Hallo zusammen!
ich weiß gerade gar nicht, wie ich anfangen soll, weil mein Kopf etwas schwirrt (kann an Elvanse liegen). Jedenfalls kommt mir das hier gerade alles sehr
viel vor, zu wissen, Mist, Medikament wirkt nicht so, wie ich mir das dachte.
Aber erst Mal von vorn:
Mitte August bekam ich endlich meine Diagnose und es ging auch direkt los mit Medikinet. Eine komorbide Depression wurde zusätzlich festgestellt, aber meine Ärztin meinte, mit der richtigen Behandlung würde die sich wahrscheinlich wieder verabschieden.
Standard mäßig ging es mit 10 mg morgens los, also 10-0-0. In der zweiten Woche sollte ich auf 10-10-0- hochgehen und ab der 3. Woche auf 20-10-0 und schauen, ob es zu viel wird.
Der erste Tag war auch noch bombe, zumindest vormittags. Da war ich aktiv und hatte vor 12 Uhr schon so viel erledigt, wie ich sonst an einem Tag nicht schaffe. War aber vielleicht auch einfach die Euphorie, endlich die Diagnose zu haben und starten zu können in ein besseres Leben.
Jedenfalls fing es ab Tag 2 an, dass ich zwar wacher war als sonst (habe sonst morgens mindestens 1L Kaffee getrunken, und mich trotzdem wieder hingelegt), aber ich kam nicht aus meinem Kopf raus, hatte trübe Gedanken, war ängstlicher als sonst.
Das merkte ich auch, als ich Bus fahren wollte an Tag 3 oder 4. Da hatte ich fast ne Panikattacke, weil die Menschen und Geräusche mich so gestresst haben. Da wusste ich näh, wenns mir mit 10mg schon so geht, gehe ich auf keinen Fall nachmittags auf insgesamt 20 hoch.
Also bin ich nochmal zur Uniklinik gedackelt und habe mir ein Rezept für 5mg geholt. So hab ich dann angefangen in kleinen Schritten hoch zu dosieren nach Gefühl, bis ich jetzt vor dem Wechsel bei 15 mg morgens und 10 mg nachmittags war.
Ich habe bei Medikinet morgens definitiv eine eher positive Wirkung gespürt, ich war ruhiger beim Sprechen, weniger hampelig und innerlich gelassen. Nachmittags war es dann allerdings wenig hilfreich, da hatte ich die komplette Palette an Nebenwirkungen:
- Augenzucken
- reizempfindlich
- trockene Augen/trockener Mund
- oft trübe Stimmung
- gedeckelte Gefühle (war alles relativ gleich egal → war aber auch weniger gereizt)
- gesteigerte Grundängstlichkeit
- hab mich gefühlt wie ein rohes Ei
und der Rebound war auch oft eklig. Wie eine kleine Minidepression (aber auch nicht immer eben). Allgemein kann ich sagen: OFT Nebenwirkungen, aber manchmal war es eben auch angenehm.
Jetzt vor dem Wechsel vor ein paar Tagen hab ich mich fast schon gut arrangiert mit den Nebenwirkungen. Bei einer längeren Zugfahrt zB hab ich richtig gemerkt, wie gut das Medikinet gewirkt hat, weil ich nicht gestresst oder ähnliches war, erst nachmittags, wo es immer ungut wurde mit der Stimmung).
Ein Tagebuch habe ich geführt, hab es aber irgendwann sein lassen, weil ich etwas blöd angefangen habe und daher schlechte Vergleiche hatte an Werten. Hab leider kein Excel, sonst hätt ich auch die Eindosierungstabelle probiert. Hab aber auch irgendwann keine Lust mehr gehabt, weil ich dachte, ich bleibe
eh nicht bei Medikinet.
Nach zwei Monaten hatte ich letzte Woche Mittwoch meinen Termin zur Besprechung in der Klinik. Da habe ich der Ärztin alles erzählt und sie meinte direkt, dass ein Wechsel auf Elvanse sinnvoll wäre. Ich habe schon damit gerechnet und auch ein bischen gehofft, denn wirklich zufrieden war ich mit der Verteilung von
Wirkung vs. Nebenwirkung bei Medikinet ja nicht.
Hatte kurz noch den Gedanken, dass ich gerne Ritalin probiert hätte, aber meinte mal gelesen zu haben, dass Ritalin für die Stimmung nicht viel macht. Und die war mit Medikinet halt leider relativ low. Daher dachte ich klar, wieso dann nicht Elvanse probieren.
Habe darüber schon viel Gutes gehört - leider, muss ich fast sagen. In meinem Kopf war Elvanse immer die Endstation, von der ich dachte, damit wird´s schon gut. Jetzt nehm ich seit 5 Tagen 30 mg und der erhoffte
Honeymoon-Effekt bleibt bisher aus.
Während der Medi-Umstellung war eine Freundin zu Besuch und sie meinte, auf Elvanse wär ich wieder mehr ich. Ich hab gemerkt, dass mein Redebedürfnis wieder so ist wie vorher, also ich quatsche wieder viel, mache wieder tausend Sprachnachrichten usw., Stimmung ist auch besser, nicht mehr so gedeckelt. Bin allgemein wieder kommunikativer.
Ab dem zweiten Tag habe ich dann aber schon gemerkt, dass ich grundgereizt war. Ich arbeite im Kundenservice und hatte plötzlich wieder gefühlt mehr Probleme mit den Leuten. Da war das Medikinet gut, weil ich richtig gemerkt habe in Momenten, in denen sonst mein Bauch gekribbelt hätte und ich gereizt gewesen wäre, dass ich ruhig bleiben und deeskalieren konnte. Mit Elvanse leider nicht.
Jetzt an Tag 5 habe ich mal die Kapsel in Saft aufgelöst (die Ärztin meinte, es müsste eine fruchtsäurehaltige Flüssigkeit sein) und habe die Hälfte getrunken.
Die Gereiztheit ist weg, Redebedürfnis stark da - aber sonst merke ich nichts. Außer, dass vorhin meine Hände anfingen kalt zu werden (war die letzten Tage auch so) und, dass mir nachmittags etwas schwindelig wurde bzw. ich etwas unscharf gesehen habe.
Mein Punkt ist jetzt einfach der, dass ich leider nur in großen Abständen Termine zur Besprechung kriege und doch sehr verunsichert bin!
- Wirkt das Elvanse?
- Wie merke ich das?
- Soll ich doch wieder zu Medikinet - trotz Nebenwirkungen?
(da hatte ich wenigstens das Gefühl, eine Wirkung zu spüren, konnte mich auch gut konzentrieren) - Welche Erwartungen sind realistisch an die Medikation?
- Wie viel Nebenwirkungen sind „okay“? (aushalten kann ich viel, nur weiß ich nicht, ob es noch besser geht aktuell mit nem anderen Medi)
Mir fällt es nämlich weiterhin leider schwer, Dinge anzufangen und der ganze Kladeradatsch eben. Fühle mich im Prinzip wie ohne Medikation, mit Medikinet in Teilen, bei Elvanse bisher komplett (plus Gereiztheit, aber die hatte ich ja mit 15mg heute nicht).
Weiß natürlich aber auch nicht, wie da meine Depression mit reinspielt, da das leider für mich schwer zu orten ist, was jetzt genau die Depression, und was eventuell einfach das ADHS übliche Exekutiv-Funktions-Problem ist.
Habe mich schon gefragt, ob ich wirklich ADHS habe (eigentlich Quatsch, ich weiß). Direkt auch Panik geschoben, weil ich mich schon sehe: alle Medis durchprobiert und nichts hilft.
Zudem habe ich auch das Gefühl, dass ich vielleicht doch sehr hohe Erwartungen hatte bisher. Bei der Befundbesprechung meinte die Ärztin zu mir, dass selbst wenn die Medis gut anschlagen, ich natürlich immer ADHS haben werde und ich dann ja kein anderer Mensch bin. Habe ich schon verstanden, dachte ich, aber mittlerweile fühle ich auch, was sie damit meinte.
Man kann manche Symptome vielleicht besser geregelt kriegen, aber etwas bleibt natürlich.
PS: die Grundängstlichkeit hat sich glaube etwas gelegt, soweit ich das nach der kurzen Zeit schon beurteilen kann. Bin aber eh schon immer sozialängstlich gewesen und darauf bezogen sich auch die hohen Erwartungen bei mir. Bin zwar ein offener, kommunikativer Mensch, aber im Kopf gehts leider anders zu oft. Aber das braucht vielleicht auch etwas Zeit und Therapie.
Achja, Alkohol und Koffein hab ich komplett ausgesetzt nach der Diagnose.
Liebe Grüße!