Montessorischule mit ADHS?

Hat jemand von euch Erfahrung mit einer Montessorischule? Ich frage mich, ob das für unser Kind mit ADHS gut wäre (mehr Flexibilität bezüglich Bewegung und Pausen, besserer Betreuungsschlüssel, jahrgangsgemischte Klassen, kein Druck durch Noten), oder ob es evtl. durch die viele Freiarbeit und weniger Strukturen überfordernd wäre. Es geht um die erste Klasse, er kommt im nächsten Jahr in die Schule.

Ich glaube, diese Frage lässt sich nicht beantworten da es eher die Frage ist wie dein Kind ist und nicht ob Montessori für ADHSler besser ist.

Da glaube ich jedenfalls nicht pauschal dran. Montessori kann für manche Kinder auch ganz schön belastend sein.

Mein Kind (mit ADHS) war auf zwei normalen Grundschulen. Alles gut soweit. Sehr abhängig von der Lehrkraft.

Für die weiterführende Schule haben wir uns aus diversen Gründen für eine Montessori Schule entschieden. Vor allem aber wegen einer starken LRS, wo wir wenig Vertrauen hatten, dass die Regelschulen das gut hinkriegen.

Wir wurden nicht enttäuscht. Das lag aber weniger daran, dass es eine Montessori Schule ist sondern dass es eine Privatschule ist, die halt insgesamt etwas besser aufgestellt ist.

Bezüglich Montessori kann ich nicht viel sagen, da davon auf dem Gymnasium nicht so viel zu bemerken ist. Generell machen die das gleiche wie normale Schulen auch. Es gibt nur viel Freiarbeit und mein Kind kam damit gar nicht gut klar. Es war vor der Diagnose sogar so, dass es drohte sitzen zu bleiben weil es sich nicht organisiert bekam und die Unruhe in den Freiarbeitsstunden nachteilig ist.

Generell ist Selbstorganisation ein zentrales Konzept von Montessori und das kann mit ADHS schwierig werden.

Was Du dich auch fragen musst ist, ob du willst, dass sich Dein Kind in einer sozioökonomischen Bubbel groß wird. Die Schule ist nicht nur für die Lern-Fächer da. Es geht auch darum, zu lernen, in der Gesellschaft zurecht zu kommen. Montessori Schulen bilden in der Regel nicht gerade akurat die Gesellschaft ab.

Auch ein Faktor ist, dass die Klassen in der Grundschule sehr klein sind, vor allem gibt es wenig gleichaltrige Kinder, was ich persönlich doof finde.

Aber generell ist das halt sehr individuell welche Schulform für welches Kind am besten ist.

Ich war erst auf der Waldorfschule und es war die Hölle.

Nach einem halben Jahr in der Ecke stehen durfte ich endlich auf die Regelschule und war dort immer glücklich. Montessori wäre glaube ich auch nix für mich gewesen. Mich hat Schule und Lernen einfach selten wirklich interessiert. Das wäre auch nicht anders gewesen mit Montessori. Für mich war es deshalb besser wenn mir einfach einer sagt was ich zu tun habe.

Das habe ich dann mit Minimalaufwand erledigt und hatte ansonsten viel Freizeit.

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Ja, das kann auf jeden Fall total gut passen mit Montessori-Schule! Natürlich hängt es von diversen Sachen ab und es kann auch sein, dass es nicht passt, prinzipiell sehe ich da aber mehr gute Voraussetzungen als an einer gewöhnlichen Regelschule.

  • Die Kinder können oft nach ihren Interessen lernen, also Platz für intensive Beschäftigung mit aktuellem Lieblingsthema oder auch mit einem Fach was sie besonders interessiert (durch die Jahrgangs-übergreifenden Klassen kann man auch in Jahr 1 schon Mathe ‚für Drittklässler‘ machen und anderes dann etwas später ‚nachholen‘).
  • Die Kinder lernen ihre jeweiligen Kompetenzen auf eine wertschätzende Art kennen. Es gehört ganz selbstverständlich dazu, dass ein Kind in einem Thema vielleicht schon weiter oder insgesamt schneller ist und ein anderes Kind woanders. Die Vergleichbarkeit im Sinne von „ALLE müssen JETZT dies oder jenes können“ ist größtenteils ausgehebelt, was einen wertschätzenden Umgang und vor allem auch eine positive Lernatmosphäre und -erfahrung fördert. Es ist nicht negativ belegt etwas (noch) nicht zu können.
  • Dadurch, dass die Kinder einen unterschiedlichen Stand in verschiedenen Fächern haben, ist es ganz normal voneinander zu lernen. Mal lerne ich von dir, mal kann ich dir was beibringen - das ist sehr empowernd und gerade für ADHS-Kinder, die ja oft auch negatives Feedback bekommen, total gut!
  • Die Unterrichtsgestaltung ermöglicht es oft auch individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen (Rückzug in ruhigere Ecken/Räume, Kopfhörer tragen, Aufgabe mit Bewegung oder Draußen,…)
  • Durch das Lernen mit- und voneinander werden auch soziale Kompetenzen sehr gefördert. Und die Selbstorganisation. Dabei gibt es ja auch Hilfestellung, falls es schwer fällt, daher sehe ich das auch eher als Plus und nicht als Problem.

Die fehlende Struktur würde ich auch erstmal nicht als Problem sehen. Denn erstens kann die starre Struktur in der Regelschule auch total kontraproduktiv sein, wenn man da einfach nicht reinpasst und zweitens gibt es ja durchaus Struktur und Anleitung - nur eben nicht für alle gleich.

Ich will aber nicht sagen, dass ein Kind mit ADHS nicht auch an einer Regelschule gut zurecht kommen kann oder andersrum, dass es an einer Montessori-Schule nicht auch schief gehen kann. Die Schulen sind ja auch unterschiedlich… Genauso wie die LehrerInnen und natürlich auch die Kinder.

Und auch wenn das Gegenteil nicht direkt gesagt wurde, aber weil es erwähnt wurde: Waldorfschule und Montessori-Schule sind total unterschiedlich!

Meine Tochter (mit T21) besucht eine reformpädagogische Schule, die montessoriähnlich arbeitet.

Ich würde all die vorherigen positiven Aspekte so unterschreiben. Gerade die Wertschätzung des Individuums, das sich gegenseitig helfen und “okay sein”. Das Beschäftigen mit bevorzugten Themen ermöglicht, dass Kinder selbstsicher und -wirksam werden. Es geht dort ja tatsächlich eher um die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen (meine Beobachtung) als um das zielgerichtete Erarbeiten von Lerninhalten.

Gleichzeitig habe ich an der Schule mehrmals erlebt, dass Kinder, denen externe Struktur guttut, total geschwommen sind. Das haben Lehrkräfte und Eltern beschrieben, in einem Fall wurde dann die Schule gewechselt.

Das Pro Argument für eine Montessori Schule wäre für mich, dass es keinen zu erreichenden Horizont zu einem bestimmten Stichtag gibt und die Kinder miteinander lernen und dabei selbstwirksam sein können. Dagegen spräche für mich tatsächlich auch die Bubble und ebenso die Frage, wie intensiv die Kinder mit mehr Bedarf an externer Struktur oder Strukturerarbeitung begleitet werden können. Auch, wenn der Personalschlüssel theoretisch besser ist, heißt das nicht, dass Kinder automatisch enger begleitet werden. Wie viel Erfahrung hat das Personal mit Kindern mit ADHS? Wie drückt sich das bei deinem Kind explizit aus? Wie wohl fühlt ihr euch an diesem Ort, wie wirken die Personen, die dort arbeiten? Neben Konzepten und Erfahrung finde ich es wesentlich, dass Lehrkräfte Kindern (mit Diagnose) offen begegnen. ADHS ist komplex (so wie es T21 auch ist) und nur weil bestimmte Herangehensweisen bei einem Kind funktioniert haben heißt das nicht, dass das bei einem anderen ebenso ist. Aus dem Montessori Kindergarten habe ich die Einsicht, dass neben dem spezifischen Konzept nicht viel anderes Platz hat. Hinzu kam mein Gefühl, dass wir dort Eltern getroffen haben, die sich entweder sehr viele Gedanken um die Bildung ihrer Kinder machen oder diejenigen, die ein Kind mit Förderbedarf haben. Die KiTa ist toll eingerichtet und das Essen war toll. Das Material war gepflegt und hochwertig und aus sinnhaften Überlegungen heraus angeschafft. In der jetzigen Schule, die von Anfang an ein inklusives Konzept für alle Kinder bereitstellen wollte und somit sehr viel Erfahrung sowohl mit Unterschiedlichkeit verschiedener Art (Herkunft, Sprache, Beeinträchtigung, Förderbedarf usw.) als auch mit dem Thema Lernbegleitung (Kooperation mit der Lebenshilfe, Schulbegleitung) hat fühlen wir uns sehr wohl.

Ich habe damals nach meinem Bauchgefühl entschieden und das hat zum Glück funktioniert.

Die Frage ist zudem ja auch, welche Schulen es in eurem Umfeld überhaupt gibt. Und wenn es nur die eine, konservative Regelschule ODER die Montessorischule gibt, fiele die Wahl vielleicht leichter,