Rebound über Stunden? Medikation abbrechen?

Hallo zusammen. Ich bin vor wenigen Tagen auf diese Seite gestoßen und bin sehr dankbar für diese Seite. Ich habe schon wahnsinnig viel gelesen, im Forum aber auch generell und viel gelernt und lasse einfach mal die Frage hier in der Hoffnung Infos und Austausch zu finden.

Kurz zu unserem Hintergrund: Mein 10-jähriger Sohn hat kürzlich seine ADS Diagnose bekommen. Der Verdacht stand schon länger im Raum, richtig „schlimm“ wurde es aber in diesem Jahr.

Er hat zu Hause (und fast nur da) regelmäßig schlimme Ausraster und Wutanfälle, die über Stunden gehen können. Er wütet, wirft Sachen, räumt Schränke aus und tobt und schwitzt dabei. Manchmal ist es als wäre er im Tunnel, boxt und schlägt uns und viel schlimmer: seine jüngere Schwester. Sie ist für ihn generell ein rotes Tuch. Oft schließt sich dann einer mit ihr ein, während er von außen gegen die Tür tritt.

Früher gab es diese Situationen vereinzelt, seit diesem Jahr fast 1x wöchentlich. Es dauert und kostet all unsere Kraft ihn einzufangen. Und diese Kraft geht uns zunehmend aus.

Zusätzlich kam dieses Jahr das Thema Schule und Schulverweigerung auf. An manchen Tagen sagt er morgens, er geht einfach nicht. bzw. er grunzt oder äfft uns an. Es wäre alles zu viel, Schule wäre Scheiße usw. Alle Versuche das Thema mit Vernunft und sanft zu lösen, scheitern in den Momenten. Generell kann er seine Gefühle wahnsinnig schlecht ausdrücken.

So kamen wir auf den ADS Verdacht, der nun bestätigt wurde.

Da wir als Familie einen hohen Leidensdruck haben und er generell wenig kooperativ ist, was Therapie schwierig macht, waren wir von Anfang an offen für Medikation.

Er nimmt seit fünf Tagen Medikinet retard 10mg, wir konnten in den Ferien damit anfangen, was uns ganz recht war, um zu sehen wie es wirkt. Wir waren die ersten drei Tage baff, wie klar er war. Laut Arzt sollten wir nach 3 Tagen auf 30mg hoch gehen, aber ich habe hier mitgelesen, dass man eigentlich langsam steigern soll. Plus: Wir haben eh Schwierigkeiten ihm überhaupt schon eine Tablette zu geben.

Und trotz der Tablette hatten wir in den letzten Tagen wieder Ausraster.
Wir haben es dann heute mit 20mg probiert und er ist nach 6 Stunden komplett ausgerastet wie schon lange nicht. Hat über Stunden getobt, geschwitzt, getreten, geschlagen und wollte auf seine Schwester losgehen.

Nach vier Stunden haben wir ihn eingefangen gekriegt und runter gekühlt. Fragt nicht, was das mit uns als Familie macht.

Zu meiner eigentlichen Frage:

Kann das der Rebound sein von dem ich hier schon gelesen habe? Kann das über Stunden gehen?
Und macht es Sinn die Medikation abzubrechen? Leider ist der Arzt nächste Woche im Urlaub, so dass wir ihn dazu leider nicht befragen können. Aber wir wollen unserem Sohn sowas wie heute auch nicht wieder antun. Kann man es einfach so absetzen?

Schon mal vielen Dank für eure Hilfe!

P.S. Autismus stand auch im Raum, wurde aber ausgeschlossen.

1 „Gefällt mir“

Ja das ist der Rebound - weil du ihm nach 5 Stunden die nächste Kapsel geben muss.

Das wirkt ja nur 5-6 Stunden und dann ist der Tag noch nicht zu Ende.

Das Problem bei Medikinet ist, das man es mit dem Essen synchronisieren muss und wenn das zufällig nicht zur Einnahmezeit passt ist es blöd. Das ist bei den anderen Medikamenten besser.

Concerta zum Beispiel macht nicht so einen harten Rebound und wirkt länger.

Mit einer Kapsel am Tag kommt aber normalerweise keiner aus bei Medikinet.

Wenn du zwei Dosen Medikinet retard gibst kann die zweite Dosis niedriger sein.

Viele geben als dritte Dosis dann noch eine kleine Dosis unretardiertes.

Aber bei uns hatte bei den Kindern Concerta am besten geklappt, das läuft sanft aus.

1 „Gefällt mir“

In 3 Tagen von 10 auf 30 hoch???

Das würde ich auf keinen Fall machen!!

Wahrscheinlich reichen ihm ohnehin 10 oder 20 als Einzeldosis. Und nur langsam steigern, frühestens nach 5 Tagen!!

Und immer nur um 10 mg hoch, besser wäre sogar nur um 5.

Danke! Wir haben in der Tat jetzt nur diese 10mg Packung hier. D.h. 5er Schritte sind auch gar nicht machbar. Leider hat der Arzt nichts von einer weiteren Pille nehmen gesagt, sondern meinte, dass das die sind, die etwas länger wirken weil nach und nach frei gesetzt werden. In der Packungsbeilage steht sie wirken 6 bis 8 Stunden. Wir dachten daher eine direkt nach dem Frühstück reicht, aber das stimmt dann offenbar nicht? Und würde eine weitere Tablette im Tagesverlauf den Rebound nicht einfach nur nach hinten verschieben? Bleiben die Rebounds denn oder gehen die irgendwann weg?

Die Rebounds bleiben aber man kann sie abfangen - das Kind braucht aber eine Abdeckung für den ganzen Tag und nicht nur für 6 Stunden.

Und es kann sein das der Rebound von Medikinet dann trotzdem zu hart für dein Kind ist - das ist etwas individuell. Man muss es ausprobieren. Und meist muss man verschiedene Präparate und Dosierungen ausprobieren bis man die richtige Lösung findet.

Ist das kein Kinderpsychiater? Der scheint mir nicht so kompetent zu sein wenn er das empfohlen hat, was du schreibst, sorry.

1 „Gefällt mir“

Diese Vermutung beschleicht mich leider inzwischen auch. Ja, es ist ein Kinderpsychiater. :frowning: Das meiste Wissen habe ich bisher von dieser Website, dabei hätte das ja eigentlich von ihm kommen müssen, oder? Also alles was ich hier über die Herausforderung der Einmedikation gelesen habe, davon war da kein Wort in der Praxis. Ich bin gerade wahnsinnig sauer, aber meine Nerven sind eh sehr dünn.

Würdest du denn empfehlen erstmal abzusetzen oder einfach mit 10 weiter zu machen?

Also ich würde am Montag den Psychiater anrufen! Und dem auch sagen, was du so gelesen hast und dass der Tag abgedeckt werden muss.

Man nimmt doch kein Medikament für die Schule, sondern weil man ADHS hat - das hat man 24/7! Der Sinn der Medikation ist doch nicht, dass man umgänglich in der Schulzeit ist und dann zu Hause die Hölle losbricht… das macht mich wütend, sorry :woman_shrugging:t3:

Und hallo @schona, herzlich willkommen! Hab ich beim wütenden tippen fast vergessen :heart:

2 „Gefällt mir“

Würde wahrscheinlich mit 10 mg weiter machen. Das braucht ja auch ein paar Tage bis sich der Körper daran gewöhnt.

Würd ihm mittags ne zweite geben und morgens die Dosis erstmal nicht erhöhen.

Bzw solltest du das auch mit dem Arzt besprechen.

2 „Gefällt mir“

Und vor jeder Dosis ausreichend essen! Hat der Arzt dir das denn gesagt?

1 „Gefällt mir“

Ja, das macht er auch. Er frühstückt ordentlich und bekommt dann sofort die Tablette. Leider ist der Arzt nächste Woche im Urlaub, das ist großer Mist. Ich würde sonst sofort dort anrufen. Habe nun noch ein bisschen recherchiert und diese harten Rebounds bei Medikinet scheinen ja durchaus bekannt zu sein. Ich fühle mich super schlecht aufgeklärt vom Arzt und bin richtig wütend gerade.

1 „Gefällt mir“

Dann würde ich es so machen, wie @Justine es schrieb. Das ist natürlich schwieriger, weil er vor der 2. Dosis auch essen muss. Du kannst davon ausgehen, dass die so nach 5 Stunden gegeben werden muss wenn er nach 6 Stunden im Rebound ist!

Vielleicht liest du wirklich ein bisschen was zu Concerta, sodass du dem Arzt das vorschlagen kannst und gut informiert bist? :muscle:t3:

Mich macht das auch wütend. Auch der Umgang mit ADHS, als würde es dauernd nur um diese doofe Aufmerksamkeit gehen und dass man in der Schule aufpasst.

1 „Gefällt mir“

Danke dir. Habe parallel schon zu Concerta gelesen und werde das auf jeden Fall vorschlagen. Es lief halt drei Tage ganz gut und wir waren wirklich beeindruckt wie klar er auf einmal war. Aber die letzten Tage waren für uns als Familie wirklich die Hölle und so kann es nicht weitergehen. Daher hatten wir überlegt abzubrechen. Er sollte eigentlich in der nächsten Woche zu seinen Großeltern als Ferienkind, aber das sagen wir lieber ab.

Mich stört das mit der Schule auch. Er hatte zwar schon immer zu kämpfen, da auch LRS (wobei ich das seit der ADS Diagnose auch ein wenig hinterfrage), aber die Schule ging da immer gut drauf ein. Daher waren auch seine Noten okay. Die Noten sind uns aber auch eigentlich egal. Wir wollen halt, dass es ihm gut geht :disappointed:

Danke für eure Hilfe!

1 „Gefällt mir“

Das kriegt ihr hin! :heart:

Hier im Forum gibt es viele Eltern und sogar eine eigene Online-Selbsthilfegruppe für Eltern. Falls du an sowas Interesse hast, @Katha organisiert das soweit ich weiß :blush:

Der Austausch mit anderen tut wahnsinnig gut und da lernt man unheimlich viel!

2 „Gefällt mir“

Das klingt toll! Ich denke auch, dass uns das sehr helfen könnte. Schaue ich mir morgen mal in Ruhe an.

1 „Gefällt mir“

Ich finde es zuweilen hier schwierig, wie ganz konkrete Dosierungsempfehlungen von Nichtärzten gegeben werden. Das kann und sollte nur eine Ärztin/Arzt, derdie Familie und vor allem das Kind untersucht und kennengelernt hat.

Liebe schona, Deinen Hilferuf und euren Leidensdruck unbenommen! Medikinet hat einen Rebound, andere Medikamente aufgrund der speziellen Freigabe weniger - lasst euch dazu vor Ort beraten, zur Not in einer Klinik wenn es keine Zeit bis zu Rückkehr eures Kinderpsychiaters hat. Nicht jedes Kind hat einen sehr starken Rebound, eventuell hat euer Psychiater das nicht so hoch gehangen, um euch nicht zu beunruhigen, wenn man auch noch nicht absehen konnte wie euer Sohn reagieren wird.

Ganz generell ist meiner Meinung nach auch die Erwartungshaltung an Medikation wichtig. Das Medikament unterstützt bei Konzentration, Impulskontrolle e.c.t. Wenn die Wutausbrüche aber auch schon vorher ein Thema waren, werden sie durch Medikation wohl nicht verschwinden. Allerdings können sie abflachen, kürzer dauern und insgesamt besser behandelbar (etwa mit anderen Therapien) sein.

1 „Gefällt mir“

Danke! Da hast du mit allem recht. Die Wutausbrüche gab es zwar wirklich vorher schon, aber nicht so oft in Folge. Und wir konnten klar ausmachen, dass sie von zu viel Stress, Druck oder angestautem Stress kamen. Da konnte ein kleiner Funken reichen. Aber das die letzten drei Tage war (unter Medikation) war ein neues Level. Der Arzt riet klar zu Medikation, unsere Hoffnung war, dass sich damit der Frust aus der Schule und vom Tag nicht so anstaut und dann entlädt. In meiner Logik dürfte ihm damit Schule, Lernen und Alltag leichter fallen und somit ja die Gründe für die Wutausbrüche weniger. Sie sind für mich auch ein Signal, dass es ihm nicht gut geht. Und abflachen und kürzer dauern wäre hier schon ein Spitzenergebnis in unserem Fall.

Hier wurden keine Empfehlungen gegeben, ohne dass dazu gesagt wurde dass das mit dem Arzt besprochen werden sollte.

Das finde ich nämlich auch ganz wichtig! Hier kann man von den Erfahrungen anderer etwas in die Arztpraxis mitnehmen, das ist ja das Ziel :slight_smile:

1 „Gefällt mir“