Nicht kritikfähig, links rein, rechts raus, Gerechtigkeitsfreak, keinen Bock ...

Hallo,

ich weiß gar nicht, ob nicht kritikfähig so in der Gänze stimmt. Zumindest mag ichs weniger, Kritik an mir, meiner Person, meiner Vorgehens-/Arbeitsweise … anzunehmen und das dann auch noch so zu ändern, wie das ein anderer möchte. Ich möchte mich sehr ungerne verbiegen lassen. Fühle mich dann herabgewürdigt.

Wenn Ungerechtigkeiten vorliegen, besonders wenn ich weniger gut behandelt werde, wie z. B. ein Kollege, dann bringt mich das zur Weißglut.

Kollegen, die mir gleichgestellt sind, sich mir gegenüber aber wie ein Vorgesetzter aufführen, mir Anweisungen geben, als wenn ichn Kind wäre … Ok, mit dem führe ich dann mal ein Gespräch.

Mir gelingt es zwar mittlerweile das nicht so an mich ranzulassen, dass ich gleich an die Decke gehe, aber es schwelt in mir wie ein Dauerfeuer, es beschäftigt mich Ewigkeiten, hab schlechte Laune.

Mir gelingt es aber nicht, Dinge einfach an mir abprallen zu lassen.

Das alles bzw. nur eine Sache davon kann dazu führen, dass ich keine Lust mehr, an die Arbeit zu fahren. Da törnt mich schon die Anwesenheit eines Kollegen so ab, dass ich mich immer wieder krank schreiben lasse. Obwohl ich schon grundsätzlich Lust auf Arbeit habe.

Mich interessiert, was bei euch funktioniert, um mit solchen Dingen weniger Probleme zu haben.

Danke.

LG

Das geht mir zum Glück!!! seit Elvanse deutlich besser.
Vorher war es auch echt extrem.

Ich denke, da hilft nur Eigenarbeit…

Das ist so eine Mischung. Vielleicht schaust Du mal in der Suche oder auch im Netz / in der Literatur zum Thema „Rejection Sensitivity“ - das ist ein Leitsymptom von ADHS.
Da wir hier leider keine gute medizinische und psychologische Versorgungslage haben, wissen viele Betroffene darüber nicht bescheid.

Die große Empfindlichkeit kommt ja zum einen davon
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  • aus Deiner Wahrnehmung: viele mit ADHS in Summe deutlich mehr und feinere „soziale Signale“ (Mimik, Gestik, Tonfall) wahrnehmen (auch wahrnehmen müssen) als andere.
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  • aus der Gewichtung Deiner Wahrnehmung: mit ADHS gewichtet man andere Signale als relevant und bedeutend für sich als ohne ADHS und bezieht deutlich mehr auf sich selbst
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  • aus Deiner Deutung: viele mit ADHS legen soziale Signale weniger selbstwertdienlich aus als andere, sondern eher in Richtung Kritik
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    Das kommt zum einen aus der großen Reizoffenheit,
    aus dem Gefühl, nicht dazuzugehören - dieses Aliengefühl…
    aber auch daher, dass Menschen mit ADHS durch ihr anderes und nerviges Verhalten und die Schusselsymptome oft schon als Kind deutlich mehr Kritik einstecken müssen, oft tatsächlich zurückgewiesen werden, auch bedroht und psychisch und physisch misshandelt werden. Da fehlt dann im zwischenmenschlichen Umgang die Selbstverständlichkeit und das Vertrauen - einmal in das eigene Verhalten und zum anderen an den guten Willen des Umfelds. Das sind dann klassische Traumafolgen.

    „Normale“ Menschen mit einer guten Resilienz
    filtern da automatisch deutlich mehr aus, dh. nehmen es gar nicht erst wahr, weil es schon vor der bewussten Wahrnehmung als nicht relevant eingeordnet wird
    vom nicht Ausgefilterten wird auch deutlich weniger als relevant empfunden und bewusst aussortiert
    oder selbstwertdienlicher gedeutet.

    Ich kam in den Genuss einer guten Verhaltenstherapie VOR Diagnose und Medikation. Und ich muss sagen, das hat mir enorm geholfen. Was auch damit zu tun hatte, dass sich meine Therapeutin sehr gut und wertschätzend mit mir auseinandergesetzt hat und mich so gespiegelt hat, dass ich mich annehmen konnte. Erst während dieser Therapie habe ich gelernt, mich selbst anzunehmen und wertzuschätzen. Das war ein langer Prozess.
    Seitdem „ficht“ mich deutlich weniger an, ich fühle mich auch nicht gleich herabgewürdigt (was ja auch immer die Annahme voraussetzt, dass es einen Grund dafür gibt!).
    Und - seitdem geht mein Umfeld komplett anders mit MIR um. Das ist so mit dem Wald aus dem es herausschallt…

    Das braucht Zeit - aber diese Arbeit lohnt sich!