Hallo zusammen,
ich bin wütend, verzweifelt, ratlos, hilflos, fassungslos und könnte durchdrehen weil:
Meine Tochter (12) hat seit anderthalb Jahren mit Ängsten zu kämpfen, seit dem neuen Schuljahr im August ist sie schulabstinent wegen sozialer Phobie. Sie hat mittlerweile endlich eine ADS-Diagnose. Vorher hat sowohl eine KJP einer Institutsambulanz, bei der wir zur Abklärung waren, als auch ihre Therapeutin, bei der sie seit einem Jahr in Behandlung ist, meine entsprechenden Hinweise nicht ernst genommen (die Therapeutin ist Trauma-Expertin und hält ADHS offensichtlich für vernachlässigbar)
Jetzt ist sie seit fünf Wochen stationär in Behandlung und auch dort nimmt man die Diagnose nicht Ernst. Ich werde hingehalten („wir müssen uns erst ein eigenes Bild machen und andere möglichen Ursachen ausschließen“), zunächst wurde mir zwar versichert, dass man der Diagnose folgt, aber schon beim ersten Gespräch mit Therapeutin und Ärztin wurde klar, dass die überhaupt keine Ahnung haben, sondern nur gefährliches Old-School- ADHS-Halbwissen („wir konnten bisher noch keine ADHS-Symptome bei Ihrer Tochter erkennen, Medikamente sind ja erst das letzte Mittel und die gibt man ja auch nur für die Schule, damit es da läuft, man kann auch viel mit Ergotherapie machen [also Körbe flechten und Namensschilder basteln]“). Es ist also bisher NIX in sachen ADHS-Behandlung passiert, weder Medikation, noch die Entwicklung von irgendwelchen Strategien oder auch nur überhaupt eine Gespräch mit dem Kind über die Diagnose oder irgendetwas anderes in Richtung Psychoedukation.
Und jetzt kommen die nach fünf wochen mit einem Connors 3 Test um die Ecke, wollen jetzt also selber nochmal abklären - und ich kann es einfach nicht fassen!! Die kennen sich einfach überhaupt nicht aus mit der hypoaktiven Variente, haben keine Ahnung, dass es nicht nur vordergündig um Hibbeligkeit und ein bisschen Unaumerksamkeit geht, sondern dass das alles viel mehr ist und viel tiefer geht. Und dass es bei meiner Tochter vor allen Dingen um Gefühlsregulation geht und darum, dass sie sich mittlerweile selber nicht mehr über den Weg traut, weil sie nicht weiß, wie sie tickt, weil sie Angst hat, wieder auszuticken, wenn ihre Grenzen nicht gewahrt werden oder sie überfordert ist, weil sie spürt, dass sie anders ist und sie nicht weiß, wie sie mit sich und mit all dem umgehen soll.
Kann das denn wirklich wahr sein, dass wir auch im Kinder- und Jugendbereich noch nicht weiter sind?!? Dass das Fachwissen bei Erwachsenen nicht da ist, weiß ich ja und das hat mir viele Jahre meines Lebens versaut. Aber ich bin wirklich fassungslos, dass es auch beim Kinderfachpersonal so eklatante Lücken gibt! Die wir - besonders meine Tochter, aber auch ich wieder - ausbaden müssen… Beim Aufnahmegespräch in einer anderen Klinik habe ich von meiner Diagnose erzählt und meinem Verdacht, dass meine Tochter auch betroffen ist (da hatte sie noch keine Diagnose) und ich bekan zu hören: Ja, das ist ja nur eine Diagnose, und natürlich ist das gut, wenn das individuell hilft, aber wir arbeiten vor allen Dingen systemisch.
Was mache ich jetzt? Nächste Woche gibt es nochmal ein Gespräch, von dem ich aber aus Gründen nicht mehr viel erwarte. Ich will sie eigentlich da rausholen, aber was dann? Ich kann sie ja nicht selber therapieren, ich komme ja noch nicht mal mit meiner eigenen ADHS klar, von der ich seit gut zwei Jahren weiß. Sie könnte am 17.1. in einer anderen Klinik aufgenommen werden, aber kann ich ihr dieses Klinikhopping zumuten? Und wer sagt mir, dass die da mehr Ahnung haben?