Mein (positiver) Diagnostik-Bericht

Hello! :slightly_smiling_face:

Ich, w27, war schon sehr lange als Gast hier aktiv und habe das Forum förmlich verschlungen.

Ich möchte hier etwas (oder viel) schreiben, um anderen die Angst der Diagnostik zu nehmen und auch, um es für mich als kleines „Tagebuch“ aufzuschreiben. Ich habe keinen in meinem Umfeld, der SO RICHTIG nachvollziehen kann, wie sich das anfühlt und empfand den Umgang im Forum immer so wholesome.
Ich bin auch nicht böse, wenn ihr nicht alles lest. Das muss einfach mal raus und ich versuche es in einzelne Bereich zu unterteilen :smiley:

Meine Vorgeschichte
Mit 14 oder 15 war ich bei einer Jugend- und Erziehungsberatungsstelle, weil ich mit dem Druck der anstehenden Prüfungen nicht klar kam. Mir wurde da direkt eine Angststörung diagnostiziert. (Wobei ich später erfahren habe, dass die gar keine Diagnosen stellen dürfen). 1-2 Jahre später wurden auch noch leichte rezidivierende Depressionen vom Hausarzt diagnostiziert und ich bekam meine ersten Antidepressiva.
Ich habe etliche verschiedene Therapien gemacht, leider ohne wirkliche Besserung meiner Symptomatik. Ich weiß im Nachhinein auch, dass ich meiner letzten Therapeutin (2020-2021) so oft von Problemen bei der Konzentration (z.B. das Gefühl, dass beim Kartoffelschälen mein Kopf kribbelt und ich es kaum aushalte zu schälen, usw.) und sehr vielen weiteren Symptomen geschildert habe.

Der Verdacht
Auch wenn es oft verteufelt wird bekam ich den ersten Hint Anfang 2022 über Social Media.
Ich habe durch Reels auf Instagram gelernt, was ADHS wirklich ist und, dass es das auch bei Erwachsenen gibt. Bis dahin hatte ich das GAR NICHT auf dem Schirm. Ich dachte ADHS gäbe es nur bei Kindern und es ist so, dass man Aufmerksamkeit will (und nicht, dass man Probleme damit hat Aufmerksam zu sein).
Ich habe mich in vielen Videos wiedererkannt, aber habe natürlich nicht direkt gedacht, dass es das ist. Ich habe aber angefangen mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe sehr viele Bücher und Foren gelesen. Ich habe unterschiedliche Tests gemacht und Bücher dazu ausgefüllt. Ich habe meine Zeugnisse gelesen und mir mit dem neuen Wissen gedacht, dass das so offensichtlich ist.
Mein Verdacht wurde immer stärker und dennoch bin ich erst im September 2023 zum Arzt gegangen.

Warum? Ich hatte keine Lust auf das Diagnose-Verfahren, auf lange Wartezeiten, mich um einen Platz zu kümmern, etliche Therapeuten anzurufen und und und. Und vor allem hatte ich Angst, nicht ernst genommen und gleich abgetan zu werden, weil ich wirklich so viel darüber gelesen habe. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen überhaupt den Verdacht zu haben ADHS zu haben.

Mein Arzttermin
Im Herbst 2023 war ich dann also bei meinem Arzt und habe den Verdacht unter Herzklopfen angesprochen und dass ich das gerne zur Sicherheit überprüfen lassen möchte. Dass Depressionen und Angststörung Komorbiditäten sein können und es vielleicht hilfreich wäre zu wissen, was die Ursache ist, damit man diese behandeln kann. Mein Arzt hat erwähnt, dass das Thema immer mehr Beachtung bekommt und mir eine Überweisung ausgehändigt. Ich hatte nach dem Termin richtige Glückgefühle bis mich die Realität einholte und ich mich um eine Diagnostik kümmern musste.

Die Suche nach einem Therapeuten
Ich begann relativ zeitnah zu recherchieren, wer in meiner Umgebung eine ADHS-Diagnostik anbietet, da es wirklich ziemlich überschaubar war. Leider haben die meisten Therapeuten nur einen Zeitraum von 1-2 Tagen und 30-60 min pro Woche, wo man für den Termin eines Erstgesprächs anrufen muss. 3x dürft ihr raten, wer den Zeitraum ständig verpasst hat, auch wenn ich mir einen Wecker gestellt habe. Und wenn ich dann mal dran gedacht habe, war das Telefon besetzt oder die Sprechstunden verschoben. Es war wirklich frustrierend. Irgendwann hatte ich einen Therapeuten erreicht, der mir mitteilte, dass er leider keinen Platz hat und ich Ende Dezember/Anfang Januar nochmal anrufen solle. 3x dürft ihr raten, wer es vergessen hat… Panisch rief ich also Mitte Januar an und hatte Angst, dass der Platz vielleicht schon weg ist. Er war auch noch voll, hatte mich aber dazwischen gequetscht. Da ich das mit meiner Arbeit geregelt bekomme, bin ich da relativ flexibel. Eine Woche später hatte ich also meinen ersten Termin!

Meine Diagnostik
7 Sitzungen (1x pro Woche), ca 10h

  • allgemeine Sprechstunde: Wieso bin ich da? Usw.
  • seeeehr viele verschiedene Fragebögen zu ADHS und anderen psychischen Krankheiten (Depressionen, Essstörung, Angst, usw.) als Hausaufgabe
  • Gespräche über Kindheit/Jugend und Heute
  • Fragebögen
  • Zeugnisse
  • Gespräch mit meinem Partner
  • Gespräch mit meiner Mama

7 Sitzungen hat die Krankenkasse übernommen, jedoch musste ich etwas nachzahlen, da wir bei den Sitzungen mit Mama und meinem Partner überzogen haben. Aber das ist absolut akzeptabel.

Ich war bei der Diagnose auch oft aufgeregt und habe mir Gedanken darüber gemacht, dass es vielleicht doch kein ADHS ist, obwohl mir das so viel Erklärung gegeben hätte. Da ich auch sehr oft davon gehört/gelesen habe, dass einige mehrere Anläufe brauchten, war ich unsicher, ob mein Therapeut mir zu hört und ob ich da mehrmals durch muss.

Und Tatsache. Er hat gesagt, dass er es Schade findet, dass ich nie richtig angeguckt wurde und hat mich immer in allem bestätigt.
Beispielsweise hat er mich gefragt, ob ich mich als Kind oft verletzt habe. Oh ja, das habe ich. Etliche Brüche, Schürfwunden, meine Milchzähne durch Hinfallen ausgeschlagen, usw. Was war meine Antwort? „Aber verletzen sich nicht alle Kinder? Fallen nicht alle Kinder hin?“ … keine Ahnung, warum ich so selbstzerstörerisch war. Ich wollte doch die Diagnose und Sicherheit. Warum sag ich sowas? Ich war mir aber wirklich nicht bewusst, dass das eben nicht normal ist und hab mich dann in meinem Umkreis auch umgehört. Ich war mir bei vielem einfach nicht bewusst, was denn normal und nicht normal ist. Weil für mich war das eben SO normal. Auch wenn es mich belastet.
Auch wenn ich mir davor und auch nach jedem Gespräch Dinge aufgeschrieben habe, die mir noch aufgefallen sind, habe ich die nie angesprochen. Ich wollte nicht am Zettel kleben und hab einfach drauf los geredet. Auch wenn ich mich danach geärgert habe.

Das Gespräch mit meiner Mama war das einzige Gespräch, was ich nicht toll fand.
Aber das lag an meiner Mama. Mein Therapeut hat das Gespräch nach dem ersten Teil abgebrochen. Auch wenn sie immer erwähnt hat, dass ich zappelig bin, nicht still sitzen konnte und ein furchtbar anstrengendes Kind war, hat sie einfach keine Aussagen zum Thema Unaufmerksamkeit machen können. Weil sie das eben nicht mitbekommen hat. Sie hat nur das mitbekommen, was sie selbst genervt hat. Dass ich ein Zappelphillip war hat sie zum Beispiel auch auf mein Sternzeichen geschoben. Sie hat halt einfach keinen Blick dafür. So gar nicht. Als ich ihr heute erzählt habe, dass ich ADHS habe und es nun Offiziell ist, hat sie mit „Das tut mir Leid“ geantwortet.
Auch wenn ich nur teilweise Erinnerungen an meine Kindheit habe, konnte ich viel durch Erzählungen erzählen und in meinem Zeugnis finden sich, ich zitiere: „eindeutige Hinweise auf eine juvenile ADHS-Symptomatik“ :sweat_smile:
In meinem Zeugnis zieht sich von der 1. bis zur 7. Klasse die Aussage, dass ich unkonzentriert und oberflächlich arbeite. Ab der 8. Klasse gelang es mir „mit Aufmerksamkeit und Fleiß Schwierigkeiten in den naturwissenschaftlichen Fächern zu überwinden“ … Zu dem Zeitpunkt fingen meine Angststörung/Depressionen an. Zufall?

Das Ergebnis
Bei meiner letzten Sitzung hat mir der Therapeut erzählt, dass er sich nochmal alles genau ansieht, zusammenfasst und mir in einigen Wochen ein Gutachten zusendet. Das war noch kein offizielles: Du hast ADHS. Ich musste also warten.
Ich habe mit 6-8 Wochen gerechnet und dennoch täglich erwartungsvoll am Briefkasten geschaut. 5,5 Wochen nach meiner letzten Sitzung habe ich mein Gutachten erhalten:

ADHS, kombinierter Typ

In dem 4-seitigen Gutachten steht viel Zeug zur Diagnostik, das Ergebnis und eine Empfehlung (Therapie und Methylphenidat wird erwogen).

Ich war SO erleichtert, dass ich jetzt eine Erklärung für so viele Dinge habe und mich in vielen Dingen besser verstehen kann. Dass das Kind jetzt einen Namen hat.

Dennoch fällt es mir aktuell noch schwer zu realisieren, dass ich es jetzt schwarz auf weiß habe und es fühlt sich so Unecht an.

Was jetzt?
Ich werde mir nun einen Termin bei meinem Hausarzt machen und alles Weitere besprechen. Auf jeden Fall will ich eine Therapie machen.

Wenn möglich möchte ich es erstmal ohne weitere Medikamente probieren (aktuell nehme ich noch Escitalopram 5mg). Vielleicht tritt für mich ja schon eine Besserung ein, wenn ich weiß, warum ich so bin und handele. Vielleicht habe ich mehr Verständnis für mich selbst und kann mich akzeptieren. Auch wenn das Thema Konzentration, Organisation, usw. dadurch vermutlich nicht „verschwindet“.
Ehrlich gesagt habe ich auch bisschen Angst vor neuen Medikamenten. Hatte ich schon immer. Besonders schlimm ist es für mich, weil BTM so krass klingt. :sweat_smile:

Der Text hat jetzt meinen Erwartungen übertroffen. Eigentlich sollte das gar nicht so viel werden und doch habe ich so viel mehr zu sagen. Sooooooorry! :smiley:

Liebe Grüße und schönen Abend,

Melly

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Da ich nicht weiß, ob das jetzt so verständlich war…
Was war positiv an der Diagnostik?

Ich hatte anfangs Angst nicht ernst genommen zu werden.
Sowohl mein Hausarzt als auch der Therapeut waren auf meiner Seite und haben hinter die Maske geschaut. Mein Therapeut hat mehr erkannt, als ich es selbst getan habe und es mir super erklärt. In keiner einzigen Situation habe ich mich Fehl am Platz gefühlt. Ich habe mich immer Willkommen und Verstanden gefühlt. Die Gedanken, die ich mir vorher über mehrere Monate gemacht haben, waren wie so oft unnötig.

Zweifel?
Obwohl ich bereits seit fast 2 Jahren den Verdacht auf ADHS hatte und meine Diagnose wirklich sehr gründlich war, fühlt es sich noch immer sehr „unecht“ an. Die Diagnose ist sichergestellt und eindeutig. ADHS, kombinierter Typ.

Ich vermute, dass ich Probleme damit habe, weil meine Mama keine Auffälligkeiten zum Thema Unaufmerksamkeit genannt hat und mir dieses Puzzleteil fehlt.

Mama ist die einzige aus meiner Familie, die „ordentlich“ was über meine Kindheit aussagen konnte.
Ich hatte meinen Therapeuten schon vorgewarnt, dass man mit Mama nicht wirklich reden kann und sie keinen Blick dafür hat. Wie bereits erwähnt, hat sie meine Hyperaktivität auf mein Sternzeichen geschoben. Sie hat auch nie mehr nachgefragt, was nun bei meiner Diagnose raus gekommen ist, obwohl sie das wusste und sogar ein Teil davon war. Als ich ihr von der sichergestellten Diagnose erzählt habe, hat sie mit „Das tut mir Leid“ geantwortet, als wäre das was schlimmes. Vielleicht will sie das auch nicht wahr haben. Mama denkt auch, dass Depressionen verschwinden, sobald man einen tollen Partner hat. Sie hat einfach wirklich keinen Blick dafür …

Ich könnte mir auch vorstellen, dass bei meiner Mama ebenfalls eine AD(H)S vorliegt, weil sie in meiner Kindheit oft geistig abwesend war, fast nie gekocht hat (es gab hauptsächlich Fertigessen) und etliche bereits abgelaufene Lebensmittel zu Hause hatte, welche ich essen/trinken sollte. Sie hat da einfach nicht darauf geachtet.

Bei dem telefonischen Gespräch mit meiner Mama hat der Therapeut nach dem ersten Teil (Unaufmerksamkeit) abgebrochen. Mama war sehr ungesprächig und man hat gehört, dass sie sich eine Kippe nach der nächsten an macht. Es wirkte, als würde sie nicht mal zuhören.
Ich vermute, dass Mama bei den anderen Teilen (Impulsivität, Hyperaktivität) viel mehr gesagt hätte, weil es viel auffälliger war. Da hat mir Mama oft Geschichten erzählt und erwähnt, wie anstrengend ich war. Das hat sie viel mehr mitbekommen, weil sie das eben genervt/gestresst hat.
Meine Probleme in der Schule hat sie gar nicht mitbekommen oder ernst genommen. Ich war immer im Hort und bei den Hausaufgaben konnte meine Mama auch nie helfen. Ich hatte außerdem keine Haushaltsaufgaben. Mama hat also meine „inneren“ Probleme nie mitgeschnitten. Die waren halt nicht so auffällig.

Meine Diagnose wurde jetzt also „nur“ aufgrund meiner Erzählungen/Erinnerungen (auch Erzählungen, welche meine Mama mir erzählt hat), meinen langjährigen Partner und meinen Schulzeugnissen gestellt. Der Therapeut hat im Gutachten geschrieben, dass meine Erzählungen und auch meine Schulzeugnisse eindeutig auf eine ADHS-Symptomatik in der Kindheit hinweisen. Meine aktuellen Symptome sowieso. Die hat aber auch mein Partner bestätigt.

… Verschwindet dieser Gedanke? Irgendwie hab ich gehofft, dass ich jetzt mit Sicherheit sagen kann, dass ich ADHS habe. Alles weißt darauf hin.
Nur die Aussagen meiner Mama zum Thema Unaufmerksamkeit eben nicht.

Vielleicht ist das wichtig: Ich habe die gesicherte Diagnose erst seit gestern nachmittag :smiley:

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Liebe Melly,

herzlich willkommen im ADXS-Forum! Schön, dass du da bist! :adxs_happy:

Und herzlichen Glückwunsch zur Diagnose!

Wenn du spürbare Veränderungen erleben willst, solltest du ADHS-Medikamente probieren. Verständnis und Selbstakzeptanz sind für dich sehr schön, bringen aber für den Alltag nicht viel.

Dazu kommt, dass Stimulanzien potenziell weniger Nebenwirkungen haben als Escitalopram. Lass dich vom BTM-Gesetz nicht beeindrucken, das macht nur etwas mehr Arbeit für Ärztin und Apothekerin, aber für dich selbst ist es kein Unterschied.

Was deine Mutter betrifft, die hätte ich an deiner Stelle weder als Quelle angegeben noch überhaupt eingeweiht. Denn du kanntest ja vorher schon ihre Voreingenommenheit bezüglich ADHS.

Meine Mutter lebt inzwischen nicht mehr; als ich meine Diagnose machen ließ (2003) war sie 70. Sollte ich sie damit behelligen? Das wollte ich nicht und das hat mein Psychiater auch verstanden.

Wobei das

eigentlich absolut aufschlussreich für den Diagnostiker gewesen sein muss. :adxs_lach:

Vielleicht hat er das Gespräch an diesem Punkt abgebrochen, weil damit für ihn alles klar war?

Ich konnte und kann mich gut an meine Kindheit erinnern, die war ziemlich ADHS-typisch. Ich fühlte mich immer unverstanden, ich war über längere Phasen Außenseiter und Klassenclown und wurde viel geärgert und gehauen. Hausaufgaben haben sich über Stunden hingezogen, weil ich mich ständig ablenkte. Meine Noten waren bis zur 8. Klasse trotzdem gut, danach mittelmäßig. Ich habe viele Dinge verloren und hatte öfter Verletzungen und Unfälle.

Einen Grund, meine Schilderungen anzuzweifeln und nachzuprüfen, sah mein Psychiater nicht.

Natürlich gab es auch Fragebögen und ein Gespräch zu meiner aktuellen Symptomatik und einen Fragebogen, den meine Frau ausfüllte - die meine Auffälligkeiten krasser wiedergab als ich selbst.

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Edit: Ich bitte um Entschuldigung, ich wollte mich nicht lustig machen über deine Mutter, ich meine nur das Verhalten ist schon ziemlich einschlägig für eine ADHS-lerin - die dann eben auch mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit ADHS weitervererbt.

Bei der Gelegenheit, hast du Geschwister, Neffen oder Nichten?

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Hallo lieber Falschparker! :adxs_wink:

vielen lieben Dank für deine Antwort!

Ich werde es auf jeden Fall ansprechen. Es steht schließlich auch im Empfehlungsschreiben drin und vielleicht sollte ich es einfach mal probieren. Bei neuen Medikamenten bin ich anfangs immer sehr ängstlich. Aber sobald ich merke, dass mir nichts passiert und es hilft, habe ich damit keine Probleme.

Ich weiß auch nicht warum ich sie eingeweiht habe. Mein Therapeut hat es mir zwar empfohlen, aber auch gesagt, dass wir das nicht machen MÜSSEN. Ich wollte aber, dass es jemand aus einem anderen Blickwinkel bestätigt. Ich habe erwartet, dass meine Mutter keine große Hilfe ist, aber ich habe gehofft, dass mir das bei der Diagnostik mehr Sicherheit gibt. Obwohl meine Zeugnisse wirklich sehr eindeutig sind und ich alle Fragen mit Erinnerungen/Erzählungen und Beispielen beantworten konnte, hat mir diese fremde Bestätigung zu meiner Kindheit gefehlt. Mir fällt es irgendwie schwer, nur auf mich selbst zu vertrauen.

Gut möglich, dass mein Therapeut das Gespräch mit meiner Mama als Bestätigung gesehen hat. :joy:

Mein Therapeut sah auch keine Zweifel daran. Absolut nicht. Für ihn ist das eindeutig und so steht es auch in meinem Gutachten. Es ist wirklich nur mein blöder Kopf.

Mein Therapeut und Partner sahen auch viele Dinge krasser als ich. Es gab zum Beispiel eine Frage, ob ich laut bin (ich weiß nicht mehr genau, wie die Frage formuliert war). Ich habe gemeint, dass ich ein sehr leises Organ habe und eher leise bin.
Mein Freund hat gesagt, dass das nicht so ist und ich schon laut/lebhaft spreche und meinem Therapeuten ist das auch aufgefallen. Mir aber nie! :adxs_lach: und vieles anderes.

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Herzlichen Glückwunsch zum Eichhörnchen-Abzeichen :adxs_jaaay:

Die Zweifel scheinen normal und könnten auch immer mal wieder hochkommen.
Liest man hier regelmäßig und ging mir auch so :adxs_grins:

Hab zwei Brüder, die in den 90ern und anfang 2000 diagnostiziert wurden.

Es lag also eigentlich sehr nahe, dass ich es auch haben könnte, aber weil ich mich komplett von den beiden unterschieden habe, stand eine Testung damals nie im Raum.

Das habe ich mit 39 dann nachgeholt.

Ich war angeblich das Sonnenschein Kind von uns dreien. Hab mich aber einfach nur überangepasst und war den ganzen Tag draussen auf dem Sportplatz oder im Wald… konnte mich da also fein auspowern. Und ich fühlte mich aber doch eben oft anders und war iwie anders entwickelt als die meisten Freunde. Nur eben alles andere als ein Draufgänger.

In den Schulzeugnissen gabs nicht mal viele Auffälligkeiten, wenn man nicht hinschaut.
Da waren „nur“ paar Sachen zum Arbeitstempo und Problemen mit Mathe und besonders da dann wieder mit dem Arbeitstempo zu lesen.

Die Noten waren mittelmäßig bis okay, zu Hause wurde ich als Sonnenschein dann vernachlässigt, weil die Eltern genug mit den anderen beiden zu tun hatten, also ging’s aufs Gymnasium.

Da dann Absturz nach Ehrenrunde in der 7. und so kam es zum Schulwechsel.

Nach der Schule ging es chaotisch weiter mit Abbrüchen der weiteren Schulformen, später als Zeitsoldat. Auch in Beziehungen kam das Thema auf, weil ich nicht aus dem Knick kam, wenn es terminlich irgendwohin ging :face_with_hand_over_mouth:

Ich wurde bis zum Tod meiner Mutter als Sonnenschein beschrieben. Sie hätte wahrscheinlich ebenso da gesessen, oder sogar nur positives erzählt :man_shrugging:

Joa joa… was da in mir innerlich abging habe ich (wahrscheinlich durch Abspaltung im Kindesalter) selber nicht wahrgenommen bis kurz vor der Diagnose. Hatte minimale Erinnerungen an die Kindheit. Da war einfach nur Nebel.

Die wichtigsten Ereignisse (denke ich) konnte ich vor der Diagnostik in einem langen Lebenslauf aufschreiben. Meine Mutter lebte da schon nicht mehr und mein Vater hat nur einen Fragebogen über mich im Kindesalter ausgefüllt.

Das hat dann zusammen mit meinen eigenen Bögen, dem Lebensverlauf, den aktuellen Problemen, der Differenzial Diagnostik, dem Gespräch und den Tests aber gepasst.

Und ab Medikation ging es dann erstmal steil aufwärts, aber dann eben auch mit vielen Schwankungen, weil einiges hochkommt und bewusst wurde.

Den Zustand von Hirn und diese Wahrnehmung kannte ich bis dahin nicht.
Für mich war davor immer das „normal“.

Und jetzt eben lernen mit dem überholten Motor da oben umzugehen

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Hallo @Melly, willkommen im Forum. Ich habe seit ca. 1/2 Jahr die Diagnose und frage mich auch immer mal wieder, ob ich denn tatsächlich ADHS habe. Meiner Mutter habe ich es nicht gesagt, da sie schon 89 ist. Sie wüsste, glaube ich, auch nicht viel zu erzählen, ist einfach schon so lange her. Und ich selber kann mich auch nur an einzelne Episoden erinnern.

Ich denke, dass deine Mutter einfach viel zu wenig über ADHS weiß. Und da ADHS ja als Krankheit auch behandelt wird, finde ich ihre Reaktion erst mal verständlich. Natürlich ist es kein Drama, dass wir AHS haben, aber in vielen Bereichen wäre das Leben ohne doch einfacher, glaube ich. Für mich liest sich das ein bisschen so, als wäre dir eine „Bestätigung“ durch deine Mutter wichtig :thinking: Aber vermutlich kann sie das gar nicht, und es ist auch nicht wichtig. Du hast es schwarz auf weiß von Experten, jetzt musst du dich vermutlich selber erst mal dran gewöhnen. Ich fand es irgendwie auch erleichternd, war ich doch nicht einfach nur faul und verpeilt und unfähig, meine Wohnung ordentlich zu halten, sondern es gab eine Ursache dafür.

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Danke dir vielmals! :slight_smile:
Fun Fact: Meine damaligen Arbeitskollegen bei meinem früheren Arbeitgeber haben mich immer mit einem Eichhörnchen verglichen. Ich stehe immer da und gucke wie ein Eichhörnchen, haha. Hatte mir das dann direkt tätowiert. Impulsivität und so :smiley:

Ich danke auch dir für deinen Erfahrungsbericht.
Irgendwie beruhigt es mich, dass ich da nicht alleine bin, obwohl ich mir ja dessen schon bewusst war.
Meine Mama hatte auch mehr mit meinem Bruder zu kämpfen, weil er viel Mist gebaut hatte und sehr schlecht in der Schule war. Für meine Mutter war ich auch eine „Leuchte“ in der Schule, obwohl mein Durchschnitt eher bei 3 lag und ich wirklich Probleme mit der Sorgfalt beim Erledigen von Aufgaben hatte und ich mich bemüht habe, mich dem Unterrichtsgeschehen anzupassen. Im Nachhinein sind meine ganzen Zeugnisse so wahnsinnig auffällig, dass ich mich wundere, warum das niemanden vorher aufgefallen ist. Mir ist das auch erst aufgefallen, als ich mich mit dem Thema beschäftigt habe.

… hääää? Irgendwie zeigt es mir deinen Text nicht mehr an und jetzt weiß ich nicht mehr, was du alles geschrieben hast. :sweat_smile:
Daher hoffe ich, dass es dir jetzt super geht und du trotz deiner relativ späten Diagnose Verbesserungen gespürt hast.

Ich muss auch erstmal lernen, nicht mehr zu maskieren. Ich hab mir das mittlerweile so sehr angewöhnt, dass es mir unglaublich schwer fällt, einfach ich zu sein.

[Edit]
Habs gefunden. Hatte es irgendwie eingeklappt :smiley:
Tut mir Leid, dass es bei dir so lange gedauert hat, bis man dich mal so richtig angesehen und verstanden hat.
Ich danke dir sehr für deine Erfahrung. Mir hilft das wirklich sehr, das glaubt ihr gar nicht.

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Ach das macht mir gar nichts aus. Ich habe kein gutes Verhältst zu meinen Eltern.
Wir sind nicht zerstritten, aber da ist halt einfach kein Interesse.
Ich kann auch viel besser damit umgehen, wenn man darüber lachen kann.

Ich habe einen Bruder und eine Halbschwester (aber zu der habe ich gar keinen Kontakt, weil väterlicherseits). Mit meinem Bruder hab ich mehr Kontakt und auch da würde ich eine ADHS vermuten. Aber meine Familie ist einfach nicht so belesen was psychische Krankheiten betrifft. Die würden auch nie deswegen zu einem Arzt gehen.
Mein Bruder ist deutlich älter als ich, sodass wir in der Kindheit nicht viel Zeit zusammen verbracht haben. Ich habe auch eine Nichte, aber die ist noch im Kindergarten und da mein Bruder woanders wohnt, sehe ich sie auch nur ab und zu.

Hallo @ulschke :adxs_wink:
Auch danke an dich für deine Begrüßung und deine Antwort!

Ja, irgendwie war mir die Bestätigung meiner Mutter wichtig. Aber letztendlich sagen meine Zeugnisse und meine Erinnerungen schon mehr als genug aus. Ich habe die Diagnose keine 24h. Vermutlich muss ich mir wirklich erstmal bewusst werden, dass ich es jetzt schwarz auf weiß von einem Experten habe, der eine wirklich sehr gründliche Diagnostik durchgeführt hat. Ich habe ADHS. Ich darf es sagen: Ich habe ADHS.

Danke dir sehr! Ich komm mir bisschen doof vor mit mein Gedanken-Chaos, aber ihr seid hier alle so lieb, verständnisvoll und habt Erfahrung damit. Das hilft mir wirklich enorm.

Liebe Melly,
meine beiden Söhne haben auch AD(H)S. Danach wurde auch noch mein Mann diagnostiziert. Bei meinem Sohn sagte die Psychotherapeutin am Ende der Diagnostik so ähnlich wie „geben sie ihm doch die Medikamente“… Ich dachte, die spinnt völlig, die empfiehlt mir, dass ich meinem Sohn Tabletten geben soll, das MUSS auch irgendwie anders gehen.
Ich bin mit ihm mehr als 2 Jahre zum Neurofeedback gefahren, habe Konzentrationstraining mit ihm gemacht, habe viele Bücher gelesen und und und… Das war natürlich nicht gänzlich umsonst (aber auch furchtbar anstrengend für ihn zu allem anderen noch dazu) hatte aber keine bleibende und vor allem nur eine geringe Verbesserung gebracht. Nach 3 Jahren war er in der Schule der langsamste von allen und jede Hausübung war eine Qual. Wir probierten die Medikamente. Ich habe (aus Angst) mit einer ganz niedrigen Dosierung begonnen, habe einfach nur die Hälfte gegeben als am Rezept stand (2,5mg). Und ich habe erst nach 7 oder 10 Tagen wieder erhöht. Mittlerweile nimmt er die Medikamente seit fast einem Jahr. Nach ein paar Monaten mussten wir nochmals erhöhen. Und nun zu dem eigentlichen… Ich hatte so Angst ihm das zu geben, aber, seitdem ist er viel selbstbewusster, selbstsicherer geworden. Er wurde in der Schule schneller und kann nun erstmals zeigen, was er wirklich kann, egal ob Unterricht oder Sport. Er ist nicht mehr so erschöpft und kann auch besser einschlafen. Aus diesem Grund haben wir auch unserem zweiten die Medis früher gegeben und es geht auch ihm viel besser damit. Auch mein Mann nimmt sie jeden Tag, er benötigt aber weniger (was normal ist bei Erwachsenen).
Probiers einfach aus und gib dir genügend Zeit dafür. Wir dachten auch zunächst nach ein paar Wochen die Medikamente passen nicht (kein Hunger, irgendwie waren noch ein paar Dinge…). Aber nach 3 bis 4 Monaten hat sich alles gut eingependelt und seitdem läuft es richtig gut.
Ich bin im Nachhinein froh, dass wir damit begonnen haben, denn eines muss einem sowieso bewusst sein: die Medikamente helfen gut, aber das ADHS ist ja trotzdem immer noch da. Soll heißen, es bleibt noch genug übrig (zb am Morgen oder Abend wo die Medikation weg ist). Und auch mit den Medikamenten ist nicht jeder Tag gleich und es wird mal bessere und mal schlechtere geben :wink:
Ich hoffe ich konnte dir damit ein wenig Angst davor nehmen und wünsche dir alles Gute!

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Liebe Lela,
danke für deine aufmunternden Worte.

Ich freue mich, dass es sich bei deinen Söhnen ausgezahlt hat und ich kann deine Sorgen verstehen, da es mir ja in dem Falle auch so ergeht.
Es hilft mir wirklich sehr von Betroffenen oder Angehörigen zu hören, dass das alles gar nicht so schlimm ist, wie man denkt oder wie es einem von Außen immer suggeriert wird.

Mein Problem ist zum einen mein eigener Kopf, der sich gerne die schlimmsten Szenarien ausmalt (und dabei NIE richtig liegt. Objektiv betrachtet, weiß ich das auch!) und zum anderen die Meinung der anderen. Jedoch sind „die Anderen“ in meinem Umfeld nicht von ADHS betroffen und haben keine eigene Erfahrung mit den Medikamenten.

Als ich bei meinem Hausarzt den Verdacht auf ADHS angesprochen habe, hat er den Verdacht in keiner Weise angezweifelt, jedoch erwähnt, dass die Medikamente nicht ganz Ohne sind. Zumindest hab ich das so in Erinnerung. Vielleicht ist meine Erinnerung auch nicht ganz richtig, weil es schon 6 Monate her ist und ich zu dem Zeitpunkt mega aufgeregt war und mich das Ansprechen schon enorm viel Kraft gekostet hat.

Sobald ich mich endlich mal dazu bekomme, einen Termin beim Hausarzt zu machen (Prokrastination Hallo!), werde ich das ansprechen und dann brauch ich ja eh erstmal eine Überweisung für einen Psychiater und Therapie und dann muss ich erstmal einen finden usw. Ich werde es definitiv ansprechen. Ihr habt mich schon überzeugt und ich kann mir bisher ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, wie viel einen ADHS dann wirklich genommen hat und wie viel dann vielleicht möglich ist. Ich hoffe auch, dass ich dann nicht zu hohe Erwartungen an die Medikamente habe. :joy:

Helloooo!
Ich war heute bei meinem Hausarzt, um über meine frische ADHS Diagnose zu sprechen. Hab ihm mein Gutachten und die Empfehlung des Therapeuten gezeigt. Er hat gleich gesagt, dass er sich mit der Medikation nicht auskennt und mir sowohl eine Überweisung für einen Therapeuten, als auch einen Psychiater mitgegeben. Da mich der Arztbesuch genug Energie gekostet hat, werde ich es heute ruhig angehen lassen, obwohl ich am liebsten direkt recherchieren will, aus Angst es sonst liegen zu lassen… aber das würde mich nur frustrieren und noch mehr Matsch im Kopf machen. :woozy_face:
Ich hoffe sehr, dass ich die Therapie dort anfangen kann, wo ich auch meine Diagnostik hatte. Ich erwarte es aber eher nicht.

Ich hab jetzt also offiziell eine Überwachung zum Psychiater. Es dauert sicher bis ich einen finde und einen Termin bekomme, aber ich bin jetzt schon ängstlich gestimmt. Ich will auch gerne meine Escitalopram (5mg) absetzen, bevor ich mit MPH anfange. Natürlich unter Absprache mit dem Psychiater. Soooooo…

Ihr könnt mir hier gerne eure positiven Vibes zu den Medikamenten mitteilen, damit ich bis dahin was zu lesen habe und positiv gestimmt bin. :adxs_trost:
„BTM ist nicht so krass, wie es klingt.“, „Antidepressiva sind schlimmer“, …
Mir ist natürlich bewusst, dass es bei jedem anders wirkt und auch Nebenwirkungen haben kann.

Überweisung. Nicht Überwachung, haha.

Meine ängstliche Stimmung ist schon wieder halbwegs im Griff. War vermutlich gerade nur, weil es immer ernster wird und in „greifbare Nähe“ rückt.

Gedanken:
Ist es gefährlich?
Kann ich dann noch schlechter einschlafen?
Verliere ich mein Sparkle? :sparkles:
Verliere ich meine Persönlichkeit?
Habe ich zu hohe/wenig Erwartungen?

Irgendwann werde ich das lesen und mir denken, wie ich nur all die Jahre ohne leben konnte, hehe.

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Hoffe, kommst schnell beim Psychiater dran und darfst bald ein Rezept mitnehmen.

Wüsste nicht, wo das Eindosieren besser klappen sollte als mit dem Austausch hier.

Das kriegen wir hin :muscle:t3:

Er hier grüßt fein und wünscht noch ein bisschen geduldige Nerven. Hing hier gerade an der Scheibe.

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Danke dir sehr! Ich werde sicher darauf zurückkommen, wenn es soweit ist :slight_smile:

Pfui baaah. Ich wäre kreischend weggelaufen :adxs_lach:

Mit Gesicht ist der doch niedlich :smile:

Aber seine Kumpels kommen selten schonmal irgenwie durch Ritzen im Dach oder haben irgendwie in der Holzverkleidung überwintert und wollen rausgetragen werden.

Man soll die wohl nicht bedrängen, sonst sondern die irgendwas ab und stinken :eyes:

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Wir haben die ab und zu auf dem Balkon. Die Katzen finden das auch immer ganz spannend, aber bereuen es, wenn sie zu Nahe kommen :nauseated_face::joy:

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QUIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIETSCH!!!
Ich bin gerade wie ein Eichhörnchen auf LSD durch die Wohnung gerannt und gehüpft und hab geschrien. Denn: Ich hab Mitte Mai einen Therapieplatz bei dem Therapeuten, wo ich auch meine Diagnostik hatte. ICH BIN SOOOOO HAPPY!!!

Jetzt muss ich nur noch einen Psychiater für die Medikation finden. :adxs_happy: (ich brauch noch einen Smiley, der wie ein Flummi rumhüpft!)

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Geieeeel :partying_face: da hast du Glück gehabt. Freut mich.

Vielleicht auch schon mal beim Hausarzt anklopfen, ob er die Medikation übernehmen würde, solltest du auf die Schnelle keinen Psychiater finden.

Mit dem Gutachten + Therapeut könnte auch das funktionieren :crossed_fingers:t2:

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