…nutze das ADS doch nicht als Ausrede für alles…!

Hallo zusammen,

habe seit 3 Monaten meine ADS Diagnose erhalten. Bin jetzt 40 Jahre alt. Kurz und knapp - habe einen typischen ADS-Lebenslauf mit Suchtthematik und depressiven Phasen.

Durch…

  1. Die Diagnose
  2. Medikation (Elvanse)
  3. Psyiotherapie und
  4. Suchtmedizinische Maßnahmen

geht es mir besser als jemals zuvor in meinem Leben - es macht jetzt alles einen Sinn und ich kann meine Themen endlich greifen und bearbeiten.

Bei all dieser positiven Entwicklung in meinem Leben werde ich vermehrt mit der Aussage konfrontiert - besonders aus meinem nahen Familien Umfeld - ich solle das ADS nicht als Entschuldigung/Ausrede meiner (besonderen) Wesenszüge verwenden. Es fällt mir nicht immer leicht mich hier zu positionieren. Ich möchte doch eigentlich nur aufklären und suche keine Ausreden.

Kennt jemand diese Problematik? Wie geht ihr damit um und was sind eure Antworten auf solche Aussagen?

Danke für euer Feedback und herzliche Grüße

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Ich habe mir genau diese Diskussion erspart in dem ich es gar nicht erzählt habe. Es wissen nur höchsten eine Hand voll davon und davon nicht mal alle im engsten Umfeld.
Ich muss letzendlich eh an mir selbst arbeiten und mich mit meinem ADHS arrangieren und trage ja auch trotz ADHS für alles selbst die Verantwortung.

Gehe auch mal in die Suchfunktion, da gab es schon diverse Diskussionen zu dem Thema .

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Danke für deine Antwort.

Werde ab jetzt Suchfunktion nutzen, danke für den Tip!

Es ist nicht einfach, den Leuten im Umfeld zu erklären, wenn man an einem Fest einfach nicht erscheint, oder viele andere Dinge. Oder nicht telefoniere, oder Telefonen nicht abnehme, nicht zurückrufe u.s.w.
Obwohl ich nicht mal eine Diagnose habe, aber von der Symptomatik mich VOLL sehe und spüre, habe ich im engeren Umfeld mich soweit geoutet, dass ich diese Problematik habe.
Die meisten im engen Umfeld verstehen das (sie kennen mich ja auch schon lange).

Das famliäre Umfeld, das wohl schon immer gemeint hat, man sei bequem und gehe den Weg des kleinsten Widerstandes - tja, die kann man wohl selbst mit vom Facharzt abgestempelten Diagonse nicht überzeugen…

Im beruflichen Umfeld würde ich mich auch weniger outen. Denn in gewissen Bereichen möchte Leute nur Lösungen und keine potentiellen Probleme, was eigentlich einleuchtend ist.
Ich mag mich erinnern, wo ich ein sehr interessantes und kreatives Buch über Arbeittechnik gelesen habe, und das im Geschäft voller Begeisterung erzählte, reagierten gewisse Mitarbeiter eher mit Befremden, dass man da überhaupt ein Buch darüber lesen muss.

Wichtig ist, so denke ich, dass man selbst zu sich steht, die Grenzen halt für sich selbst halt kennt. Jeder hat Grenzen, aus unterschiedlichen Gründen. Wir haben auch unsere Stärken, das betonen wir ja auch nicht „wegen AD(H)S“.
Aber schade, dass die Leute oft nicht offen sind, und selbst das medizinische Fachpersonal, AD(H)S skeptisch gegenübersteht, aber sind auch nur Menschen mit Vorurteilen.

Ein NoShow - weil man einfach nicht kann - ist schon sehr peinlich. Man hat gar nicht soviele Grosselternteile die leider gestorben sind… um sich für alles zu erklären :grinning:
(Aber es gibt ja Leute, die kommen grossgekotzt, und keine Peindlichkeit könnte für sei zu gross sein - ES IST EINFACH SO, das ist vielleicht nicht die schlechteste Taktik).

Ja, aber auch dazu gibt es ein ABER!
Mein berufliches Umfeld habe ich aufgeklärt und meine Vorgesetzte ist sehr verständnisvoll, erwartet von mir aber auch Lösungen, wie ich mit meinen Schwächen umgehe. Diese bestehen auch darin, zu kommunizieren, wenn ich an meine Grenzen stoße und auch, wenn Sie mir bei meiner Priorisierung helfen soll.

Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, immer mal wieder Aufgaben-Listen zu machen und mit ihr über die Priorisierung zu sprechen. Das klappt ganz gut.

Das kann man aber auch anders interpretieren! Nämlich dahingehend, dass deine Kollegen sich über die Verbesserungen ihrer Arbeitstechniken überhaupt keine Gedanken machen und sich diesbezüglich nicht hinterfragen.
Denn eines ist klar, nicht nur wir ADHSler benötigen Ratschläge zur Verbesserung von Arbeitstechniken, sondern viele Normalos auch, weil die häufig nämlich wirklich faul sind und jede Arbeit, auf die sie keinen Bock haben, vermeiden und Meister darin sind, diese andere für sich machen zu lassen.

Davon gibt es in unserer Firma einige. Es wurde für die kaufmännischen Kräfte ein Workshop angeboten, der bestimmte Prozesse optimieren und häufige Fehler elminieren sollte. Und wer fehlte??!!! Diejenigen, die ständig diese Fehler machen! Und die haben kein ADHS.

Zitat eines Kollegen: „Stell dich dumm, sonst machst du den Mist die nächsten 20 Jahre!“

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Da stellt sich mir die Frage, ob im wesentlichen wir diejenigen sind, die versuchen sich selbst zu optimieren und Fehler aufgrund unserer Probleme zu vermeiden…

Wirkt irgendwie etwas absurd wenn ich so darüber nachdenke :thinking:

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Das glaub ich nicht. „Wir“ sind ja nicht besser als andere Menschen und andere Menschen haben andere Probleme/Erkrankungen.

Und zusätzlich sind auch nicht alle Menschen mit ADHS so :+1:t3:

Das habe ich auch nicht gesagt.

Jedoch ist mein Eindruck, dass von uns ND eher erwartet wird, dass wir „einfach nur machen“ sollen oder (bitte hier belieben Bullshit Bingo Inhalt einfügen)…

Und ja, schwarze Schafe gibt es überall, und alle sind individuell.

Nicht jeder ist immer nur fleißig. Jedoch ist auch nicht jeder einfach nur faul.

Verstehst du worauf ich hinaus möchte? :see_no_evil:

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Nein, eine Diagnose bringt nichts als Ausrede. Im Gegenteil, sie wird als Ausrede missverstanden, auch wenn sie gar nicht so gemeint ist.

Deshalb: Erklären, dass es leider so ist und jedenfalls nicht böse gemeint. Und dass man die Verantwortung übernimmt und es einem leid tut, man aber nicht versprechen kann dass es sich bessert. Wer das nicht akzeptiert, akzeptiert auch eine Diagnose nicht oder eigentlich noch viel weniger.

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Danke Falschparker! Nach diesen Worten habe ich gesucht und werde in Zukunft auch genau so argumentieren.

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Diese Erfahrung habe ich tatsächlich auch gemacht und habe das dann mal in einer Therapie thematisiert. Da habe ich dann Folgendes verstanden:

Für mich ist es total wichtig zu verstehen, wo meine Verhaltensmuster herkommen. Für mich ist der Verweis auf meine Diagnose quasi eine verkürzte Erklärung.

Für mein Umfeld ist die Diagnose aber nur eine Worthülse, die verbinden damit nichts, auch bei allen gut gemeinten Erklärungsversuchen. Daher missverstehen sie die „verkürzte Erklärung“ als Ausrede.

Das war für mich tatsächlich sehr wichtig: zu verstehen, dass das Ganze im Grunde ein Kommunikationsproblem ist. - Das war allerdings eben meine Situation. Das heißt ja nicht, dass es bei deinem Umfeld ebenso ist.

Lösungsversuch: Bei mir und meinen Gefühlen bleiben und diese als ich-Botschaft kommunizieren. So im Sinne von „Wenn du das sagst, dann fühle ich mich nicht ernst genommen. Ich gebe mir Mühe, mein Verhalten zu ändern, aber das ist wirklich unglaublich schwer für mich. Ich würde mir wünschen, dass du mir das nicht unterstellst (also dass ich das als Ausrede benutze), weil es mich verletzt.“

So ähnlich hat Falschparker das ja auch schon geschrieben.

Ich habe das durchaus schon zu solchen Momenten gesagt. Auf die Diskussion mit der Ausrede hat sich das Gegenüber nicht direkt eingelassen. Aber ich habe eben meine eigene Kommunikation dahingehend geändert, dass ich jetzt nicht mehr sage „das kommt von meinem ADHS“, sondern eben „Das fällt mir wirklich unglaublich schwer.“ - Und das hat schon ein anderes Verständnis geweckt. Und ich bleibe bei mir und meinen Bedürfnissen und kommuniziere sie und das ist in jedem Fall gut.

Ja natürlich: Ich bin auch genervt davon! Wenn ich einen Bandscheibenvorfall habe und jeder weiß das, würde ja (hoffentlich) auch keiner sagen „Nu jammer mal nicht rum und reiß dich ein bisschen zusammen.“
Aber letztendlich gehören zur erfolgreichen Kommunikation eben Sender und Empfänger und manchmal hilft es (zumindest mir), wenn ich verstehe, dass ich auf einer Ebene kommuniziere, die der andere nicht versteht. (…Story of my life :sweat_smile: )

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Gratuliere zur Diagnose und zu dieser schnellen Umsetzung!

Jeder hat sicher seine eigene Herangehensweise, aber ich empfinde es zumindest so, dass man sich als Betroffener nicht unbedingt einen Gefallen tut vorrangig die Symptome zu schildern.

Das lädt die Leute irgendwie dazu ein sehr unempfindsam und unwissend zu reagieren.

Ich habe es für mich als hilfreich empfunden die physiologischen Abläufe und Besonderheiten des neurodivergenten Gehirns, und die Auswirkungen des anders funktionierenden Belohnungszentrums und des präfrontalen Cortex auf Antrieb/Hemmung bzw exekutive Funktionen (z.B.) zu erklären.

Natürlich steckt hinter dieser Diagnose noch sehr viel mehr, aber ich würde immer bei den Ursachen und nicht den Symptomen anfangen.

Vielleicht kennt ja jemand ein gutes Aufklärungsvideo, -film oder -buch, damit man es erledigt.

Liebe Grüsse

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