Partner womöglich ADHS?

Hallo liebe Community,
Nach vielen gelesenen Seiten und Studien bin ich nun hier gelandet.

Es geht nicht um mich, sondern um meinen Mann (36).
Er ist vom Grund her ein toller Mensch, hat allerdings Phasen und Eigenarten welche ich manchmal nicht verstehe.
Als ich irgendwann durch Zufall auf einen ADHS Bericht gestoßen bin, habe ich in vielen Dingen meinen Mann wiedererkennen können.

Da ich allerdings auch nicht fehlinterpretieren möchte, wollte ich hier mal nach Meinungen fragen.

Mein Mann hat Phasen wo er sehr aktiv ist und sehr viel erledigt bekommt(fast schon zu viel), dann folgt urplötzlich eine Phase in der er eigentlich gar nichts mehr ausser dem absolut nötigsten macht .

Wenn er ein Thema findet welches ihn interessiert steigert er sich da komplett rein, es gibt dann wochenlang nur dieses Thema und er verschlingt sämtliche Infos dazu (obwohl so viel Info und Wissen dazu absolut nicht nötig wären)

Wenn er Aufgaben erledigt läuft der Anfang fast immer super und schnell, das fertigstellen dauert dann gerne mal Monate

An Termine oder Aufgaben selbstständig denken ist für ihn scheinbar unmöglich.

Banale Dinge wie täglich Stundenzettel ausfüllen klappt überhaupt nicht.

Er schafft es absolut nicht andere ihre Dinge fertig erzählen zu lassen.

Wenn man über ein Thema redet springt er urplötzlich zu einem anderen Thema.

Dies mal als ein paar Beispiele.

Er gibt sich wirklich Mühe, das merke ich auch. Aber irgendwie fallen ihm all diese Dinge so unheimlich schwer.

Meint ihr es würde Sinn machen, wenn er getestet werden würde?

Vielen Dank schon mal an alle welche den langen Text gelesen haben.

Hallo Viktoria,
wie denkt denn dein Mann darüber?

Leidet er stark unter den Eigenheiten, die du beschreibst, oder hat er sein Umfeld (bewusst oder unbewusst) so eingerichtet, dass er eigentlich meist ziemlich gut klar kommt? Nutzt er fragwürdige/ungesunde Strategien, um den Alltag zu bewältigen?

Ich erkenne mich gerade spontan in vielen Beispielen wieder, und gleichzeitig denke ich: wenn jemand bei mir ADHS vermutet, will ich das direkt von der Person erfahren. Ob ich mich testen lasse oder nicht, ist als Erwachsener schließlich meine Entscheidung. Beziehungsweise hier dann die deines Mannes.

Du kannst ihm zwar Impulse geben, Infos bereit stellen und ihn am entscheidenden Tag daran erinnern, dass er jetzt wirklich, wirklich los muss, um noch pünktlich zu sein. Aber letztendlich muss er selbst eine Diagnose wollen (und hinterher auch annehmen können).

Wenn es jetzt rein um die Beispiele geht: ja, kann sein, dass es ADHS ist. Aber so weit warst du glaub ich schon. Sonst hättest du keine vielen Seiten und Studien gelesen.

Vielen Dank für Deine Antwort.

Ich habe mit ihm schon darüber gesprochen. Er kennt also meine Vermutung. Da er sich mit dem Thema nicht wirklich beschäftigt hat kann er nicht viel damit anfangen, er wäre aber auf jeden Fall bereit sich testen zu lassen.
Er sieht allerdings nicht was ein Test im bringen sollte.

Aus seiner Sicht bewältigt er den Alltag ganz gut. Gibt aber auch selbst zu, dass normale Dinge für ihn sehr schwierig sind.

Was sich natürlich auch im Alltag zeigt. Sei es durch Jobverlust, Bußgelder wegen überziehen von Fristen oder auch immens gestresst sein, wenn Dinge Organisation erfordern.

Es wirkt einfach so oft so, dass er Dinge wirklich will, aber irgendwie steht er sich dann selbst im Weg. Wodurch natürlich immer wieder negative Dinge entstehen.

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Ja, die Frage hat durchaus ihre Berechtigung: „Lohnt“ sich die Diagnostik? Gerade wenn die ganze Prozedur wirklich viel Zeit (und bei privaten Gutachten auch Geld) benötigt, bis dann wirklich schwarz auf weiß dasteht, ob man es nun mit ADHS zu tun hat oder vielleicht doch mit etwas, das nur so ähnlich aussieht. Letztendlich kann das jeder nur für sich selbst beantworten. Von daher hier ein paar Stichpunkte als Gedankenanregung.

Was ein Test bringen kann:

  • Gewissheit, dass man nicht einfach zu dumm/faul ist, um bestimmte Herausforderungen zu bewältigen
  • Erleichterung, falls man sich auch selbst schon deswegen wiederholt Vorwürfe gemacht hat
  • besseres Verständnis des eigenen „Gehirn-Betriebssystems“: welche Strategien helfen vermutlich gut, welche eher weniger, und warum ist das so
  • Ausschluss anderer medizinischer Ursachen, die ebenfalls ADHS-artige Symptome hervorrufen können, aber eine unterschiedliche Behandlung erfordern
  • leichterer Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten (Medikamente, Therapie, …)
  • falls vorhanden, zielgerichtetere Behandlung von zusätzlich auftretenden Begleiterkrankungen
  • besserer Schutz vor möglicherweise in der Zukunft auftretenden Begleiterkrankungen

Was ein Test nicht bringt:

  • die eine magische und universelle Patentlösung für alle Probleme
  • schnelle Antworten (leider ist die Warteliste vielerorts sehr lang)

Was auch ohne Diagnose geht:

  • sich mit dem Thema ADHS auseinandersetzen
  • Kontakt zu Menschen mit ADHS aufnehmen
  • Strategien ausprobieren, die anderen im Alltag helfen: Alltagsstrategien für ADHS-Betroffene - ADxS.org
  • Strategien so anpassen, dass sie für einen selbst besser funktionieren
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Jobverlust & Bußgelder: Das sind schon zwei Gründe sich diagnostizieren zu lassen.

Hallo,

das liegt an der verzerrten Wahrnehmung. Der ADHS-ler selbst nimmt sich als ganz normal wahr. Er kennt sich ja auch nicht anders.

Zumal ADHS ja auch vielschichtig ist. Aufgaben erledigen, Routinevorgänge geschafft kriegen - ja das ist ein Aspekt.

Aber weniger impulsiv sein, sich ausgeglichen fühlen, das wird leicht unterschätzt. Für mich war das die größte Überraschung. Ich wollte weniger Chaos für meine Arbeit durch das Medikament, aber dass ich darüber hinaus eine Ruhe und ein „dickes Fell“ kriege, Menschen besser zuhören kann, sicherer Rad fahre, damit habe ich gar nicht so gerechnet!

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