Sehe die verstorbene Oma überall

Ich war meiner Oma immer sehr verbunden, habe viel Zeit mit ihr verbracht
weil wir im selben Haus lebten und sie starb letzte Woche.

Mir gehen Todesfälle irgendwie nicht so nah, also ich kann dann auch
nicht auf Kommando betroffen und weinend tun, weil ich irgendwie
nicht diese Gefühle empfinde. Ich war bis jetzt auf vier Beerdigungen
von Onkel, Tante, Oma 1 (weiter weg lebend) und Oma 2 (aktueller Fall)

Ich hatte jedes Mal so da gesessen bzw. gestanden und mein Kopf
ist dann nach kurzer Zeit auf „Expedition“ durch alle möglichen
Gedanken gegangen, die nur nix mit dem Ereignis zu tun hatten.
Auch danach war für mich irgendwie klar, dass die Person halt
nun nicht mehr da ist und für mich war das Thema durch. Wenn
ich anderen davon erzähle, fragen die mich immer, wie ich in
ihren Augen so „herzlos“ sein kann, aber mir geht es halt nicht
so nahe. Daher finde ich das Folgende doch etwas merkwürdig.

Denn ich habe es mehrmals am Tag, dass ich sie zB. die Straße lang
laufen sehe, im Garten sitzend oder ich mir einbilde, ihre Geräusche
in ihrer Wohnung über uns zu hören. Manchmal habe ich sogar recht
abgespacete Momente, wo sie dann irgendwelche Klamotten trägt,
die sie sonst nie anziehen würde oder Flöte spielend in der Dusche
sitzt. Aber es ist dann wie im Film, wenn ich kurz die Augen zu mache
oder mich umdrehe und nochmal schaue, ist sie weg.

Sowas hab ich bislang bei keinem der anderen Verstorbenen erlebt
und beginne echt an meinem Verstand zu zweifeln.

Sie hat zuletzt zwei Jahre im Heim gelebt, also war sie eh schon
lange nicht mehr bei uns, daher kann ich mir diese Bilder nicht
erklären.

Wie kommt sowas zustande?

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Könnte eine Art unbewältigte Trauer sein. Wenn das ganze länger anhält und dich belastet wäre es vielleicht hilfreich dir Hilfe zu holen bei einer Therapeutin. :heart:

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Lieber @ADHS-Chaot, mein Beileid zu deinem Verlust. Trauer ist individuell und je größer der Verlust, umso größer ist auch die Trauer.

Es ist ganz normal, dass du bei entfernten Verwandten oder Bekannten nicht die Fassung verlierst. Der Tod gehört zum Leben nunmal dazu.

Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass das, was du grade durchmachst etwas ist, was viele Menschen erleben. Du hast deine Oma geliebt, du trauerst.
Mach dir keine Sorgen, solange du merkst, dass du den Verstand verlierst, verlierst du nicht den Verstand.
Fühl dich gedrückt!

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Mein aufrichtiges Beileid, lieber @ADHS-Chaot . :black_heart:

Diese Oma stand Dir offensichtlich sehr viel näher als die anderen Verstorbenen. Deswegen belastet Dich der Verlust viel mehr.

Du weißt zwar kognitiv, dass Deine Oma gestorben ist, aber das emotionale Begreifen und Annehmen der Tatsache, dass Du sie wirklich nie mehr wiedersehen wirst, braucht Zeit. Je näher einem der Verstorbene emotional war, desto mehr. Und in dieser Zeit kann das Hirn durchaus merkwürdige Sachen machen. Das ist nicht ungewöhnlich und passiert vielen Menschen.

Wenn es dich sehr belastet oder besorgt, kann ein Gespräch mit einem Therapeuten oder auch dem Hausarzt (m/w/d) helfen, sofern er/sie empathisch ist und Du Dich dort verstanden fühlst.

Jeder trauert auf seine Weise und es kann sich auch bei jedem Verlust anders anfühlen. Es sind erst wenige Tage vergangen. Gib Dir Zeit und der Trauer ihren Raum - auch wenn sie sich merkwürdig anfühlt. :adxs_streichel:

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Was für ein passendes Thema… ich komme just in diesem Augenblick von einem sogenannten „Trauerspaziergang“ zurück. In einer Stadt in meiner Nähe gibt es ein Trauerkaffee, welches wohl einmal im Monat stattfindet, und zweimal im Jahr dieser Trauerspaziergang. Ich bin da heute mal hin. Da sind zwei Trauerbegleiter anwesend, welche mit dir das Gespräch suchen, oder auch lassen. Du bestimmst.

So etwas gibt es vielleicht auch in deiner Nähe? Viele Trauerbegleiter machen das ehrenamtlich und sind aber dahingehend ausgebildet. Vielleicht würde dir so eine Anlaufstelle helfen?

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Mein herzliches Beileid :wilted_flower:

Was du erlebst, ist Trauer. Das nimmt jeder Mensch anders wahr. Und auch bei jeder Person, die man verliert.

Ich habe schon einige Menschen verloren. Bei manchen war es mir mehr oder weniger egal, bei einem Menschen spürte ich Erleichterung und Befreiung, ich habe schon bitterlich geweint oder auch Wehmut und Alleinsein verspürt.

Einen sehr guten Freund sehe ich heute noch hier und da sitzen oder vorbeigehen. Das zeigt mir, dass ich ihn auch nach vielen Jahren noch vermisse.

Wie war denn deine Oma? Was hätte sie denn zu deinen „Sichtungen“ gesagt?
Meine Oma hätte sich köstlich darüber amüsiert, also über die Geschichte mit der Flöte, denn wir haben sehr viel miteinander und vor allem über uns selber gelacht.

Hast du jemanden, mit dem du über sie sprechen kannst? Darüber, was du mit ihr verbindest?
Mir hat es immer gut getan, mit anderen Menschen, die den Verstorbenen auch kannten, zu sprechen. Vor allem über die Momente oder auch Gefühle, die man mit dem Verstorbenen verbindet. Egal, ob das positive oder negative Dinge waren.
Wie gesagt, ich habe auch schon das Gefühl der Erleichterung verspürt.
Was man mit diesem Menschen verbindet ist individuell und es ist auch ok, wenn man gar nicht traurig über einen Tod ist. Ich halte das auch gar nicht für herzlos. Es trifft nur nicht die vorgefertigte und festgeschriebene Haltung, die viele mit dem Tod verbinden. Das ist aus meiner Sicht was sehr kulturelles. In anderen Kulturen geht man ja auch anders mit dem Tod um als wir. Das ist ja nicht weniger richtig.

Vielleicht hilft es dir ja wirklich, mit jemandem über deine Oma und deine Erinnerungen an sie zu sprechen.

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