiker und gerade Cannabis löst so einen extrem intensiven Hyperfokus beim Gitarre spielen aus. Ich fühle jede Note und spricht regelrecht mit der Gitarre :sweat_smile: Ohne hingegen ist nach 10 Minuten die Luft raus und das Ganze macht keinen Spaß mehr.

Hatte eh das Gefühl, dass mir Cannabis sehr gut geholfen hat, auch gegen innere Unruhe und zur Konzentration (Ich konnte mich ruhig hinsetzen und ein paar Stunden lesen, was mir als Bücherliebhaber auch in der Intensität sehr fehlt.)
War auch konstant auf einem moderaten Level (1g am Tag).

Für eine adäquate Therapie und bin ich aber bereit darauf zu verzichten.
Mittlerweile bin ich seit bald 4 Monaten abstinent und es plagt mich zunehmend eine gewisse Unzufriedenheit, weil ich nicht wirklich den Tätigkeiten nachgehen kann, die mich sonst erfüllt haben. Da ist eine Leerstelle entstanden , die sich schwer füllen lässt.
Auf der anderen Seite hat der Konsum mich dauerhaft auch nicht zufrieden gemacht und meine instabile Stimmung in Summe dann noch verschlechtert (Borderline habe ich auch noch).
Meine Probleme sind dadurch nicht nachhaltig besser geworden. Daher die Therapie und umso besser, dass ich die Diagnose jetzt habe und an den Problemen gezielt arbeiten kann. Psychotherapie hatte ich schon, aber nicht auf ADHS bezogen.

Draußen suche ich mir einen hoffentlich guten Psychiater und hoffe auf Verständnis. Und ja es stimmt, gerade bei Sucht sind die Fachleute sehr oft voller Vorurteile und man wird ziemlich häufig anders (d.h. weniger wohlwollend) behandelt.

Bis dahin probiere ich es mit den oben genannten Alternativen, übe Strategien (Stratteragien :roll_eyes::sweat_smile:) für bessere Struktur und Selbstüberlistung ein, bewege mich viel, mache Achtsamkeitsübungen und achte auf meine Ernährung. Also weniger Zucker und da ich keinen Fisch esse, werde ich Omega 3 ergänzen.

Ob ich kontrolliert Stimulanzien einnehmen muss man sehen, nicht dass ich beim Anfluten denke: „Oh das gefällt mir, davon brauche ich deutlich mehr…“
Hoffe, dass ich mir das antrainieren kann. Aber erstmal die anderen Optionen austesten…
LG

Hallo, seit langem schreibe ich mal wieder und jetzt auch hoffentlich wieder öfter, weil mich genau das Problem ziemlich aus der Bahn geworfen hat.
Ich bin alkoholabhängig, seit fast 5 Jahren clean, seit 2 Jahren ADHS Diagnose.
Zuerst bekam ich Medikinet, ging für mich gar nicht, weil der Rebound zu heftig war.
Ich bekomm ich Elvanse, und auch da ist es schwierig für mich, es nicht missbräuchlich zu nehmen, weil es mein Suchtgedächnis triggert.
Meiner Meinung nach ist es auch wurscht, ob man 5, 10 oder 30 Jahre clean ist. Wenn es triggert, dann triggerts.
Ich versuche mich jetzt, genau wie mit dem Alkohol, daran zu erinnern, das es schädlich ist, und, das hört sich jetzt doof an, es mir nichts mehr gibt . 3 Tage und Nächte wach zu sein.

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Genau das ist mir passiert. Gefiel mir total gut, wie es mir auf Knopfdruck ging, doch als der Honeymoon Effekt nachlies oder auch schon, wenn die Wirkung nachlies, hab ich Druck zum nachlegen bekommen. Manchmal hatte ich Tage, wo ich fast von Einnehmen der Medikamente darauf konzentriert war, wann sie nachlies. War auch Semi.
Ich muss einfach zulassen, wenn die Wirkung nachlässt. Ziemuch unmöglich für mich.

Nichtsdestotrotz war die Diagnose und die Medikamente ein absoluter Gamechanger für mich. Hat mir auch so schon ne Menge Lebensqualität wiedergegeben.
Ich hab mir deswegen die Strukturformel von Lisdexamfetamin auf den Unterarm tätowieren lassen, um immer daran erinnert zu werden.
Ich wünsch dir viel Erfolg.
Anika

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@dienika76
Danke für deine Antwort!
Was mich noch interessieren würde: Ist das mit dem Suchtdruck mit der Zeit besser geworden?
Hast du quasi umlernen können und es juckt nicht mehr so in den Fingern wenn die Wirkung nachlässt? Beziehungsweise wenn die Wirkung einsetzt?

Habe jetzt mit Atomoxetin angefangen und bin mal gespannt was passiert. Soll ja recht wirksam sein, habe aber Sorge wegen der Nebenwirkungen. Naja man hat ja nicht alle und die verschwinden ja auch vielleicht im Laufe der Behandlung. Nach einer Weile kann ich ja vielleicht auf Elvanse umsteigen, wenn ich einen Doc finde, der das mit macht…
Doof dass ich mir die Finger am Speed schon verbrannt habe. Ich wünschte das mit der Diagnose wäre schon viel eher gekommen, dann wäre ich vielleicht gar nicht in die Suchtfalle getappt, bzw das Ganze wäre nicht so ausgeufert.

Hey @Alekx

:sparkling_heart:lich willkommen im Forum auch von mir, schön dass du da bist!

Das Thema Sucht und medikamentöse Behandlung wird in Studien kontrovers diskutiert. Einerseits zeigen Untersuchungen, dass Kinder, die frühzeitig behandelt werden, ein geringeres Risiko haben, später eine Abhängigkeit zu entwickeln. Andererseits sagen die Leitlinien, dass bei Erwachsenen mit Suchtvorgeschichte besondere Sorgfalt bei der Auswahl der Medikamente geboten ist.

Es ist definitiv nicht zu unterschätzen, dass Stimulanzien das Suchtpotenzial beeinflussen können – entweder indem sie eine bestehende Abhängigkeit verstärken oder sogar eine frühere Sucht reaktivieren. Deshalb gehen deime Ärzte hier mit großer Vorsicht vor, was grundsätzlich ein richtiger Ansatz ist.

In den USA gibt es bereits deutlich mehr Erfahrung mit der Langzeitnutzung von Stimulanzien, besonders im Bereich AMP (Stichwort Adderall).

Falls du dich weiter informieren oder Erfahrungen austauschen willst, macht es vllt Sinn dich mit Betroffenen dort auszutauschen. Es gibt zb Communities, in denen Adhsler berichten, wie sie süchtig wurden und warum sie die Medikamente absetzen mussten. Oder warum sie keine nehmen können. Vielleicht findest du dort interessante Impulse und Menschen denen es ähnlich geht.

https://www.reddit.com/r/StopSpeeding/s/jx1Tn9sC63

https://www.reddit.com/r/VyvanseADHD/s/JJFEwhv7kJ

@dienika76 Schön dass du wieder da bist!
Ich habe mir schon Gedanken gemacht und mich gefragt wie es dir geht :blush:

Liebe Grüße an euch beide von Lea

Ich muss regelmäßige Drogentests machen, auch wenn ich selbst nie regelmäßig konsumiert habe.
Ich glaub in der Praxis, zu der ich gehe, ist das Standard.

Hallo,
ich gebe noch mal ein Update.
Nach einigen Monaten mit Atomoxetin muss ich sagen: Nach 8 Wochen (es dauert so lange) ist die Wirkung da. Bis dahin muss man mit Magenschmerzen, Müdigkeit und Benommenheit klarkommen. Wobei schon ab Tag 1 eine gewisse Ruhe und ein besserer Fokus spürbar ist.
Bin immernoch bei 40mg und merke deutlich wie es mir ermöglicht Dinge zu erledigen und das mit Struktur. Gleichzeitig erlebe ich mich aber nicht wie ausgewechselt, oder als einen anderen Menschen. Ich bin der Gleiche aber mit weniger Einschränkungen durch ADHS. Mein Haushalt ist top (das ist wirklich neu für mich :sweat_smile:), nervige Behörenangelegenheiten erledige ich mit Links, ich bin weniger vergesslich, kann einen Gedanken länger verfolgen, ohne dass er mir wegrutscht und auch im sozialen Umgang ist es angenehm präsenter zu sein.
Finde das Medikament echt gut und würde es vorerst auch nicht gegen Stimulanzien tauschen.
Muss man halt Geduld haben und Glück mit den Nebenwirkungen (war für mich so gut zu händeln).
Außerdem nehme ich jetzt B12 und Omega 3 (nach langer Zeit als Vegetarier ohne Fisch) und das tut sein übriges. Und ich ernähre mich gesünder und frühstücke weil sonst die Medis auf den Magen schlagen. Schlafrhytmus ist auch besser.
Was soll ich sagen? Atomoxetin ist wirklich eine würdige Alternative, die neben den Nachteilen was Wirkungseintritt, Effektstärke und Nebenwirkungen betrifft auch Vorteile hat. Kein Rebound, keine Wesensveränderung, kein Craving.
LG

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Moin und ja, ich lebe noch😑

Best dann bist du hier deine Antworten schon gefunden haben aber trotzdem möchte ich dich nicht im Dunkeln stehen lassen.

Nehme jetzt auch seit geraumer Zeit Atomotoxin und meine Umwelt sagt, das sie mich wohl irgendwie gelassener machen. Impulsivität und diverse spontanen Schwankungen der Gefühle haben sich verringert. Nebenwirkungen sind bei mir, das ich abends schlechter einschlafen kann und auch Melatonin nicht mehr so wirkt. Ich habe im Netz gelesen dass es zwar keine offiziellen Studien dazu gibt aber diese beiden Medikamente sich gegeneinander aufheben können.

Ich werde morgens nach kürzeren Schlafphasen besser wach.

Und zu der anderen Frage:ich habe ziemlich lange gebraucht um diesen Nachlegeffekt zu widerstehen. Ich bin immer noch nicht damit fertig, weil es ziemlich mühselig ist für mich, weil ich sonst auch mit starker Müdigkeit zu kämpfen habe und die Tabletten einen einfach die Energie geben Sachen zu erledigen und seine Tage zu planen.

Ich bin allerdings schon so weit dass ich raus gefunden habe dass der Rebound-Effekt sich auch total paradox darstellen kann. Ich habe immer gedacht, wenn ich zu viel genommen habe,da war der rebound-effekt nämlich heftig, aber ich habe gedacht dass das Medikament dann zu niedrig dosiert war und habe danach gelegt und das war natürlich kontraproduktiv.

Da werden wir bei meinem Lieblingswort Achtsamkeit

also man muss schon genau in sich reinhören, was gerade mit einem passiert wo man ist ,in welchen Situationen man sich befindet und man muss auch natürlich das steht ja auch hier im Forum ,darauf achten, dass man bei Methylphenidat essentiell Nahrung zu sich nimmt und LisdexAmphetamin braucht man das ja nicht unbedingt aber das macht eine Menge aus.

Es ist ein wirklich lange und schmerzhafter Prozess für mich weil diese Medikamente mir wirklich helfen aber ich Probleme damit habe sie vernünftig zu nehmen. Inzwischen geht’s seit einigen Wochen und es wird auch besser wenn man es besser einschätzen kann und man weiß dass der Rebound Effekt auch irgendwann am Ende hat dann für den Tag.

Ich hatte eine ziemlich schwere Zeit, aber ich werde versuchen, jetzt wieder regelmäßiger hier zu sein.

Gerne können wir uns über unsere Erfahrungen weiter austauschen.

Wie gesagt es tut mir total leid ich habe mich gerade erschrocken als ich gelesen habe vierter März war ich das letzte Mal hier. Und das ist überhaupt nicht meine Art so unzuverlässig zu sein aber wie gesagt dir ist bestimmt hier gut geholfen worden und du wirst auch bestimmt nicht auf mich gewartet haben. Mich würde auch interessieren, wie es dir so ergangen ist.

Bitte nicht auf die Rechtschreibung achten und auf die Zeichensetzung habe das hier eingesprochen als sprachnachricht weil mir die tipperei zu viel geworden wäre aber ich wollte dir gerne antworten.

Bis dahin

Anika😉

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