Hallo Zusammen,
nachdem ich hier nun schon seit einiger Zeit in erster Linie als stille Mitleserin „aktiv“ bin, habe ich gerade das dringende Bedürfnis bzw. die Hoffnung mich mit Leuten zu connecten, die vielleicht ähnliche Probleme haben und wieder für etwas mehr Objektivität bzgl. meiner Wahrnehmung (der ich gerade wenig traue) sorgen können.
Ich versuche es kurz zu machen (nicht so meine Stärke):
Seit Oktober letztem Jahres bin ich im Arbeitsdauerstress. Ich war schon immer sehr gut darin mich mit meiner Kombination aus zwanghaften Perfektionismus, meiner Zeitblindheit und mangelndem Gespür für „Ruhezeiten“ im Stress zu halten, doch noch nie war es so schlimm wie seit deinem dreiviertel Jahr.
Durch die ADHS-Diagnose meines Neffens (12 J.) wolte ich mich etwas über ADHS informieren, um ihn und meine Schwester (auch diagnostiziert) besser zu verstehen. Das ich selbst betroffen sein könnte, kam mir irgendwie nie in den Kopf…
Als ich einen Podcast zu dem Thema beim Einkaufen hörte und ich das erste Mal von „Zeitblindheit“ hörte, war ich wie erstarrt. In jeder Minute kam mehr „Erkennen“ dazu und ich musste heulen wie ein Schlosshund (auch weil ich noch niemanden gehört hatte, der die Zeitblindheit in solch einem Ausmaß wie ich habe - auch nicht meine Schwester oder mein Neffe).
Als ich meinen Partner, mit dem ich seit 10 Jahren zusammenbin und mittlerweile zusammenwohne, von meinem Verdacht erzählte, schmunzelte er und meinte „Ach, das war noch nicht klar, mein kleines ADHS-Hörnchen“.
Ich fand das überhaupt nicht abwertend, sondern war irgendwie beruhigt, dass er mich nicht als „Freak“ abstempelt oder mit meinen Verdacht wegreden möchte.
Mein Partner ist sehr gut organisert, prgamatisch und klar in Worten, außer wenn es um Gefühle teilen geht - leider!
Ich habe mich dann recht eigenständig (ohne Hilfe einzufordern, weil ich das sehr ungerne mache und schlecht kann), um eine Diagnostik bemüht. Ich war bei zwei verschiedenen Psychotherapeuten und einer Psychaterin und hab danach noch x-Tests gemacht… Ergebnis immer gleich: AD(H)S - um das „H“ „streite“ ich mich mit der einen Psychotherapeutin.
Ich weiß, ich kann sehr dankbar sein, dass das alles so schnell ging und probiere sogar gerade seit Ende April Elvanse aus (was gut funktioniert, aber ich das Gefühl habe, dass ich kaum Aussagen treffen kann, weil ich so im Ausnahmezustand bin - aber das ist jetzt mal ein anderes Thema).
Eine Therapie (die ich unbedingt machen möchte) krieg ich gerade nicht mal hin Emails an passende Adressen zu schreiben, weil ich so viel Arbeite. Ich hoffe, dass es in zwei Wochen besser wird. Täglich fühle ich mich so scheiße, dass ich „immer“ noch niemanden in meiner Nähe angeschrieben habe, wo ich doch weiß, wie lange es dauern kann einen PLatz zu bekommen… Manchmal würde ich mich gerne ohrfeigen, für meine Untätigkeit.
Also neben dem beruflichen Stress, meine Mischung aus Ungeduld und Untätigsein, kommt jetzt der absolute Abfuck: Die Reaktionen meines Freundes!
Seit Oktober hatte wir zwei Gespräche, die von ihm aus gestartet wurden, in denen er mir vorwirft, dass ich zuwenig in die Beziehung (Zeit, Unternehmungen) investieren würde.
Auf der einen Seite, tut mir das unheimlich leid, weil ich wirklich tiefe Gefühle für ihn habe und unsere Beziehung mir natürlich wichtig ist! Dass er sich von mir missachtet fühlt, tut mir richtig weh! Ich habe „unser“ ausgemachtes Wochende am Morgen vor der Abfahrt abgesagt, weil ich einen richtigen „Breakdown“ hatte. Ich konnte einfach nicht mehr (v.a. vor Schlafmangel)! Das war für ihn anscheinend zuviel und er war stinksauer (was ich verstehen kann),
Auf der anderen Seite bin ich so wütend zugleich:
Ich gehe sozusagen seit Monaten vor seinen Augen „vor die Hunde“. Rotiere zwischen Arbeit und kurzen Schlafphasen, kümmere mich um meine Haushaltsdinge und hab ihn zwei MOnate im Winter nach einem Schlüsselbeinbruch versorgt - aber das scheint er weder zu sehen, noch scheint es „genug“ zu sein.
Ich habe echt gedacht, er mache sich zumindest im Stillen um mich Sorgen - aber er hat sich nichtmal richtig datüber informiert, was ADHS ist!!! Ich habe ihm zwei Podcasts geschickt. Beide hat er angehört - Rückmeldung fast gegen null.
Ich bekomme das Gefühl, dass er psychische Problem (oder besser: meine psychischen Probleme) massiv unterschätzt und ich weiß einfach nicht, wie ich ihm erklären soll, wie mein ADHS-Gehirn so aussieht … wenn ihr wisst was ich meine.
Ich traue mich auch kaum mehr von selbst etwas darüber zu erzählen, weil der „Faden“ von ihm nie aufgenommen wird. Gleichzeitig bietet er mir dann an, meine Email an die Psychaterin zu schreiben, weil ich es so lange rausgezögert habe…
ES fühlt sich einfach so an (und ich weiß nicht, ob das stimmt), dass er sich nicht mit „psychosachen“ auseinandersetzen will, er gedacht hat „Tabletten oben rein → Freundin wieder normal“ und ADHS ja eine gaaaaaaaaaanz tolle Ausrede ist, meine Unzulänglichkeiten in Planung und Zeitmanagment zu rechtfertigen.
Ich habe echt ein richtiges Problem mittlerweile, mich überhaupt gedanhlich mit meiner Diagnose auseinanderzusetzen, weil von allen Seiten nur „Los-funktioniere“_Druck auf mich einprasselt.
Manchmal würde ich am liebsten zur Haustür raus und einfach nie wieder zurück in dieses abgefuckte Leben kommen - hauptsache alle lassen mich einfach mal in Ruhe einen klaten Gedanken fassen.
Sry, dass es so viel Text geworden ist. Ich würde mich auch freuen, wenn eine Angehöriger einer ADHS-Partnerin mir mal rückmelden könnte, was Verständnis oder auch Unverständis erzeugt hat und welche Lösungen ihr gefunden habt.
Danke