Mehr "Time Blindness" durch Medikament?

Hallo zusammen,

seit etwa eineinhalb Monaten nehme ich in Medikinet. Mit der Wirkung bin ich insgesamt sehr zufrieden, es macht ziemlich genau das, was es soll (zumindest soweit ich das einschätzen kann). Die Stärke des Effekts schwankt von Einnahme zu Einnahme, meistens wirkt es schlechter, wenn ich wenig geschlafen habe, aber mit der Dosis experimentiere ich gerade - in Absprache mit meinem Psychiater - noch herum.

Ich nehme das Medikament allerdings - auch hier in Absprache - aber nur unregelmäßig, sozusagen nach Bedarf. Dabei ist mir eine interessante Änderung bei mir aufgefallen und mich würde interessieren, ob es jemandem von euch ähnlich geht:

Vor Beginn der Medikation war ich schon nicht besonders gut darin, Zeitabstände einzuschätzen, oder die Zeit zu bestimmen, die ich für Dinge benötige. Oder darin, zu bemerken, wie viel Zeit wohl gerade nebenbei so vergeht. Also das, was auf englischsprachigen Seiten als „Time Blindness“ beschrieben wird (kennen vermutlich die meisten von euch).

Seit der Einnahme ist das aber enorm (und ich meine wirklich: enorm!) schlechter geworden. Phasenweise verliere ich mein sowieso schon dürftiges Zeitgefühl völlig. Es ist ein bisschen so, als würde die Zeit eine andere Sprache sprechen als ich. Manchmal gucke ich auf die Uhr, lese die Uhrzeit, aber mein Kopf versteht gar nicht, was er mit dieser Information jetzt anfangen soll. Gestern erst habe ich mitten in der Nacht auf die Uhr gesehen, es war 03:30 Uhr. Erst eine Stunde später hat sich mein Kopf gemeldet und gesagt „Sag mal, wenn vorhin irgendwann 03:30 Uhr war, ist das nicht gerade eigentlich richtig schlimm für dich, weil du seit Stunden schlafen müsstest?“. Letztens bin ich an einem Samstag um 9 Uhr aufgewacht, habe meinem Kind neben mir einen guten Morgen gewünscht und kurz über seinen Traum gesprochen und schon war es 09:40 Uhr, obwohl in meiner Wahrnehmung außer dem „Guten Morgen! Wie hast du geschlafen?“ nicht viel passiert ist.

Der Effekt tritt fast ausschließlich außerhalb der Medikinet-Wirkzeiten auf. Also z.B. abends, nachdem die Wirkung spürbar nachgelassen hat. Aber auch manchmal in den folgenden ein, zwei Tagen, auch wenn ich an diesen Tagen kein Medikinet einnehme. Je regelmäßiger ich das einnehme, desto stärker wird der Effekt und nachdem ich letztens mangels Vorrat ein oder zwei Woche keine Tabletten genommen habe, war er wieder weg.

Habt ihr das auch? Bilde ich mir das vielleicht ein? Der Psychiater konnte mit dem Problem insgesamt irgendwie nicht so viel anfangen.

Hi Glücksdrache,

war bei mir total ähnlich!

Ich weiß jetzt nach 1,5 Jahren nicht mehr genau, wie es vor oder nach der Wirkzeit war.
Aber während der Einstellung hat sich da einiges verschoben mit der Zeitwahrnehmung. Ich kam zu der Zeit lustigerweise immer zu früh, weil ich aus der Verwirrung mit dem neuen Zeitempfinden ängstlich wurde und alles überkompensiert habe.

Wie es genau dazu kam, kann ich leider auch nicht genau sagen, aber es hat sich eingerenkt. Oder ich habe mich an diesen Zustand gewöhnt und kann innerhalb der neuen Rahmenbedingungen Zeit wieder angemessen einschätzen.
Wobei Tage immer noch schneller umgehen, als früher.

Ich glaube, dass mir eine regelmäßige Einnahme eher ein wenig geholfen hat. Weil Tage und Wirkung dadurch einfach gleichförmiger sind. Es gab aber auch noch mehr Faktoren, die mich von einem unregelmäßigeren Bedarfsrythmus auf die täglich gleiche Anwendung gebracht haben.

Eine weitere Vermutung bei dem, was du beschreibst ist, dass es eine Art Rebound des Medikaments ist. Also nach dem Abfallen der Wirkung erstmal Verschlechterung aller Symptome. Vielleicht hilft es eine zweite kleinere Dosis nachzunehmen, damit der Kontrast nach der Wirkung nicht zu hoch wird und alles etwas sanfter ausschleicht?

1,5 Monate mit Medikinet kommt mir im Übrigen noch echt nicht lang vor. Da kann man echt noch von Gewöhnung und Eindosierung sprechen, also denke ich, dass die Chancen gut sind, dass sich die Zeitblindheit wieder normalisiert.
Wenn ich jetzt zurückdenke, hat es echt 3-4 Monate gebraucht, bis ich wirklich bei meiner Wunschdosis angekommen bin und die Wirkung nicht mehr von Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen getüncht wurde.

Vielleicht bist du im Rebound gekoppelt mit einem Hyperfokus?