Meine Geschichte, Mein Weg

Hallo zusammen

Irgendwie habe ich das Bedürfnis meine Geschichte zu teilen. Eifach einmal alles aufzuschreiben, Gedanken und Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Vor 10 1/2 Jahren (im Winter) habe ich das erste Mal gemerkt, dass etwas bei mir „nicht stimmt“. Das war im 10. Schuljahr (Weiteres Schuljahr, wenn man keinen Ausbildungsplatz gefunden hat.) Ich war häufig sehr müde und konnte mich nicht lange konzentrieren. Ging deshalb zum Hausarzt und es wurde ein Vitamin D Mangel festgestellt. Der wurde korrigiert, aber ab da sass ich jeden Winter wegen den selben Symptomen beim Arzt: Müdigkeit, Schlappheit, Verstimmung. Gefühlt wurde es immer schlimmer. Irgendwann in der Ausbildung kam das erste mal die „Scheibe“. Ein Gefühl, als hätte ich gerade einen Joint geraucht. Der Kopf funktioniert nicht richtig, wie im Leerlauf, die Wahrnehmung war komisch. vernebelt, hinter einer Glocke, verzerrt, beängstigend. Dieser Zustand hatte ich manchmal 4 Tage in der Woche und dann wieder einen ganzen Monat lang gar nicht. Teilweise bis zu 5h am Stück. Der Arzt hat es dann irgendwann als Winterdepression abgehackt.

Ich war eigentlich ziemlich zufrieden mit dieser Diagnose, weil ich es benennen konnte und glaubte etwas dagegen tun zu können. Die Winter, wurden trotz Stimmungsaufheller immer schlimmer und schlimmer. So schlimm, dass ich im Sommer beim bloßen Gedanken an der Winter schon Tränen in den Augen hatte. Die „Scheibe“ kam immer öfters und länger. So dass ich sie vom frühen Herbst bis in den späten Frühling eigentlich mehr oder weniger durchgängig hatte. Ich fing damit an mich zu hassen. Dafür, dass ich keinen Tag mehr hinbekam, ohne mindestens 2x zwischendurch schlafen gehen zu müssen. Und noch dann, neben mir stand, nicht richtig gerade aus denken konnte und so weiter.

Ich hatte mich selbstständig gemacht nach der Ausbildung. Durch Corona und meinen Gesundheitszustand war klar, dass ich mein Lokal wieder aufgeben musste. Diese Erkenntnis kam vor einem Jahr. Das war das erste Mal, dass die Symptome mich im Sommer voll eigeholt haben. Da war mir dann klar, dass es wohl keine Winterdepression sein kann. Na gut, dann vielleicht eine „normale“ Depression? Ich konnte diese Frage mit nein beantworten. Ich war depressiv ja, aber irgendwie wusste ich tief in mir drin, dass ich depressiv bin, weil ich immer müde und erschöpft bin und nicht umgekehrt.

Zu diesem Zeitpunkt hat jemand aus meinem Umfeld den Begriff ADS an mich getragen. Eine Bekannte, welche Ausbildnerin ist, hat mir ein süsses Bilderbuch ausgeliehen, welches Kindern mit ADHS ein bisschen erklären soll wie sie funktionieren. Ich habe begonnen es zu lesen und dachte mir: „Ja, ja, alle Kinder sind so. Der Teil mit dem ADHS kommt dann noch.“ Dann war das Buch fertig ohne dass der ADHS-Teil noch gekommen wäre. Tja, dann war ich erstmal verwirrt. Was, dass ich als „normal“ abgelegt habe ist denn sonst noch „nicht normal“ und umgekehrt.

Sofort für die Abklärung angemeldet. Hatte so viele Fragen und wusste nicht wohin damit. Habe viel darüber gegoogelt. Konnte mich mit sehr vielen Dingen identifizieren. War mir sicher ADS zu haben. Hatte Mühe im Netz genügend Stoff über ADS zu finden, weil immer (nur) ADHS kommt. Dort konnte ich mich teils weniger wieder erkennen. Stimme im Kopf: „Hör auf, dich ständig damit zu beschäftigen, du hast kein ADS, du willst nur eine Ausrede um Faul zu sein“ Bin jeden weiteren Tag , bis zur Diagnose, auf dem Zahnfleisch gegangen. Ewige Wartezeiten. nach einem halben Jahr, nach Anmeldung, die Diagnose: ADS. War unglaublich erleichtert. Habe geweint vor Glück.

Die Schilderung ging jetzt länger als geplant. Ich mach hier mal einen Punkt und schreibe ein anderes mal in den Kommentaren weiter. PS. das hier ist das erste mal, dass ich wirklich alles aufschreibe. Ich bin mir selbst nicht sicher, wieso ich es überhaupt mache und erst recht nicht wieso ich es teile)

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Herzlich :heart: Willkommen @Tabono , wir haben uns ja schon im Thema über den Vollmond ausgetauscht, schön das Du Dich nun hier vorstellst.

Ich finde es wirklich sehr schön wie Du Dich hier vorgestellt hast, und obwohl ich nun inzwischen sehr müde bin, möchte ich Dir gerne noch mitteilen das Dein Bauchgefühl wahrscheinlich das richtige ist.

Denn wir alle sind letztlich immer nur suchende, suchen nach Antworten die irgendwie auf uns passen, auch bei mir war das damals mal so.

Inzwischen weiss ich das ich ein Mensch aus dem Spektrum bin, und nicht nur „einfach Adhs“ auf mich zu zutreffen scheint, sondern das ich auch ausserdem höchstwahrscheinlich autistisch bin.

Und ich schäme mich nicht im geringsten dafür das ich aus dem Spektrum bin, ich bin eben einfach nur so wie es das Universum wollte, dass ich so bin wie ich eben bin, denn wäre das nicht so, dann wäre ich ja anders als ich bin, also ist es genau das wie es das Universum für mich vorgesehen hat.

Du bist noch am Anfang Deiner Suche, doch wie ich es vermute, bist Du Dir selbst schon auf der Spur.

Ich wünsche Dir alles gute und einen interessanten Austausch in diesem grossartigen Adhs Forum. :heart:

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Vortsetzung, Teil 2:

Habe mich postwendend vom Hausarzt zum Psychiater überweisen lassen. Gehe noch immer jeden Tag auf dem Zahnfleisch. Bitte warten. 3 Monate später Ersttermin. Sitze heulend vor der Psychiaterin, weil ich langsam wirklich nicht mehr kann. Wurde gefragt, was mein Ziel ist. Meine Antwort: Vorerst Medikamentöse Einstellung. Dann, weiter schauen. Wurde gefragt, welches Medikament mein bevorzugtes wäre. Habe mich im Internet schlau gemacht und alle möglichen Erfahrungsberichte im Umfeld eingeholt. Herausgekriegt, dass die meisten am Schluss bei Elvance landen. Viele haben zuerst andere Medikamente ausprobiert, haben diese dann aber nicht gut vertragen. Habe meine Entscheidung mitgeteilt. Mein Wunsch wurde abgelehnt, sie beginnen üblicherweise mit Concetta. Fragte mich, wieso sie mich dann überhaupt fragen. Ärgere mich. Wieso muss ich ein Medikament ausprobieren, dass sich häufig nicht bewährt, wenn es doch eines gibt, dass sich meistens bewährt? Schicke der Psychiaterin meine Blutwerte und mein EKG zu, welches ich glücklicherweise bereits digital besitze. Da ich den Hausarzt gewechselt habe, bekam ich alle Unterlagen mit. Sehe auf dem EKG den Kommentar: Wahrscheinlich abnormal. Schlucke leer. Passt zu meinen bisherigen Erfahrungen bei diesem/meinem Arzt. (Hat gesagt, dass mein Blutbild normal ist. Habe dann selber per Zufall gesehen, dass ich einen grossen Vitamin D Mangel habe. Wollte, dass er mich frühzeitig (bereits vor der Diagnose) zu einem Psychiater überweist, so dass ich nach der Diagnose nicht all zu lange warten muss. Hat sich geweigert. Das war der Zeitpunkt, als ich einen Arztwechsel beschloss.) Dachte mir, schicke das EKG trotzdem der Psychiaterin. Wird wohl hoffentlich nicht so schlimm sein. Sie ruft mich an und fragt nach, wieso da „wahrscheinlich abnormal“ steht. Ich habe keine Ahnung, der Arzt nichts dazu gesagt. Frage mich, wieso ich ihr ein EKG schicken muss, wenn sie es offenbar nicht lesen kann. Das geht so nicht, ich muss ein neues EKG machen lassen. Gehe mit einem mulmigen Gefühl zu meinem neuen Hausarzt. EKG unauffällig und die neue Praxis ist echt super, sie schicken es noch am gleichen Tag weiter.

Nach ca. 4 Monaten, nach der Diagnose, ist es endlich so weit. Mir wird Concetta 18mg verschrieben. Ich soll sie eine Woche nehmen und mich dann telefonisch bei der Psychiaterin melden. Fühle mich, nach ewig langer Zeit, wieder mal okay. Ich bin zwar immer noch müde, aber nicht mehr komplett am Arsch. Dinge scheinen nicht mehr unmöglich. Rufe nach einer Woche an, sie ruft 3,4 Tage später zurück. Erkläre ihr meinen „Zustand“ und dass ich bisher sehr zufrieden bin, ich aber trotzdem gerne eine höhere Dosis probieren möchte. Einfach weil ich glaube, dass man da noch mehr rausholen kann und ich ja noch immer müde bin. Psychiaterin ist sehr zurückhaltend. Schildert mir, das Müdigkeit eine Nebenwirkung sein kann. Findet, ich soll noch 2, 3 Wochen 18mg nehmen. Ich entgegne, dass die Nebenwirkung von Kopfschmerztabletten auch Kopfschmerzen sind und dass es ja eigentlich egal ist, ob ich wegen den ADS-Symptomen müde bin oder von möglichen Nebenwirkungen. Ich es aber nicht erfahre, wenn ich es nicht ausprobiere. Psychiaterin fragt mich erstaunt, ob ich den schon vor den Medikamenten müde war. Frage mich, ob sie mir, bei meinem Ersttermin (Einziger Termin) überhaupt zugehört hat. Naja. Nach langem Zögern, gibt sie das Okay für die Verdopplung auf 36mg. Traue mich am nächsten Tag beinahe gar nicht 2 Stück zu nehmen, weil sie mir ein sehr schlechtes Gefühl zur Erhöhung gegeben hat.

Springe über meinen Schatten und nehme 2 Stück, alles gut. Bemerke aber eigentlich keinen extremen Unterschied. Höchstens minimal. Bin eigentlich ziemlich zufrieden so. Dann plötzlich, lässt die Wirkung nach einer Weile über mehrere Tage nach. Falle in ein tiefes Loch. Bekomme meine Tage und frage mich, ob es da einen Zusammenhang geben könnte. Nutze google und dieses Forum um gescheiter zu werden. Lese, dass es anscheinend viele Frauen gibt, die ihre Dosis zwischen Eisprung und Menstruation erhöhen, weil ihre Symptome in diesem Zeitraum stärker sind. (Hat anscheinend einen Zusammenhang mit dem Östrogen-Abfall) Bin ein bisschen sauer, wäre doch eine nette Information gewesen, die ich vorgängig gerne von meiner Psychiaterin gehabt hätte. Dann fällt mir auf, dass ich eigentlich noch zu gar nichts informiert wurde. Alles, war ich über AD(H)S weiss, habe ich selber in Erfahrung gebracht. Mir wurde weder erklärt, was genau ich habe, noch wie es sich bemerkbar macht. Geschweige denn, was für Möglichkeiten, dass ich zur Behandlung habe. Respektive was es da alles gibt.

(Fehlt noch ein Teil, kommt auch bald)

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Hallo @Tabono :slight_smile:
Das sagst du was ganz Wesentliches mit der Aufklärung .
Ich wurde auch null aufgeklärt . Selbst als ich fragen an den Arzt hatte, konnte er sie mir nicht beantworten .
Als ich Schwierigkeiten mit der Dosis hatte, konnte er mir auch nicht helfen. Mit Fraulichen ( Problemen ) komme ich gar nicht bei ihm an. Finde alles mühsam selber heraus . Guter Rat ist teuer und selten .
Einen guten Arzt zu finden ist, wie die Nadel im Häuhaufen zu suchen und zu finden :slight_smile:

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@Kristina-Krisey

Echt tragisch. Konntest du den Arzt wechseln?

Meine Psychiaterin hat mich letztens sogar am Telefon angefahren, dass ich so viel dazu google. Hätte ihr entgegnen sollen, dass mir ja nichts anderes übrig bleibt, um an Informationen zu kommen. :sweat_smile: War in diesem Moment leider nicht so schlagfertig :thinking:

@Tabono

Nein noch nicht , bin auf der Suche .

Eben was bleibt uns den anderes übrig , als unseren eigenen Umgang damit zu finden . Kann auch oft nicht sofort Antworten , dauert bis ich die passende antwort habe :slight_smile:

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