Neu und noch ohne Diagnose

Hallo Zusammen… Ich bin jetzt auch schon ein paar Tage hier in der Gruppe und verschlinge anonym eure Beiträge. Danke schon mal dass ihr hier so offen seit, es hilft ungemein.

Kurz zu mir… Die AD(H) S Diagnose steht bei mir noch aus, den Termin habe ich erst Anfang Oktober… es ist also gerade noch ein kleiner Halm an den ich mich hänge, um so einiges in meinem Leben zu erklären.

Zu mir… Ich bin jetzt 38 Jahre alt… 2021 während Cotona habe ich eine Diagnose wegen Depressionen bekommen (hatte damals schon die Hoffnung, das die Diagnose mir helfen wird).
Naja nach fast 2 Jahren mit Antidepressiva habe ich die Hoffnung aufgegeben und im Mai die Antidepressiva abgesetzt… Und siehe da, es gibt weder einen positiven noch negativen Effekt zu vorher…

Kurz danach habe ich mit einer Kollegin ein Gespräch gehabt, sie hat ADHS, und auch wenn sie hyperaktiv und nicht hypoaktiv ist, konnte ich viele Gemeinsamkeiten sehen…

Ich habe mich mein Leben lang irgendwie durchgemogelt, weil ich mich kaum auf etwas konzentrieren konnte… Aber mit vielen Problemen habe ich sowohl die Schule als auch die Ausbildung hinter mich gebracht und habe jetzt eine gute Arbeit, in der ich mir eine wohlfühlblase erschaffen konnte, die ich gut meistere, so lange es keine krassen Veränderungen gibt.

Allerdings lege ich trotzdem so viel Kraft in meine Arbeit, dass ich privat kaum etwas schaffe sei es Haushalt oder private Aktivitäten… es gibt leider auch Menschen die sich von mir abgewendet haben, weil ich insbesondere Geistig nicht immer da war.

Auch habe ich mir meine Zeugnisse, insb. von der Grundschule angesehen, die Problem was meine Konzentration angeht, zieht sich wie ein roter Faden dadurch…

Von meiner Freundin habe ich experimentell 2* Elvanse 50mg bekommen und auch eingenommen (ja ich weiß, das ist ein no go ohne ärztlichen Anweisung, bitte seht es mir nach)… an den beiden Tagen war ich fast ein andere Mensch… es fiel mir alles so viel leichter, ich habe z.B. Dinge weg geräumt, die ich sonst eine Woche später erst erledige. Und eine Verabredung die spontan umorganisiert wurde habe ich ohne innerliche Kämpfe einfach akzeptiert… Es war einfach, so einfach…

Entschuldigt bitte den langen Text, ich habe tatsächlich 5 Tage dafür gebraucht… Aber wenn jemand so was ähnliches hatte oder irgend etwas dazu sagen kann, würde ich mich wirklich freuen…

PS. Ich hätte eigentlich noch so viel mehr zu schreiben, aber ich glaube es ist jetzt schon chaotisch genug.

Danke an jeden, der auch den Text vorgenommen hat, ich weiß wie scher es sein kann.

:heart:

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Liebe Claudi,

da bin ich jetzt aber gespannt, was dein Termin im Oktober ergibt. Herzlich willkommen im ADXS-Forum!

Ich bekam meine Diagnose mit 37 und bin sehr froh darüber.

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Danke für deine liebe Nachricht. Ich bin tatsächlich auch gespannt und habe irgendwie auch Angst davor… Was wenn es kein ADS ist und ich doch eigentlich dumm und faul bin, dabei habe ich mir doch immer so viel Mühe gegeben…

Hallo und willkommen, ich bin 57 und frisch diagnostiziert… vieles ergibt plötzlich einen Sinn. Aber trotzdem muss ich sagen, dass ich auch sehr viel Trauer verspüre, weil ich gerne früher draufgekommen wäre…
Alles Gute für dich!

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Sage ich es jetzt oder nicht… das Wort mit H? Ich sage es mal, weil ich ein bisschen fürchte, ohne die Information werden die Erwartungen oft unerfüllbar hoch.

Es gibt ein „Honeymoon“-Phänomen, bei dem man mit der frischen Diagnose oder Diagnosehoffnung im siebten Himmel ist. Das Leben findet aber auf Dauer in den sechs Himmeln darunter statt. Findet sich auch mit dem H-Wort in der Suchfunktion, denke ich mir nicht aus, wirklich.

Ich würde jedenfalls aus „2 Tagen mit 50“ nicht schließen, so wird das auf Dauer. Das sage ich eigentlich auch nur, um die Trauer zu ersparen „so einfach hätte mein ganzes Leben sein können, wenn doch nur…“.

Denn das ist aus meiner Sicht ein gefährlicher Schluss. Natürlich wünsche ich Dir, dass dann alles „so einfach“ ist und bleibt, dauerhaft. Vielleicht ist das auch so. Aber ich glaube, es wäre ganz gut, sich zu wappnen, dass es vielleicht leichter wird, aber nicht „so einfach“.

Wenn es das dann doch ist, bist Du angenehm überrascht. Kann passieren, klar - und ich hoffe inständig, ich beflecke nicht dringend benötigte Hoffnungen. Ich persönlich fände es nur schwieriger, so eine Hoffnung auf „so einfach“ über Monate ranzuzüchten und dann war es doch ein Honeymoon, der nicht auf Dauer anhält. Kennt ja jeder aus Verliebtheitsphasen. Das ist ein bisschen, wie sich einen inneren Liebesroman zu schreiben, dass das ganze Leben auf rosa Wolken sein wird oder gewesen wäre, wenn man doch nur mit Matthias aus der 9. Klasse zusammengekommen wäre.

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Zur Einordnung: Ich bin hier manchmal der Honeymoon-Partycrasher. Mein Fehler. Aber dafür ist das Forum ja auch ein vielstimmiger Chor und für manche hat sich wirklich das ganze Leben zauberhaft verwandelt. Das können die dann ja noch hier ergänzen, wenn sie nicht längst woanders sind.

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Ja es stimmt schon, auch wenn ich versuche es nicht zu tun, mache ich mir doch ganz schön Hoffnungen, was die Diagnose angeht… wie es ist enttäuscht zu werden, weiß ich ja schon von den Antidepressiva.
Aber das ich dieses Mal tatsächlich eine Verbesserung verspürt habe, hat meine Hoffnung natürlich wieder aufblühen lassen.

Trotzdem versuche ich ganz realistisch zu sehen… Und sollte ich im Oktober tatsächlich die Diagnose bekommen, weiß ich, dass Medikamente nur eine Hilfestellung sind begleitend zu einer Therapie oder Z.B. mit einer Art Selbsthilfegruppe.
Dass sich mein Leben (insbesondere dauerhaft) nicht durch eine Pille um 180 Grad dreht, weiß ich natürlich… ohne ein Leben lang auch an sich selber zu arbeiten, geht eh gar nichts.

Dass du die „böse“ Rolle als Partycrasher übernommen hast, finde ich tatsächlich super von dir… manchmal müssen Menschen wieder ein bisschen in die Realität zurück geholt werden, bevor evtl. eine große Enttäuschung kommt und der Weg in die Realität deutlich schmerzhafter wird.
Außerdem hast du wirklich sehr freundliche geschrieben, ich bin dankbar dafür und werde mich was Honymoon angeht, hier mal durchlesen.

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Danke für deine Worte, ich habe noch keine Medis und bin einfach so ein wenig traurig… viel erwarte ich mir auch nicht, sondern eher mehr Tipps und eventuell eine Entwicklung von neuen Verhaltensweisen, die mir meinen Alltag erleichtern.
Aber ich denke auch , dass meine Familie (Ehepartner, drei erwachsene Kinder) weniger unter mir gelitten hätten, wenn wir mein Verhalten hätten früher einordnen können.

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Das ist eine Facette. Auch da ist Balance nach meiner Erfahrung ein gutes Ziel: Wenn Du drei Kinder ins Erwachsensein geführt hast, die vielleicht auch ihren Teil des Spektrums mitbringen… Dann ist die Perspektive, wer wie sehr „unter Dir gelitten“ hat, m.E. nicht fair Deinem Lebenswerk gegenüber. Vereng Deinen Blick nicht auf das. Schreib Dir vielleicht ins Tagebuch auch die anderen Sichtweisen, um das dann kontrastieren zu können, wenn Du mal wieder im Loch sitzt.

Zähl vielleicht mal die Anzahl der gewechselten Windeln und geschmierten Schulbrote. Drei Menschen verdanken Dir ihr Leben. Das gehört auch zur Wahrheit.

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:adxs_winy: @frieda
Und diese Trauer, von der du auch schreibst, gehört ebenso dazu, ist ja ein Prozess, den wir durchlaufen, da fließen Tränen, da kommt vielleicht noch Wut…

Gehört scheinbar irgendwie dazu, ich empfinde das inzwischen so. Und dann ist es so wichtig, daß jemand wie @Elementary :revolving_hearts: da reingrätscht und uns vor Augen hält, was wir, trotz aller Hindernisse, erreicht haben, denn es ist ja so.

Nur oft sehen wir uns bei dieser Retrospektive unseres Lebens als Versager*innen, da müssen wir noch lernen/akzeptieren, daß das vielleicht gar nicht so extrem ist, wie wir es empfinden :four_leaf_clover:

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Hallo,

ja, aber Honeymoon hin oder her, die Meisten hier im Forum würden doch bestätigen, dass ihr Leben durch Diagnose und Behandlung sagen wir mal ein anderes Niveau erreicht hat.

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Hallo Claudi, auch von mir ein herzliches Willkommen :adxs_wink: schön, dass du hierher gefunden hast.
Ich selbst flog erst mit 60 Jahren auf, aber als die Therapeutin den Verdacht äußerte (weil es einfach nicht voran ging, und alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen waren) habe ich, wie du, erst mal den Selbstversuch mit Ritalin gemacht.

Nie werde ich diese Stunden vergessen: das allererste Mal Frieden und Ruhe im Kopf :adxs_peace: danach habe ich dann auch den langwierigen Prozess durchgestanden, bis ich dann endlich diagnostiziert war.
Bis dahin aber war ich immer mal wieder sehr sicher, dass ich bestimmt als Simulantin entlarvt werden würde, und ich dachte öfter darüber nach, das ganze zu canceln.

Inzwischen bin ich mit Elvanse recht gut eingestellt und auch einiges an Trauerarbeit ist bereits bearbeitet. Es war ein Prozess, zu erkennen: das ADHS geht nicht weg, aber es gelingt immer besser, damit klarzukommen.

Die Medikamente helfen mir sehr gut, aber: das tolle Gefühl vom ersten Mal, das hatte ich leider nie mehr :wink:

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