Bin 'mal wieder am verzweifeln, am „Anschlag“., am „Limit“: Seit Monaten/Jahren kennen wir das mit unserem mittlerweile 12jährigen Sohn: Ups and Downs, mal hier wieder ein neues Medikament, mal da wieder eine andere Dosierung, Therapie A bis Therapie Z. Und immer wieder landest Du am gleichen Ort: am Strassenschild „Sackgasse“ oder „Einbahnstrasse“.
Der Junge hat soweit alles gut gemeistert, aufgewachsen als Findelkind im Kinderheim, dann nach 18 Monaten zu uns - Friede, Freude, Eierkuchen. Im Kindergarten zeigt er schon einen Übereifer in Empathie, entwickelt sich prächtig. In der ersten Primarklasse dann der Vorschlaghammer: er verliert alle sozialen Kontakte, kann dem Unterricht nicht folgen, droht von der Schule zu fliegen. Das übliche Prozedere: Abklärung, Befund „ADHS hochgradig positiv“, Aufmerksamkeitsspanne 5 Sekunden.
Methylphenidat. Gottseidank. Positives Erlebnis, es „funktioniert“, es renkt sich ein, die Situation in der Schule wird besser, er kann bleiben, rackert sich voran. Man versucht das Medikament besser einzustellen, ein anderes auszuprobieren, ärgert sich über die unkonzentrierten Phasen am Abend, landet schliesslich bei Elvanse. Und bemerkt, dass sich der Charakter des eigenen Kindes vollständig ändert: Empathie? = Null. EDV Skills hingegen? = Enden im Ausspionieren und hacken von iPad und iPhone der Eltern. Schulische Leistungen? = Scheissegal.
Ok, klar, wir haben natürlich auch einen „Pubertier in da house“, aber das allein kann es nicht sein. Das haben wir Eltern in jungen Jahren auch durchgemacht, aber deswegen gleich Geld klauen, lügen, betrügen, hacken, hintergehen???
Meine Frau hat sich heute 'mal hinter die Nebenwirkungen von Elvanse geklemmt. Klar doch, alles Mögliche und Unmögliche, what else - und nicht viel anders als bei Methylphenidad-Präparaten wie Medikinet und Konsorte. Aber trotzdem: da steht einiges drauf, was wir mittlerweile von Sohnemann en détail bestens kennen…
Wo zeigt der Kompass also hin? Anderes Medikament, andere Dosierung, die 24ste andere Therapie mit Ergo-was-weiss-ich-Komponente-die-nix-bringt? Hatten heute die gemeinsame Runde mit der betreuenden Psychiaterin - das Thema „zwangsweise Einweisung in eine Erziehungsanstalt“ stand da oberprominent im Raum.
Ich weiss mittlerweile selber nicht mehr, wo ich stehe. Bei mir, hinter meinem Sohn, meinem Frieden, meiner und/oder seiner Zukunft, beim gemeinsamen Leben mit meiner geliebten Frau…?
Für mich erschreckend ist vor allem, dass die Vorstellung, er würde in ein Erziehungsheim eingewiesen werden, lange nicht mehr so schreckend ist, wie sie das gestern war… Scheisse. Ich weiss einfach nicht mehr weiter. Punkt.