Bekomme ich von jemandem zu Weihnachten ein neues Handy mit gutem Touchscreen, der nicht verrückt spielt und meine Nachrichten eher abschickt?
Da bin ich
Ich finde, es kommt darauf an, wie weit die jeweilige Aufgabe von deinen Interessen, Fähigkeiten und vor allem der eigene Persönlichkeit entfernt ist. Oder anders gesagt: Je weiter eine Aufgabe von der Komfortzone entfernt ist, desto größer der innere Widerstand und desto größer die Selbstsabotage.
Man versucht dann gegen sich selbst und den inneren Schweinehund zu kämpfen. Meines Erachtens, durch Beobachtung und Erfahrung gestützt, nicht wirklich erfolgsversprechend, weil der innere Schweinehund vielleicht keiner ist, sondern ein gleichwertiger Persönlichkeitsanteil, der Aufmerksamkeit verdient hat. Man unterdrückt ihn, was aber zwangsweise zur inneren Spaltung führt. Ich denke, viele inner- und zwischenmenschliche Probleme ergeben sich aus diesem Mechanismus. Man könnte es Selbstablehnung nennen. Bei ADHS verschlimmert es die Symptome, so dass man handlungsunfähig werden kann. Neurotypische Menschen können dennoch ganz gut funktionieren, jedenfalls bis ihr innerer Konflikt sich in Form von beispielsweise Depressionen äußert.
Ein Beispiel zum Verständnis: Ein sehr lebendiges und emotionales Kind wird jedes Mal von den Eltern zurechtgewiesen, wenn es lebendig und emotional ist. Es lernt also diese Anteile zu unterdrücken. Es prägt sich dann durch den Glaubenssatz „Es ist schlecht, wenn ich lebendig und emotional bin“ tief in das Unterbewusstsein ein.
Als Erwachsener ist die Person dann rational und kühl, man merkt ihr eventuell ihre Gehemmtheit an; denn sie kämpft ja gegen das an, was in ihrem innersten liegt.
Sie ist damit unzufrieden und nimmt sich vor lebendiger und offener zu werden. Beliest sich und probiert alle möglichen Methoden aus. Beispielsweise sagt sie sich, wie cool, spannend und herausfordernd die Aufgabe ist. Sie geht beispielsweise auf eine Party, dort möchte sie eig. umherspringen und lautstark mitsingen, aber sie traut sich einfach nicht, denn der innere Widerstand, die Selbstsabotage ist zu groß; denn selbst, wenn sie sich dazu zwingt, kommt der innere Glaubenssatz hervor, der ihr sofort sagen wird: „Du bist schlecht. Lebendigkeit ist schlecht.“ Andererseits fühlt sie sich auch schlecht, weil sie nicht aus sich kommen konnte. Das wird dann dafür sorgen, dass die Person nie wirklich aus ihrem „Käfig“ ausbrechen kann.
Der Versuch führt bei einem ADHSler dann zu der ganzen Palette an Symptomen, beispielsweise Prokrastination oder Ablenkbarkeit, um sich bloß nicht mit der Aufgabe zu beschäftigen. Das sind unterbewusste Prozesse, die sich grundlegend biopsychosozial auswirken. Zugleich auch notwendig, um den eigenen Selbstwert aufrechtzuerhalten. Die Person kann wenig dafür, muss aber diese Problematik für eine Besserung erst einmal erkennen und annehmen - dazu gleich mehr.
Das wars erst einmal mit dem Beispiel (was teilweise auch auf mich zutrifft). Ich habe, denke ich, etwas dargelegt, was viele betrifft und zugleich auch auf viele unterschiedliche Situationen übertragbar ist.
Wie kommt man da raus?
Also ich denke, es sind gewisse Erkenntnisse, die man gewinnen muss, rein intellektuell ist es schwierig zu verstehen.
Ich erkläre es anhand des kalten Duschens:
Wenn ich damals ans kalte Duschen dachte, da habe ich sofort gemerkt, wie sich mein Körper anspannt und ich inneren Widerstand aufbaue. Also ein Teil von mir wusste um die körperlichen Vorteile, ein anderer Teil wusste um die quälende Kälte. Der innere Konflikt (kognitive Dissonanz, den Begriff habe ich von @AWOL) führte dazu, dass ich die Aufgabe entweder vermied oder mich dabei komplett verkrampft habe.
Keine gute Voraussetzung, um etwas lebenslang zu machen.
Hier ist es fundamental zu verstehen, dass es möglich ist, den inneren Widerstand loszulassen.
Denn das kalte Duschen und die damit verbundenen Emotionen sind die eine Sache, aber man erschafft sich ein zusätzliches Problem, wenn man die Emotionen und Empfindungen nicht zulässt, weil sich eben innerer Widerstand aufbaut.
Also das eigentliche Problem ist, dass kaltes Duschen kalt ist und ich es unangenehm finde. Ich erschaffe mir aber ein zweites Problem, wenn ich inneren Widerstand gegen meine Emotionen aufbaue und sie nicht zulasse.
Es wird also ein Kampf gegen mich selbst und gegen das kalte Wasser, kompetetiv, aber wie wäre es, wenn man das Paradigma ändert und sich selbst, seine Empfindungen und Emotionen, auch im Angesicht der Aufgabe nicht unterdrückt, sondern voll und ganz zulässt; somit nicht gegen sich selbst kämpft, sondern seine inneren Anteile in Einklang bringt und ihnen auch gewährt unterschiedlicher Meinung zu sein. Statt dich zu schlagen, umarme dich lieber.
Gut, ich verlasse die Abstraktion.
Also ich versuche mich vor der kalten Dusche zu entspannen und zu spüren, ob da innerer Widerstand ist und frage mich weshalb er dort ist. Könnte ja sein, dass ich als Kind einmal fast erfroren wäre. Ist nicht der Fall. Aber ich verspanne meine Muskeln, also löse ich die Spannung, frage mich, was ich fühle und lasse es einfach zu, ohne es zu bewerten, sondern ich fühle, was ich fühle und denke nicht darüber und wenn ich doch denke, dann lasse ich auch das zu.
Den Wasserhahn komplett aufdrehen und gleich mit dem Kopf beginnen, das wäre nicht wirklich wohlwollend sich selbst gegenüber, lieber klein beginnen, dann baut sich auch kein zu starker Widerstand auf. Also fange ich bei den Füßen an.
Das ganze Duschen ist somit fast schon meditativ, ich genieße die Empfindungen, selbst, wenn es unangenehm ist, weil ich währenddessen ganz bei mir bin.
Auch das lässt sich auf viele andere Situationen übertragen, aber mir reicht es erst einmal mit Schreiben. Vielleicht ergänze ich später noch etwas.