Mit ADHS Ausbildung schaffen möglich?

Hallo,

Ich mache im Moment eine Ausbildung und bin jetzt ab August im 2. Lehrjahr. Ich wollte die Ausbildung wirklich mehr Mals abbrechen, schon am Anfang. Hab mir immer Ziele von Monaten gesetzt & jetzt bin ich im 2. … aber das heißt, noch 2 Jahre ! Ich weiß nicht wie ich das schaffen soll, ich habe wirklich meinen Arsch aufgerissen, mich gezwungen & einigen Hilfsmittel (Gras) bis hier her geschafft. Ich habe echt keine Lust mehr, ich habe keine Lust mehr auf diese ganzen Menschen & immer dieses frühe aufstehen & habe keine Zeit mehr für nichts. Dann dieser Stress in der Schule, dann nerven die Arbeitskollegen & ich fühle mich so oft dumm dort, weil ich so nervös ständig bin & die Leute dann denken ich wäre dumm & ohne Erfahrung. Das nervt total, ich habe einfach keine Lust mehr. Ich komme gar nicht mehr hinterher, meine Wohnung ist ständig unorganisiert, unordentlich, Wäsche bleibt ne Woche in der Maschine, komme zu nix mehr, alles zu viel!

Ich hoffe so sehr, dass die medikamentöse Therapie mir helfen wird, anders zu denken… ich will einfach nur zuhause sein und nicht mehr arbeiten.

Andere Menschen schaffen es, trotz ADHS zu studieren etc. oder beenden die Ausbildung, warum schaff ich das nicht?

Ich bin 26 Jahre alt, das ist jetzt meine 3. Ausbildung (vorher immer abgebrochen kurz vor Ende wegen des Stresses)

Ich habe so Angst, dass ich diese Ausbildung auch abbreche, weil danach werde ich keine andere mehr anfangen, das ist jetzt der letzte Weg.

Naja ich bin gespannt wie ich denke, wenn ich die Medikamente nehme, bin bei 10 mg morgens & jetzt ist es erträglicher auf der Arbeit.

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Mir kommt es inzwischen so vor, als müsse man bei Krisen und Problem als ADHSler manchmal auf dem Drahtseil durch ein Nadelöhr… Und sich dabei für den Weg gut ausbalancieren:

Da gibt es einerseits die „Harte Fakten“-Seite, auf der man sammeln kann,

  • dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind,
  • dass der nächste Anlauf nach einem Abbruch manchmal noch schwerer ist und es vielleicht auch deshalb ein ganz schon dickes Brett ist für Dich gerade,
  • dass ein Leben ohne abgeschlossene Ausbildung aber erst recht jede Mengen Härten hätte… bis 65 oder länger.

Aber gerade mit ADHS kriegt die Stimmung mit so einem „Ernst des Lebens“-Fokus alleine nach meiner Erfahrung auch schnell mal Schlagseite.

Dann muss man auf die andere Seite ganz dringend genug packen, das den Ernst des Lebens ausgleicht und wert macht und aus dem negativen Hyperfokus auf die Probleme rauslockt.

Du hast nicht geschrieben, ob Du Dich auf den Beruf nach der Lehrzeit freust, ob Du auch irgendwie „Vorfreude auf Dich selbst“ und neue Fähigkeiten erlebst, wenigstens ab und an mal…

Ob da was ist, das Du nach dem ersten Lehrjahr (Glückwunsch zu 1/3!!!) kannst, das Du letztes Jahr noch nicht konntest… Ob da irgendein Traum im Kopf ist und sei es nur ein trotziger, dass Du irgendwann Meister bist und Deine Azubis besser behandelst als es Dir jetzt ergeht…

Ob da im Umfeld jemand ist, der Dir all diese rosigeren Aussichten nach der harten Lehrzeit ab und zu vor Augen führt, eine Ausbildungsleitung, die Dich ab und zu motiviert oder andere Azubis, mit denen zusammen Du mal alles scheiße finden, aber dann weitermachen kannst…

Ich halte die Daumen, dass die Medis sich als taugliche Hilfsmittel erweisen. Vielleicht sogar besser dosierbare als Gras.

Und nach - wirklich effektiven - Hilfsmitteln und Ressourcen würde ich weiter Ausschau halten… Vielleicht hilft Dir ab und an mal jemand Mütterliches in der Wohnung aus, wenn Dich das so belastet. Vielleicht findest Du auch weitere Unterstützung.

Hast Du Dir zB schon mal ein Mentoren-Programm zur Unterstützung von Auszubildenden angesehen, z.B.
https://vera.ses-bonn.de/ich-bin-azubi

Oder assistierte Ausbildungsprogramme? Das müsste sicher alles auch menschlich passen, damit Du Dich nicht noch zusätzlich gegängelt fühlst, aber vor einem Salto beim Seiltanz würde ich versuchen, ob die Stärken- und Ressourcen-Seite nicht noch ausreichend Gegengewicht bekommen kann, damit Du ab durch die Mitte Deinen Weg findest.

Es ist ein schwieriges „Jeder Tag hat seine Plage“ und Schritt für Schritt gehen und trotzdem manchmal den Blick aufs große Ganze zum Luftholen mitnehmen. Und wenn Du nur das in der Ausbildung lernst, dann wäre es das schon wert gewesen…

Halte durch. Es wird das alles wert sein.

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Ich habe auch sorgen, dass die mich kündigen könnten. Also aktuell wäre es nicht realistisch, weil wir total unterbesetzt sind und ich mein Job richtig gut mache (wenn ich motiviert bin) was 60% des Tages ist. Aber sobald mir langweilig wird, schleppe ich mich von Raum zu Raum, bin sehr unfreundlich und genervt… zicke jeden an & werde aggressiv.

Also im Moment gibts auch täglich Konflikte mit einer Mitarbeiterin, sie nervt mich so dermaßen … danach habe ich den ganzen Abend ein schlechtes Gewissen, weil ich so fies war bzw. das ADHs

@NewStart96 bitte bitte bitte versuche diese Ausbildung fertig zu machen. Ich bin eine alte Adhs’lerin die es in ihrem ganzen Leben nie geschafft hat auch nur eine einzige Ausbildung durchzustehen, ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen warum, aber sagen wir weil ich eine schwere Kindheit hatte.
Aber unwichtig und darum geht es nicht, um was es geht bist Du, wenn Du jetzt keine abgeschlossene Ausbildung bekommst, dann wirst Du Dein ganzes Leben darunter leiden, und je älter Du wirst, desto schlimmer wird es werden.
Also bitte rauche kein Gras, trinke keinen Alkohol, kümmere Dich so gut Du kannst um Deine Zukunft.
Diese Chance hast Du nur 1 bis 2 mal im Leben, und wenn Du die nicht packst, dann war’s das.
Suche Dir einen Adhs Spezialisten:in , probiere Adhs Medikamente aus, mache vielleicht eine Therapie, aber schliesse Deine Ausbildung ab.

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Ich kann dich absolut nachvollziehen. Damals als ich in der Ausbildung war, gab es eine Knappheit an Ausbildungsplätzen. Das war das einzige was mich irgendwie gehalten hat. Ich wusste dass ein Abbruch dazu führen würde, dass ich eventuell nie wieder die Chance bekomme und ich es lebenslang bitter bereue.

Die Ausbildung an sich war die reinste Katastrophe. Täglich mit Magenschmerzen hingefahren. Oft 6 Tage die Woche gearbeitet. Im Durchschnitt 54 Stunden die Woche. Wenn ich heute daran zurückdenke, bekomme ich Gänsehaut.

Weil du schreibst, dass du oft aggressiv / genervt bist usw.:
Viele im Forum schreiben darüber, dass Elvanse eine sehr entspannte und stimmungsaufhellende Wirkung hat. Vielleicht kannst du dich da etwas reinlesen oder deinen Psychater fragen?

Falls du aber gerade in der Eindosierungsphase von Methylphenidat bist, gehe ich mal davon aus, dass du demnächst eine zweite Dosis am Tag nehmen wirst.
Wenn du ja bereits aktuell morgens Erfolg hast, stehen die Chancen gut, dass es dir besser geht, wenn du dich den ganzen Tag mit Medikamenten abdeckst. Ich persönlich nehme 3 - 4 mal am Tag Medikamente und es hilft.

Ich weiß es klingt hart, aber versuch alles um diese Ausbildung zu überstehen. Ich glaube es ist härter, sich eines Tages mit 1-Euro-Jobs im Rahmen von Hartz4 über Wasser zu halten. Oft können das Jobs sein, die einem ADHSler erstrecht keine Freude bereiten.

Oh wow das erinnert mich so sehr an meine eigene Ausbildungszeit, allerdings war ich damals noch etwa 12 Jahre von meiner Diagnose entfernt.

Erstmal herzlichen Glückwunsch zum 1/3 ! :slight_smile:

Sorry wenn ich das jetzt so einwerfe, aber die Aussage: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ ist meiner Meinung nach nur eine Ausrede um Azubis beschi**en zu behandeln. Frei nach dem Motto: „Das haben wir schon immer so gemacht“.
Klar, man kann auch etwas 1000 Jahre falsch machen. Dadurch wird es trotzdem nicht besser oder richtiger.

Wichtig ist dass du dir Ziele setzt.
Jetzt keine gigantischen mit unrealistischen Anforderungen sondern kleine, relativ leicht zu erreichende.
Ich hab auch jetzt noch immer wieder Phasen wo ich mir denke: „Nächstes Ziel: Mittagspause, danach Feierabend erreichen!“.
Vielleicht hilft es dir wenn du den Tag morgens mit einer bereits erledigten Aufgabe beginnst.

Du sagtest meine ich etwas von fehlender Struktur.

Eine einfache, schnell zu erledigenden Aufgabe ist nach dem Aufstehen erstmal das Bett zu machen.
Damit hast du den ersten Erfolg des Tages schon binnen weniger Minuten in der Tasche.
Und wenn der Tag noch so daneben läuft und du nichts auf die Reihe bekommst… DAS hast du bereits erfolgreich geschafft!
Es mag noch so profan sein, noch so witzlos klingen…
Aber mir hilft es ungemein.

Und wegen den nervigen Kollegen:
Versuch dir doch Mal zu denken dass die nur 5min in deinen Schuhen gehen sollen. Mit all deinen Sorgen und Problemen. Ich wette dass die eher das jammern anfangen würden als du bis eins gezählt hast :wink: Wichtig: Denken, nicht sagen;)

Und wenn dir wieder alles auf den Zeiger geht, du einfach aufgeben willst, denk immer daran: Aufgeben kann jeder. Durchhalten nicht!
Du packst das!

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Hallo du :slight_smile:
Ich werde dir leider keine Tipps geben können, da ich noch nicht viel Erfahrung habe. Ich möchte aber kurz was einwerfen:
Ich studiere nicht trotz ADS, sondern eher wegen ADS (und anderen psychischen Faktoren). Als ich vor der Wahl stand, eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen, hatte ich große Angst vor beidem. Entschieden hab ich mich hauptsächlich fürs (Fern-)Studium, weil ich dort flexibler nach meinen Bedürfnissen lernen kann und keinem Arbeitgeber Rechnung tragen muss. Ich bewundere echt jeden Menschen, der sich trotz dieser Probleme in eine Ausbildung wagt! Ich war zu feige dafür und versuche nun, durchs Studium den Eintritt in die Berufswelt noch etwas hinauszuzögern, wenn ich ehrlich bin.

Ich habe auch damals Abitur gemacht, weil ich zu viel Angst vor der Arbeitswelt hatte :joy:
Dachte mir, bleibe da wo ich bin, ist am bequemsten… jetzt denke ich mir, hätte ich mal die Ausbildung damals gemacht, da mir das Abi nix bringt weil ich für meine Ausbildung kein Abi brauche & nicht studieren will. Aber kann zumindest immer sagen, ich hab Abi😅 da ich nicht sehr intelligent rüber komme leider

Ich würde nicht sagen dass es vergeudete Zeit oder was auch immer war.
Was du hast, hast du und du weißt nie wofür das Mal gut ist auch wenn du es jetzt noch nicht absehen kannst.

Zumal du dich in der Zeit auch weiterentwickelt hast.
Erfahrungen sammeln und so…

Ich hab damals im wesentlichen Abi gemacht weil ich noch nicht arbeiten wollte und das irgendwie das naheliegendste war.
Und ganz ehrlich,ich habe es bis heute, über 10 Jahre später, nicht ein einziges Mal bereut :wink:

Also auch wenn es den Moment nicht danach aussieht wird es dich weiter bringen.

Spätestens wenn’s um das Thema Qualifikation für einen Job geht.

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Hey Du! Welches Medikament nimmst du denn? Wie läuft die Eindosierung, geht’s dir damit gut? Medikation kann sicher helfen, wie die anderen schon richtig bemerkt haben. Ich hab damals fast keinen Schulabschluss geschafft, dann durch die ADHS Diagnose + Medikament das entscheidende Jahr gerade noch gepackt. Und dann Abi + Studium. Also packst du das sicher auch, mit der Ausbildung!

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