Lieber Dominik,
ja, ich nehme Medikamente, und zwar habe ich damit angefangen kurz nach meiner Diagnose, da war ich 37. Jetzt bin ich 54.
Die Medikamente (Ritalin/Methylphenidat) machen so einen entscheidenden Unterschied aus, dass ich sie in absehbarer Zeit nicht absetzen möchte. Ich kann nicht nur meine Arbeit besser überblicken, sondern ich bin auch privat viel ausgeglichener und fühle mich dadurch besser, für meine Frau und meine Kinder bin ich verträglicher.
Methylphenidat ist erst einmal nichts, „um zu funktionieren“. Es hilft dir, weniger abgelenkt zu sein, und es verbessert die Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Und das ist sicher gerade für die Arbeit in einem Kindergarten wichtig, kann ich mir vorstellen. Wenn mehrere Kinder und Erwachsene zusammen sind, passiert grundsätzlich viel gleichzeitig.
Aufgrund der teilweise doch krassen Nebenwirkungen, schreibst du- sorry dass ich noch einmal nachhake- welcher Nebenwirkungen genau? Du schriebst in einem anderen Thread von Depressionen und Selbstmordgedanken, aber dann auf Nachfrage, dass du diese gar nicht hattest??
Ich meine, du musstest doch das Medikament nicht wegen befürchteter Nebenwirkungen absetzen. Es reicht ja, dich mit einer Nebenwirkung auseinanderzusetzen, wenn du sie hast.
Methylphenidat ist ja ein verhältnismäßig sicheres Medikament. Die allermeisten Betroffenen haben lästige, aber ungefährliche Nebenwirkungen, wie Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit oder Magenbeschwerden.
Ich hatte selbst Kopfschmerzen in den ersten zwei Monaten, das war danach aber vorbei. Die Appetitlosigkeit ist geblieben, und da ich zu Untergewicht neige, muss ich eben morgens und abends mehr essen. Ich frühstücke ausgiebig, und eine meiner Angewohnheiten ist noch mal eine richtig große Essensportion nach 22:30. :lol:
Körperlich geht es mir eher besser als in der Zeit bevor ich Medikamente nahm, weil ich ausgeglichener und gelassener bin. Ich muss zwar seit ein paar Jahren Blutdrucksenker nehmen, das liegt aber in meiner Familie und wäre sicher genauso wenn ich kein Ritalin nähme.
Alternative? Nein, es gibt bei ADHS keine Alternative zu Medikamenten. Das heißt nicht dass jeder ADHS-ler für den Rest des Lebens Medis nehmen müsste, aber wenn man stark betroffen ist und seinen Beruf nicht verlieren oder seiner Familie nicht zu lästig fallen will, wäre es falsch es zu vermeiden.
Die meisten alternativen Strategien funktionieren auch erst dann richtig, wenn man auch Medikamente nimmt, also es ist kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl aus Auch. Du wirst sicher weiterhin Zettel brauchen, aber es wird dir leichter fallen die aufgeschriebenen Dinge auch umzusetzen.
Bei Kindergartenkindern (ich nehme an, du hast dich für deine Abschlussarbeit besonders damit beschäftigt) legt man natürlich strengere Maßstäbe an. Die meisten Ärztinnen verschreiben Medis in der Regel erst ab 6. Meine beiden Kinder waren allerdings schon vorher so hyperaktiv und neben der Spur, dass sie schon vorher eine allerdings sehr niedrige Dosis bekommen haben, der Ältere ab 5 1/4, der Jüngere ab 4 1/2. Und beide waren so deutlich entspannter, dass wir Eltern die Entscheidung nicht bereut haben.
Übrigens, hättest du in dem Kindergarten unseres jüngeren Sohnes gearbeitet, du hättest gar nicht erfahren dass er Attentin kriegt. Nach allem, was wir mit dem Großen durch haben, zogen wir es vor das nicht an die große Glocke zu hängen. 
Viele Grüße
Falschparker