Schwierigkeiten in der Beziehung

Hallo ihr lieben!

Ich habe heute ein sehr persönliches Thema, das mich im Moment sehr beschäftigt. Ich bin jetzt seit zwei Jahren mit meinem Partner zusammen und so im Alltag läuft auch alles sehr gut und harmonisch. Er hat sehr viel Geduld und Verständnis für mich und mein adhs und dafür bin ich wirklich unfassbar dankbar.

Allerdings schleicht sich zunehmend ein Problem in die Beziehung ein. Und zwar die Intimität bzw. Sexualität. Ich hab schon von Anfang an nicht so viel Lust gehabt wie er und das war für uns eigentlich nie ein Problem. Aber mit der Zeit hat sich das bei mir immer mehr abgebaut. Es fällt mir schwer, mich auf die Momente einzulassen. Es fühlt sich zeitweise sogar eher störend an, wenn er meine Nähe sucht. Und das fühlt sich schrecklich an. Ich liebe ihn und ich fühle mich auch zu ihm hingezogen.

Unsere Lebenssituation hat sich seit wir zusammen sind in vielen Punkten verändert. Ich bin jetzt schon seit Sommer letztem Jahres zuhause, weil ich keinen Job finde. Die Langeweile zuhause macht mir unheimlich zu schaffen, aber wirklich etwas finden, womit ich das füllen kann, tu ich auch nicht. Außerdem steht aktuell ziemlich viel Zeug in der Wohnung, was mich zusätzlich stört und belastet. Aber das wegräumen gestaltet sich auch eher schwierig. Allein schaff ich das nicht. Ich brauche Ordnung in der Wohnung, weil ich zunehmend das Gefühl habe, unter dem ganzen Zeug zu ersticken.

Ich weiß nicht ob diese Dinge miteinander Zusammenhängen. Es ist jetzt auch nicht so, dass ich viel bewusst darüber nachdenke. Aber ich glaube, dass unterbewusst viel passiert und ich davon abgelenkt bin, auch, wenn ich’s nicht direkt mitbekomme. Ich weiß nur absolut nicht, wie ich meinen Partner das verständlich machen kann, damit er wirklich versteht, wie wichtig das auch für die Beziehung ist, dass wir endlich zusammen diese Sachen hier erledigen.

Vielleicht hat der ein oder andere von euch einen Tipp oder ähnliche Erfahrungen und kann mir helfen. Ich weiß langsam nämlich echt nicht mehr weiter.

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Dem stimme ich zu. Es macht dir unterbewusst zu schaffen und blockiert dich, auch wenn du es nicht bewusst wahrnimmst. Das ist oft so, man merkt es dann erst viel später…

Ihm klar sagen ? Stört ihn der Zustand denn nicht ? Mach ihm deutlich, wie sehr es dich belastet.

Auch das erfordert klare Kommunikation, auch wenn es schwer fällt (weiß ich aus eigener Erfahrung).
Es ist völlig okay, dass ihr einen verschiedenen Sex drive habt.
Vielleicht kannst du ihm sagen, was du stattdessen willst ? Lieber kuscheln statt Sex oder eine Massage oder sowas. Versuchen, da einen Kompromiss zu finden.

Beste Hilfe; ein Therapeut (zumindest für mich).
Du hast diagnostiziertes ADHS oder? Nimmst du Medikamente ? Hast du einen Arzt als Ansprechpartner ? Schon mal an Therapie gedacht ?

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Hallo,

kurz nachgefragt: du bist weiblich?

Gerade bei Frauen ist es sehr typisch, dass sich das “Drumherum” stark auf die Sexualität auswirkt.
Es kann also durchaus sein, dass dich die ganzen belastenden Umstände in deiner Sexualität behindern.

Stress bedeutet unter anderem auch: Stresshormone (Cortisol und Adrenalin) hemmen die Ausschüttung der Sexualhormone (Serotonin, Dopamin, Oxytocin). Ganz unabhängig von ADHS.

Letztlich kannst du das nur offen mit deinem Partner kommunizieren.

Kleiner Exkurs:
Außerdem kann es bei einer längeren Beziehung passieren, dass die kleinen Aufmerksamkeiten und Zärtlichkeiten im Alltag immer weniger werden. Aus dem Nichts heraus soll dann aber plötzlich Sex passieren. Das ist leider ein bekanntes Phänomen.

Frauen übernehmen schleichend und unbemerkt immer mehr häusliche Aufgaben, haben einen höheren Mental Load und insgesamt einfach mehr Stress.
Dass dann ein Fallen-lassen immer schwieriger wird, weil eben noch 100 andere Dinge wichtig und unerledigt sind, um die sich irgendwie keiner kümmert, erscheint da nur logisch. Oft ist es dann so, dass 1000 Dinge im Kopf kreisen, um die man sich ja eigentlich gemeinsam kümmern sollte und da kann dann auch schnell mal Frust auf den Partner entstehen. Und der weiß dann gar nicht, warum.

Ihr seid noch recht frisch in der Beziehung und solltet rechtzeitig darüber sprechen, was dich belastet. Wie gesagt, das muss alles nicht mal was mit ADHS zu tun haben. Als Verstärker vielleicht, aber das Phänomen kennen auch Nicht-Betroffene.

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Danke für die Antwort (:

Wir haben an sich eine sehr gute Kommunikation. Wir reden auch viel über diese Dinge, aber es ist halt schwer nachzuvollziehen, was für mich blockierend oder störend ist. Ich fange ja auch gerade erst an das wirklich zu verstehen.

Ja, ich hab diagnostiziertes ADHS. Diagnose war letztes Jahr im Mai. Also noch ziemlich frisch. Davor war ADHS eigentlich nichts, was ich oder mein Therapeut auf dem Schirm hatten.

Ich bin seit 2018 in Therapie. Allerdings kein ADHS Spezialist, sondern eine ganz normale Gesprächstherapie. Ich bin aber schon länger am überlegen, ob das nicht vielleicht die falsche Therapieform für mich ist. Aber so richtig getraut das anzusprechen hab ich mich bisher irgendwie nicht.

Sagen wir mal Jein. Ich bin Transmann. Also kann es natürlich gut sein, dass deshalb das typische „Männergehirn“ bei mir nicht ganz so ausgeprägt ist, wie bei meinem Partner als Cis-Mann.

Also ich würde tatsächlich sagen, dass bei uns der Haushalt mehr an ihm hängt als an mir. Ich hab da einfach keinen Überblick und kein Gefühl für. Ist auch kein Problem für ihn. Ich mach dafür andere Dinge. Ich würde also sagen, das ist kein Thema bei uns. Und diese kleinen Aufmerksamkeiten oder diese kurzen Momente Nähe die man so am Anfang hat sind zwar weniger geworden, aber definitiv nicht zu wenig. Aber ich war auch noch nie jemand, der von sich aus irgendwie Lust hatte. Das war immer eher ein darauf einlassen und sehen wohin die Reise geht. Dieses klassische „Ich hab jetzt Bock“ kenn ich so nicht.

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Könnte auch gut an den Hormonen liegen, ich nehme an, du nimmst künstliche Hormone ?

Ja. Aber eigentlich sollten die genau das Gegenteil machen :sweat_smile:
Die meisten anderen Transmänner die ich kenne sind seit den Hormonen wie so notgeile Teenager.

Mein Eindruck ist, dass die Unordnung bei euch weg muss und dass du Beschäftigungen brauchst, die dich mehr ausfüllen (Interessensgebiete, Hobbys usw.). Das solltet ihr unbedingt klären und dein Partner wird das bestimmt verstehen können, dass du von der Unordnung innere Unruhe bekommst. Solche latenten Unzufriedenheiten im Hintergrund „leaken“ in anderen Situationen wieder raus. Mit Gewusel im kopf kann ich mich auch nicht gut auf Zärtlichkeiten einlassen.

Hat die Transition dich weniger lustlos gemacht, oder hattest du einfach immer schon einen niedrigen Sex Drive? Falls du anatomische Besonderheiten hast, könnte ich mir vorstellen, dass es schwierig herauszufinden ist, was sich für einen selbst gut anfühlt. Das ist sowieso schon oft schwierig, und erst recht mit abweichender Anatomie. Ich bin nicht trans oder inter, aber weiblich mit anatomischen Abweichungen im Intimbereich. Da muss man doch sehr von Standardannahmen weg und für sich rauskriegen, was einem Spaß macht.

Hm, provokante Frage vielleicht, aber könnte das „notgeiler Teenager“-Verhalten zum Teil auch eine Passing-Strategie sein? :laughing: Oder sie hatten vorher schon eine stärkere Libido und das Testosteron sowie die neue Rolle macht sie selbstbewusster und hilft ihnen dabei, es offener zu zeigen? Testosteron wirkt sich psychisch vor allem als erhöhte Risikobereitschaft aus, das ist meinem Wissensstand nach der direkte Link. Mit Sex muss das nicht zwingend was zu tun haben. Würdest du sagen, dass du seitdem eher bereit bist, Risiken einzugehen, wenn es dabei potentiell etwas zu gewinnen gibt?

Edit: Du musst hier nichts verraten, was du lieber für dich behalten willst.

Hm okay, dazu kann ich jetzt nicht viel sagen.
Als cis Frau kann ich nur sagen, dass viele Frauen von der Pille, also Östrogen / Progesteron, keine Libido mehr haben.
Deswegen war meine Vermutung jetzt auch, dass das eher hemmen wirken könnte, so ein Hormoncocktail.

Ok, dann lag ich also in einigen Bereichen voll daneben :sweat_smile:

Aber mit deiner Vermutung, dass es an Unordnung und Unzufriedenheit liegt wirst du wohl schon recht nah an der Ursache dran sein.

Ich hatte schon vorher einen eher geringen Sexdrive. Das war auch in vorherigen Beziehungen immer ein Störfaktor. Ich bin aber auch in einem eher chaotischen Haushalt aufgewachsen (meine Mutter hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch ADHS) und bin demnach auch immer latent gestresst und abgelenkt gewesen. Ich kann mir also gut vorstellen, dass dieses Unordnungsthema wirklich ein Faktor ist, der da sehr mit reinspielt.

Durch das Testosteron wächst natürlich die Klitoris, was man jetzt vielleicht als abweichende Anatomie bezeichnen würde. Das macht es in der Tat schwieriger als vorher. Aber eigentlich haben wir da einen ganz guten Weg gefunden, damit umzugehen. Mein Partner ist auch der erste Mann mit dem ich schlafe, seit ich auf Hormonen bin. Daher schwierig zu vergleichen.

Kann natürlich auch sein, dass das da mit reinspielt.
Also ich würde für mich persönlich jetzt nicht sagen, dass ich mehr Risikobereitschaft hab als früher. Ich bin aber auf jeden Fall deutlich reizbarer als vorher (Stichwort Aggressivität), was leider häufig eine „Nebenwirkung“ der Hormontherapie ist. Die Impulsivität vom ADHS hat sich dadurch auf jeden Fall erhöht. Aber gleichzeitig bin ich auch sehr viel offener geworden und würde mich mittlerweile schon mehr als Extrovertiert als Introvertiert beschreiben. War früher dagegen ganz anders. Sehr zurückhaltend, sehr schüchtern.

Ja, denk auch. Das klingt für mich in deinem ersten Posting echt bisschen nach Lagerkoller und Produktivitätskrise. Produktivität kann viel Ausschlag geben für die eigene Zufriedenheit. Damit meine ich jetzt nicht rein leistungsbezogen für andere zu arbeiten, sondern Sinn aus dem Schaffen ziehen. Ich spiele z.B. mehrere Musikinstrumente und habe mir neben dem Studium programmieren beigebracht. Das sind genug verschiedene Projekte, zwischen denen sich rotieren lässt, aber es geht immer ein Schrittchen weiter. Mein Partner funktioniert ziemlich ähnlich, aber mit anderen Interessen, dadurch haben wir immer Themen um sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren.

OK, denk das ist auch nicht so die Baustelle hier. Mir ging es nur auch so, dass ich mich auch allein unabhängig vom Partner kennenlernen musste.

Interessant. Ja, das entspricht schon auch dem, was ich meinte mit Risikobereitschaft im Alltag, abseits von Klischees. Schüchternheit ist ja im Prinzip die Scheu vor dem Risiko, die soziale Beziehung oder Zugehörigkeit zu gefährden. Es gibt eine verhaltensbiologische Perspektive, die das Thema als Balance-Akt zwischen Drang nach Status und Drang nach Zugehörigkeit sieht. Status sind all die Dinge, die das Leben angenehmer machen. Testosteron fördert demnach Statusdrang, Oxytocin Zugehörigkeitsdrang. Müssen das auch nicht weiter vertiefen, finde solche neuropsychologischen Themen aber sehr spannend.

Edit: Hab das Buch gefunden: Why We Fight von Mike Martin. Leider kein sehr erfreulicher Kontext, aber ich fand es lesenswert.

@Hobbyhopper
Ein wirklich sehr interessanter Beitrag zur Sexualität.

Was macht man denn in so einem Falle?

Der oder die Partnerin will viel Sexualität oder Nähe und der oder die Andere nicht. Das führt ja auf Dauer zu extremem Frust und Enttäuschung und ohne irgendeine Lösung ist ja der Konflikt vorprogrammiert.

Die Ursache abbauen.
Der Partner, der überfordert ist muss lernen das anzusprechen und der Andere muss lernen zuzuhören.

Mal ein praktisches, plakatives Beispiel:

Die Beziehung läuft schon eine Weile. Die Frau übernimmt Klassischerweise einen Großteil des Haushalts, der Mann lässt seine Sachen rumliegen. Sie denkt, dass er schon selber merken wird, wie man sich als Erwachsener verhält und sagt nichts. Sie räumt irgendwann selber alles weg und er denkt, das sei ok. Sie macht es ja anscheinend freiwillig und eigentlich sieht er auch das Problem nicht, wenn mal was liegen bleibt.
Am Abend möchte er Sex. Sie ist gefrustet, weil er immer nur was will, was einfordert. Sie ist seine Frau, aber auch Haushälterin und Sekretärin. Aufmerksamkeit bekommt sie gefühlt nur noch, wenn er Sex möchte. Emotional fühlt sie sich nicht gesehen und verstanden. Innerlich sträubt sie sich und hat keine Lust. Mit der Zeit findet sie den Gedanken an Sexualität mit ihm sogar abstoßend, obwohl sie ihn doch so sehr liebt. Das schlechte Gewissen plagt sie, während er noch komplett ahnungslos ist. Er versteht nicht, warum sie ihn immer wieder abblitzen lässt, wo doch Sexualität in der Beziehung so wichtig ist und dazu gehört.
Für ihn ist Sexualität nur der Akt. Für sie beginnt Sexualität schon viel früher.

Der Schlüssel ist in diesem Fall, dass sie ihren Frust anspricht und er bemerkt, wenn er seine Partnerin zu seiner Ersatzmutter macht. Beide müssen lernen ihre Emotionen zu zeigen und auch die des Gegenübers zu verstehen.

Das Beispiel ist so stereotyp, weil es eben häufig so passiert. Natürlich können die Rollen auch anders verteilt sein.

Es ist aber oft so, dass Frauen eher in die Kümmerer-Rolle geraten und Männer noch immer so aufwachsen, dass bestimmte Aufgaben der Frau zufallen. Außerdem lernen sie weniger als Frauen, mit Emotionen umzugehen. Sie sind dann schneller gefrustet/überfordert und Frauen vermeiden es dann, diese Themen anzusprechen. Sie werden auch eher dahingehend sozialisiert, das alles zu schlucken. Sie übertreiben ja sowieso, da müssen sie halt durch, ist eben so.
Am Ende ist das für beide Partner nicht gut.

Im Beispiel von oben teilt sie ihren Frust mit ihm und er entschuldigt sich dafür, dass er so gedankenlos war. Er unterstützt seine Partnerin, indem er Verantwortung für sich selbst übernimmt und seine Sachen selber weg räumt. Sie wird wieder zu seiner Partnerin. Sie bekommt auch zwischendurch Aufmerksamkeit. Ein Gespräch, kleine Gesten der Nettigkeit, Zärtlichkeiten zwischendurch.
Die Lust kehrt zurück und Sexualität kann wieder stattfinden. Auch, weil das “Vorspiel” schon den ganzen Tag läuft und Lust aufeinander macht.

So der Idealfall.

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Ja, da ist sicherlich was dran.

Männer und Frauen Gehirne und Sozialisation ist schon ziemlich anders. Und oft gibt’s Missverständnisse, weil die Denkweise ganz anders funktioniert

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