Paralyse in Freizeit

Hallihallo, ich habe einfach das Bedürfnis meine Geschichte mal ein bisschen aufzuschreiben, weil ich mich auch gerade in der Eindosierung von Medikinet adult befinde.

Ich habe vor ca 3 Wochen mit 35 meine Diagnose bekommen - Adhs unaufmerksamer Typ. Als Mädchen bin ich nie aufgefallen und hatte eigentlich bis zur weiterführenden Schule super Noten und auch danach war es bis auf Mathe okay. Auf das Thema gestossen bin ich überhaupt deswegen weil mein Bruder disgnostiziert wurde. Er war als Kind schon diagnostiziert aber meine Mutter hatte es nicht offen gemacht, da man damals anscheinend der Ansicht war, dass es mit der richtigen Erziehung schon auszugleichen wäre. Mein Bruder wurde dann als Erwachsener nochmal diagnostiziert, ohne von seiner Kindheitsdiagnostik zu wissen.
Ich hatte dann zum gleichen Zeitraum durch einen Jobwechsel immer stärkere Probleme in der Organisation meines Alltags und hab mich irgendwie mehr mit dem Thema Adhs befasst und bin dann auch irgendwann die Diagnostik angegangen.

Rückblickend gab es diese Probleme die ganze Zeit schon - daher sage ich eher mal ich habe sie vorher nie als so schlimm wahrgenommen. Ich habe in der Behindertenhilfe gearbeitet und da sind meine Organisatorischen Probleme kaum aufgefallen, da ich meist in ohnehin schon chaotischen Strukturen gearbeitet habe und Menschen mit geistiger Behinderung betreut habe. Eigentlich war ich wirklich gut in dem Job, da ich auch echt empathisch bin und immer schon einen krassen Draht zu Menschen im Autismus-Spektrum hatte. Es war manchmal für mich so unverständlich wie ich Verhalten und Reaktionen dieser Menschen so selbstverständlich begreifen konnte, meine KollegInnen aber nicht. Rückblickend war das auch schonmal ein kleiner Wink :smiley:
Irgendwann wurden die Strukturen da aber dann so, dass man wirklich eine hohe Organisationsfähigkeit brauchte und genau das war mein Problem. Medikamente auf 2 Gruppen geben, ständig ausfallendes Personal und viel Priorisierung was jetzt gerade das wichtigste ist, obwohl mein Ding immer schon die 1 zu 1 Fördersituationen waren. Da wurden meine Probleme dann richtig sichtbar.
Was ich auch seit mehreren Jahren merke ist, dass ich immer 10000 Aktivitäten auf einmal brauche, allerdings sind es bei mir immer Jobs. Oder Studium und nebenbei einen Hauptjob und einen Nebenjob…

„Falsch“ gefühlt habe ich mich allerdings schon immer. Ich bin deswegen in einen hochfunktionalen Leistungsmodus verfallen, weil ich meine Fehler immer dadurch ausgleichen wollte. Burnout ist mir kein fremdes Thema und meine 20er bestanden darin alles zu tun, um normal zu sein und ein leistungsfähiger Mensch zu werden. Ich hab 4 Jahre eine psychoanalytische Therapie gemacht, im Nachhinein auch ganz schlimm. Ich weiss auch dass ich da mal beschrieben habe, dass das schlimmste in meinem Leben die untenstehende Paralyse ist, aber da wurde immer nur gesagt ich hätte eine Dauerdepression.

Mein schlimmstes Problem ist echt der Antrieb für unangenehme Dinge auf die ich keine Lust habe, aber auch Dinge die aus leistungstechnischer Sicht keinen Sinn ergeben…daher wirkt sich das auf meine komplette Freizeit aus. Ich kann echt nur unter Druck gut leisten und das ist ja in der Freizeit leider eher nicht gegeben.

Freunde würden sagen, dass ich doch mega viel leiste und hinbekomme, aber meine Freizeit sieht momentan so aus: Ich bin total motiviert Dinge zu tun, male sie mir dann wochenlang im Kopf aus und irgendwie ist das schon fast befriedigender, als sie dann wirklich zu tun. Manchmal will ich aber auch wirklich was machen und kann einfach nicht anfangen, oder bin nach 20 Minuten nicht mehr in der Lage weiterzumachen, obwohl es doch eigentlich Spass macht.
Ich hab dann einerseits diese Getriebenheit die mir sagt, wieviele „sinnvollere“ Sachen ich jetzt noch machen muss und das macht mich dann komplett unruhig. Andererseits hab ich bei dem „Ausmalen“ im Kopf vorher soviel mehr Spass und bin dann fast enttäuscht wenn ich anfange.
Aber manchmal habe ich auch echt Spass, mache das dann einmal und dann wars das wieder für immer oder geht wieder in den „Kopfmodus“ über in dem ich jeden Tag stundenlang daran denke aber nicht ins Handeln komme.

Bei der Arbeit bin ich leistungsfähiger, wo andere sagen dass sie eher Probleme haben kann ich mich schon gut in Dinge reinarbeiten. Da ist eher mein Problem die fehlende Fähigkeit zur Priorisierung und dass ich alles anfange und sehr schlecht Dinge abschliessen kann. Aktuell habe ich einen kreativen Job mit sehr viel Abwechslung, aber auch wieder Chaotische Strukturen die mir keine Routinen bieten.

Ich will tatsächlich die Medikamente vor allem für meine Freizeit und die schreckliche adhs Paralyse nutzen, in die ich eigentlich täglich verfalle, weil ich meine ganze Energie bei der Arbeit verbrauche.

Hat jemand von euch ähnliche Probleme mit der Freizeitproblematik, und wie habt ihr das gelöst? Mit Medikation kann ich ja hoffentlich Routinen einführen, aber irgendwie ist es doch komisch sich für Dinge die Spass machen Routinen setzen zu müssen? :smile:
Ich dachte eig immer mit Adhs macht man doch dann eher nur die Dinge die Spass machen, wieso ist es bei mir so umgekehrt…?

Aus meiner Sicht: Dinge, die Dopamin ausschütten.

Berufliche Konstellationen, die viel zurückgeben und/oder faszinieren und/oder „systemrelevant“ sind, können sehr lange der Haupt-Dopamin-Spender sein.

Kann aber ein fragiler Zustand sein, wie ein Tisch, der nicht auf 4 Beinen steht. Dann können ein Wechsel im Team oder ein paar blöde Erlebnisse alles ganz schön zum Wackeln bringen. Oder (scheinbar) entzogene „Wertschätzung“, weil damit die Hauptdopaminquelle wie ein Wasserhahn abgedreht wird.

Und das ist in den 40ern dann vielleicht auch anders als in den 20ern.

Vielleicht ist sie aber auch genau das? Aufladebedürftig?

Selbst wenn Medikation über einen leeren Energiespeicher hinweghelfen würden, temporär, und Du damit auf einem Festival rumhüpfen kannst oder an einer Gruppenwanderung teilnehmen oder den Volkshochschulkurs machen: Mittelfristig ist das vielleicht vom Regen in die Traufe.

Aber das weißt Du doch alles selbst längst, siehe:

2 „Gefällt mir“

Jaaa das trifft es ziemlich genau :smiling_face_with_tear:
Ich hab auch echt in den letzten 4 Jahren so unnormal viele Jobwechsel hinter mir. Sobald es mich nicht mehr ausreichend „erfüllte“ wollte ich auf einmal schlagartig gehen. Und das Problem ist auch, dass ich mich einfach für so viel berufliches interessiere und ich da ganz leicht und schnell zu viel geben kann.
Ich würde das trotzdem gerne ein bisschen auf meine Freizeit umgekehren, denn von der Logik her weiss ich ja was ich möchte: Einen Beruf der mir zwar Spass macht aber nicht überfordert und trotzdem genug Motivation fördert (für meinen Eigenantrieb) und eine Freizeit in der ich dann die wirklich erfüllenden Dinge tun kann.

Aber nichts kostet mich seit vielen Jahren so viel Überwindung wie Freizeitaktivitäten.

2 „Gefällt mir“
Details sollte eigentlich ganz unten stehen, springt aber nach oben Wir sind Krumm! heißt Flexibel! Wir haben vielleicht den besten Platz an der Sonne! heißt Trau dich hin und wieder mal raus (aus deiner Haut). Sei nicht dumm! heißt frag dich ehrlich selbst! Kannst du mehr geben ? Bist du glücklich ? Siehst du das zu verbissen ? Kannst du stolz sein ? Bist du lieb zu dir ?
Bei Dir Meine Erfahrung Meine Lösung
Medikamente vor allem für meine Freizeit und die schreckliche adhs Paralyse nutzenKann ich ein Lied von Singen. Viele Hobbies oder Projekte und Ideen bleiben auf der Strecke und geben dadurch das Gefühl hinterherzuhängen
  • Lust haben ✔
  • Zeit planen ✔
  • TaskBuddy organisieren ✔
Details Klick mich An gewisse Planung und Routine muss man sich vielleicht gewöhnen & erlernen - Ohne bin ich aufgeschmissen. Was andere mehr oder minder aus dem Ärmel schütteln, wie Konzerte besuchen, Podcasts machen, Hotelbuchungen, Wohnungsumzug, Tupperparties veranstalten etc., benötigt bei mir eine Menge Kraft, doch wird leichter, jeöfter man es "plant" oder "macht".
fehlende Fähigkeit zur Priorisierung und dass ich alles anfange und sehr schlecht Dinge abschliessen kannDie gleiche Unfähigkeit hört ja nicht auf, sobald man Feierabend hat.
  • Planung ✌
  • ➲ Deadlines
  • ➲ rekapitulieren
  • ➲ Hyperfokus vermeiden
Details Klick mich nochmalAkzeptieren musste ich, dass die Tage, der bank lang weg, trotz größter Vorbereitung gut und tüchtig oder spaßig zu sein, am nächsten schon völlig unerfüllend sein können - Tracking über mein Gemüht hilft dabei, nicht zu vernachlässigend und nicht zu strebsam zu sein.
Getriebenheit die mir sagt, wieviele „sinnvollere“ Sachen ich jetzt noch machen muss und das macht mich dann komplett unruhig Ich werde unruhig, weil ich mir selber nicht zuhöre!
  • ▶(Play)für Dich wichtig und nötig
  • ⏸︎(Pause) wie "sinnvoll" ist es wirklich ?
  • ■ (Stop) Wenn es das Ergebis von Gedankenketten ist, Es aber deine Kapazität übersteigt
Details alle guten DingeLektion aus dem Leben seit der Diagnose Mitte '23 : Du schaffst nicht alles, du musst nicht alles und dennoch jeder Schritt zählt - Wichtig ist : Konto ♪ Hygiene ♬ Machen ♫ Melden ♩ - ♭ so wird ein Lied draus.
Andererseits hab ich bei dem „Ausmalen“ im Kopf vorher soviel mehr Spass und bin dann fast enttäuscht wenn ich anfange. In allen Bereichen genaaaauu so gespürt! 1 Min nach dem Aufstehen; nach dem ersten Teller Abwasch; die 2. Seite im Buch; 10 Minuten im neuem Hobby - etwas zugespitzt formuliert
  • Balance ↓
  • Interesse ↔ Nutzen
  • Kosten ↔ Zeit
  • Frequenz ↔ Fantasie

»HTML ist sch***

2 „Gefällt mir“