Nach mehr als drei Jahren vom "Sie" zum "du"

Hallo ihr Lieben!

Nach mehr als drei Jahren hat mich meine Chefin heute gefragt ob wir uns ab jetzt duzen wollen.
Warum das erst jetzt passiert ist nichts zwischen uns, also äußere Einflüsse, das wusste ich auch schon lange.

Aber nach so einer langen Zeit fühlt sich das wirklich extrem komisch an. Normalerweise ist dieses Wort nicht in meinem Sprachgebrauch, aber hier finde ich kein anderes. Ich cringe total.

Neben meinem Gefühl ohnehin sozial manchmal total unbeholfen zu sein und der Angewohnheit Respektspersonen zu siezen ist das gerade wirklich schwierig für mich.
Im Fachabitur wurde der Klasse auch das du angeboten, und ich finde es auch völlig in Ordnung wenn ich geduzt werde, ich bin mit 25 ja auch noch recht jung. Ich habe allerdings die Lehrer trotzdem gesiezt. Genauso auch bei Ärzten und Therapeuten.

Mit den Kollegen bin ich allerdings per du, und das ist auch in Ordnung weil es natürlich war und sie sich mir mit Vornamen vorgestellt haben.
Da habe ich allerdings auch erst einmal meine Zeit gebraucht um das umsetzen zu können, und erstmal immer die Sätze umformuliert so dass ich das „du“ umgehen konnte.
Das habe ich heute auch bei meiner Chefin gemacht.

Kennt ihr sowas? Wie geht ihr damit um?

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Mir ist es mal umgekehrt passiert . Ich habe in einer größeren Organisation in einen anderen Fachbereich gewechselt . Da wo ich vorher war duzte sich jeder. Es war auch so gewollte und benannt egal welcher Rang Ausnahme war nur der alte BigBoss und sein Untertan.

Als ich dann wechselte duzte ich jeden wie gehabt auch den Abteilungsleiter.
Wunderte mich nur warum ein paar den Siezten und er die auch siezte .
Sekretärin ging davon aus , weil Abteilungsleiter und ich den gleichen Geburtsort hatten , dass wir uns kannten , sonst hätte sie mir was gesagt. War mir voll peinlich als man mir das viel später mal erzählte . Eine Kollegin war gar eifersüchtig weil ich schon per du war. Als sie dann später duzen durfte hatte sie selbiges Problem wie du.

Ich bin trotze halbes Jahrhundert oft noch unsicher manchmal rutscht mir bei Jüngern Leuten auch mal ein du raus. Aber ansonsten sieze ich lieber einmal zu viel.
Manchmal finde ich im psychologischen Beratungskontext ein du für mich hilfreicher für das Vertrauen, manchmal finde ich die Grenze besser.
Wenn mich jemand einfach duzt finde ich es selten schlimm. Es sei denn es ist von oben herab oder jemanden will sich ne persönliche Ebene erschleichen.

Manchmal ist ein du auch schmeichelnd.

Oft habe ich auch schon drum herum geredet wenn ich nicht wusste wie.

Du kannst es ja bei deiner Chefin im Dialog auch ruhig nennen dass du dich da noch dran gewöhnen musst.

Kognitiv ohne den persönlichen Aspekt muss dein Gehirn was verlernen und neu lernen .

Aber so gewisse Konversationsubsicherheiten oder Missgeschicke kennen vermutlich viele hier.

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Hallo @Tagträumerle ja so eine ähnliche Situation hatte ich auch mal erlebt, wenn auch nicht nach sooo einer langen Zeit wie es zwischen Dir und Deiner Vorgesetzten ist, sondern so ungefähr nach einem Jahr der Zusammenarbeit.

Was dann aber irgendwie okay für mich war, denn ich selbst war am Arbeitsplatz schon immer ehr misstrauisch, und bot mein „Du“ anderen deshalb auch schon immer ehr zögerlich an.

Nach ungefähr einem Jahr aber zum Du zu wechseln schien mir nicht suspect, fand den Zeitraum okay um sich kennenzulernen und sich dann bei beidseitiger Sympathie das Du anzuvertrauen.

Obwohl ich ansonsten wie gesagt ehr misstrauisch bin, und das auch nicht ohne Grund, sondern ganz einfach weil ich halt auch schon früh gelernt hatte, dass man mit einem zu frühen und zu schnellem Vertrauensbeweis gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten auch ganz schön fies auf die Fresse fliegen kann.

Wie auch immer, jedenfalls wäre ich Dich, würde ich persönlich bei dem Sie bleiben, ganz einfach weil ich es in einer Situation nach über 3 Jahren tatsächlich irgendwie seltsam finde wenn einem ein Vorgesetzter* erst dann plötzlich das Sie anbietet.

Denn die Frage ist „warum jetzt plötzlich?, was hat diesen plötzlichen Sinneswandel ausgelöst, was steckt da dahinter?, kann man so einem plötzlichen Wechsel im Verhalten eines Vorgesetzten nach so langer Zeit wirklich trauen?, oder möchte einen da vielleicht nur jemand plötzlich versuchen, Quasi über die „Kumpel Schiene“, ein bisschen besser z.B. über sein Privatleben aushorchen zu können?“.

Wie gesagt wäre ich Dich, würde ich sagen „Vielen Dank für das Angebot, aber ich möchte ehrlich gesagt lieber beim Siezen bleiben, denn Sie sind mein Chef und ich habe sehr grossen Respekt vor Ihnen, und deshalb möchte ich jetzt an der gegenseitigen Anrede ehrlich gesagt lieber nichts ändern“.

Und wenn Dein Vorgesetzter* ein guter Chef ist, dann akzeptiert und respektiert er* Deinen Entschluss, und dann arbeitet ihr weiter zusammen wie gehabt. :heart:

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Hi @Tagträumerle - das kenne ich sehr sehr gut :laughing: gerade nach längerer Siez-Phase wird das dann gerne krampfig.

Hauptsächlich dann, wenn es so unorganisch geschieht, wie bei dir jetzt offenbar.
Es gibt ja auch den Fall, dass man sich so mag und vertraut, dass das „Du“ einfach so rausrutscht, und dann dabei zu bleiben fällt einem leicht.

Ich habe in ganz unterschiedlichen Firmen unterschiedliche Siez/ Duz-Kulturen erlebt. In einer Firma war es uns untersagt, uns (vor Kunden) zu duzen. Was dann zum „Hamburger Du“ führte. „Frau Maier, kannste mir mal Kassenrollen holen“?

In anderen wurde geduzt, was bei 3 nicht auf dem Baum war, vom BigBoss abgesehen.
Ganz schräg fand ich, als ein Kollege nach mehreren Jahren im Team zum Teamleiter befördert wurde - und dann in Einzelgesprächen jeder/m einzelnen sagte, er wolle ab sofort gesiezt werden :adxs_lach:

Ich habe mir irgendwann angewöhnt, solches Unwohlsein mit dem Du einfach zu benennen. Also zu sagen, wenn ich lieber beim Sie bleiben möchte.
Wenn mir aber das angebotene Du willkommen ist, eben auch zu erwähnen, dass ich vermutlich die nächsten Tage noch bestimmt 100x Sie sagen werde… damit ist der Druck raus und es spricht sich gleich entspannter…

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:adxs_wink: @Tagträumerle

Genau, was @sommerlaune sagt, ist für mich auch so ein Bauchgefühl, es muß sich gut & richtig anfühlen.

Ich kann auch ebenso die Gedanken von @AbrissBirne nachvollziehen, manchmal ist ein wenig Abstand zur Chefin gar nicht so verkehrt.

Hin & wieder ergeben sich die Dinge einfach, aber wenn es dir Bauchschmerzen bereitet, sag es Ihr; du weißt das Angebot zu schätzen, würdest aber lieber gerne beim Sie bleiben.

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Also da brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Ich kenne den Grund und weiß dass es nichts persönliches ist. Aus Gründen des Wiedererkennungswertes mag ich den hier aber nicht ausführen.
Habe ohnehin schon das Gefühl hier zu viele Dinge preisgegeben zu haben durch die man mich erkennen könnte.

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